Landwirtschaftlicher Bodenmarkt - Einblicke in die Forschung

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft vergibt auch im Rahmen der "Bund-Länder-Initiative Landwirtschaftlicher Bodenmarkt" Forschungsaufträge. Zu welchen Ergebnissen diese kommen, erfahren Sie nachfolgend. Weitere Projekte werden derzeit von wissenschaftlichen Einrichtungen bearbeitet. Sobald diese fertig gestellt sind, werden die Ergebnisse hier ebenfalls dargestellt.

Klimawandelbedingte Ertragsveränderungen und Flächennutzung (Thünen Working Paper 198, 2022)

Die Klimakrise und die damit einhergehende Erwärmung des Planeten haben unterschiedlichste Auswirkungen auf die Landwirtschaft.  Das Forschungsprojekt „Klimawandelbedingte Ertragsveränderungen und Flächennutzung“ wurde im Januar 2021 in Auftrag gegeben und vom THÜENEN Institut (TI), Julius-Kühn-Institut (JKI), Deutschen Wetterdienst (DWD) und Leibnitz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) durchgeführt. Dabei erfolgte die Untersuchung folgender Kernfragen:

  1. Wie verändern sich landwirtschaftliche Erträge voraussichtlich in Deutschland für die wichtigsten Hauptfruchtarten und Futterflächen für ausgewählte Klimaszenarien bis 2050 (unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Änderungen sowie von extremen Wetterereignissen unter Einbeziehung von Trockenheit, Hagel, Sturm und Gewitter)?
  2. Falls die Ergebnisse zu der Frage 1 nennenswerte Ertragsrückgänge ergeben würden, welche Anpassungsoptionen gibt es für die Agrarwirtschaft und die Agrarpolitik?

Im Ergebnis prognostiziert die Studie keine flächendeckenden Ertragsrückgänge bis zur Mitte des Jahrhunderts. Unter den Extremwetterereignissen könnte jedoch insbesondere Extrem­hitze für Ertragsausfälle sorgen. Für Ereignisse wie Trockenheit, Nässe und Niederschlag sind die Ergebnisse allerdings von vielen Variablen abhängig.

Die Forschungsgruppe empfiehlt zukünftig für die betrachteten Kulturen eine landwirt­schaftliche Produktion mit fortwährend angepassten Fruchtfolgen, Sorten und Anbau­techniken sowie Diversifizierung der Produktionsverfahren zur Streuung des Risikos von Ausfällen.

Im Hinblick auf Extremwettereignisse sorgt die sehr hohe Bandbreite an Szenarien, insb. zu ausbleibenden Frühjahrsniederschlägen, insgesamt jedoch für große Unsicherheit bezüglich der Ergebnisse. Gerade die Zunahme von Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen kann künftig große Auswirkungen auf die Agrarproduktion in Deutschland haben. Die Ergebnisse sind im Hinblick auf die erfassten Kulturen (ohne Wein, Obst, Gemüse, Grünland), die erfassten Risiken (nicht oder mit erheblichen Unsicherheiten wurden analysiert: Sturm, Hagel, Hochwasser/Überflutung, Starkregen) und die angewandten Modelle (unbefriedigende Abbildung der Frühsommertrockenheit) nur eingeschränkt aussagekräftig.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weisen ausdrücklich auf die begrenzte Aussagefähigkeit hin. Die Lücken im Bereich der Analyse von Extremwetterereignissen sind der engagierten Projektgruppe keinesfalls anzulasten. Sie hat den aktuellen Forschungsstand solide abgebildet – einschließlich der vorhandenen Limitationen.

Da die Auswirkungen von Extremwetterereignissen auf die Erträge in Deutschland hohe Relevanz haben (schon bisher bei Trockenheit, Hochwasser, Spätfrost immense Schäden) und nicht allein den Ackerbau, sondern auch Dauerkulturen und Futterflächen betreffen, wird die Ressortforschung sich zur Analyse der Auswirkungen von Extremwetterereignissen weiter intensiv mit Daten, Methoden und neuen Erkenntnissen befassen. Sollten sich für die Zukunft deutliche Ertragsrückgänge in Folge der Klimakrise abzeichnen, wäre eine wichtige Maßnahme, die Umwidmung von Agrarflächen in andere Nutzung zügig zu verringern und die Zielsetzung zur Verringerung der Flächenversiegelung engagiert umzusetzen.

Die Ergebnisse des KlimErtrag-Projektes sind hier verfügbar.

Neue Organisationsformen des Landeigentums - Boden in Gemeinschaft (2022)

In den letzten Jahren haben sich im Zuge des Preisanstiegs von Agrarflächen neue Organisationsformen des Landeigentums zur Sicherung des Bodeneigentums zugunsten lokaler, nachhaltiger Bewirtschaftungsformen entwickelt. Um möglichen agrarpolitischen Handlungsbedarf einschätzen zu können, hat das BMEL eine Studie beauftragt, die auf das Gemeinwohl ausgerichtete neuen Organisationsformen des Landeigentums untersucht. Beauftragt wurde die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Die Studie liefert erstmals einen Überblick über die vielfältigen Initiativen und Konzepte, mit denen ein gemeinwohlorientiertes Flächenmanagement angestrebt wird. Die Ergebnisse geben Aufschluss über Umfang, Ziele und Auswirkungen der untersuchten Organisationen.

Zum Abschlussbericht geht es hier

Der Bericht zeigt, dass die gemeinwohlorientierten Initiativen und deren Partnerbetriebe in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden. Das Wachstumspotential wird aufgrund der gesellschaftlichen Nachfrage an den Organisationen als hoch eingeschätzt. Insgesamt bewirtschaften Genossenschaften etwa 21.000 Hektar und Naturschutzverbände etwa 12.000 Hektar. Der Anteil der von den Organisationen bewirtschafteten Flächen mit insgesamt 33.000 Hektar ist jedoch gering, sodass sie nur begrenzten und regionalen Einfluss auf den Bodenmarkt sowie auf die Agrarstruktur haben.

