Textversion der Folge 8 – Weniger ist mehr: wie eine zuckerreduzierte Ernährung gelingt

00:00:02:06 - 00:00:28:16
Intro:
SPITZ DIE LÖFFEL! Der IN FORM Podcast für eine gesunde Ernährung. Hier erfahren Sie alles über einen ausgewogenen Lebensstil: von aktuellen Trends und Themen bis hin zu vielen Ideen für einen gesünderen Alltag. Ein Podcast von IN FORM - Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung, gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Moderation: Diplom-Ernährungswissenschaftlerin Dr. Ann-Kristin Dorn.


00:00:31:20 - 00:00:57:24
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Und nun können Sie wieder Ihre Löffel spitzen und einem Gespräch über die süße Versuchung Zucker lauschen. Herzlich willkommen zu einer weiteren Folge von SPITZ DIE LÖFFEL!, dem IN FORM Podcast bei dem es um Wissenswertes rund um eine gesunde und ausgewogene Ernährung geht, dass Expert:innen hier exklusiv mit Ihnen teilen. Hier spricht Ihre Moderatorin Ann-Kristin Dorn und es ist schön, dass Sie wieder dabei sind.

00:00:58:01 - 00:01:20:23
Dr. Ann-Kristin Dorn:
In dieser Folge sprechen wir darüber, warum etwas Süßes so gern gegessen wird und wie eine zuckerreduzierte Ernährung gelingen kann. Was eigentlich mit Zucker gemeint ist und ob es sinnvolle Alternativen gibt. Und wir sprechen darüber, wie viel Zucker am Tag im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung in Ordnung ist. Unser heutiger Gast ist uns wieder digital zugeschaltet und er heißt Dr. Stefan Kabisch.

00:01:21:09 - 00:01:46:16
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Er ist Studienarzt an der Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin der Charite in Berlin und er untersucht seit mehr als zehn Jahren die Rolle von speziellen Ernährungsfaktoren bei der Entstehung und Behandlung von Adipositas, also starkem, krankhaften Übergewicht, Typ-2-Diabetes und Fettstoffwechselstörungen im Deutschen Zentrum für Diabetes Forschung. Und nun können Sie wieder Ihre Löffel spitzen. Los geht's.

00:01:48:19 - 00:01:51:14
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Hallo, Herr Dr. Kabisch. Schön, dass Sie heute im Podcast sind.

00:01:51:16 - 00:01:53:07
Dr. Stefan Kabisch
Vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich.

00:01:53:19 - 00:02:13:07
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Ja sehr gern und ich freue mich vor allen Dingen auch, weil wir heute über eines meiner Lieblingsernährungsthemen sprechen, das ist nämlich Zucker, und Sie als Experte stehen uns heute Rede und Antwort. Und ich bin mir auch sicher, dass wir sehr viele Aha-Erlebnisse heute erleben werden und dass viele sich motiviert fühlen werden, auch mal auf ihre eigene Zuckermenge zu achten, die sie so am Tag essen.

00:02:13:22 - 00:02:34:10
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Und ich habe mir so einen kleinen Spaß erlaubt. Ich habe das Wort Zucker einfach mal in eine Suchmaschine eingegeben und da kam dann so was wie "Wie viel Zucker ist noch gesund?", " Welche Auswirkungen hat Zucker auf den Körper?" und "Wie viel Zucker darf ich überhaupt essen?". Also Zucker hat kein gutes Image im Netz. Daher meine Frage: Warum essen wir denn überhaupt so gerne süß? Und gibt es überhaupt irgendwas Positives am Zucker?

00:02:35:10 - 00:02:59:04
Dr. Stefan Kabisch:
Der Grund, warum Zucker für uns Menschen so attraktiv ist, der führt uns weit in die Menschheitsgeschichte zurück. Das hat letztlich evolutionäre Ursprünge. Heutzutage ist es so, dass wir alle möglichen Lebensmittel zumindest in der westlichen Welt jederzeit verfügbar haben. Die Supermärkte sind voll, die Regale sind voll. Das Problem Nahrungsmangel haben wir in den meisten Teilen der Welt nicht so sehr.

00:03:00:08 - 00:03:26:09
Dr. Stefan Kabisch:
Vor 3000, 5000, 10.000 Jahren war das ganz anders. Der Mensch lebte noch draußen, er musste sich um Nahrung kümmern und er musste hoffen, dass er einigermaßen regelmäßig an Nahrung rankommt. Es gab aber eben Hungerphasen. Es gab die kalte Jahreszeit, wo viele Lebensmittel gar nicht verfügbar waren. Man musste die erjagen, man musste die sammeln. Es war also für den Menschen, wie praktisch für jedes andere Lebewesen auch, ganz essenziell regelmäßig Nahrung zu finden.

00:03:26:09 - 00:03:57:21
Dr. Stefan Kabisch:
Und wenn das eben nicht der Fall war, Reserven anzulegen. Dafür ist der Zucker das perfekte Lebensmittel oder der perfekte Nährstoff, weil er eben zu bestimmten Jahreszeiten ganz geballt vorkommt. Wenn die Obstbäume voller Obst hängen, wenn stärkehaltige Wurzeln ausgewachsen sind, dann kann man sich sozusagen den Bauch vollschlagen und sich ein ordentliches Fettdepot anessen. Und das geht eben perfekt mit dem Zucker, weil es ein leicht verfügbarer Nährstoff ist, der schnell von unserem Körper verdaut und aufgenommen werden kann, der sehr leicht gelagert werden kann, nicht als Zucker, sondern typischerweise als Fett.

00:03:58:02 - 00:04:31:23
Dr. Stefan Kabisch:
Und dieser Anreiz, diese Reserven anzulegen, der wird auch in unserem Gehirn verankert, der ist in unserem Gehirn verankert. Wenn wir Zucker essen, dann haben wir ein sehr angenehmes Gefühl dabei. Wir regen also das Belohnungszentrum in unserem Kopf an, und das ist letztlich der Hilfsmechanismus, den unser Organismus nutzt, um diese Sucht nach Zucker zu bekräftigen und um uns selbst dann zum Zucker zu locken, wenn eigentlich der Bauch schon mit der Hauptmahlzeit voll ist, aber eben doch noch Platz für das Dessert da ist.

00:04:32:13 - 00:04:40:00
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Der sogenannte Dessertmagen wird dann da angesprochen. Ja, das heißt so ein bisschen, dass wir uns auf einen Winterschlaf vorbereiten, der gar nicht kommt.

00:04:40:15 - 00:05:00:19
Dr. Stefan Kabisch:
Das muss gar nicht der Winterschlaf sein. Aber es sind einfach die, sagen wir mal, Dürrephasen. Und das sind einfach Phasen, in denen eben gerade keine Nahrung verfügbar ist. Das kann der Winter sein, das kann auch im Sommer irgendeine Phase sein, wo wir gerade über irgendeine Steppe laufen, wo es wenig gibt. Der Organismus ist darauf eingerichtet Reserven anzulegen für den Fall, dass es längere Zeit nichts gibt.

00:05:00:24 - 00:05:20:20
Dr. Stefan Kabisch:
Andere Tiere schaffen das problemlos längere Zeit ohne Nahrung auszukommen. Beim Menschen ist es eben nicht so, weil der Energiebedarf relativ hoch ist. Das Gehirn braucht viel Energie, das Herz braucht viel Energie. Das ist bei anderen Tieren eben ein bisschen anders, weil die sich problemlos auch mal ein paar Wochen einfach aufs Ohr legen können und nicht so viel Energie für ihr Gehirn brauchen.

