Informelles Treffen der EU-Agrarministerinnen und -minister vom 6. bis 8. Februar in Straßburg (Frankreich)

Ergebnisbericht

Leitung der deutschen Delegation: Bundesminister Cem Özdemir

Zusammenfassung

Die Agrarministerinnen und -minister der EU-Mitgliedstaaten kamen vom 6. bis 8. Februar 2022 auf Einladung der französischen Ratspräsidentschaft in Straßburg zu einem Informellen Treffen zusammen. Im Mittelpunkt der Tagung stand eine Aussprache zum Thema Carbon Farming.

Die Aussprache erfolgte auf der Grundlage des Diskussionspapiers „Stärkung von klimafreundlichen Land- und Forstwirtschaftsmodellen: eine CO2-arme Landwirtschaft“, das vom Ratsvorsitz vorgelegt wurde (Anlage). Erörtert wurde insbesondere, wie Carbon Farming zum Klimaschutz beitragen kann und Zertifizierungssysteme ausgestaltet sein sollten. In der Sitzung erläuterten Wissenschaftlicher des französischen Forschungsinstituts für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt (INRAe) anhand einer Präsentation das Potenzial und die Möglichkeiten der Kohlenstoffminderung in dem Sektor. Die Mitteilung der Europäischen Kommission über nachhaltige Kohlenstoff-Kreisläufe wurde in die Diskussion ebenfalls einbezogen.

Im Einzelnen

Der Vorsitzende des Rates, der französische Minister Julien Denormandie, hob hervor, dass Carbon Farming in der EU einen wichtigen Beitrag leisten könne, das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Mit Carbon Farming könnten sowohl positive Umweltwirkungen als auch Wertschöpfung in der Land- und Forstwirtschaft erzielt werden. Der von der Kommission für Ende des Jahres angekündigte Vorschlag für ein Zertifizierungssystem werde ungeduldig erwartet.

In den Diskussionsbeiträgen wurde Carbon Farming ebenfalls positiv bewertet. Für Landwirtinnen und Landwirte sei Carbon Farming ein Beitrag für den Klimaschutz sowie eine Chance für zusätzliche Einkommen, erklärte Christiane Lambert, Vorsitzende des europäischen Bauernverbandes (COPA). Die Mitteilung der Kommission lasse jedoch einige Fragen offen. Dies gelte insbesondere für die Emissionsminderung, die stärker anerkannt und gefördert werden sollte. Ähnlich äußerten sich die Präsidenten der europäischen Genossenschaftsverbände im Agrarbereich (COGECA) sowie der europäischen Junglandwirte (CEJA).

Der Vorsitzende des Ausschusses für Landwirtschaft und Ernährung des Europäischen Parlaments, Norbert Lins MdEP, betonte die Bedeutung privater Finanzmittel, die für eine nachhaltige Entwicklung von Carbon Farming erforderlich seien. Es müssten Zertifizierungssysteme aufgebaut werden, die perspektivisch möglicherweise mit dem EU-Emissionssystem verbunden werden könnten. Um die Akzeptanz bei den Landwirten zu sichern, müsse Carbon Farming voll in den Produktionsprozess integriert werden, die Erzeugung von Lebensmitteln müsse erstes Ziel der Landwirtschaft bleiben.

Die Mitgliedstaaten erläuterten, dass sie bereits eine breite Palette an Maßnahmen durchführen und in ihren GAP-Strategieplänen ab 2023 vorsehen. Sie zeigten sich grundsätzlich offen für private Finanzierungsmodelle wie einem Zertifizierungssystem. Allerdings müsse ein derartiges System einfach, verlässlich und transparent sein. Ebenso wurde betont, dass eine sinnvolle Regulierung notwendig sei, damit Carbon Farming einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Die Versorgung mit Lebensmitteln und die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe dürften nicht gefährdet werden.

Bundesminister Cem Özdemir begrüßte, dass Frankreich Carbon Farming zu einem Schwerpunkt seiner Präsidentschaft gemacht habe. Der Land- und Forstwirtschaft komme besondere Bedeutung für das Erreichen der Klimaschutzziele zu. Bei der Kohlenstoffspeicherung setze Deutschland insbesondere darauf, den Humusgehalt in Böden zu erhöhen, Moore zu schützen, landwirtschaftlich genutzte Moorböden wiederzuvernässen, Agroforstsysteme zu etablieren, die Kohlenstoffspeicherung in Wäldern zu gewährleisten und die Nutzung langlebiger Holzprodukte zu fördern.

In den letzten Jahren hätten sich in Deutschland zahlreiche private Zertifizierungssysteme etabliert, die insbesondere auf den Humusaufbau im Ackerland und den Moorbodenschutz fokussierten, berichtete der Bundesminister. Im Rahmen des deutschen Klimaschutzprogramms würden hierzu Modell- und Demonstrationsvorhaben gefördert. Umfangreiche Mittel kämen zudem den Wäldern zugute, um ihren Umbau zu resilienten Mischwäldern voranzubringen.

Um Carbon Farming attraktiver zu machen, sei es aus deutscher Sicht erforderlich, dass die Kohlenstoffspeicherung zu einem sicheren und guten Einkommen in der Land- und Forstwirtschaft beitrage. In erster Linie sollte dies über die Honorierung von gesellschaftlichen Leistungen mit öffentlichen Mitteln erfolgen. Nachdrücklich wies Bundesminister Özdemir darauf hin, dass für ein Zertifizierungssystem zahlreiche offene Fragen geklärt und Bedenken ausgeräumt werden müssten. Insbesondere seien Regelungen erforderlich, um die Dauerhaftigkeit der CO2-Entnahme aus der Atmosphäre zu gewährleisten, Emissionsverlagerungen zu unterbinden und negative Auswirkungen auf die Biodiversität zu vermeiden. Auch Doppelförderungen und „Greenwashing“ müsse ausgeschlossen werden.

Kommissar Janusz Wojciechowski dankte für die ausgezeichnete Debatte und freute sich über die umfassende Unterstützung für die Pläne der Kommission, einen Vorschlag für ein Zertifizierungssystem vorzulegen. Die Kommission werde sich nun mit den Fachleuten und Stakeholdern austauschen, um gute Vorschläge zu erarbeiten. Die Mitgliedstaaten gingen mit der Aufnahme von entsprechenden Maßnahmen in die GAP-Strategiepläne bereits in die richtige Richtung. Ziel müsse es sein, eine Win-Win-Situation für Klima, Umwelt, Bodenproduktivität und mehr Einkommensmöglichkeiten zu schaffen.

Der Ratsvorsitzende Denormandie schlussfolgerte, es bestehe Einigkeit, aus der kohlenstoffarmen Bewirtschaftung einen Pfeiler der nachhaltigen Landwirtschaft zu machen. Nun komme es darauf an, mit Carbon Farming einen ökologischen und ökonomischen Mehrwert zu schaffen. Die Diskussion habe gezeigt, wo die Hebel angesetzt werden müssen: zunächst im Austausch von Kenntnissen und Praktiken, anschließend in der Auswahl der bevorzugten Maßnahmen, die den Landwirtinnen und Landwirten jedoch ausreichend Raum zur eigenen Gestaltung lassen. Dazu brauche es einen soliden, transparenten und glaubwürdigen Rahmen. Die Präsidentschaft strebe an, im März oder April Ratsschlussfolgerungen zu Carbon Farming zu verabschieden.

Erschienen am im Format Aktuelles

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