Dort wo sie aktiv sind, haben die Initiativen und ihre Partnerbetriebe erheblichen Einfluss auf die Vitalität in den ländlichen Räumen. Sie schaffen langfristige Stabilität des sozialen Zusammenhalts im ländlichen Raum sowie Solidarität zwischen den Unterstützern und den Landwirtinnen und Landwirten.

Die Partnerbetriebe engagieren sich häufiger sozial, sind lokal aktiver und regionalisieren ihre Produktvermarktung. Dass die Organisationen in vielen Fällen vorrangig ökologisch wirtschaftende Betriebe unterstützen, wird von der umliegenden Bevölkerung als positiv wahrgenommen.

Trotz ihrer geringen Bedeutung auf die Bodeneigentumsstruktur haben die Organisationen einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Agrarstruktur. Denn diese sind häufig regional verankerte, arbeitsintensive Betriebe, die nach ökologischen Kriterien wirtschaften und sind damit ein Gegenentwurf zu anderen außerlandwirtschaftlichen Investoren. Über die einbezogenen landwirtschaftlichen Betriebe hinaus liefern die Initiativen konzeptionelle Beiträge zu der gesellschaftlichen Diskussion über den künftigen Umgang mit der begrenzten Ressource „Boden“.

Durch spezifische Angebote wie beispielsweise durch kulturelle Veranstaltungen, Hoffeste, Bildungs- und Freizeitangebote oder regionale Vermarktungskonzepte bieten sie viele Dialogmöglichkeiten mit der benachbarten Bevölkerung und beziehen diese verstärkt ein. Mit den überwiegend positiven Effekten unterscheiden sich die gemeinwohlorientierten Investoren von anderen außerlandwirtschaftlichen Investoren, die keinen erkennbaren Zusatznutzen für die Regionen erbringen.

Trotz ihres begrenzten Flächenumfangs zeigt sich, dass die neuen Organisationsformen einigen derzeit vorherrschenden Problemen auf dem Bodenmarkt, wie beispielsweise dem schwierigen Zugang zu Land für Existenzgründerinnen und Existenzgründer oder dem drohenden Verlust von Pachtflächen durch Verkauf, entgegenwirken. Damit sind derartige Projekte auch eine Reaktion auf Vollzugsdefizite und Gesetzeslücken im landwirtschaftlichen Grundstückverkehrsrecht, die Preismissbrauch bei Kauf- und Pachtverträgen verhindern sollten.

Die Partnerschaft ist für die Betriebe auch ökonomisch attraktiv. Die landwirtschaftlichen Betriebe, die die Flächen pachten, sind im hohen Maße zufrieden mit den Pachtkonditionen. Dies unterscheidet sich signifikant von der allgemeinen Lage der Pächter auf dem Bodenmarkt, die mit ständig steigenden Pachtpreisen konfrontiert sind, und die die Situation in erheblichem Umfang als „unfair“ bewerten.

Dass die neuen Organisationsformen insgesamt hinsichtlich ihrer Gemeinwohlziele und ihrer langfristigen organisationalen Nachhaltigkeit Stabilität anstreben, ist vor dem Hintergrund der Diskussionen um die Gleichstellung der Organisationen mit Landwirten auf dem Bodenmarkt eine wichtige Erkenntnis. Sofern das Gemeinwohlziel in den Organisationen nicht mehr im Mittelpunkt steht, besteht im Einzelfall die Gefahr, dass die landwirtschaftlichen Flächen auch an außerlandwirtschaftliche Investoren verkauft werden. Da ein Missbrauch oder eine Veränderung der Ziele nicht per se auszuschließen sind, wäre eine pauschale Gleichstellung mit Landwirten auf dem Bodenmarkt gesetzgeberisch anspruchsvoll.

Forschungsprojekt „Marktmacht in landwirt­schaftlichen Bodenmärkten“ - Schlussfolgerungen des BMEL (2021)

Markt- und Verhandlungsmacht auf Bodenmärkten können die agrarstrukturellen Ziele einer „breiten Eigentumsstreuung“ und der „Vermeidung marktbeherrschender Positionen“ gefähr­den. Deshalb hatten die Bundesländer Interesse an einer wissenschaftlichen Analyse geäußert. Das BMEL hat das Projekt in Auftrag gege­ben. Da aus anderen Studien bekannt ist, dass Konzent­rationsprozesse bei Agrarimmobilien stattfinden, war das Ziel dieser Untersuchung zu klären, ob Marktmacht existiert und zum möglichen Handlungsbedarf. Durchgeführt wurde die Studie vom IAMO in Halle, der Humboldt Universität Berlin und der Universität Bonn.

Ergebnisse

Auf dem Bodenmarkt ist aufgrund der spezifischen Eigenschaften von Agrarflächen (Immobi­lität, räumliche Verteilung, Transaktionskosten, Unvermehrbarkeit) die Ausbildung von lo­kaler Marktmacht möglich. Marktmacht manifestiert sich vor allem in Ver­handlungsmacht und in der Verteilung der Grundrente zwischen den Parteien. Marktmacht auf Bodenmärkten ist ein lokales Phänomen, mit dem die Akteure in einer Region konfrontiert sind.

Marktmacht auf der Nachfrageseite kann zu niedrigeren Pachtpreisen führen. Marktmacht auf der Angebotsseite führt zu deutlich preissteigernde Effekten für große Akteure (Makler), auch weil es sich um einen „Anbietermarkt“ handelt.

Aus den Befragungen und Literarturangaben wird der „regionale Pachtmarkt“ als Radius um den Betriebsmittelpunkt benannt: in Westdeutschland im Umkreis von 6 bis 7 km zum Betriebsmittelpunkt, in Ostdeutschland im Umkreis 12 km.

Die Expertenbefragungen ergeben, dass die Bewirtschaftungskonzentration stärker zunimmt als die Eigentumskonzentration.

