Jodversorgung in Deutschland: Ergebnisse des Jodmonitorings bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
Jod ist ein lebensnotwendiges Spurenelement, das vom Körper nicht selbst gebildet werden kann und regelmäßig über die Nahrung aufgenommen werden muss. Um eine ausreichende Jodzufuhr sicherzustellen, ist die Verwendung von Jodsalz in Privathaushalten und Lebensmittelwirtschaft eine wichtige Vorsorgemaßnahme.
Die aktuellen Ergebnisse des Jodmonitorings zeigen: Die Jodversorgung ist rückläufig und wieder ein wachsendes Problem in Deutschland. 32 Prozent der Erwachsenen und 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland weisen ein erhöhtes Risiko für eine Jodunterversorgung auf.
Jodmonitoring
Zur Beurteilung, ob die Maßnahmen zur Verbesserung der Jodversorgung in Deutschland ausreichend sind oder angepasst werden müssten, finden regelmäßige Untersuchungen zur Ermittlung der Jodversorgung der Bevölkerung in Deutschland, auch "Jodmonitoring" genannt, statt. Die bislang vorliegenden, repräsentativen Daten zur Jodversorgung wurden im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vom Robert Koch-Institut (RKI) erhoben, und zwar in der "Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland" (KiGGS-Studie, Erhebungszeitraum 2003-2006 sowie 2014-2017) und in der "Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland" (DEGS, Erhebungszeitraum 2008-2011).
Künftig wird das Jodmonitoring in das Nationale Ernährungmonitoring integriert, das gerade am Max Rubner-Institut (MRI), dem Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, etabliert wird. Hier werden zukünftig regelmäßig umfassende und bundesweit repräsentative Daten zum Lebensmittelverzehr, Energie- und Nährstoffzufuhr, Ernährungsstatus und weiteren Aspekten des Ernährungsverhaltens, einschließlich der Versorgung mit Jod in Deutschland, erhoben.
Kurzprofil der DEGS-Studie des RKI im Detail
Laufzeit | 2008 bis 2011 |
---|---|
Befragte | 8.152 Personen |
Alter | 18 bis 79 Jahre |
Untersuchungsorte | 180 Städte und Gemeinden in Deutschland |
Methoden | Befragungen und körperliche Untersuchungen |
Allgemeine Ziele | Gesundheitsstatus, Gesundheitsverhalten, Lebensbedingungen und Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems |
Jodmonitoring | Schätzung der täglichen Jodzufuhr aus Spontanurin |
Kurzprofil der KiGGS-Studie des RKI im Detail
KiGGS Basiserhebung | KiGGS Welle 1 | KiGGS Welle 2 | |
---|---|---|---|
Laufzeit | 2003 bis 2006 | 2009 bis 2012 | 2014 bis 2017 |
Beffragte | 17.641 Kinder und Jugendliche | 12.368 Kinder und Jugendliche (Wiederteilnehmende aus Basiserhebung) | 15.023 Teilnehmende (Querschnitt), 10.853 Teilnehmende (Längsschnitt; Wiederteilnehmende) |
Alter | 0 bis 17 Jahre | 0 bis 24 Jahre | 0 bis 29 Jahre |
Untersuchungsorte | 167 Städte und Gemeinden in Deutschland | 167 Städte und Gemeinden in Deutschland | |
Methoden | Befragungen, körperliche Untersuchungen, Laboruntersuchungen | Telefonische Interviews | Befragungen, körperliche Untersuchungen, Laboruntersuchungen |
Allgemeine Ziele | Gesundheitsstatus, Gesundheitsverhalten, Lebensbedingungen, Schutz- und Risikofaktoren und Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems | körperliche Gesundheit, psychische Gesundheit, Gesundheitsverhalten sowie Rahmenbedingungen für Gesundheit | Gesundheitsstatus, Gesundheitsverhalten, Lebensbedingungen, Schutz- und Risikofaktoren und Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems |
Jodmonitoring | Schätzung der täglichen Jodzufuhr aus Spontanurin | Schätzung der täglichen Jodzufuhr aus Spontanurin |
Wie wird Jod bestimmt?
Zur Beurteilung der Jodversorgung wurden Spontanurinproben von den Teilnehmenden gesammelt und die Spiegel von Jod (in µg/L) und Kreatinin (in mg/dL) in den Urinproben gemessen. Aus den gemessenen Ergebnissen wurde dann die tägliche Jodausscheidung (in µg/Tag) geschätzt und daraus die tägliche Jodzufuhr (in µg/Tag) abgeleitet. Für die Schätzung wurde eine mathematische Formel verwendet, welche auch Faktoren wie Körpergewicht, Alter und Geschlecht berücksichtigt.