00:05:21:02 - 00:05:47:19
Dr. Stefan Kabisch:
Deswegen: Der Mensch braucht das regelmäßig und was damit auch verknüpft ist, ist, dass eine Reihe von Mikronährstoffen, da geht es jetzt nicht um den Zucker, sondern Mikronährstoffe, Mineralien, Vitamine besonders geballt in süßen Lebensmitteln vorkommen, eben in Obst, in Beeren, in Äpfeln, was auch immer. Und auch damit sozusagen noch ein zusätzlicher Anreiz geschaffen wird zuckerhaltige Lebensmittel zu essen, weil unser urzeitliches Gehirn damit verknüpft: Da ist nicht nur Zucker drin, sondern da sind eben auch wichtige Mikronährstoffe drin.

00:05:47:19 - 00:06:09:18
Dr. Stefan Kabisch:
Wenn wir heute süße Sachen essen, dann stecken die Mikronährstoffe da in der Regel nicht mehr drin, sondern es ist in der Regel eine reine Zuckerbombe, die vielleicht noch mit ungesundem Fett glasiert ist. Insofern haben wir uns leider durch den Industrialisierungsprozess der Lebensmittelproduktion vom ursprünglichen Zucker, vom ursprünglichen Lebensmittel, entfernt.

00:06:10:22 - 00:06:16:19
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Da hat sich also unsere Ernährung, möchte ich es mal sagen, weiterentwickelt. Aber unser Körper noch nicht.

00:06:17:01 - 00:06:32:16
Dr. Stefan Kabisch:
Völlig richtig. Der Körper kommt mit seinem genetischen Programm nicht mit dem neuen Angebot hinterher. Das Angebot ist zu groß und unser genetisches Programm, das uns dazu anregt, Zucker zu essen und Reserven anzulegen, tut das eben jeden Tag, weil wir jeden Tag die Möglichkeit haben, alles Mögliche zu essen.

00:06:33:09 - 00:06:42:09
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Das ist ja schon fast ein bisschen gemein, dass der Körper auf Zucker abfährt, wir aber wissen, dass ein Zuviel dann vielleicht doch nicht so gut ist. Warum ist denn das so?

00:06:43:08 - 00:07:09:11
Dr. Stefan Kabisch:
Das Problem des Zuckers liegt letztlich genau in diesem Mechanismus. Wir haben keine gute Sättigungsbalance für zuckerhaltige Lebensmittel. Die machen uns nicht langfristig satt. Natürlich, wenn wir ein zuckerhaltiges Lebensmittel essen, geht der Zuckerspiegel hoch. Dann steigt auch das Insulin an, das Insulin ist selber ein Sättigungshormon, aber dieser Effekt hält eben nicht allzu lange an. Mit anderen Lebensmitteln, mit anderen Nährstoffen, mit Fetten, mit Eiweißen sind wir viel, viel länger satt.

00:07:10:17 - 00:07:31:15
Dr. Stefan Kabisch:
Und gerade bei Lebensmitteln oder bei Softdrinks zum Beispiel, die sehr viel Zucker enthalten, geht eben der Zuckerspiegel einmal scharf hoch. Aber er geht danach auch genauso scharf wieder runter und wir erleben ein, zwei Stunden danach fast so eine Art Unterzuckerung, die im Prinzip schon den nächsten Appetitreiz auslöst. Und man ist quasi immer in so einer Wellenbewegung von einem Appetit zum nächsten.

00:07:31:15 - 00:08:01:05
Dr. Stefan Kabisch:
Und das ist so das eine Problem, dass es uns schwer fällt diesen Zuckerkonsum wirklich gut zu kontrollieren. Dieser Effekt auf das Gehirn ist der zweite Teil, dass eben Zucker verknüpft wird mit einem angenehmen Gefühl und auch das eben einen Anreiz dazu darstellt, immer wieder zu naschen, immer wieder zu irgendwelchen zuckerhaltigen Lebensmitteln zu greifen. Und das eigentliche Gesundheitsproblem kommt dann sozusagen erst nachgeschaltet, wenn wir langfristig so viel Zucker, so viele zuckerhaltige Lebensmittel zu uns genommen haben, dass gesundheitliche Folgen auftreten.

00:08:02:06 - 00:08:33:11
Dr. Stefan Kabisch:
Der ganz klassische Problemfall ist die Karies, die wirklich ein weltweites Problem ist. Das, was wir, was man gegenwärtig natürlich viel schwerer gewichtet, sind jetzt die Stoffwechselerkrankungen, die mit dem hohen Zuckerkonsum verknüpft sind. Fettstoffwechselstörungen, Typ-2-Diabetes, auch Bluthochdruck, auch erhöhte Harnsäure, Gicht, Nierensteine können damit zusammenhängen. Und wenn diese Erkrankungen erst mal da sind und lange genug bleiben, dann kommen die nächsten Folgeerkrankungen, die sich anschließen.

00:08:33:11 - 00:08:50:06
Dr. Stefan Kabisch:
Das sind dann Herzinfarkte, Schlaganfälle, auch Krebserkrankungen, letztlich eine riesige Fülle von Erkrankungen, die alle so als gemeinsame Vorstufe starkes Übergewicht, Typ-2- Diabetes, Metabolisches Syndrom haben. Der Verzicht auf Zucker ist nicht die alleinige Lösung, aber ein Baustein dafür.

00:08:51:02 - 00:08:55:10
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Da haben Sie jetzt ganz viele Erkrankungen aufgezählt, und das liegt alles an einem Molekül?

00:08:56:15 - 00:09:09:10
Dr. Stefan Kabisch:
Die lassen sich zumindest durch dieses eine Molekül zu einem guten Teil beeinflussen. Es ist eben nicht die einzige Erklärung dafür, dass wir übergewichtig werden, dass wir Typ-2-Diabetes kriegen. Aber es ist ein Molekül, das einen ordentlichen Anteil daran hat. Ja.

00:09:10:06 - 00:09:19:06
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Vielleicht kann ich da noch mal einwerfen. Solange nämlich Zucker im Blut ist und auch Insulin im Blut ist, wird auch kein Fett verbrannt. Also das ist dann immer so die Bremse der Fettverbrennung.

00:09:19:23 - 00:09:43:08
Dr. Stefan Kabisch:
Das ist völlig richtig. Der Zucker, den wir zu uns nehmen und der in der Blutbahn landet, ist selber erst mal der Energieträger, den wir entweder sofort verbrennen müssen, indem wir einmal um den Block laufen, oder wir lagern es eben als Fett im Fettgewebe ein oder auch in der Leber ein. Und gleichzeitig ist das Insulin eben tatsächlich ein Spieler, der damit eine Rolle spielt, der eben tatsächlich am Fettgewebe mit reguliert, wie die Nährstoffe fließen.

00:09:43:08 - 00:10:05:22
Dr. Stefan Kabisch:
Und solange wir eben Zucker im Blut im Übermaß haben, fließt dieser Zucker natürlich ins Fettgewebe und das Fettgewebe hat dann wenig Interesse gleichzeitig das gespeicherte Fett rauszulassen. Das wäre widersinnig, wenn man so eine Wechselbewegung hätte. Und deswegen ist genau das das Problem. Wenn der Insulinspiegel über lange Zeiten des Tages immer wieder erhöht ist, wird in all diesen Zeiten eben kein Fett abgebaut, sondern es wird einfach immer mehr eingelagert.