Die befragten Experten, Landwirte und Bodeneigentümerinnen sehen aufgrund der Konkur­renz sowohl auf dem Pacht- als auch auf dem Kaufmarkt einen „Anbietermarkt“, also die Möglichkeit der Anbieter, ihre Preisvorstellungen weitgehend durchzusetzen. Die Situation auf dem Bodenmarkt wird über­wiegend als „unfair“ beschrie­ben. Die Neupachten liegen über den ortsüblichen Pachten. Die Pachten in neuen Pachtverträ­gen sind für die Betriebe nicht rentabel, würden aber aus strate­gischen Erwägungen gezahlt. Die Preissteigerungen könnten aus landwirtschaftlicher Tätig­keit nicht „gestemmt“ werden.

Auf dem Kaufmarkt spielen ortsfremde, überregionale Akteure eine wichtige Rolle. Genannt werden überregionale Akteure aus den Niederlanden im Emsland (NI) und Investo­ren in Märkisch-Oderland (BB). Anteilskäufe hätten eine hohe Bedeutung auf dem Boden­markt und der Berufseinstieg für Junglandwirte sei über Anteilskäufe nicht finanzier­bar.

Die Autorinnen und Autoren sehen keine marktbeherrschenden Positionen auf dem Boden­markt, die uner­wünschte ökonomische, soziale oder regionale Effekte hätten. Insofern werden auch keine konkreten Vorschläge zur Begrenzung von Marktmacht vorgelegt. Stattdessen gibt es Vorschläge zu Position von Eigentümern kleiner Flächen, zur Verbesse­rung der Markt­transparenz, zum Vorkaufsrecht von Betrieben mit sehr hohem Eigentumsanteil, zu einer Beschwerdestelle bei unfairen Praktiken und zur Forschung.

Bewertung

Das Ergebnis, dass Marktmacht auf regionalen Bodenmärkten auftreten kann, ist in der Studie begründet und nachvollziehbar dargestellt. Die Ergebnisse zur Marktmacht auf der Nachfrageseite sind plausibel. Die Studie geht aber nicht näher darauf ein, warum es gleich­wohl auch in Regionen mit überdurchschnittlich großen Betrieben diesen offenbar nicht ge­lungen ist, diesen „Vorteil“ zu nutzen. So sind in Ostdeutschland von 2010 bis 2016 die Pach­ten für Ackerland deutlich gestiegen. Mit 46,2 % war der Anstieg im Osten auch stärker als in Westdeutschland (+ 41,6 %).

Die Schlussfolgerungen in Bezug auf Marktmacht auf der Angebotsseite sind widersprüch­lich. Einerseits wird hier kein nennenswerter Effekt ermittelt. Anderseits wird ausgeführt, es handele sich um einen „Anbietermarkt“, auf dem große Akteure (BVVG, Makler) Preisauf­schläge von 20 % bis 40 % erzielen. Die feh­lende Berücksichtigung von Unternehmens­verbünden beeinträchtigt die Aussagekraft über Marktmacht auf der Angebotsseite. Denn neben der BVVG und Maklern gibt es weitere wich­tige Akteure, die als Anbieter von Agrar­flächen auftreten. Dies sind zum einen Finanzanleger unterschiedlicher Form, die zunächst auf der Nachfrageseite Agrarflächen akkumulieren und dann auf der Angebotsseite verpach­ten. Zum anderen sind das Eigentümer von juristischen Personen, die zum Zeitpunkt des Genera­tionswechsels oder aufgrund von wirtschaftlichen Schieflagen der Konzernmütter die Markt­seite wechseln und dann überdurchschnittlich große Eigentumsflächen und große Pake­te an Pachtverträgen anbieten. Die Preisentwicklung in Ostdeutschland und die Existenz eines „Anbietermarktes“ deuten darauf hin, dass diese Gruppen ihre Preisvorstellungen erfolgreich durch­setzen. Insofern erscheinen Schlussfolgerungen zur Marktmacht auf dem Bodenmarkt ohne die Untersuchung wesentlicher Akteure auf der Anbieterseite nicht zweckmäßig.

Die Analyse von Verbundunternehmen wie Agrarholdings hat in der Studie nicht stattgefun­den. Da entsprechende Unternehmens­verbünde ein relativ neues Phänomen in Deutschland sind, die zumindest nach anderen Studien ein erhebliches Wachstum der bewirtschafteten Flä­chen und der Eigentumsflächen verzeichnen, wird die Einschätzung der Autoren und Auto­rinnen nicht geteilt, dass die Unter­suchung dieser Unternehmensgruppe keine neuen Erkennt­nisse bringen würde.

Ziel der Studie war eine für die Verwaltung praktikable Definition und Abgrenzung des regi­onalen Marktes. Auf die Frage, wie „regionale Bodenmärk­te“ für die Verwaltung praktikabel abgegrenzt werden könnten, gibt es keine Antwort.

Die schwache Position aktiver Landwirte, die sich aus den Interviews und Online-Befragungen ergibt, ist vor dem Hintergrund der seit 2005 kontinuierlich gestiegenen Kauf- und Pachtpreise plausibel. Die Ergebnisse zeigen, dass die aktiven landwirtschaftlichen Betriebe auf dem Bodenmarkt grundsätzlich in einer schwachen Position sind und häufig Pachten zahlen, die für die Betriebe nicht rentabel sind. Die durchschnittliche Betriebsgröße der befragten Unternehmen liegt mit 894 ha weit über dem Bundesdurchschnitt. Es ist bemer­kenswert, dass sogar Betriebe dieser Größe von einer schwachen Position auf dem Boden­markt ausgehen.

Mögliche Auswirkungen von Marktmacht auf ländliche Räume und Bodeneigentümer (Einkommenszuwachs, Vermögenszuwachs) wurden nicht untersucht. Das deutliche Ergeb­nis, dass die Betroffenen die Lage auf dem Bodenmarkt als „unfair“ bewerten, wird nicht wei­ter untersucht. Da auch die ökonomischen, sozialen und regionalen Auswirkungen nicht näher untersucht wurden, ist auf Basis der Studie keine Aussage möglich, welche Auswirkungen Marktmacht auf die regionale Entwicklung hat.