Um den Jodversorgungsstatus einer Bevölkerung zu beurteilen, werden Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herangezogen. Laut diesen WHO-Kriterien sollte die mediane Jodkonzentration im Urin zwischen 100 und 199 µg/L liegen, damit auf Bevölkerungsebene die Jodversorgung als ausreichend gilt.
WHO-Kriterien zur Bewertung der Jodversorgung auf Bevölkerungsebene basierend auf der Jodkonzentration im Spontanurin
Median der Jodausscheidung im Urin (Mikrogramm/Liter) | Jodaufnahme | Jodversorgung |
---|---|---|
< 20 | Unzureichend | Schwerer Jodmangel |
20 - 49 | Unzureichend | Moderater Jodmangel |
50 - 99 | Unzureichend | Milder Jodmangel |
100 - 199 | Ausreichend | Adäquate Jodversorgung |
200 - 299 | Mehr als ausreichend | Signalisiert eine mehr als ausreichende Jodversorgung einer Population |
> 300 | Übermäßig | Risiko von gesundheitlichen Nebenwirkungen z.B. jodinduzierte Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) bei zuvor jahrzehntelangem Jodmangel |
Ergebnisse aus der DEGS-Studie zur Jodversorgung von Erwachsenen in Deutschland
Der Jodspiegel der DEGS-Teilnehmenden lag mit 69 µg/L bei Männern und 54 µg/L bei Frauen deutlich unterhalb des von der WHO angegebenen Referenzbereichs einer ausreichenden Jodversorgung von mindestens 100 µg/L. Entsprechend den WHO-Kriterien gilt die Jodaufnahme auf Bevölkerungsebene in Deutschland als unzureichend. Die errechnete Jodzufuhr bei Männern betrug 126 µg/Tag und bei Frauen 125 µg/Tag. Damit erreichen 68 Prozent der DEGS-Teilnehmenden den geschätzten mittleren Jodbedarf, was gleichzeitig bedeutet, dass bei 32 Prozent der erwachsenen Frauen und Männer ein erhöhtes Risiko für eine unzureichende Jodversorgung vorliegt.
Ergebnisse aus der DEGS-Studie zur Jodversorgung von Erwachsenen in Deutschland im Detail
Männer | Alter | Stichprobe | Median Jod-Ausscheidung im Urin (Mikrogramm /Liter) | Geschätzte mediane Jodzufuhr (Mikrogramm /Tag) | Tägliche Jodzufuhr in Prozent unterhalb des geschätzter mittleren Bedarfs |
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18-29 | 507 | 68 | 117 | 36 | |
30-39 | 403 | 66 | 131 | 30 | |
40-49 | 591 | 66 | 115 | 36 | |
50-59 | 634 | 70 | 126 | 32 | |
60-69 | 670 | 71 | 146 | 24 | |
70-79 | 550 | 71 | 133 | 28 | |
gesamt | 3355 | 69 | 126 | 32 |
Frauen | Alter | Stichprobe | Median Jod-Ausscheidung im Urin (Mikrogramm /Liter) | Geschätzte mediane Jodzufuhr (Mikrogramm /Tag) | Tägliche Jodzufuhr in Prozent unterhalb des geschätzten mittlerer Bedarfs ) |
---|---|---|---|---|---|
18-29 | 533 | 61 | 100 | 46 | |
30-39 | 421 | 52 | 114 | 38 | |
40-49 | 683 | 44 | 129 | 30 | |
50-59 | 749 | 50 | 139 | 26 | |
60-69 | 717 | 58 | 133 | 29 | |
70-79 | 545 | 57 | 139 | 27 | |
gesamt | 3648 | 54 | 125 | 32 |
Jodversorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Ergebnisse aus der KiGGS-Studie und Trends
Die Daten der KiGGS-Studie zeigen einen Rückgang der Jodausscheidung im Spontanurin von Kindern und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren zwischen der Basiserhebung und der zweiten Welle. Ebenfalls zeigt die tägliche Jodzufuhr einen insgesamt abnehmenden Trend um 13 Prozent innerhalb von 11 Jahren. Der Rückgang war bei Jungen (-15 Prozent) stärker ausgeprägt als bei Mädchen (-11 Prozent).