00:10:06:09 - 00:10:35:16
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Da werden wir nachher auch noch mal darauf eingehen, in welchen Lebensmitteln besonders viel Zucker ist, weil wir wollen ja dann auch Lebensmittel essen, wo der Blutzuckerspiegel nicht ganz so stark ansteigt. Vielleicht können wir aber erst mal wirklich darauf eingehen, was wir mit dem Zucker überhaupt meinen. Was ich immer ganz praktisch finde ist, wenn man sich vorstellt, man hat ein Produkt in der Hand und guckt hinten auf die Nährwertangaben, die bei den Zutatenlisten stehen. Da gibt es ja so was wie Kalorien pro 100 Gramm, aber auch eben Kohlenhydrate und davon Zucker. Was bedeutet das denn?

00:10:36:16 - 00:11:05:13
Dr. Stefan Kabisch:
Zucker ist eben eine Variante der Kohlenhydrate. Unter Kohlenhydraten verstehen wir letztlich eine Gruppe von Nährstoffen, die letztlich alle aus Zucker aufgebaut sind, aber verschiedene Kettenlängen haben können. Der klassische Zucker, den wir zu Hause in der Küchenschublade haben, sind Zweifachzucker. Der besteht aus einem Anteil Glukose, Traubenzucker, und aus einem Anteil von Fructose, Fruchtzucker. Man kann aber viele Glucose-Moleküle aneinander hängen, ganz lange Ketten aus Traubenzucker zusammenbauen und da entsteht letztlich Stärke.

00:11:05:22 - 00:11:45:04
Dr. Stefan Kabisch:
Und der Rückweg ist letztlich das, was passiert, wenn wir Stärke zu uns nehmen. Dann wird diese Stärke wieder in die Einzelbausteine, in den einzelnen Zucker aufgedröselt und wird dann als Zucker aufgenommen. Für die Nährwerttabellen, die wir auf den Lebensmitteln haben, wird immer nur der Zucker aufgeführt, der tatsächlich als Zucker im Lebensmittel ist und Stärke bleibt als Stärke da separat aufgeführt. Aber wenn man ganz ehrlich wäre, ist es im Prinzip alles Zucker, denn spätestens wenn es im Darm aufgespalten und aufgenommen wird, wird es nur als Zucker aufgenommen. Es wird nicht in der langen Kettenform aufgenommen, sondern alles muss in Zucker-Bausteine zerhäckselt werden und erst dann können diese Nährstoffe aufgenommen und verarbeitet werden.

00:11:45:18 - 00:12:07:04
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Das kann man sich ja auch ein bisschen vorstellen wie eine Perlenkette. Eine Perle oder zwei Perlen an einer Kette sind quasi der Zucker, also einzelne Zucker-Moleküle, die schnell ins Blut aufgenommen werden können, weil sie ja schon so klein sind und eine lange Perlenkette mit vielen Perlen hintereinander geht in die Richtung Mehl. Also viele Zucker-Moleküle, die erst mal bei der Verdauung aufgetrennt werden müssen um ins Blut aufgenommen zu werden.

00:12:08:00 - 00:12:22:18
Dr. Ann-Kristin Dorn:
So, jetzt ist uns erst mal klar, was die Bezeichnung hinten auf der Packung bedeutet, also Kohlenhydrate und davon Zucker. Aber ist denn jeder Zucker schlecht, der in einem Lebensmittel enthalten ist? Oder gibt es da Unterschiede zwischen frischen und verarbeiteten Lebensmitteln?

00:12:23:18 - 00:12:55:17
Dr. Stefan Kabisch:
Bei verarbeiteten Lebensmitteln steht tatsächlich der Zuckergehalt drauf. Da ist jetzt nicht unterschieden zwischen Zucker, der schon ursprünglich in einem Bestandteil drin war. Wenn das Lebensmittel also zum Beispiel aus Äpfeln hergestellt wird, dann gilt der Zucker, der im Apfel schon drin war, genauso wie der Zucker, der zusätzlich noch zugepackt wurde. Bei der gesundheitlichen Interpretation wird in der Forschung meistens abgetrennt der sogenannte freie Zucker und das ist eben genau der, der künstlich zugefügt wird, oder der durch Verarbeitungsprozesse aus so einem Lebensmittel freigesetzt wird.

00:12:55:17 - 00:13:26:19
Dr. Stefan Kabisch:
Also Zucker, der im Apfel drin ist, zählt nicht als freier Zucker. Wenn ich aber diesen Apfel in Apfelsaft verwandle, dann verwandelt sich der Zucker in freien Zucker, obwohl es exakt das gleiche Molekül ist. Es hat sich an dem nichts geändert. Er wird nur durch die Verarbeitung freigesetzt und das ändert sozusagen die Definition. Und aus den medizinischen Forschungsdaten, die es gibt, lässt sich eben ableiten, dass gerade dieser freie Zucker das Problem ist, weil der eben besonders leicht verfügbar ist, weil der nicht direkt gekoppelt ist an günstige Nährstoffe.

00:13:26:19 - 00:13:52:22
Dr. Stefan Kabisch:
Der Zucker im Apfel wird eben begleitet von Ballaststoffen. Da sind Mikronährstoffe dabei, da sind Vitamine dabei. Aber der rieselnde Kristallzucker, den ich in den Kuchen reinkippe, der ist purer Energieträger. Der hat also keine günstigen Begleitwirkungen und deswegen wird er zurecht als problematisch angesehen. Trotzdem ist es so, wenn ich eine große Menge Zucker zu mir nehme, der nicht freier Zucker ist, ich zum Beispiel ein Kilo Weintrauben esse, dann ist da kein einziges Gramm freier Zucker drin.

00:13:52:22 - 00:14:12:09
Dr. Stefan Kabisch:
Aber es ist eben eine große Menge natürlicher Zucker drin, der trotzdem noch im Obst drin ist. Auch diese Menge an Zucker ist am Ende problematisch. Wer sich also sehr umfassend von sehr zuckerreichem Obst ernährt, der macht es letztlich auch nicht richtig. Insofern: Diese ganz scharfe Trennung zwischen dem freien Zucker und dem natürlichen Zucker ist so auch nicht gerechtfertigt.

00:14:12:09 - 00:14:21:24
Dr. Stefan Kabisch:
Es ist am Ende beides Zucker. Die Verarbeitung sorgt ein bisschen dafür, dass das eine ein bisschen schneller aufgenommen wird als das andere, aber es hat die gleichen Kalorien und es wird genauso verstoffwechselt.

00:14:22:20 - 00:14:25:08
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Und wenn ich jetzt braunen Zucker nehme für den Kuchen.

00:14:26:06 - 00:14:36:23
Dr. Stefan Kabisch:
Auch der braune Zucker ist nicht wesentlich besser. Der hat ein paar Unreinheiten, die eben die Farbe erklären. Am Ende hat es die gleichen Kalorien. Am Ende wird es genauso vom Stoffwechsel verarbeitet, es landet genauso auf den Hüften.

00:14:37:11 - 00:14:54:15
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Wir haben ja eben darüber gesprochen, dass wenn man den ganzen Tag immer mal wieder Zucker isst, dass dann halt der Blutzuckerspiegel steigt, das dann Insulin im Blut ist, die Fettverbrennung gestoppt ist. Welche Lebensmittelgruppen oder einzelne Lebensmittel sind denn das? Sie haben ja gerade schon gesagt, Obst kann einiges an Zucker enthalten. Auf was kann man denn da noch achten?

