Forschung nimmt bürgerschaftliches Engagement auf dem Land unter die Lupe

Die Projektbeteiligten der Forschungsfördermaßnahme "Ehrenamtliches Engagement in ländlichen Räumen" des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) kamen am 21. März 2023 in Hannover zum 3. Vernetzungstreffen zusammen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der insgesamt elf geförderten Forschungsvorhaben stellten beim Vernetzungstreffen die (Zwischen-)Ergebnisse ihrer Forschunsgvorhaben vor, die vielfältige Aspekte des ländlichen Engagements abdecken.

Diskussionen zu Handlungsfeldern der Förderung von Ehrenamt und Engagement

In der ersten Session wurde die zentrale Rolle von Engagement für den Zugang zu bzw. die Verankerung in Dorfgemeinschaften beschrieben. Engagement für den eigenen Ort sei für viele Befragte zentrales Motiv für das ehrenamtliche Handeln. Vor Ort entstünden im Rahmen von Engagement lokale Antworten auf die aktuellen globalen Entwicklungen. Die Teilnehmenden reflektierten auch die Relevanz eines Ost-West-Vergleichs in der Engagementforschung. Einerseits bestehen in den neuen und den alten Bundesländern divergierende, historisch gewachsene Engagement- und Verwaltungsstrukturen, andererseits nehmen jenseits der Ost-West-Dichotomie vor allem lokale und mikroregionale Steuerungsgrößen wie Ortsgröße, Peripherisierungsgrad oder Altersstruktur der Bevölkerung Einfluss auf Engagementformen, Stabilität der Engagementstrukturen und bürgerschaftliche Beteiligung.

Über die notwendigen Begleitstrukturen und Unterstützungsangebote für Engagierte sprachen die Forschenden in der zweiten Session. Hierbei zeigte sich erneut die Bedeutung bedarfsgerechter, individuell angepasster Qualifizierungs- und Unterstützungsangebote. Die Abgrenzung zwischen formalisiertem und nicht formalisiertem Engagement spiele vor Ort keine entscheidende Rolle. Gerade bei der Digitalisierung des Engagements seien an die örtlichen Bedarfe angepasste Qualifizierungsangebote wichtig. Orte der Begegnung wurden als zentraler Faktor für stabiles Engagement benannt. Auch die Verlässlichkeit der Zusammenarbeit mit hauptamtlichen Ansprechpersonen in der Gemeinde, auch mit nicht im Verein organisiertem Engagement, sowie die stärkere Sichtbarmachung von Engagement wurden betont. Beim Engagement für Zugewanderte sei die gute Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Kommune ein Gelingensfaktor. Ein besonderer Fokus wurde auf die Rolle ehrenamtlicher Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gelegt, die etwa 50 Prozent der Kommunen in sehr ländlichen Räumen mit weniger guter sozioökonomischer Lage betreuen.

In der dritten Session tauschten sich die Projektverantwortlichen zu den Wandlungsprozessen des Engagements aus. Vereine, insbesondere Sportvereine, seien weiterhin der zentrale Ort für Engagement auf dem Land, in dem gerade auch junge Menschen sehr engagiert seien. Vereine müssten sich den Entwicklungen hin zum offenen, ungebundenen Engagement anpassen und gerade den sehr Engagement bereiten jungen Frauen Perspektiven für Engagement bieten. Vereine sollten als dynamische Struktur erhalten bleiben, um unterschiedlichen Formen von Engagement einen Rahmen zu bieten.

Aus den Vorträgen konnten nützliche Hinweise für die Weiterentwicklung der Engagementstrategie des Bundes abgeleitet werden. Als Handlungsfelder identifiziert wurden die Sichtbarmachung des vielfältigen Engagements, insbesondere von Frauen, die Ansprache potenziell Interessierter, die Schlüsselrolle der Kommunen und der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die strukturelle Schaffung von unterstützenden Rahmenbedingungen und die Wandlungsprozesse des Vereinswesens.

Hintergrund

Die im Jahr 2019 veröffentlichte Bekanntmachung "Ehrenamtliches Engagement in ländlichen Räumen" ist ein Baustein des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung und Regionale Wertschöpfung (BULEplus), den die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Auftrag des BMEL umsetzt. Sie fördert Forschungsprojekte, deren Fokus sich auf Themen des ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagements in ländlichen Räumen richten. Die Projekte knüpfen thematisch an aktuelle Herausforderungen an und zeigen Wege auf, die die Strukturen der ländlichen Ehrenamts- und Engagementlandschaft langfristig sichern können. Aus den Forschungsvorhaben werden zudem Erkenntnisse über Rahmenbedingungen, Strukturen und Organisationsformen generiert sowie bedeutende Trends und Veränderungen ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagements aufgezeigt. Im Ergebnis werden somit konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik und Praxis der ländlichen Entwicklung, insbesondere für die Politikgestaltung des BMEL, herausgearbeitet.

 

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