Preisschwankungen (Volatilität) an den Warenterminmärkten für Agrarrohstoffe

Preisschwankungen und Preisspitzen auf den weltweiten Rohstoffmärkten sind seit dem vergangenen Jahr und dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine stark in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Insbesondere die Nahrungsmittelversorgung in den Ländern des globalen Südens, die auf Importe angewiesen sind, kann in Zeiten hoher Unsicherheit durch ein geringes Angebot und eine hohe Nachfrage und damit verbundenen hohen Preisen massiv gefährdet werden. Auch in Deutschland und in der EU sind die Lebensmittelpreise infolge des Krieges in der Ukraine deutlich angestiegen.

Große und unerwartete Preisschwankungen stellen für alle Stufen der Lebensmittelkette vom Landwirt über die verschiedenen Stufen der Verarbeitung und des Handels Unsicherheiten dar, die zu Störungen in der Versorgung und erhöhten Preisaufschlägen zur Absicherung der höheren Risiken führen können. Warenterminmärkte sind ein wichtiges Instrument zur Preisabsicherung. Sie reduzieren Preisausschläge und tragen grundsätzlich zur Verbesserung der Versorgungssicherheit bei. Damit die Warenterminmärkte für Agrarprodukte ihre Funktion erfüllen können, müssen sie jedoch liquide sein. Das dafür erforderliche Kapital kommt zu einem großen Teil von Finanzinvestoren, deren Handelsaktivitäten zu liquiden Warenterminmärkten beitragen.

Kritisch ist dabei jedoch jede Form von Verschleierung, Intransparenz und stark ausgeprägter Spekulation auf Warenterminmärkten, bei der das Interesse an der physisch gehandelten Ware in den Hintergrund tritt. Stark ausgeprägte Spekulation und Intransparenz beschleunigen Preisentwicklungen und können kurz- bis mittelfristig zu extremer Preisvolatilität mit entsprechend negativen Folgen für die Erzeuger oder Verarbeiter der physischen Ware führen.

Mit der Überarbeitung der EU-Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR) und der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente II (MiFID II), die seit Januar 2018 in Kraft getreten ist, wurden in der EU (spekulative) Positionen mit Derivaten auf Nahrungsmittel durch sog. Positionslimits begrenzt und Meldepflichten für Finanzinvestoren an den Warenterminmärkten für Agrarrohstoffe eingeführt. Damit wurde die Transparenz an den europäischen Warenterminmärkten deutlich erhöht. Die Regelungen der MiFID II-Richtlinie gelten EU-weit einheitlich und können nur auf der EU-Ebene geändert werden. Im internationalen Vergleich verfügt die EU damit über ein relativ strenges Regelungsregime.

An der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig werden Warenterminkontrakte für Kartoffeln und Milchprodukte gehandelt. Der Warenterminhandel für Getreide (Weizen, Mais und Raps) erfolgt in der EU vorwiegend über die MATIF (Marché à Terme International de France) in Paris. Die Warenterminmärkte für Getreide sind in der EU im Vergleich mit den Warenterminmärkten in den USA oder in Asien relativ klein, aber durch die bestehenden Positionslimits und Meldepflichten für Finanzinvestoren merklich transparenter geregelt.

Ein Ende Juni 2022 zu Hochzeiten der Unsicherheit infolge des Ukrainekrieges geführter fachlicher Austausch mit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ergab, dass aus Sicht der beiden Aufsichtsbehörden an der MATIF bis zu diesem Zeitpunkt keine Anzeichen für eine sehr starke Ausweitung der Aktivität von Finanzinvestoren gesehen wurde. Seit Mitte 2022 haben die Preise an den Warenterminmärkten für Getreide deutlich nachgegeben und liegen teilweise wieder unter dem Niveau zu Beginn des Ukrainekrieges im Februar 2022.

Im Rahmen der laufenden Überarbeitung des Rechtsrahmens in MiFIR und MiFID II setzt sich das BMEL auf der europäischen Ebene für eine Überprüfung des bestehenden Positionslimit- und Positionsmanagement-Regimes ein.

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