00:14:55:19 - 00:15:20:21
Dr. Stefan Kabisch:
Es sind natürlich Getreideprodukte, die jetzt nicht zu den gesündesten gehören. Es gibt gesunde Getreideprodukte, es gibt welche, die da nicht reinfallen. Vollkornprodukte würden wir als gut ansehen. Wenn wir aber Weißmehlprodukte haben, dann sind wir quasi fast schon beim Zucker. Es sind zwar noch Glucose-Ketten, aber die sind schon kürzer und können leichter gespalten werden. Und sobald wir vom Weißmehl noch zu höher verarbeiteten Produkten kommen, zu Kuchen und zu Desserts, dann sind wir eben genau in der problematischen Ecke.

00:15:21:08 - 00:15:39:00
Dr. Stefan Kabisch:
Das sind nun Lebensmittel, die wir nicht zu jeder Mahlzeit zu uns nehmen, die wir nicht so regelmäßig zu uns nehmen. So klassische Süßigkeiten, die wir so als Snacks essen, die können dann schon häufiger infrage kommen. Da mag es Leute geben, die das nur abends vor dem Fernseher knabbern. Es wird aber auch Leute geben, die das über den Tag hinweg durchgrasen.

00:15:39:15 - 00:16:02:15
Dr. Stefan Kabisch:
Da kommt man schnell schon auf eine ordentliche Zuckermenge. Und so die Lebensmittelgruppe die man meistens am stärksten übersieht, das sind die zuckerhaltigen Getränke. Das sind die Obstsäfte und es sind noch viel mehr eben die Limonaden und die Cola-Getränke, die einen ordentlichen Zuckergehalt haben, der im Prinzip dem vom Obstsaft oftmals entspricht. Man hat also meistens so zehn, zwölf Gramm Zucker auf 100 Milliliter.

00:16:02:15 - 00:16:16:05
Dr. Stefan Kabisch:
Wenn man davon also zwei, drei Gläser am Tag trinkt, kommt man problemlos auf 60,70,80 Gramm Zucker alleine durch dieses Getränk. Das merkt man beim Trinken nicht wirklich. Man wird davon nicht wirklich satt, aber man hat ordentlich Kalorien getankt.

00:16:16:20 - 00:16:25:02
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Ich sollte aber lieber Obst essen, anstelle eines Saftes zu trinken. Sollte ich denn trotzdem Obst essen, auch wenn da Zucker drin ist?

00:16:26:03 - 00:16:48:22
Dr. Stefan Kabisch:
Obst ist ein gesundes Lebensmittel und Obst gehört auch zu einer gesunden Ernährung dazu. Es gibt die altbekannte Fünf-am-Tag-Regel: Fünfmal am Tag Gemüse oder Obst essen. Da sollte durchaus auch das Obst ein bis zwei Stellen besetzen. Es muss ja nicht zwingend das zuckerreichste Obst sein. Es müssen nicht die tropischen Früchte sein, also nicht Mangos oder Bananen oder auch Weintrauben.

00:16:49:14 - 00:17:28:15
Dr. Stefan Kabisch:
Äpfel, Birnen sind im Mittelfeld angesiedelt. Aber es gibt eben zuckerärmere Obstsorten, Beeren zum Beispiel fallen da ganz besonders rein. Die enthalten ganz viele von den wirklich günstigen Stoffen, von Vitaminen, von Spurenelementen, von sekundären Pflanzenstoffe und Antioxidantien, aber eben relativ wenig Zucker, bestechen sozusagen eher durch das Aroma. Deswegen, wenn man sich auch relativ schnell eine Mahlzeit zusammenbaut, dann ist man mit Beerenobst tatsächlich auf einer ganz, ganz guten Seite, weil man wenig Zucker hat, aber tatsächlich ein ordentliches Geschmackserlebnis und gleichzeitig noch ganz gesunde Komponenten, die da mit drin sind. Insofern: Obst ist ein gesundes Lebensmittel. Auf die Menge kommt es an, auf die Auswahl kommt es an.

00:17:28:19 - 00:17:55:02
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Okay, also das mit den Beeren kann ich absolut unterschreiben. Ich habe auch extra nochmal nachgeguckt, weil Himbeeren sind mein absolutes Lieblingsobst und die haben tatsächlich nur 4,8 Gramm Zucker auf 100 Gramm Beeren und das ist wirklich wenig, weil das gilt sogar als zuckerarm. Also zuckerarme Lebensmittel enthalten maximal fünf Gramm Zucker auf 100 Gramm Lebensmittel und bei Getränken sind es sogar nur 2,5 Gramm pro 100 Milliliter.

00:17:55:09 - 00:18:19:03
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Und da bin ich ganz begeistert, weil die Himbeeren, die schmecken ja wirklich lecker und süß, enthalten aber gar nicht so viel Zucker. Und für alle, die Definitionen mögen: Jetzt wissen wir ja, was zuckerarm bedeutet, also dass ein Lebensmittel weniger als fünf Gramm Zucker pro 100 Gramm Lebensmittel enthält. Dann gibt es aber auch noch zuckerfrei. Das bedeutet, das Lebensmittel enthält maximal 0,5 Gramm Zucker auf 100 Gramm Lebensmittel.

00:18:19:03 - 00:18:42:15
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Und ganz besonders interessant finde ich ja zuckerreduziert, denn zuckerreduziert bedeutet ja nicht, dass nur ein Gramm weniger an Zucker enthalten ist, sondern die gesetzliche Lage ist so, dass es mindestens 30 % weniger Zucker sein müssen. Jetzt wissen wir ja nun Zucker sollte nicht unbedingt sein. Gibt es denn Alternativen, damit ich immer noch süß essen kann, aber nicht unbedingt diesen Haushaltszucker verwenden muss?

00:18:44:04 - 00:19:14:12
Dr. Stefan Kabisch:
Da gibt es verschiedene Ideen und verschiedene Ansätze. Vor einigen Jahrzehnten war es noch eine gängige Methode, Diabetiker-Lebensmittel herzustellen und bei denen eben den klassischen Kristallzucker, Saccharose, durch Fruchtzucker, Fructose, zu ersetzen. Der hat die gleichen Kalorien, der schmeckt sogar ein bisschen süßer, insofern brauchte man ein bisschen weniger von der Menge. Allerdings gibt es aus Tiermodellen, auch aus Beobachtungsstudien am Menschen, gewisse Hinweise, dass der Fruchtzucker mindestens genauso schlecht ist wie die Saccharose, möglicherweise sogar schlechter.

00:19:15:12 - 00:19:39:09
Dr. Stefan Kabisch:
Und das erklärt auch so ein bisschen das Problem von bestimmten hochverarbeiteten Lebensmitteln, die gerade mit Fructose angereicherten Zucker und zum Beispiel mit high- fructose corn syrup, also mit einem speziellen Mais-Sirup, arbeiten, wo eben der Fructose Anteil künstlich erhöht wird. Insofern: Der wichtigste Ansatzpunkt da ist tatsächlich, Fructose zu vermeiden, die hochverarbeiteten Produkte zu vermeiden und eher auf natürliche Lebensmittel zu setzen.

00:19:40:15 - 00:20:11:01
Dr. Stefan Kabisch:
Eine zweite Möglichkeit sind Zuckeraustauschstoffe. Das sind die sogenannten Zuckeralkohole. Das sind Moleküle, die chemisch betrachtet noch sehr, sehr dicht dran sind am Zucker, die aber nur die Hälfte der Energie liefern, bei den meisten auch leider nur die Hälfte der Süßkraft. Es löst also tatsächlich nicht so ganz das Problem. Hinzu kommt, dass viele von diesen Zuckeralkoholen auch noch abführend wirken, weil die nicht so gut von unserem Darm aufgenommen werden können und deswegen: So die richtig gute Lösung sind die meistens nicht.

