13 Mehrfunktionshäuser: immer noch erfolgreich!

Die Abschlusskonferenz zur Fördermaßnahme des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung (BULE) zog eine Erfolgsbilanz. Unter dem Motto "alle(s) unter einem Dach" wurde in der ehemaligen Jerusalemkirche in Berlin-Kreuzberg am 20.09.2022 rege diskutiert.

Bestehende Gebäude kreativ umnutzen statt neu bauen

Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Frau Dr. Manuela Rottmann setzte zu Beginn den politischen Rahmen. "Ohne lebendige Ortskerne, ohne Begegnung ist der ländliche Raum eigentlich nur eine Zwischenstadt, eine Schlafstadt - das wollen wir alle nicht", so Frau Dr. Rottmann. "Wir brauchen, jedenfalls im ländlichen Raum, sicher keinen Bauboom mehr, sondern einen Umbauboom", sagte sie weiter. Die Ideen für eine Umnutzung müssen dabei vor Ort selbst entstehen – denn nur die Bewohnerinnen und Bewohner selbst wissen, was sie brauchen und was in ihren Ort passt. Eine Förderung könne dabei helfen, diese kreativen Ideen in die Tat umzusetzen und Stolpersteine zu minimieren. Für weitere Gemeinden ist dieser Weg nach der Aufnahme in die Regelförderung der Bundesländer über die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) nun gangbarer gemacht worden. Sie können von den Erfahrungen und Lehren der Modellprojekte lernen. Frau Dr. Rottmann betonte, dass die Veranstaltung zwar nun den Abschluss der Fördermaßnahme bilde; sie sei jedoch gleichzeitig der Auftakt zu Wissenstransfer und Austausch über die gewonnenen Erkenntnisse.

13 Projekte schaffen einen Raum für Gemeinschaft

Zwischen Januar 2016 und November 2020 erhielten 13 Initiativen von Vereinen, Kommunen oder Genossenschaften, davon ein Verbundprojekt mit Hochschulpartnern, eine Förderung von insgesamt rund 1,3 Millionen Euro. Das Kompetenzzentrum Ländliche Entwicklung (KomLE) hat die Modellvorhaben im Auftrag des BMEL fachlich betreut.

Das Fachbüro KoRiS – Kommunikative Stadt- und Regionalentwicklung wurde mit der Evaluation der Fördermaßnahme beauftragt. Im Praxisleitfaden sind die daraus gewonnen Handlungsempfehlungen im Detail nachzulesen. Ein wissenschaftlicher Fachbericht mit allen Ergebnissen der Auswertung wird in Kürze zur Verfügung gestellt.

Talkrunde: Von der Idee zur Umsetzung

Vertreterinnen und Vertreter aus den Projekten, Politik und Praxis diskutierten, wie der Start für ein Mehrfunktionshaus gelingen kann.

Wichtig war insbesondere der Erfahrungsaustausch der Projekte untereinander. Dies sei eine Stärke der BULE-Konzeption, denn über die Begleitung seitens des KomLE können viel einfacher und schneller Erfahrungen bei regelmäßigen Vernetzungstreffen ausgetauscht werden. Im Prozess bereits im „Team“ zu arbeiten, zeichnet sich hier als Erfolgsfaktor aus.

Talkrunde: Langfristigen Betrieb frühzeitig mitplanen

Von Anfang an sei ein tragfähiger Betrieb auch über den Förderzeitraum hinaus finanziell im Konzept mitzudenken, sei es durch Einnahmen oder Anschlussförderungen. Eine Unterstützung des Projekts durch Gemeinde oder Kommune sei oftmals unentbehrlich. Auch das Zusammenspiel zwischen ehrenamtlichen Aktiven und hauptamtlichen Projekt-angestellten gelte es langfristig auszubalancieren.

Auf aktuelle Herausforderungen wie durch Corona eingebrochene Mieteinnahmen, gestiegene Betriebskosten durch hohe Strom- und Gaspreise, das neue Umsatzsteuerrecht für Kommunen oder die Nachwuchsgewinnung fürs Ehrenamt, müssen die Projektakteure flexibel reagieren und sich kontinuierlich an neue Rahmenbedingungen anpassen.

Die Initiatorinnen und Initiatoren waren sich insgesamt einig, dass die Realisierung ihres Mehrfunktionshause zwar ein "Kraftakt" war, der sich aber voll und ganz gelohnt habe.

Der Stream der Konferenz ist hier abrufbar.

