"Land Sehen" tritt mit drei Kulturprojekten für eine Diskussionskultur der Menschen in der Region ein

Das generationsübergreifende LandKULTUR-Projekt zur Förderung von demokratischen Strukturen im ländlich geprägten Saale-Orla-Kreis in Thüringen setzt erfolgreich das Thema Dialog in ihrer Veranstaltungsreihe um und regt zum künstlerischen Schaffen, Nachdenken und Diskutieren an.

Zur Entstehungsgeschichte von "Land Sehen" gehört auch, dass die Verantwortlichen der gesellschaftlichen Entwicklung etwas entgegensetzen wollten. Denn Wahlanalysen und Medienberichte zeigten 2017 die ländlichen Regionen als Hochburg populistischer und nationalkonservativer Gedanken.

Ziel von Land Sehen ist es, Berührungsängste mit Politik und Kultur abzubauen, stattfindende Prozesse in Gesellschaft und Kunst besser zu verstehen und sich darüber zu verständigen. Aber auch, überhaupt erst einmal Angebote zu schaffen, um in Dialog zu treten. "Einladungen zum Dialog in einer Zeit, in der sich politische Positionen polarisieren und die - gerade im ländlichen Raum – durch Misstrauen gegenüber gesellschaftliche Veränderungen geprägt ist", so beschreibt es Rolf Schönfelder, Geschäftsführer von Lese-Zeichen e.V. und Projektmanager von Land Sehen. Der Verein hatte bereits ein Kulturkonzept auf der Literatur- und Kunstburg Ranis erfolgreich erprobt und sieht es als wichtig an, die Besucherinnen und Besucher aktiv einzubeziehen. Land Sehen vernetzt drei Kulturprojekte, die sich unter der thematischen Relevanz und Vielseitigkeit von Kunst- und Veranstaltungsformaten an verschiedene Altersgruppen richtet.

Land Sehen – Die Region wird kulturell und vielseitig belebt

Wie entstehen Bücher, die in der Schulbibliothek stehen? Dies lernten im interaktiven Projekt "Ein Kinderbuch entsteht" zum einen die Grundschule in Stiebritz (2020) und zum anderen Kinder der 4. Grundschulklasse in Milda (2021) durch aktives Mitgestalten und Schreiben. Zur Seite standen ihnen dabei der Autor von "Herr Wolke", die Figur "Herr Wolke", den ein Schauspieler verkörperte und der Illustrator der beliebten Kinderbuchreihe. Wie zeichnet man eine Figur? Was muss man alles wissen? Wie geht das mit dem Buchdruck? Bei einer großen Abschlussveranstaltung zusammen mit Familie und Freunden wurde die Sonderedition im A6 Hardcover-Querformat vorgestellt. Die begeisterten Beteiligten bekamen für das Erstellen dieser Publikation das "Thüringer Kulturzeugnis" verliehen.

Mit der Kreativwerkstatt "Weitsicht" auf Burg Ranis mit Blick auf das "Thüringer Meer" werden seit Sommer 2020 jedes Jahr Workshops für Filmanimation, Fotografie und eine Schreibwerkstatt für Jugendliche unter Beteiligung von Künstlerinnen und Künstlern angeboten. "Jugendliche werden hier ernst genommen mit ihrem Thema", erläutert Romina Nikolić, seinerzeit Projektassistenz, jetzt Projektmanagerin von Land Sehen. Ein Teilnehmer sei dem Thema Geflüchtete in Moria beigekommen und hat Zeichnungen für einen Animationsfilm kreiert. "Hier erleben junge Menschen, dass sie sich einbringen können in den gesellschaftlichen Diskurs, dass das Wert hat", sagt sie. Viele Jugendliche erlebten zum ersten Mal eine Lesung mit eigenem Text und Film.

"Burg im Puls", eine Lesereihe, die im Frühjahr und im Herbst auf Burg Ranis durchgeführt wird, brachte namhafte Autorinnen und Autoren darunter Deniz Ohde mit "Streulicht", Jaroslav Rudiš mit "Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen" zusammen mit Martin Becker "Gebrauchsanweisung für Prag und Tschechien", Lutz Seiler mit neuem Lyrikband oder den Journalisten und Autor Frank Quilitzsch mit "Wilhelm, wie sieht der Wald wieder aus?" auf die Burgbühne. Letzterer war ein Jahr in Thüringens Wäldern unterwegs und bringt zu seinen Lesungen den jeweiligen Revierförster zum Gespräch mit. Land Sehen beinhaltet auch Lesekonzerte wie etwa Märchen und Sagen von Künstlern aus Schottland, die mit Text und Musik u.a. auch die Unabhängigkeitsbestrebungen aus Schottland thematisieren. Außerdem finden Kinoabende und Einladungen zu Gespräch und Interview bei den Künstlerabenden statt.

"Das Projekt wirkt auf sanfte Weise über Kunst und Dialog einer Entwicklung des Rückzugs von den Prinzipien der Demokratie entgegen", so Ralf Schönfelder. Dank der Bekanntheit der Literatur- und Kunstburg Ranis kommt das Publikum aus Ranis, Krölpa, Saalfeld, Rudolstadt, Pößneck, Triptis, Neustadt a.d. Orla, Kahla, Ziegenrück und Bad Blankenburg angereist.

Zur Nachahmung empfohlen: Netzwerken, Neugier wecken, Impulse setzen

"Das A + O für ein vielseitiges Kulturprojekt ist die Netzwerkarbeit mit anderen Kulturakteuren und Orten", fasst Romina Nikolić zusammen. Was gibt es bereits schon von anderen Kulturakteuren? Hilfreich wäre dies vorher zu prüfen, damit man sich nicht in die Quere kommt, sondern das Programm als zusätzliche Bereicherung, als neuer Impuls empfunden wird. Mit anderen Orten Kontakt aufzunehmen, möglichst persönlich, um Veranstaltungsräume und –angebote an die Leute zu bringen. Die Unterstützung aus dem Ort ist dafür sehr wichtig. Je mehr Vereine, Verbände, Initiativen und Menschen beteiligt sind, umso eher wird eine Diskussionskultur gefördert. Türen öffnen, um Werbung zu machen, kann bei Kirchengemeinden, Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern oder anderen Kulturträgern sowie mithilfe von lokaler Presse und Plakataktionen gelingen.

Land Sehen hat im Saale-Orla-Kreis viel Aufmerksamkeit erregt sowie erfolgreich vielseitige Impulse gesetzt und wird dafür belohnt. Mithilfe eines Landesförderprogramms kann die Veranstaltungsreihe in den kommenden Jahren weitergeführt werden.

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