00:20:11:04 - 00:20:34:15
Dr. Stefan Kabisch:
Die dritte Option sind die Süßstoffe. Die Süßstoffe sind ganz hochpotente süße Substanzen, die sich chemisch ganz, ganz stark unterscheiden. Da gibt es also nicht eine homogene Gruppe, sondern das sind chemisch ganz, ganz unterschiedliche Moleküle, die sich auch danach unterscheiden, wo sie möglicherweise von Menschen aufgenommen werden, ob sie überhaupt aufgenommen werden. Manche dieser Süßstoffe haben eine Süßkraft, die etwa 80- bis 100-mal so stark ist wie Zucker.

00:20:35:08 - 00:21:03:04
Dr. Stefan Kabisch:
Andere liegen eher bei höheren Hundertern, 500-, 600-fach. Es gibt auch Super-Süßstoffe, die im Bereich von 10.000-, 20.000-facher Süßkraft liegen, wo man also mikroskopische Mengen braucht, um damit Zucker zu ersetzen. Diese chemische Vielfalt dieser Süßstoffe macht es aber schwer auch die einzuschätzen. Klar haben die bei diesen mikroskopischen Mengen, die man braucht, keinen relevanten Kaloriengehalt. Die meisten werden tatsächlich gar nicht verstoffwechselt, das heißt von den Kalorien her sind die null.

00:21:03:20 - 00:21:26:03
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Ah! Null Kalorien aber schön süß! Ja die chemische Vielfalt von den Süßstoffen, die ist wirklich groß. Die Stoffe sind chemisch so unterschiedlich aufgebaut und haben daher eben auch diese unterschiedliche Süßkraft. Man kann sich das ein bisschen so vorstellen, als würde man bei Süßstoffen von Obst sprechen. Obst schmeckt süß, aber Obst kann lang und gelb sein, als Banane, oder eben rundlich und rot als Apfel.

00:21:26:20 - 00:21:50:01
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Und so ist das auch ein bisschen bei den Süßstoffen. Die sind sich ähnlich, unterscheiden sich aber auch. So und ich habe jetzt nochmal ein paar Zahlen mitgebracht. Wenn jemand nämlich 2000 Kilokalorien am Tag zu sich nehmen darf, ohne abzunehmen oder zuzunehmen, dann darf man laut DGE, also Deutsche Gesellschaft für Ernährung, maximal 50 Gramm freien Zucker zu sich nehmen.

00:21:50:11 - 00:21:59:22
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Also mit maximal 50 Gramm Zucker darf man einen Teil der Kalorien abdecken, die man am Tag benötigt. Also da sind wir in Deutschland ja locker die Hälfte drüber.

00:22:00:22 - 00:22:26:17
Dr. Stefan Kabisch:
Ja, wir sind da deutlich drüber und die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, empfiehlt natürlich, dass wir unseren Zuckerkonsum reduzieren sollen. Die legen sich sehr stark fest auf den freien Zucker und empfehlen eben die Beschränkung des freien Zuckers auf 50 Gramm. Das ist sozusagen die Zielmarke, die im Prinzip wirklich jeder erreichen sollte. Die geben auch noch ein zusätzliches Ziel an, das dann bei 25 Gramm liegt.

00:22:26:17 - 00:22:49:20
Dr. Stefan Kabisch:
Das wäre wirklich das, was gesundheitlich absolut erstrebenswert wäre. Das Bemerkenswerte an diesen Grenzwerten ist es, dass die sich nicht auf die metabolischen Erkrankungen beziehen oder auf das Verhindern von Herzinfarkt. Das hat also nichts mit Diabetesforschung zu tun, nichts mit Herz-Kreislauf-Forschung, obwohl das dafür genauso sinnvoll wäre, sondern diese Grenzwerte stützen sich allein auf eine einzige Erkrankung, die man damit reduzieren kann und das ist Karies.

00:22:49:20 - 00:23:16:08
Dr. Stefan Kabisch:
Das heißt dafür gibt es wirklich eine saubere Evidenz. Je weniger Zucker man zu sich nimmt, desto weniger Karies kriegen wir. Es ist anzunehmen, dass man mit so einer Zuckerreduktion auch was Gutes fürs Körpergewicht tut, auch was Gutes für den Stoffwechsel, auch was Gutes für Herz und Kreislauf. Aber da ist die Datenlage einfach noch zu dünn und es ist wesentlich schwieriger, da gute Studien zu machen, mit denen man eindeutig beweisen kann, dass so eine Zuckerreduktion das bewirkt.

00:23:16:17 - 00:23:37:20
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Wir haben jetzt über Fructose was von Ihnen gehört, über Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe und dass sie ein Für und Wider haben und noch nicht so ganz gut erforscht sind. Wie sieht denn das aus, wenn ich jetzt so Zucker-Alternativen verwenden möchte? Also Honig, Ahornsirup, Kokosblütenzucker? Sind denn das gesündere Alternativen zum Haushaltszucker?

00:23:38:09 - 00:23:57:18
Dr. Stefan Kabisch:
Honig oder Agavendicksaft oder andere Sirupvarianten sind keine Alternative zu Zucker. Im Gegenteil, es ist Zucker. Es ist einfach Zucker mit kleinen Mineralstoffen, mit ein bisschen Aroma letztlich und mit ein paar Farbkomponenten. Aber zu 80, 90 % ist es am Ende doch Zucker. Das macht keinen Unterschied, außer für den Geldbeutel.

00:23:59:14 - 00:24:00:08
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Und ist nicht so hipp.

00:24:01:15 - 00:24:01:22
Dr. Stefan Kabisch:
Ja.

00:24:02:10 - 00:24:09:09
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Wie können wir denn Genuss ausüben oder Genuss haben beim Essen, ohne dass es so süß ist? Geht das überhaupt?

00:24:09:20 - 00:24:36:05
Dr. Stefan Kabisch:
Es ist tatsächlich schwierig, sich komplett von diesem süßen Geschmack zurückzuziehen. Gleichzeitig sieht man aber in der Forschung auch, dass Menschen, die das mal probieren und die für zwei, drei Wochen massiv den Zuckerkonsum reduzieren, vielleicht auch den Kohlenhydratkonsum generell, dass die relativ zügig merken, dass es doch ohne Zucker geht. Man muss da eben letztlich ein Ernährungskonzept finden, was die menschlichen Bedürfnisse irgendwie auffängt.

00:24:37:12 - 00:24:56:13
Dr. Stefan Kabisch:
Und gleichzeitig merken diese Menschen auch, wenn sie dann nach diesen zwei, drei Wochen doch mal wieder was Süßes essen, dass der süße Geschmack quasi förmlich im Mund explodiert. Das es ein so intensiver Süßreiz ist, dass sie das gar nicht in dieser Intensität mehr haben wollen. Also man kann durchaus einen gewissen Anteil dieses Süß-Bedürfnisses abtrainieren, und das geht relativ schnell.

00:24:58:02 - 00:25:18:12
Dr. Stefan Kabisch:
Letztlich muss man es aber in dieser Übergangsphase schaffen, trotzdem irgendetwas zu essen. Man will ja in der Zeit nicht hungern. Und da ist es tatsächlich knifflig, ein Ernährungsmodell zu finden, das da passt, das für die meisten Menschen funktioniert, das auch gesund ist. Denn nur den Zucker wegzulassen ist nicht automatisch gesund. Da kann man trotzdem als Ersatz andere Sachen essen, die dann auch wieder ungesund sind.