Der Vorschlag einer Beschwerdestelle im Hinblick auf unfairen Wettbewerb enthält weder zu prüfende Sachverhalte, noch zu berücksichtigende Kriterien, Abgrenzungen zum bestehenden Bo­denrechtsinstrumentarium, Sanktionsmöglichkeiten, Zuständigkeiten oder Verfahrenshin­wei­se. Der Vorschlag blendet die tatsächliche Konfliktsi­tuation auf dem Bodenmarkt aus. Der Interessenunterschied zwischen Verpächtern und akti­ven Landwirten besteht in der Höhe des Pachtpreises, bzw. der Verteilung der Grundrente. Da die Bodeneigentümer schon bisher in erheblichem Umfang die gesetzlichen Preismiss­brauchsregeln bei Kauf oder Pacht von Agrar­flächen umgehen oder missachten, ist es wenig wahrscheinlich, dass ein freiwilliges Ver­fahren wie eine Beschwerdestelle einen Effekt hätte. Es ist zu befürchten, dass derartige Beschwerdestellen erheblichen Verwaltungsaufwand verursa­chen, ohne konkrete Ergebnisse zu liefern.

Die pauschalen Aussagen zu Anteilskäufen werden nicht geteilt. An­teilskäufe waren weder Teil des Auftrags der Studie noch sind sie näher untersucht worden. Die Aussage, Anteilskäufe hätten keine nachteiligen Effekte, mö­gen für einen Teil dieser Transfers zutref­fen, da juristische Personen einen Teil der Agrarun­ternehmen in Deutschland darstellen. Für einen anderen Teil treffen sie nicht zu, denn Wachstumssprünge von mehreren 1.000 ha pro Jahr und Unternehmen und die Umwandlung selbständiger Betriebe in Konzern­töchter sind keine Kennzeichen des Agrarstrukturwandels in Deutschland. Um zu belastbaren Aussagen zu kommen, wären auch folgende Effekte zu untersuchen: Vorteile großer Unternehmensver­bünde aus der Umgehung der Obergrenzen bei der Biogasvergütung (EEG); Vorteile aus der Umgehung der Obergrenze beim begünstigten Direkter­werb von BVVG-Flächen; Vorteile aus dem Weiterverkauf dieser ehemaligen BVVG-Flächen mit hohen Gewinnen, Vorteile aus der Umgehung der Grunderwerbsteuer; Vorteile aus Spekulationsgewinnen bei Flächenver­käufen mit kurzer Haltefrist; Vorteile aus dem unbegrenzten Zugang zu Agrarsubventionen. Erst nach Durchführung derartiger Analysen könnte beurteilt werden, ob Unternehmensverbünde densel­ben Wettbewerbs­bedingungen unterliegen, die auch für Haupt- und Nebenerwerbsbe­triebe gelten.

Fazit

Die Studie gibt begründete Hinweise auf die Möglichkeit marktbeherrschender Positio­nen auf den regionalen Bodenmärkten, auf Marktmacht auf der Nachfrage- und teilweise auf der Angebotsseite. Ebenfalls nachvollziehbar sind die Ergebnisse im Hinblick auf die „unfai­re Situation“ auf dem Bodenmarkt aus Sicht der Betroffenen und auf die kaum noch bezahlbaren Neupachten. Nicht ausreichend untersucht wurde die Marktmacht auf der Anbie­terseite und die Eigentumskonzentration in Holdingstrukturen. Da diese Bereiche nicht ver­tieft untersucht wurden, wird die Schlussfolgerung, Marktmacht auf dem Bodenmarkt habe keine nachteiligen Effekte auf Betriebe und Regionen, nicht geteilt. Trotz deutlicher Hinweise auf die Existenz von Marktmacht auf regionalen Märkten für Agrarflächen, werden keine Vorschläge zur Novellierung des Bodenrechts in Bezug auf die agrarstrukturellen Ziele einer „breiten Eigentumsstreuung“ und einer „Vermeidung marktbeherrschender Positionen“ ge­macht.

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass der Auftrag trotz breiter Abstimmung zu stark auf die Flächenkonzentration fokussiert war. Dies ist ein entscheidendes Kriterium, aber für eine umfassende Beurteilung von Verhandlungsmacht auf dem Bodenmarkt wären zusätz­lich folgende Aspekte zu berücksichtigen: Der Zugang zu Informationen u.a. über an­stehende Verkäufe oder Verpachtungen, das Erfahrungswissen von Personen oder Unterneh­men in Abhängigkeit von der Anzahl der jährlich durchgeführten Verkäufe und Verpachtun­gen, mög­liche Lagevorteile sowie die strukturell-organisatorische Überlegenheit einzelner Akteure. Dieses sollte bei der Konzeption künftiger Analysen über Marktmacht auf dem landwirt­schaftlichen Bodenmarkt einbezogen werden. Die Studie hat außerdem gezeigt, dass die begrenzte Verfügbarkeit aktueller Daten zum Pachtmarkt und zu dem Immobilienvermögen komplexer juristischer Personen die wissenschaftliche Bewertung erschwert. Die Empfehlung der Autorinnen und Autoren, die Aktualität und Vollständigkeit von Pachtpreisdaten im Rah­men des Landpachtverkehrsgesetzes zu verbessern, wird geteilt.

Zum Abschlussbericht geht es hier.

Untersuchung der Eigentumsstrukturen von Landwirtschaftsflächen in Deutschland (Thünen Report 85, 2021)

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestages hat dem BMEL die Frage übermittelt, wie das Eigentum landwirtschaftlicher Fläche in Deutschland verteilt ist und wem die Flächen gehören. Eine amtliche Eigentumsstatistik zu landwirtschaftlichen Grundstücken existiert nicht. Bisher gibt es keine Möglichkeiten, die bestehende Verteilung des Bodeneigentums in Deutschland festzustellen. Aus den bestehenden Statistiken wie der Agrarstrukturerhebung, der Transparenzplattform der EU-Agrarzahlungen oder dem Testbetriebsnetz lässt sich diese nicht ableiten.

