Hintergrundinformationen zur "Ohne-Gentechnik"-Kennzeichnung

1. Welches Ziel hat die "Ohne-Gentechnik"- Kennzeichnungsmöglichkeit?

Die Kennzeichnungsvorschriften des europäischen Gentechnikrechts, die auch in Deutschland gelten, werden teilweise als lückenhaft empfunden. Denn Verbraucher können beispielsweise nicht erkennen, ob tierische Produkte wie Milch, Fleisch oder Eier von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden. Darüber hinaus können in Lebensmitteln unter bestimmten Bedingungen geringe Mengen von gentechnisch veränderten Bestandteilen enthalten sein (bis zu 9 Gramm je Kilogramm), ohne dass dies gekennzeichnet sein müsste. Die "Ohne-Gentechnik"- Kennzeichnung auf der Rechtsgrundlage des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz soll dazu beitragen, diese Lücken zu schließen.

2. Was enthält die Regelung?

  • Die Angabe "Ohne Gentechnik" darf nur verwendet werden, wenn

    • das Lebensmittel und die verwendeten Lebensmittelzutaten keine gentechnisch veränderten Organismen (GVO) sind und auch nicht aus GVO hergestellt wurden. In der Lebensmittelkontrollpraxis der Länder wird jedoch ein Toleranzschwellenwert von 1 Gramm je Kilogramm gentechnisch veränderter Bestandteile bezogen auf das Lebensmittel bzw. die Lebensmittelzutat akzeptiert, zusätzlich zur Nachweisgrenze bei der Analyse.
    • keine durch GVO hergestellte Zutaten, Lebensmittelzusatzstoffe oder Verarbeitungshilfsstoffe, Aromen, Vitamine, Aminosäuren oder Enzyme, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt wurden, für Lebensmittel verwendet wurden.

Das heißt, für das Lebensmittel selbst gelten hohe Anforderungen an die Gentechnik-Freiheit.

Für Lebensmittel tierischen Ursprungs, die mit "Ohne Gentechnik" gekennzeichnet werden sollen, gilt darüber hinaus:

  • Für einen jeweils genau bestimmten Zeitraum vor Gewinnung des Lebensmittels dürfen den Tieren keine als "genetisch verändert" gekennzeichneten Futtermittel verfüttert worden sein; das heißt für Futtermittelzusatzstoffe, die GVO sind oder aus GVO hergestellt wurden, gilt ein striktes Verwendungsverbot:

    • Rinder müssen zwölf Monate vor der Schlachtung, auf jeden Fall mindestens drei Viertel ihres Lebens, "Ohne Gentechnik" gefüttert worden sein.
    • Für kleine Wiederkäuer, wie beispielsweise Schafe, gilt eine Sechs-Monatsfrist.
    • Für Schweine ist eine Frist von vier Monaten vor Schlachtung festgelegt.
    • Geflügel für die Fleischerzeugung müssen mindestens zehn Wochen bis zur Schlachtung angepasst gefüttert worden sein.
    • Für Milchkühe und andere milchproduzierenden Tiere gilt eine Umstellungsfrist von drei Monaten, bis die Milch als "ohne Gentechnik" gekennzeichnet werden darf.
    • Legehennen und andere Geflügel dürfen maximal sechs Wochen vor der gewerblichen Nutzung der Eier, die die "Ohne Gentechnik"-Kennzeichnung tragen, mit GVO gefüttert werden.
  • Futtermittelzusatzstoffe, die mit Hilfe genetisch veränderter Mikroorganismen unter kontrollierten Bedingungen im geschlossenen System hergestellt wurden, sind aber zugelassen, damit beispielsweise eine ernährungsphysiologisch ausgewogene Tierernährung gewährleistet ist. Auch dürfen Verunreinigungen mit gv-Futterpflanzen unter 0,9 Prozent (9 Gramm je Kilogramm) enthalten sein, vorausgesetzt, sie sind nachweisbar zufällig oder unvermeidbar in das Futtermittel gelangt, dies löst nämlich nach dem EU-Gentechnik-Kennzeichnungsrecht keine Kennzeichnungsverpflichtung aus.

Die Anforderungen an die "Gentechnikfreiheit" des Lebensmittels sind hoch und erstrecken sich ausnahmslos auf die gesamte Lebensmittelbe- und -verarbeitung, einschließlich das Zubereiten und Mischen eines Lebensmittels.

3. Die Kennzeichnung als "genetisch verändert" im EU-Gentechnikrecht

Die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel regelt

  • die Zulassung genetisch veränderter Lebensmittel und Futtermittel und
  • die Kennzeichnung genetisch veränderter Lebensmittel und Futtermittel.

Lebensmittel und Futtermittel müssen grundsätzlich als "genetisch verändert" gekennzeichnet werden, wenn sie

  • GVO sind oder GVO enthalten oder
  • aus GVO hergestellt sind.

Ausnahme: Nicht kennzeichnungspflichtig sind Spurenanteile, die

  • zufällig oder technisch unvermeidbar sind und
  • den Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9 Prozent (9 Gramm je Kilogramm) nicht überschreiten.

Das EU-Recht verpflichtet die Unternehmer grundsätzlich zu einer Weitergabe der Kennzeichnung durch die gesamte Produktionskette (Verordnung (EG) Nr. 1830/2003).

4. Wer kann eine "Ohne-Gentechnik"-Kennzeichnung nutzen?

Jeder, der die Anforderungen des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetzes erfüllt.

5. Wer kontrolliert die Einhaltung der Bestimmungen bei einer "Ohne Gentechnik"-Kennzeichnung?

Die Überwachung der Einhaltung der Anforderungen an die "Ohne-Gentechnik"-Kennzeichnung nach dem EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz erfolgt durch die zuständigen Behörden der Länder. Dabei spielt es keine Rolle, ob für die Kennzeichnung des Lebensmittels die "grüne Raute" des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik e.V. (VLOG) oder ein anderes Siegel verwendet wird.

6. Unter welchen Bedingungen kann die Nutzung einer "Ohne-Gentechnik"-Kennzeichnung versagt werden?

Die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder können die Nutzung einer Kennzeichnung untersagen, falls die Anforderungen für die "Ohne-Gentechnik"-Kennzeichnung nach dem EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz nicht erfüllt werden. Wird für die "Ohne-Gentechnik"-Kennzeichnung die "grüne Raute" verwendet, kann darüber hinaus auch der Inhaber der Markenrechte die Nutzung des Logos untersagen.

7. Darf man eine "Ohne-Gentechnik"-Kennzeichnung auch mit einem abgewandelten Text nutzen?

Nach dem EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz darf als Hinweis, der auf die Herstellung des Lebensmittels ohne Anwendung gentechnischer Verfahren hindeutet, nur die Angabe "Ohne Gentechnik" verwendet werden. Eine Kennzeichnung mit einem abgeänderten oder anderen Wortlaut der Kennzeichnungsangabe (z. B. "gentechnikfrei" oder "ohne gentechnische Zusätze") verstößt gegen das Gesetz.

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