00:25:19:02 - 00:25:28:09
Dr. Stefan Kabisch:
Wenn man zum Beispiel auf eine rein ketogene Ernährung umschwenkt und sich nur noch von Fleisch ernährt, ist das definitiv keine gesunde Option als Alternative, sondern man muss da einen vernünftigen Mittelweg finden.

00:25:28:20 - 00:25:46:23
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Absolut. Eine ketogene Ernährung ist ja eine kohlenhydratarme Ernährung mit wenig bis kein Zucker. Also das bedeutet ja, dass der Kalorien Bedarf weniger über Kohlenhydrate abgedeckt wird, sondern überwiegend über Fett und Eiweiß. Und da muß man, wie Sie schon gesagt haben, aufpassen, dass die Ernährung nicht zu einseitig wird und man dennoch alle Nährstoffe erhält und satt wird.

00:25:47:16 - 00:26:09:08
Dr. Stefan Kabisch:
Man muss eine gute Lösung finden, um Sättigung möglichst über den ganzen Tag gut herzustellen. Da sind Ballaststoffe ein ganz wichtiger Ansatzpunkt. Also das können durchaus Getreide-Ballaststoffe sein, das können Ballaststoffe aus Obst und Gemüse sein. Wenn Obst, und man will eben Zucker reduziert essen, dann landen wir wieder bei den Beeren. Und als Eiweiß-Komponente kann das durchaus tierisches Eiweiß sein.

00:26:09:08 - 00:26:24:21
Dr. Stefan Kabisch:
Das kann Fleisch sein, das können Milchprodukte sein. Es können aber auch Nüsse oder Hülsenfrüchte sein. Man kann also durchaus aus einer gewissen Fülle von Lebensmitteln schöpfen, ohne dabei auf Zucker angewiesen zu sein. Der große Knackpunkt ist sicherlich dabei, dass eben die wenigsten dieser Lebensmittel verarbeitet sind.

00:26:25:10 - 00:26:30:12
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Also selber kochen lernen ist dann tatsächlich auch wichtig für eine zuckerreduzierte Ernährung?

00:26:31:05 - 00:26:58:17
Dr. Stefan Kabisch:
Selber kochen lernen ist ein Ansatzpunkt. Aber natürlich auch, sich das leisten zu können. Also der Geldbeutel muss es zulassen, dass man auf die zuckerreichen Lebensmittel komplett verzichtet und trotzdem so viele Lebensmittel in seinen Einkaufskorb packen kann, dass man davon satt wird und all seinen Bedarf an Mikronährstoffen decken kann. Das Problem ist also letztlich wenn wir zuckerreiche Lebensmittel komplett aus dem Speiseplan verbannen, verbannen wir automatisch auch einen Teil der Mikronährstoffe.

00:26:59:03 - 00:27:06:18
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Haben Sie denn sonst noch Ideen, wie eine zuckerreduzierte Ernährung gelingen kann? Was sind denn so die ersten Schritte, die Sie vielleicht raten können?

00:27:07:05 - 00:27:32:02
Dr. Stefan Kabisch:
Also ganz simpel ist natürlich der Verzicht auf die zuckergesüßten Getränke. Damit hat man einen großen Anteil des Zuckers quasi sofort eliminiert. Wenn man das einfach ersetzt durch Tee, durch Mineralwasser, von mir aus auch durch Kaffee, hat man einen Großteil dieses Zuckers schon weg. Süßigkeiten zu verbannen klingt meistens einfacher, aber viele Leute haben ein gewisses stressiges Leben, wo Süßigkeiten dann irgendwie doch dazugehören.

00:27:32:02 - 00:28:03:15
Dr. Stefan Kabisch:
Und sie dürfen auch durchaus vorkommen. Sie haben ihre Berechtigung in unserem Leben. Man muss letztlich da eine Strategie entwickeln, das gut zu dosieren. Man muss sich eben kleine Portionen abpacken und sich die für den Tag tatsächlich klar reservieren. Und sagen: Das darf ich an dem Tag essen, aber mehr auch nicht. Man darf jetzt nicht die große Bonbon-Schale sich ins Wohnzimmer stellen, dann ist automatisch die Verlockung da, dass man die am Abend auch weggeputzt hat. Sondern man muss das klar klein portionieren, den Rest wirklich aus der Sichtachse wegräumen, dann ist das schon ein Stück praktischer.

00:28:04:12 - 00:28:28:05
Dr. Stefan Kabisch:
Natürlich sind verarbeitete Getreideprodukte so ein Ansatzpunkt und da ist es letztlich gar nicht so entscheidend, ob man jetzt nur den Zucker weglässt oder eben auch die einfachen sonstigen Kohlenhydrate. Das heißt Weißmehlprodukte gehören letztlich fast in die gleiche problematische Gruppe wie der Zucker selbst. Sobald man da auf Vollkornprodukte ausweicht, ist es schon besser. Die machen ohnehin auch ein bisschen mehr satt.

00:28:28:19 - 00:29:03:09
Dr. Stefan Kabisch:
Die Ballaststoffe, die enthalten sind, wirken einerseits stärker sättigend, zum anderen helfen die auch, den Blutzucker auf andere Weise zu regulieren. Das führt dann auch dazu, dass man eben erst nach vier, fünf Stunden überhaupt wieder Appetit hat und gar nicht das Bedürfnis hat zu Süßigkeiten zu greifen. Der Verzicht auf den Zucker, das ist einerseits eine Entscheidung, die beim Zucker beginnt, aber die kann auch an ganz anderen Stellen ansetzen und einfach damit gelöst werden, dass man sich aktiv für andere Lebensmittel entscheidet. Gar nicht dem Zucker alleine abschwört, sondern aktiv gesündere Lebensmittel auswählt. Und die verdrängen im Prinzip dann das Bedürfnis für den Zucker.

00:29:03:23 - 00:29:19:09
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Sehr spannend. Ich finde das mit den Ballaststoffen sehr, sehr interessant, weil der Zucker sind ja diese einzelnen Perlen, das Mehl sind ja die langen Ketten. Und wenn wir Ballaststoffe dazwischen haben, sind das ja lange Ketten, die Knoten dazwischen haben, sodass der Körper das gar nicht so schnell verdauen kann. Und dann macht es länger satt.

00:29:19:24 - 00:29:36:11
Dr. Stefan Kabisch:
Genauso ist es. Chemisch betrachtet sind es auch noch Kohlenhydrate, aber wenn wir sie nicht verdauen können, sind sie für uns halt keine Energieträger. Sie sind es vielleicht für die Darmbakterien und da kommt am Ende etwas Gesundes für uns raus. Und es gibt Ballaststoffe, die werden nicht mal von den Bakterien verarbeitet und auch die sind für unseren Körper vorteilhaft.

00:29:37:05 - 00:29:48:05
Dr. Stefan Kabisch:
Warum genau, wissen wir sogar noch nicht mal. Aus den Beobachtungsstudien tauchen die eindeutig als gute Lebensmittelkomponenten auf, aber was der genaue Mechanismus ist, ist noch gar nicht so sauber aufgeklärt.

00:29:49:01 - 00:30:06:10
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Ja, das stimmt, aber das finde ich so spannend. Dieses Feld Mikrobiom, also Darmbakterien, ist wirklich ganz, ganz aufregend. Wie können wir denn unsere Darmbakterien auch, und uns selber natürlich auch, jetzt auch langfristig vom Zucker entwöhnen? Gibt es da noch Tipps und Tricks, die Sie selber schon mal ausprobiert haben, um das zu vereinfachen?