Die Studie des Thünen-Instituts liefert erstmals in Deutschland Daten zur Eigentumsstruktur und zur Eigentumskonzentration bei Agrarflächen. Diese Daten sind nicht nur für den Agrarsektor von Interesse, sondern auch für andere Akteure im Zusammenhang mit der Nutzungskonkurrenz um den knappen Faktor Boden. Im Zusammenhang mit den Bemühungen einzelner Bundesländer zur Novellierung des landwirtschaftlichen Bodenrechts wird diskutiert, inwieweit das Ziel einer breiten Eigentumsstreuung zukünftig stärker gewichtet werden soll. Dazu liegen jetzt erste, für die einzelnen Gemeinden belastbare Daten vor. Diese sind jedoch nicht repräsentativ und nicht bundesweit übertragbar.

Mit der neu entwickelten Methodik des Thünen-Instituts für Ländliche Räume (TI) können die Daten aus dem Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) im Hinblick auf die personelle Verteilung von Grundeigentum weitgehend automatisiert und treffsicher aufbereitet werden. Die hierfür gezogene Stichprobe von 59 ähnlich großen Gemeinden ist bundesweit verteilt, aber nicht repräsentativ für Deutschland. Je nach Gemeinde variieren die Ergebnisse für einzelne erarbeitete Kennzahlen sehr stark. Grundsätzlich besteht innerhalb der Stichprobe eine große Variationsbreite. Eine Interpretation von Mittelwerten und Unterschieden zwischen den Regionen ist daher bislang nur in ersten Ansätzen möglich.

Eigentumsstruktur

Im Hinblick auf die Eigentumsstruktur ist die unterschiedliche Bedeutung von Unternehmen des privaten Rechts als Eigentümer von Landwirtschaftsfläche hervorzuheben. Je nach Gemeinde werden diesen zwischen 0,1 % bis 42 % der Landwirtschaftsfläche zugeordnet, womit eine wirklich hohe Variationsbreite erzeugt wird. Dabei sind diese vermehrt in Ostdeutschland vertreten. Rund die Hälfte der Landwirtschaftsfläche gehört nichtlandwirtschaftlichen (natürlichen) Personen. Je nach Gemeinde gehören sogar über 70 % der untersuchten Landwirtschaftsfläche außerlandwirtschaftlichen natürlichen Personen. Weitere 9,8 % befinden sich im Eigentum von Gebiets- und sonstigen Körperschaften. Dies ist ein sehr hoher Anteil an landwirtschaftlicher Fläche, der sich nicht mehr im Eigentum landwirtschaftlicher Betriebe befindet.

Eigentumskonzentration

In Deutschland besteht ein breit getragener politischer Konsens über das Ziel, eine breite Streuung des Bodeneigentums zu sichern. Im landwirtschaftlichen Bodenrecht soll der Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen vorrangig Landwirten ermöglicht werden. Das bedeutet: Abweichend von anderen Vermögenswerten gibt es bei Agrarimmobilien einen gesetzlichen Vorrang von Landwirten. Das schließt aber das Ziel einer breiten Eigentumsstreuung nicht aus. Vielmehr ist sowohl bei den Flächen im Eigentum von Landwirten eine breite Eigentumsstreuung anzustreben als auch bei den Nichtlandwirten, die Agrarimmobilien besitzen. Die Übernahme durch außerlandwirtschaftliche Kapitalinvestoren, die in vielen Fällen Flächen akkumulieren und so die Bodeneigentumskonzentration erhöhen, wird nicht angestrebt.

Aufgrund des methodischen Ansatzes der Studie kann gemeindeübergreifende Eigentumskonzentration nicht erfasst werden. Auch Verbundunternehmen und die auf sie entfallende Einkommenskonzentration können nicht vollständig identifiziert werden. Die Berücksichtigung dieser Aspekte würde vermutlich eine stärkere Ungleichverteilung ergeben.

Die ermittelten Kennzahlen zur Eigentumskonzentration zeigen zwischen den Eigentümern innerhalb einer Gemeinde sehr ungleich verteiltes Landeigentum, mit allerdings von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlicher Ausprägung. Die Frage, ab welcher Konzentration eine Ungleichverteilung als kritisch anzusehen ist, war nicht Untersuchungsgegenstand der Studie.

Zum Bericht des Thünen-Instituts geht es hier.

Auswirkungen überregional aktiver Investoren in der Landwirtschaft auf ländliche Räume (Thünen Report 80, 2021)

Wem gehört der Acker? Die Antwort lautet in Deutschland zunehmend: einem überregionalen Investor. Die Bodenpreise sind stark gestiegen – sie haben sich seit 2005 verdreifacht – daher können sich Landwirte die zum Verkauf stehenden Agrarflächen oft nicht mehr leisten. Was das für Folgen für die betroffenen Dörfer und Regionen hat, beleuchtet die Studie des Thünen-Insituts "Auswirkungen überregional aktiver Investoren in der Landwirtschaft auf ländliche Räume". Dieses Projekt ist der erste Baustein einer Untersuchung, die vom Thünen-Institut für Ländliche Räume im Auftrag des BMEL durchgeführt wird.

Die im Januar 2021 vorgelegte Studie kommt zu folgenden zentralen Ergebnissen: 

Das Aufkommen überregionaler Investoren führt nicht zum Niedergang der betroffenen Gemeinden. Es trägt allerdings auch nicht erkennbar zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage bei. Die Herausbildung von Agrar-Holdings verstärkt die Distanz zwischen den Agrarunternehmen und der ländlichen Bevölkerung. Ortsansässige Betriebsinhaber scheinen im Hinblick auf die Integration in das Dorfleben und ein entsprechendes Engagement Vorteile für die Gemeinden zu bieten.

Untersucht wurden zwei Regionen. In beiden ist die Eigentumskonzentration 30 Jahre nach der Wiedervereinigung bei Agrarflächen deutlich höher als bisher angenommen. Der wirtschaftliche Druck nach der Wende und die Privatisierung der ehemals volkseigenen Flächen der DDR haben zu zahlreichen Verkäufen und der Konzentration beigetragen.

