2019 war ein besonderes Jubiläumsjahr für das BMEL

Das Ministerium schaute im Rahmen eines Festakts auf seine wechselvolle bis zu 100jährige Geschichte zurück

Im Jahr 2019 jährte sich zum 70. Mal die Gründung der Bundesrepublik Deutschland und damit auch die des heutigen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), dessen Ursprünge bis ins Jahr 1919 zurückreichen.

Im Mai 1949 wird das Grundgesetz verkündet, im August der erste Deutsche Bundestag gewählt. Am 16. September 1949 schließlich nimmt das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten seine Arbeit auf. Erster Bundeslandwirtschaftsminister im Kabinett von Bundeskanzler Konrad Adenauer ist Professor Dr. Wilhelm Niklas. In seinem Fokus stehen zunächst vor allem zwei drängende Fragen der Zeit: Wie lässt sich die Agrarproduktion erhöhen, um die Bevölkerung ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen? Denn Lebensmittel sind bis 1950 rationiert. Fragestellungen, die auch vor 100 Jahren drängend waren.

Wichtige Wegmarken: 1919 und 1949

Das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft in der Wilhelmstraße 72
Das Reichsministerium Wilhelmstraße 72. © Landesarchiv Berlin, F Rep. 290 (01) Nr. 0090989

Denn die Vorgeschichte des heutigen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) reicht weiter zurück bis in die Weimarer Republik: Am 21. März 1919 – und damit vor 100 Jahren – ergeht der Erlass zur Errichtung der obersten Reichsbehörden – darunter das Reichsernährungsministerium.

Das Ministerium geht hervor aus dem Reichsernährungsamt, das im ersten Weltkrieg als Kriegsernährungsamt gegründet worden war. Zentrale Herausforderung im und unmittelbar nach dem Krieg ist die Ernährungskrise. Wie kann der Staat die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sicherstellen?

Das Amt wird zum Dreh- und Angelpunkt der Zwangswirtschaft. Die Gründe dafür sind vielfältig, die Folgen weitreichend, wie Wissenschaftler der vom BMEL ins Leben gerufenen Unabhängigen Historikerkommission feststellen.

Die Historiker der Kommission untersuchen die Anfänge der nationalen Agrar- und Ernährungspolitik. In ihrem Zwischenbericht bewerten sie die Auswirkungen der durch den Ersten Weltkrieg bedingten Zwangswirtschaft auf das landwirtschaftliche Produktions- und Verteilungssystem in der Weimarer Republik als "radikal". Zugleich sehen sie in der Zwangswirtschaft einen Präzedenzfall für die zentral gesteuerte Agrarpolitik nach 1933.

Unabhängige Historikerkommission arbeitet Geschichte auf

Seit 2016 arbeiten in der Unabhängigen Kommission Historiker und Verwaltungsexperten die umfassende Geschichte der Agrarpolitik im 20. Jahrhundert ab dem ersten Weltkrieg bis in die 80iger Jahre auf. Sie erforschen nicht nur die Wiederbegründung des Ministeriums im Jahr 1949, sondern auch die Geschichte seiner Vorgängerinstitutionen und die Entwicklungen der Agrarverwaltung in der DDR. Die Beteiligung des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft an den Verbrechen der NS-Zeit und die Belastungen in der Nachkriegszeit werden dabei zentral behandelt.

Die sechs Mitglieder der Kommission gehen dabei den politischen und personellen Kontinuitäten aber auch den Brüchen nach. So zieht sich das Spannungsverhältnis zwischen Verbraucherinteressen und den Interessen der Erzeuger seit 1919 durch die Geschichte des Ministeriums. Zudem untersuchen Experten die zeitlich parallelen Entwicklungen in der Deutschen Demokratischen Republik. 2016 legten die Wissenschaftler einen ersten Zwischenbericht: Geschichte des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft im Kontext des 20. Jahrhunderts Kontinuität und Diskontinuität (PDF, 620KB, Datei ist nicht barrierefrei) vor.

2020 soll der Abschlussbericht präsentiert und als Publikation der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Vorlage des Abschlussberichts ist ein wichtiger Baustein, in einer Reihe von Informationsmaßnahmen und Veranstaltungen, mit denen das BMEL über seine Geschichte sowie zentrale Wegmarken informiert. (weitere Informationen zur Kommission, ihrer Aufgabe und Zusammensetzung finden Sie hier).

Informationsangebote des BMEL zum Jubiläumsjahr

Festakt am 20.11.2019 im Bundesministerium in Berlin

Im Rahmen eines Festakts am 20. November in Berlin würdigte das BMEL sein doppeltes Jubiläumsjahr und gab Einblicke in die Historie sowie die bisherigen Errungenschaften.

Die sichere Versorgung der Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln war und ist das Fundament für alle gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Aktivität (Bundesministerin Klöckner anlässlich des Festakts am 20.11.2019 in Berlin).