00:30:07:02 - 00:30:29:22
Dr. Stefan Kabisch:
Ich bin kein ausgebildeter Ernährungsberater. Die ganz feinen Tricks habe ich tatsächlich selber nie in der Praxis angewandt. Dafür haben wir unsere Experten in der Arbeitsgruppe. Ich denke, ein ganz wichtiger Punkt, der oft übersehen wird, ist der gesellschaftliche Aspekt. Und da ist durchaus die Industrie gefragt, Lebensmittel anzubieten, die weiterhin süß schmecken, denn dieses Bedürfnis haben wir Menschen nun mal, das wird nicht komplett aus der Gesellschaft oder aus der Menschheit verschwinden.

00:30:30:21 - 00:30:49:02
Dr. Stefan Kabisch:
Aber man kann natürlich Zuckermengen reduzieren. Man kann möglicherweise einen Ersatz für Zucker finden, der natürlicher ist. Das müssen eben nicht Süßstoffe sein, es müssen auch nicht Zuckeraustauschsstoffe sein, sondern es können möglicherweise ganz natürliche Aromen sein, die einfach den Eindruck vermitteln, es wäre süß ohne das sie zwingend süß sein müssen.

00:30:49:23 - 00:31:18:14
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Was mir noch dazu einfällt, ist etwas, was ich auch schon in meinem eigenen Alltagsleben umsetze und zwar keinen Zucker mehr zu verschenken. Also man kennt das ja: Eine Schokolade mitzubringen als Dankeschön oder zum Geburtstag. Zu anderen Feiertagen wie Weihnachten, Ostern und so weiter wird man ja mit Süßigkeiten echt zugeschüttet, weil es eine einfache und auch nette Geste ist. Aber vielleicht ist es auch mal besser, Nüsse zu verschenken oder eingetopfte Blumen, wie zum Beispiel eine Tomatenpflanze, oder gemeinsame Erlebnisse anstelle Zucker zu verschenken.

00:31:18:14 - 00:31:35:23
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Weil dann hat man diese ganze Süßigkeiten-Schublade voll und dann gibt es ja häufig diesen Gedanken: Oh ich esse das jetzt noch schnell weg, danach mache ich das nicht mehr, danach esse ich keine Süßigkeiten mehr. Aber das ist ja ein Trugschluss. Jetzt eine letzte Frage noch und jetzt werden wir ganz persönlich: Wie funktioniert das denn für Sie mit der zuckerreduzierten Ernährung?

00:31:36:12 - 00:32:04:21
Dr. Stefan Kabisch:
Ich esse nicht bewusst zuckerreduziert. Ich esse einfach mehr oder weniger bewusst gesund, nicht vegetarisch. Ich esse auch tierische Produkte nicht in rauen Mengen. Und Zucker gehört zu meinem Alltag mit dazu. Einerseits weil ich dran forsche, zum anderen weil ich aber auch süße Lebensmittel gern esse. Da halte ich mich mit der Menge ganz automatisch zurück. Ich habe einfach nicht diese riesigen Mengen zu Hause. Am Arbeitsplatz liegen die auch nicht in großer Menge rum, so dass ich das so in mich reinsnacke.

00:32:05:03 - 00:32:18:23
Dr. Stefan Kabisch:
Also es sind mehr oder weniger so automatische Abläufe, die einfach immer so waren. Ich habe definitiv in der Kindheit auch Limonade getrunken. Das hat sich dann irgendwann verloren. War einfach gar nicht notwendig und deswegen ist es bei mir so relativ automatisch gekommen.

00:32:19:20 - 00:32:39:12
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Schön, das ist gut und das ist auch ein schönes Vorbild, dass man das einfach so langsam ins Leben vielleicht einschleichen lassen kann. Es muss gar nicht sofort passieren. Es muss ja kein kalter Entzug werden, wo dann die Kopfschmerzen dazukommen, sondern langsam, schrittweise den Zucker reduzieren und immer mal wieder die Zutatenliste lesen, hinten auf die Nährwertangabe schauen und viel selber kochen.

00:32:40:14 - 00:33:03:23
Dr. Stefan Kabisch:
Das sind alles richtige Tipps. Und natürlich wird es Leute geben, denen das nicht gelingt, die trotzdem irgendwie dabei steckenbleiben, die vielleicht Gewicht verlieren sollten und die das auch selber möchten, und die eben alles mögliche schon probiert haben und trotzdem vom Zucker nicht loskommen. Für die der ganz wichtige Rat sich an Ernährungsberater/ Ernährungsberaterinnen zu wenden, das sind die tatsächlichen Fachkräfte.

00:33:03:23 - 00:33:30:02
Dr. Stefan Kabisch:
Diejenigen, die mit Expertenwissen einem helfen können die echten Fallstricke zu finden und die einem auch das ermöglichen, einerseits wirklich den Zucker zu reduzieren, aber nicht gleichzeitig ein ganz neues Problem aufzubauen. Suchen Sie sich zertifizierte Leute über die Krankenkassen, über Arztpraxen. Dort haben Sie die beste Chance, dass Sie wirklich eine evidenzbasierte Beratung bekommen und die sollten Sie annehmen. Scheuen Sie davor nicht zurück.

00:33:31:11 - 00:33:50:10
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Ich stimme Ihnen absolut zu, weil von einer zuckerreichen Ernährung auf eine zuckerarme Ernährung sich umzustellen, das ist für viele gar nicht so leicht und es liegt ja daran, dass Gewohnheiten, Routinen komplett umgestellt werden müssen. Und den ersten Schritt, den man gehen kann, ist sich Informationen zu holen. Das machen ja alle, die hier zuhören. Die gehen ja diesen ersten Schritt schon.

00:33:50:10 - 00:34:02:04
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Und der zweite Schritt, es dann auch umzusetzen im Alltag. Und ich finde, mit Ihren Worten haben Sie heute ordentlich dazu motiviert. Ich danke Ihnen, dass Sie heute unser Gast gewesen sind im Podcast und dass Sie Ihr Wissen so schön anschaulich dargestellt haben.

00:34:02:10 - 00:34:04:05
Dr. Stefan Kabisch:
Es war mir eine Freude. Vielen Dank auch Ihnen.

00:34:04:23 - 00:34:31:14
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Danke schön. Wie schön, dass Sie bis zum Schluss dabeigeblieben sind und sich mit dem Thema Zucker in Ihrer Ernährung auseinandersetzen. Wie gewohnt, fasse ich Ihnen die Inhalte dieser Folge hier wieder zusammen, damit Ihnen die Umsetzung im Alltag noch leichter fällt. Warum fällt es uns denn so furchtbar schwer, auf Zucker zu verzichten? Es liegt daran, dass das Gehirn im Körper eine Rückmeldung gibt, wenn etwas zuckerhaltiges gegessen wird und zwar in Form eines angenehmen Gefühls.

00:34:31:15 - 00:34:52:06
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Also es fühlt sich nach Belohnung an, etwas, das man unbedingt wiederholen sollte. Und warum ist das so? Zucker liefert einem Körper sehr schnell gut verwertbare Energie. Wird aber zu viel Zucker gegessen und der Körper kann in dem Moment nicht alles verwerten, wird die Energie im Körper gespeichert, also für später und das unter anderem als Fett am Po, Bauch, Oberschenkel und so weiter.

00:34:53:04 - 00:35:18:22
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Und mit diesen Fettreserven kann der Mensch Hungerphasen überleben, wie das in einer Dürreperiode passieren kann oder in einem langen Winter. So, und jetzt haben wir in Deutschland das Privileg, dass Lebensmittel das ganze Jahr lang in Geschäften, Hofläden und Wochenmärkten zur Verfügung stehen. Werden aber oft Lebensmittel verzehrt, die viel Zucker enthalten, wie beispielsweise Schokoriegel oder Limonade, dann schießt der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr schnell und stark in die Höhe.