Die Autoren identifizieren eine strukturelle Schwäche der LPG-Nachfolgeunternehmen, die die Bildung von Holdings fördert. Während die Anteilseigner 1990 ihre Arbeitsplätze und ihr Betriebsvermögen durch engagierte Arbeit im Betrieb abgesichert haben, sind sie heute oft im Rentenalter. Das Arbeitsplatzargument ist für sie nachrangig und ihr Vermögen meinen sie, durch Verkauf an Investoren zu sichern.

Die Feldarbeit bei Bestellung, Pflege und Ernte wird betriebsstandortübergreifend organisiert. Ein Problem sind der Unterhalt und die Nutzung ländlicher Wege, sowohl wegen der finanziellen Belastung von Gemeinden als auch aufgrund divergierender Interessen der Landwirtschaft und der ländlichen Bevölkerung.

Die durch die Auswertung von Grundbuch- und Bewirtschaftungsdaten erstellte ("konsolidierte") Agrarstruktur weicht von den in der amtlichen Agrarstatistik ermittelten Betriebszahlen und deren Anteil der Eigentumsfläche an der bewirtschafteten Fläche ab.

Die Position von Frauen ist in den Untersuchungsregionen schwach: Sie sind sowohl in den landwirtschaftlichen Betrieben als auch in den Gemeindevertretungen in der Minderheit. Dasselbe gilt für das Bodeneigentum und den Erwerb von BVVG-Flächen.

Für die Restlaufzeit des voraussichtlich bis Mitte 2022 laufenden Projektes sollen vertiefende Untersuchungen auf Basis der bisherigen Ergebnisse der Studie durchgeführt werden. Dabei geht es um die Erweiterung der Fallregionen und der zu untersuchenden Aspekte (Arbeitsplätze; Wertschöpfung; Bodenpreisanstieg; Steuern).

Preisbildung bei Auktionen auf dem Bodenmarkt: Analyse der Unterschiede zwischen Landwirten und Nichtlandwirten (2020)

Ziel des Forschungsprojekts war die Analyse von Auktionen auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt in Deutschland. Bisher wurde dieses Marktsegment in Deutschland noch nicht wissenschaftlich untersucht. Bei dem Projekt lag ein besonderes Augenmerk auf dem Vergleich von aktiven Landwirten mit Nichtlandwirten.

Auktionen, Ausschreibungen und auktionsähnliche Verfahren werden aus verschiedenen Gründen und in unterschiedlichen Formen durchgeführt. Im Vergleich zu anderen Formen der Vermarktung von Grundstücken spielen Auktionen bundesweit eine eher untergeordnete Rolle. Wenn Auktionen zur Grundstücksvermarktung genutzt werden, geschieht dies vor allem in den ostdeutschen Bundesländern. So haben Auktionen gemäß den Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse etwa in Brandenburg einen Anteil 17,8 Prozent und in Sachsen-Anhalt einen Anteil von 12,8 Prozent an den erfassten Kaufvorgängen, in Niedersachsen hingegen nur von 2,8 Prozent.

Im Bieterverhalten zeigen sich zwischen Landwirten und Nichtlandwirten keine systematischen Unterschiede. Jedoch kalkulieren sie ihre Angebote unterschiedlich. Landwirte kalkulieren mit dem, was sie bei landwirtschaftlicher Nutzung mit der Agrarfläche erwirtschaften können (so genannte Grundrente). Nichtlandwirtschaftliche Investoren hingegen stellen auf eine Mindestverzinsung ihres Vermögens ab, die sie mit der Fläche erzielen können.

Nichtrepräsentative Interviews mit Experten haben Hinweise darauf gegeben, dass Auktionen branchenfremden Investoren den Zugang zu Flächenkäufen ermöglichen. Tendenziell führen Aktionen zu höheren Bodenpreisen. Auf Basis einer Onlineumfrage, zeigt sich, dass befragte Nichtlandwirte Auktionen im Vergleich zu Landwirten als fairer bewerten. Einig waren sich die befragten Landwirte und Nichtlandwirte darin, dass es die Agrarstruktur gefährden könne, wenn sich die Bodenpreise ausschließlich über das in Auktionen typischerweise angewandte Höchstgebotsverfahren bilden würden.

Da die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) die Privatisierung ehemaliger volkseigener Flächen in den ostdeutschen Bundesländern inzwischen ausschließlich über Auktionen durchführt, wird diese Vermarktungsform bis zur Erledigung dieser Aufgabe im Jahr 2030 eine gewisse Relevanz für den Bodenmarkt haben werden. Bedeutsam ist dabei die Signalfunktion, die die BVVG-Ausschreibungsergebnisse für den gesamten Markt haben. Die Kombination aus tendenziell höheren Preisen bei Auktionen sowie der hohen Transparenz und Aktualität der von der BVVG regelmäßig veröffentlichten Ergebnisse liefert dabei preissteigernde Impulse für den Gesamtmarkt.

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine stärkere gesetzliche Regulierung von Bodenauktionen notwendig wäre. Die Autoren empfehlen jedoch, die Marktransparenz zu verbessen. Dies könnte durch eine erweiterte und differenziertere Erfassung bestimmter Merkmale bei Bodenkäufen (zum Beispiel Käufertypen, Vermarktungswege, Zweit- und Drittgebot) durch die Gutachterausschüsse erreicht werden.