Trendvergleich KiGGS-Basiserhebung und KiGGS Welle 2 im Detail
Mediane Jodausscheidung im Urin | Geschätzte mediane | Geschätzte mediane Jodtageszufuhr | |
---|---|---|---|
KiGGS-Basiserhebung (gesamt) | 126 | 88 | 104 |
KiGGS Welle 2 (gesamt) | 93 | 75 | 88 |
Mediane Jodausscheidung im Urin | Geschätzte mediane | Geschätzte mediane Jodtageszufuhr | |
---|---|---|---|
KiGGS-Basiserhebung (gesamt) | 108 | 75 | 86 |
KiGGS Welle 2 (gesamt) | 86 | 65 | 77 |
Mediane Jodausscheidung im Urin | Geschätzte mediane | Geschätzte mediane Jodtageszufuhr | |
---|---|---|---|
KiGGS-Basiserhebung (gesamt) | 118 | 81 | 95 |
KiGGS Welle 2 (gesamt) | 89 | 71 | 83 |
Laut den WHO-Kriterien ist eine Bevölkerung bei einer Jodausscheidung von 100-199 µg/L im Spontanurin ausreichend mit Jod versorgt. Demnach lag die Jodversorgung während der KiGGS-Basiserhebung mit einer Jodausscheidung von 118 µg/L im ausreichenden Bereich, in der Folgeerhebung KiGGS Welle 2 mit einer Jodausscheidung von 89 µg/L dagegen deutlich niedriger.
11 Jahre-Trend: Jodausscheidung in Mikrogramm/Liter (µg/L) bei Kindern und Jugendlichen im Vergleich zum WHO-Referenzbereich für eine ausreichende Jodversorgung
Nach der WHO-Definition ist die Jodaufnahme in Deutschland nunmehr unzureichend und wie der Trend zeigt auch rückläufig. In der KiGGS-Basiserhebung erreichten knapp 37 Prozent der Kinder und Jugendlichen den geschätzten mittleren Jodbedarf der jeweiligen Altersgruppe nicht. Nach den aktuellen Ergebnissen (KiGGS Welle 2) weisen knapp 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen eine tägliche Jodzufuhr unterhalb ihres geschätzten mittleren Jodbedarfs auf. Dieser abnehmende Trend hin zu einer laut WHO als unzureichend geltenden Jodaufnahme ist sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen festzustellen und spiegelt sich in allen Altersgruppen wider.
Die tägliche Jodzufuhr unterhalb des geschätzten mittleren Bedarfs bei Jungen und Mädchen im Detail
gesamt | 43,6 | ||
Alter in Jahren | Prozentualer Anteil mit einer täglichen Jodzufuhr unterhalb des geschätzten mittleren Bedarfs | Differenz Mädchen - Jungen (Prozentpunkte) | |
---|---|---|---|
Jungen | Mädchen | ||
3-6 | 49,5 | 53,7 | +7,2 |
7-10 | 40,9 | 44,8 | +3,9 |
11-13 | 30,5 | 43,8 | +13,3 |
14-17 | 37,7 | 50,3 | +12,6 |
Schlussfolgerung
- 32 Prozent der Erwachsenen weisen eine Jodzufuhr unterhalb des geschätzten mittleren Bedarfs auf.
- 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen decken ihren geschätzten mittleren Jodbedarf nicht.
- Die Jodversorgung der Bevölkerung in Deutschland ist in den letzten Jahren schlechter geworden. Gemäß den Kriterien der WHO herrscht in Deutschland wieder ein milder Jodmangel.
- Um die Jodversorgung zu verbessern, informiert und sensibilisiert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen der Informationsoffensive "Wenn Salz, dann Jodsalz".
Weitere Informationen
- Hey I, Thamm M (2019). Abschlussbericht: Monitoring der Jod- und Natriumversorgung bei Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Studie des Robert Koch-Instituts zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS Welle 2). Förderkennzeichen: 2814HS003.
- Remer T, Thamm M (2015). Abschlussbericht: Ermittlung der täglichen Jod- und Salzzufuhr Erwachsener in Deutschland: Biomarkerbasierte Datenanalyse der repräsentativen DEGS-Studie und methodologische Basislegung für künftige Gesundheitssurveys. Förderkennzeichen: 2813HS013.
- Johner SA, Thamm M, Schmitz R, Remer T. Examination of iodine status in the German population: an example for methodological pitfalls of the current approach of iodine status assessment. Eur J Nutr. 2016 Apr;55(3):1275-82.
- Remer T, Hua Y, Esche J, Thamm M. The DONALD study as a longitudinal sensor of nutritional developments: iodine and salt intake over more than 30 years in German children. Eur J Nutr. 2022 Jun;61(4):2143-2151.
- Thamm R, Hey I, Liesenkötter K-P, Thamm M (2023). Jodversorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Querschnittsergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends. Pädiatrische Praxis 100: 18-28.
- Nationale Verzehrsstudie II (MRI)
- Nationale Verzehrsstudie II - Ergebnisbericht Teil 1 (PDF, 2MB, Datei ist nicht barrierefrei)
- Nationale Verzehrsstudie II - Ergebnisbericht Teil 2 (PDF, 2MB, Datei ist nicht barrierefrei)
- Nationale Verzehrsstudie II - Ergänzungsband zum Ergebnisbericht (PDF, 394KB, Datei ist nicht barrierefrei)