00:35:18:22 - 00:35:41:11
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Sinkt der Blutzuckerspiegel dann wieder so schnell, wie er angestiegen ist, gibt der Körper das Signal: Bitte, iss doch nochmal so was leckeres Süßes, ich hätte da wieder Lust drauf. Das heißt auf jeden steilen Blutzuckeranstieg durch stark zuckerhaltige Lebensmittel folgt nach kurzer Zeit ein neuer Appetitreiz, der gestillt werden möchte. Warum lohnt es sich denn, weniger Zucker zu essen?

00:35:42:02 - 00:36:07:15
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Verarbeitete Lebensmittel, die auch noch viel Zucker enthalten, enthalten oftmals kaum oder keine Mikronährstoffe mehr. Und Mikronährstoffe sind Mineralien, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe, die wichtig für einen gut funktionierenden Körper sind. Wer weniger Zucker isst, senkt zudem das Risiko für Karies, Übergewicht und weitere Folgeerkrankungen, wie zum Beispiel Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes. Wie viel Zucker am Tag darf ich denn jetzt nun essen?

00:36:08:02 - 00:36:30:14
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Da gibt es einen Richtwert und zwar sollte man weniger als 10 % der Gesamtenergiemenge durch Zucker abdecken und die Gesamtenergiemenge ist die Menge an Kilokalorien, die man am Tag essen kann ohne zu-oder abzunehmen. Und wenn eine Person 2000 Kilokalorien am Tag zu sich nehmen kann, dann sollten weniger als 50 Gramm Zucker gegessen werden, gerne auch nur die Hälfte, also 25 Gramm.

00:36:31:06 - 00:36:52:10
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Und mit dem Zucker ist freier Zucker gemeint. In einem frischen Apfel steckt beispielsweise Zucker. Und der schmeckt ja auch süß, der Apfel. Der Zucker kommt aber von Natur aus in dem Apfel vor und zusätzlich enthält der Apfel noch Mikronährstoffe und sattmachende Ballaststoffe, und daher gilt der Zucker aus dem intakten Apfel nicht als freier Zucker.

00:36:52:18 - 00:37:16:09
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Wurde der Apfel allerdings zu Apfelsaft verarbeitet, dann finden sich in dem Glas Apfelsaft, so ungefähr 52 Milliliter Apfelsaft, circa 25 Gramm freier Zucker, also um die acht Zuckerwürfel. Ja, und so schnell bekommt man dann seine 25 bis 50 Gramm Zucker am Tag voll, mit zum Beispiel freien Zucker aus Saft. Und aktuell nehmen wir in Deutschland deutlich mehr Zucker als empfohlen zu uns. In welchen Lebensmitteln steckt denn jetzt besonders viel Zucker?

00:37:16:23 - 00:37:49:00
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Dazu gehören Süßwaren, Limonaden, Fruchtsäfte und Fruchtnektare, Backwaren, Milch und Milcherzeugnisse, Getreide und Getreideerzeugnisse, Soßen und würzende Zutaten. Und auch Obst enthält Zucker. Und jetzt kommen wir zur Master-Frage: Sollte ich daher lieber kein Obst mehr essen, um Zucker einzusparen? Absolutes Nein! Bitte weiterhin ein bis zwei Portionen frisches Obst am Tag essen, weil lecker und gesund. Ist es sinnvoll, Zucker durch Zuckeralternativen wie Honig oder Sirup zu ersetzen?

00:37:49:14 - 00:38:20:20
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Nein. Diese Zuckeralternativen liefern praktisch genauso viel Zucker wie der herkömmliche Haushaltszucker. Also sind sie eine Alternative, weil sie anders schmecken, aber nicht um Zucker einzusparen. Hingegen liefern Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe, die man in Fertigprodukten findet oder auch in Kaffee geben kann, weniger bis keine Kalorien. Zuckeraustauschstoffe können aber abführend wirken und ihre Lust auf Süßes bleibt. Gegebenenfalls betrügen Sie sich sogar selbst, weil Sie denken, Sie haben irgendwo was eingespart, essen an anderer Stelle aber wieder mehr Zucker.

00:38:21:11 - 00:38:48:02
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Nichtsdestotrotz können Süßungsmittel ein erster Schritt sein, um für den Körper die Zuckerlast zu verringern und sich vom Zucker zu entwöhnen. Aber was kann ich denn jetzt nur tun? Wie geht weniger süß im Alltag? Weniger Zucker in Form von Erfrischungsgetränken trinken und Säfte als Schorle trinken, und den Kaffee nicht mehr süßen. Beim Naschen, das kann natürlich weiterhin erlaubt sein, weil kompletter Verzicht und Verbote, die funktionieren ja oftmals langfristig nicht.

00:38:48:24 - 00:39:14:19
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Aber dann die Nascherei vorportionieren und aus dem Blickfeld räumen, also dass Sie nicht ständig daran vorbeilaufen und Appetit bekommen. Und verzehren Sie so wenig wie möglich verarbeitete Lebensmittel und so wenig Weißmehl wie möglich. Greifen Sie lieber zu Vollkornprodukten mit Ballaststoffen, weil Ballaststoffe machen nämlich länger satt und sorgen dafür, dass der Blutzuckerspiegel nicht so stark und hoch ansteigt. Und dann fällt er auch nicht so schnell und stark wieder ab.

00:39:15:19 - 00:39:43:21
Dr. Ann-Kristin Dorn:
Und aus diesem Grund werden nicht so viele neue Appetitreize bei Ihnen ausgelöst, die dann wieder nach Zucker rufen. Wenn Ihnen die Podcastfolge gefallen hat, freuen wir uns sehr über Ihre Bewertung, zum Beispiel mit fünf Sternen und auf Ihre Kommentare. Vergessen Sie nicht, auf "Abonnieren des Podcasts" zu klicken, denn dann werden Sie zukünftig direkt informiert, wenn eine neue Folge erschienen ist und verpassen somit keines der vielen spannenden Themen. Alles Gute und bis zum nächsten Mal.

00:39:45:13 - 00:40:03:01
Outro:
Das war SPITZ DIE LÖFFEL!, der IN FORM Podcast für eine gesunde Ernährung. Gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Sie suchen weitere Informationen zu ausgewogener Ernährung und mehr Bewegung? Schauen Sie auf der Website unter www.in-form.de vorbei.

Erschienen am im Format Artikel

Das könnte Sie auch interessieren

Konsumlandschaften (Thema:Ernährungsstrategie)

Die Gestaltung von Konsumlandschaften beeinflusst bewusst und unbewusst unser Auswahl- und Einkaufsverhalten.

Mehr

Job & Fit – gesundheitsförderlich essen am Arbeitsplatz , in Hochschulen und in Betriebskantinen (Thema:Kantine-Mensa)

Ob unterwegs, im Büro oder zuhause die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat unter dem Motto "JOB&FIT" im Auftrag des Bundesernährungsministeriums (BMEL) eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährung für Berufstätige sowie Studierende erarbeitet. Dazu gehört der DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Betrieben, Behörden und Hochschulen, der 2020 nach neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen überarbeitet und 2023 aktualisiert wurde - mit Fokus auf Gesundheitsförderung und Nachhaltigkeit. Er richtet sich nun erstmals auch an Hochschulen.

Mehr

Ernährungsbildung (Thema:Ernährungsstrategie)

Die Weichen für eine gute Ernährungskompetenz werden schon in früher Kindheit und Jugend gestellt.

Mehr