Verkauf und Rückpacht von Agrarflächen (sale and lease back): Analyse und Bewertung aus betriebswirtschaftlicher Sicht (Thünen Working Paper 155, 2020)

Ausgangspunkt des Forschungsprojekts war die Beobachtung, dass Landwirte Agrarflächen zunächst veräußern und anschließend zurückpachten; teilweise wird auch eine Rückkaufoption vereinbart. Das Thünen-Institut für Betriebswirtschaft hat dazu die Wirtschaftlichkeit dieser Verkauf-Rückpacht-Verträge untersucht. Hier die wichtigsten Ergebnisse:

  • Verkauf-Rückpacht-Verträge werden von landwirtschaftlichen Betrieben mit Liquiditätsproblemen genutzt, um aus dem Flächenverkauf kurzfristig Finanzmittel zu mobilisieren. Diese „sale and lease back“-Geschäfte sind in der Regel teurer als die Bereitstellung von Liquidität über Kapitalmarkt-Darlehen.
  • Auf der Käuferseite agieren neben einzelnen Landgesellschaften der Länder vor allem Finanzinvestoren.
  • Wenn Finanzinvestoren die Flächen kaufen, kollidieren die Geschäfte mit dem gesetzlichen Vorrang von Landwirten auf dem Bodenmarkt.
  • "Sale and lease back"-Geschäfte mit Agrarimmobilien haben derzeit nur einen geringen Umfang in Deutschland. Das Thünen-Institut rechnet mit keiner starken Zunahme.

In ihrer Bewertung machen die Wissenschaftler deutlich: Es ist plausibel, dass die "sale and lease back"-Geschäfte überwiegend genutzt werden, wenn Betriebe Liquiditätsprobleme haben. Als Gründe für die schlechte Liquiditätslage wurden die Trockenheit in den letzten Jahren, die niedrigen Milchpreise oder auch die Notwendigkeit genannt, in Tierwohlmaßnahmen zu investieren. Allerdings konnte die anteilige Bedeutung dieser Gründe nicht abgeschätzt werden. 

Viele "sale and lease back"- Geschäfte kollidieren mit dem Grundstücksverkehrsrecht, weil Landwirten grundsätzlich ein Vorkaufsrecht zusteht. Allenfalls ein (Zwischen-)Erwerb durch Landgesellschaften mit entsprechenden agrarstrukturellen Aufgaben ist mit dem Bodenrecht vereinbar. Allerdings ist die von den Landgesellschaften überwiegend angebotene Rückkaufoption teurer als ein Kapitalmarktdarlehen und wird in der Mehrzahl der Fälle nicht genutzt.

Aufgrund mangelnder statistischer Daten wird der Umfang der „sale and lease back“-Geschäfte möglicherweise unterschätzt. Bei angespannter Liquiditätslage landwirtschaftlicher Betriebe und bei vermutlich weiterhin hoher Liquidität bei Investoren wäre nach hiesiger Einschätzung eine Zunahme derartiger Geschäfte möglich.

Als Fazit bleibt, dass "sale and lease back"-Geschäfte allenfalls in Einzelfällen eine sinnvolle Finanzierungsoption für landwirtschaftliche Betriebe im Zusammenwirken mit Landgesellschaften sind. Bei Übernahme der Flächen durch Investoren ist dies agrarstrukturell nachteilig, weil dann die Eigentumskonzentration bei diesen zunimmt und der Vorrang von Landwirten umgangen wird. Nach dem Grundstückverkehrsgesetz ist der Kauf durch Finanzinvestoren abzulehnen.

Bodengebundene Einkommenssteuern in einer strukturschwachen ländlichen Gemeinde (Thünen Report 69, 2019)

In diesem Bericht des Thünen Instituts wird für eine strukturschwache, ländliche Gemeinde im Landkreis Stendal (Sachsen-Anhalt) die Höhe der Steuern abgeschätzt, die auf Einkünfte aus der Verpachtung und Bewirtschaftung von Landwirtschaftsfläche im Gemeindegebiet zu entrichten sind. Darüber hinaus zeigt der Bericht, welcher Anteil der Steuereinnahmen der Gemeinde selbst zukommt und welcher Anteil ihr dadurch entgeht, dass Teile landwirtschaftlicher Flächen im Besitz von Eigentümern mit auswärtigem Wohnsitz sind oder von auswärtigen Landwirten bewirtschaftet werden.

Als Grundlage der Ermittlung dienen Daten aus den Liegenschafts- und Grundsteuersystemen der Gemeinde. Ausgewertet wurden diese im Hinblick auf die Wohnsitze der Steuerpflichtigen.

Die Untersuchung zeigt, dass mehr als die Hälfte des privaten landwirtschaftlichen Flächeneigentums auf Nichtortsansässige entfällt und auch mehr als die Hälfte der Landwirtschaftsfläche von auswärtigen Landwirten bewirtschaftet wird. Dies führt dazu, dass lediglich die Hälfte der bodengebundenen Einkommenssteuern der Gemeinde zufließt.

Im Verhältnis zu anderen Finanzierungsquellen im Gemeindehaushalt sind die entgangenen Einnahmen allerdings relativ gering. Trotzdem ist der Mittelabfluss negativ zu bewerten, insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung kommunaler Pflichtaufgaben der finanzschwachen Gemeinde. Die Untersuchung belegt erstmalig nicht nur den Abfluss von Wertschöpfung aus einer ländlichen Gemeinde durch Veränderungen auf dem Bodenmarkt, sondern zeigt an einem konkreten Beispiel eine Methode zur Ermittlung von Eigentums- und Bewirtschaftungskonzentration landwirtschaftlicher Flächen auf Gemeindeebene.

Überregional aktive Kapitaleigentümer in ostdeutschen Agrarunternehmen: Entwicklungen bis 2017 (Thünen Report 52, 2017)

Auch in dieser Studie wird die Tätigkeit überregional aktiver Investoren durch Anteilskäufe (so genannte Share Deals) betrachtet, hier konkret mit Blick auf ostdeutsche Agrarunternehmen. Dazu wurden 853 Agrarunternehmen verschiedener Rechtsformen (GmbH, GmbH & Co. KG, Genossenschaft, Aktiengesellschaft) in zehn ostdeutschen Landkreisen untersucht.

Auch wenn in der Studie nur zehn Landkreise untersucht werden konnten, deckt sie eine große Anzahl von Unternehmen, eine Fläche von mehr als 700.000 Hektar und einen Zeitraum von elf Jahren ab. Deshalb stellen die Ergebnisse ein realistisches Bild der agrarstrukturellen Entwicklung in Ostdeutschland dar. Geprüft wurde, wer die aktuellen Kapitaleigentümer sind und welche Veränderungen sich seit 2007 in der Eigentümerstruktur ergeben haben.