Alte Scheunen, Bahnhöfe oder Markthallen wurden zu vitalen Treffpunkten wiederbelebt

In Kurzpräsentationen wurden vier Mehrfunktionshäuser näher vorgestellt, dabei gaben Vorher-Nachher-Bilder Einblick in den immensen Einsatz der Dorfbevölkerung.

Mit der Bredenbecker Scheune wurde ein barrierefreies Dorfgemeinschaftshaus geschaffen, das mit einer Hörübertragungsanlage ausgestattet ist und so auch hörgeschädigte Menschen am Geschehen teilhaben lässt.

Die Projektgruppe von "Miteinander.Deersheim!" schloss sich zusammen, nachdem die letzte Einkaufsmöglichkeit im Ort schließen musste. Dank der der gemeinsamen Sanierung eines alten Gutshofgeländes gibt es nun wieder Waren des täglichen Bedarfs, eine Poststelle, ein Café und Veranstaltungen – und 2017 den 1. Platz beim Demografiepreis des Landes Sachsen-Anhalt.

Das Beispiel des Generationenbahnhofs Erlau zeigte, wie aus dem einst brachliegenden Bahnhofsgebäude nun eine beliebte Anlaufstelle geworden ist, sowohl für ehrenamtlich organisierte Veranstaltungen als auch für professionelle Angebote aus dem Gesundheits- und Pflegebereich. Auch unvorhergesehene Herausforderungen wie eine kurzfristig notwendige Dachsanierung konnte das Engagement der Erlauerinnen und Erlauer nicht bremsen und wurde gemeinsam bewältigt.

Und das PostLab Kreativlabor Lüchow bietet neben einem CoWorking-Space für Freiberufler und Start-Ups eine Modellwerkstatt mit 3D-Drucker. Im Design Camp kommen Kreativschaffende mit regionalen Unternehmen zur Produktentwicklung und –vermarktung zusammen, im Reparaturcafé helfen Profis dabei, defekte Geräte wieder auf Vordermann zu bringen und ein Zeichen gegen die Wegwerfkultur zu setzen.

Auftakt zum darauf aufbauenden Wissenstransfer ist gemacht

Dr. Klaus Heider, Abteilungsleiter Ländliche Entwicklung und Digitale Innovation im BMEL, zeigt sich abschließend begeistert über die Vielfalt der Projekte. Es sei gelungen, den doch eher technischen Begriff des Mehrfunktionshauses mit Leben und Wärme zu füllen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft habe mit dieser Konferenz den Anfang des Wissenstransfers des BULE gemacht. Nun gelte es, die gewonnenen Erkenntnisse in die Breite zu tragen und den gemeinsamen Austausch fortzuführen. Dies wird auch bei der nächsten Abschlusskonferenz zur Sozialen Dorfentwicklung im November so praktiziert werden.

Erschienen am im Format Artikel

Das könnte Sie auch interessieren

Land.OpenData – Ideenwettbewerb (Thema:Digitales Land)

Qualitativ hochwertige und leicht zugängliche Daten bilden eine wichtige Grundlage für einen effizienten Staat und eine moderne Gesellschaft. Darüber hinaus können sie viele Verwaltungsvorgänge vereinfachen. Die Bereitstellung offener Verwaltungsdaten, auch Open Data genannt, bietet einen hervorragenden Hebel, um die Entwicklung ländlicher Räume voranzutreiben. Hier setzt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit seinem Ideenwettbewerb "Land.OpenData" für ländliche Kommunen an.

Mehr

Arbeitsstab "Ländliche Entwicklung" bündelt das Engagement der Bundesregierung für die ländlichen Räume" (Thema:Dorfentwicklung)

Mit dem Arbeitsstab Ländliche Entwicklung hat die Bundesregierung beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2015 auf der politischen Ebene ein Austauschgremium über die Politik der Bundesressorts zur Entwicklung ländlicher Räume geschaffen.

Mehr

BMEL-Förderprojekt "Stadt-Land-Drohne" zur Verbesserung der Nahversorgung erfolgreich gelandet (Thema:Dorfentwicklung)

Der Einsatz von Lieferdrohnen zur besseren Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs in ländlichen Räumen rückt mit dem BMEL-Förderprojekt „Stadt-Land-Drohne“ immer näher an die Realität heran. Jetzt hat die sogenannte „Marktschwalbe“ ihren Jungfernflug im Land Brandenburg absolviert.

Mehr