Den Blick auf aktuelle Themen richtete dabei Bundesministerin Julia Klöckner in ihrer Jubiläumsrede "70/100 Jahre BMEL - Ernährung sichern, Landwirtschaft gestalten, Verbraucher informieren".

Ebenfalls auf dem Programm: ein Vortrag von Professor Horst Möller, Vorsitzender der Unabhängigen Historikerkommission beim BMEL, zum Thema "Zwei Katastrophen, zwei Neugründungen: Das Reichsministerium für Ernährung 1919 und der Weg zum Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 1945/49" sowie ein Gespräch mit Kathrin Muus, Bundesvorsitzende des Bunds der Deutschen Landjugend (BDL), zu Herausforderungen von jungen Menschen in ländlichen Räumen.

Festakt zum Jubiläum - Einblicke

Erntedank- und Verleihung der Professor Niklas Medaille am 15.10.2019

Zur Amtszeit des ersten Landwirtschaftsministers der Bundesrepublik Deutschland, Professor Niklas, stand noch die ausreichende Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln im Nachkriegsdeutschland im Fokus. Heute - 70 Jahre später – liegt in den Supermarktregalen ein reichhaltiges Angebot qualitativ hochwertiger Lebensmittel. Verbraucherinnen und Verbraucher haben die freie Wahl. Statt Mangel herrscht Überfluss. Ausreichende Lebensmittel sind selbstverständlich geworden. Aufgabe heute ist es, die Arbeit der Erzeuger und die wertvollen Ressourcen, die in den Mitteln zum Leben stecken, besser wertzuschätzen.

Das BMEL begeht vor diesem Hintergrund bereits seit einigen Jahren das Erntedankfest mit einer besonderen Veranstaltung in Berlin. Es verbindet bei seinem "Politischen Erntedank" die Wertschätzung gegenüber der Arbeit der grünen Berufe mit einer besonderen Würdigung, der Verleihung der Professor Niklas-Medaille. Diese ist die höchste Auszeichnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Sie wird an Persönlichkeiten verliehen, die sich besonders um die Ernährungs-, Land- und Forstwirtschaft verdient gemacht und Leistungen zum Wohle der in diesen Bereichen tätigen Menschen erbracht haben.

In diesem Jahr zeichnete Bundesministerin Julia Klöckner am 15. Oktober 2019 Peter Maske, Prof. Dr. Cornelia Weltzien und Tim Mälzer mit der Professor Niklas Medaille aus. Zugleich nahm das BMEL den Termin im Jubiläumsjahr zum Anlass, auf die Anfänge des von Professor Niklas geführten Ressorts in der 1949 neu gegründeten Bundesrepublik zurückzuschauen. Mehr zum Politischen Erntedank 2019 finden Sie hier.

Tag der offenen Tür des BMEL am 17. und 18. August 2019 in Berlin

Beim Tag der offenen Tür nutzten viele Gäste die Gelegenheit, den Berliner Dienstsitz des BMEL in der Wilhelmstraße 54 zu besuchen. Die ursprüngliche Bankiersvilla hat eine wechselhafte Geschichte: So war sie Amtssitz des geheimem Zivilkabinetts, Amts- und Wohnsitz des preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun, Schaltzentrale der Nationalsozialisten ebenso wie Studentenwohnheim und später Verwaltungsgebäude des Staatsverlages der DDR.

Das Gebäude Wilhelmstraße 54 als Studentenwohnheim der Humboldt-Universität (1949)
Wilhelmstraße 54 als Studentenwohnheim der Humboldt-Universität. Oktober 1949. © Ullstein Bild

Am Tag der offenen Tür konnten sich Interessierte durch einige Räume des Hauses führen lassen, wie etwa einen nach Konrad Adenauer benannten Sitzungssaal - hat doch auch Konrad Adenauer in dem Gebäude an der Wilhelmstraße 1933 kurze Zeit gewohnt, als er Schutz vor den Nationalsozialisten suchte.

(Wer nicht beim Tag der offenen Tür dabei sein konnte, findet hier die wichtigsten Informationen zur Geschichte der heutigen Wilhelmstraße 54 zum Nachlesen.)

Politische Wegmarken zum Nachlesen

Niklas, Lübke, Schwarz, Höcherl, Ertl, Kiechle, Borchert, Funke, Künast, Seehofer, Aigner, Friedrich, Schmidt - all diese Politikerinnen und Politiker leiteten die Geschicke des 1949 gegründeten Ressorts. Seit März 2018 ist Julia Klöckner amtierende Bundesministerin.

Zentrale Wegmarken, Entwicklungen und Entscheidungen der vergangenen 70 Jahre des Ministeriums haben wir in der Broschüre "70 Jahre Lebensministerium" (Klick auf Broschürencover links öffnet Datei) oder hier für Sie in einer Übersicht zum Nachlesen zusammengestellt.

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