Überregional aktive Investoren besitzen mittlerweile die Kapitalmehrheit in 34 Prozent aller untersuchten Unternehmen. Diese bewirtschaften wiederum 25 Prozent der von juristischen Personen bewirtschafteten Landwirtschaftsfläche in den Fallregionen. Im betrachteten Zehnjahreszeitraum sind in 155 Fällen die Kapitalmehrheiten auf neue Eigentümer übergegangen. In 72 Prozent dieser 155 Fälle sind die Käufer überregional aktive Investoren. Insgesamt haben die Aktivitäten dieser Investoren einen relevanten Umfang auf dem ostdeutschen Bodenmarkt erreicht. Dadurch nehmen potenzielle Konflikte mit agrarstrukturellen Zielen zu.

Die Zahlen der Fallregionen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg liegen deutlich über dem Gesamtdurchschnitt. Gründe für die unterschiedliche regionale Bedeutung externer Investoren liegen sowohl in den historischen Ausgangsbedingungen, den strukturellen Unterschieden zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung als auch in unterschiedlichen Entwicklungen seit der Wende.

Kapitalbeteiligung nichtlandwirtschaftlicher und überregional ausgerichteter Investoren an landwirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland (Thünen Report 5, 2013)

In dieser Studie geht es um Anteilskäufe (so genannte Share Deals) in der Landwirtschaft durch nichtlandwirtschaftliche oder nichtregionale Investoren.

Bei Anteilskäufen werden landwirtschaftliche Grundstücke nicht direkt erworben, sondern mittelbar über den Kauf von Kapitalanteilen an landwirtschaftlichen Unternehmen, welche Eigentum an Boden halten. In der vorliegenden Studie werden das Ausmaß und die Entwicklung dieser Erwerbsform mithilfe von regionalen Fallstudien und Expertengesprächen betrachtet. Es soll abgeschätzt werden, wie sich diese Anteilskäufe auf die Agrarstruktur und die Entwicklung ländlicher Räume auswirken.

Der Anteil der Unternehmen, bei denen Investoren Kapitalanteile übernommen haben, steigt absolut weiter an. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den west- und den ostdeutschen Fallregionen. Vor allem in den neuen Bundesländern spielen derartige Kapitalbeteiligungen eine Rolle. Die Agrargesellschaften in den neuen Ländern sind vielfach auf wenige Personen konzentriert, die über sehr große Vermögensanteile verfügen. Diese Struktur stellt in einigen Fällen einen Ansatzpunkt für den Einstieg von Investoren dar. Minderheitsbeteiligungen von Investoren sind eher selten, da diese mit ihrer Investition ein wirtschaftliches Risiko eingehen und deshalb Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen haben wollen.

Für den Erfolg der Investition ist ein hohes Maß an landwirtschaftlicher Fachkompetenz notwendig, weshalb komplett landwirtschaftsfremde Investoren selten sind. Mit den Anteilskäufen ist häufig ein Anstieg der der Investitionen und der Wettbewerbsfähigkeit zu verzeichnen. Zudem kommt es regelmäßig zu einer Spezialisierung des Betriebes. Häufig ist jedoch auch ein Abbau von Arbeitskräften zu beobachten.

Aktivitäten von nichtlandwirtschaftlichen und überregional ausgerichteten Investoren auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt in Deutschland (2011)

Diese Studie befasst sich mit den Käufen von landwirtschaftlichen Flächen und kompletten landwirtschaftlichen Unternehmen durch außerlandwirtschaftliche und nichtregionale Investoren in Deutschland.

Anhand von Fallregionen wird untersucht, warum Investoren landwirtschaftliche Flächen und Unternehmen aufkaufen und welche Rolle die Käufe für die Verfügbarkeit des Bodens, die landwirtschaftliche Produktion und die dörfliche oder regionale Entwicklung spielen.

Die Gruppe der außerlandwirtschaftlichen und überregional ausgerichteten Investoren ist äußerst vielseitig. Zu ihr zählen beispielsweise sowohl Betriebskäufer, die selbst Landwirtschaft betreiben, als auch der Biobodenfonds der GLS-Gemeinschaftsbank, durch den Flächen für Ökobetriebe bereitgestellt werden und Kapitalgesellschaften, welche landwirtschaftliche Flächen lediglich verpachten. Der Einstieg solcher Investoren findet zum Beispiel über den Kauf von ganzen Betrieben statt, aber auch "hinter den Kulissen" in Form von Kreditvergaben.

Da die Investoren derart unterschiedlich auftreten und auch die Auswirkungen auf Produktion, Beschäftigung und dörfliche wie regionale Entwicklung nicht klar bestimmbar sind, lassen sich keine pauschalen Aussagen treffen. Auch vor Ort werden die Investoren höchst unterschiedlich wahrgenommen. Erkennbar ist jedoch, dass es sich bei den Aktivitäten solcher Investoren nicht um Einzelfälle, sondern einen zunehmenden Trend handelt.

Gerade in den neuen Bundesländern bietet der Bodenmarkt wegen der noch relativ niedrigen Bodenpreise und Flächen mit attraktiven Größen gute Voraussetzungen für kapitalkräftige Investoren. Dabei bildeten die Verkäufe ehemaliger volkseigener Flächen durch die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG, eine Nachfolgeeinrichtung der Treuhandanstalt) zu dem Zeitpunkt einen wichtigen Faktor. Gründe für das zunehmende Interesse außerlandwirtschaftlicher Investoren an landwirtschaftlichen Flächen sind die verbesserten Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft und die anhaltend problematische Situation auf den Finanzmärkten, wegen der Investoren nach sicheren Anlageformen suchen. Auch vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wurde die Größe der von der BVVG angebotenen Verkaufslose zunächst auf 25 Hektar, später auf 15 Hektar abgesenkt. Diese Größenordnung ist für Investoren wenig attraktiv und für Landwirte leichter finanzierbar.

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