Bodenmarkt – Einblicke aus EU-Sicht

Die Veränderungen am Bodenmarkt rücken auch auf europäischer Ebene verstärkt in den Fokus der Politik. Grundsätzlich liegt die primäre Zuständigkeit für die Regulierung von Erwerb, Nutzung und Verfügung landwirtschaftlicher Flächen bei den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU); die Europäische Kommission wird nur unterstützend tätig.

Unionsrecht wird dann angewandt, wenn grundlegende europäische Prinzipien der Verträge berührt werden. Betroffen sind hier in der Regel

  • die europäischen Grundfreiheiten des freien Kapitalverkehrs gemäß Art. 63 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und
  • die europäischen Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV,
  • die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und
  • der Grundsatz der Rechtssicherheit.

Als "Hüterin der Verträge" prüft die Europäische Kommission nationale bodenmarktrechtliche Maßnahmen und ihre Vereinbarkeit mit Unionsrecht.

Der Europäische Gerichtshof hat national-rechtliche Beschränkungen, wie zum Beispiel Erwerbsobergrenzen und Vorkaufsrechte bei Investitionen in landwirtschaftliche Flächen in besonderen Fällen anerkannt, sofern sie dem Gemeinwohl dienen und mit den gemeinsamen agrarpolitischen Zielen im Sinne des Art. 39 AEUV im Einklang stehen. Voraussetzung ist, dass die gewählten Instrumente nicht gegen das Diskriminierungsverbot gemäß Art. 18 AEUV verstoßen und in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen stehen. Unter bestimmten, näher ausgeführten Bedingungen, können begrenzte Einschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit in der EU durch das nationale Bodenmarktrecht akzeptiert werden.

Wichtige Positionen der Kommission sowie des Europäischen Parlaments finden sich im Bericht des Europäischen Parlaments "Aktueller Stand der Konzentration von Agrarland in der EU: Wie kann Landwirtinnen und Landwirten der Zugang zu Land erleichtert werden?" sowie in der "Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen über den Erwerb von Agrarland und das Unionsrecht".

Der Bericht des Europäischen Parlaments

Der Bericht des Europäischen Parlaments zum Thema "Aktueller Stand der Konzentration von Agrarland in der EU: Wie kann Landwirtinnen und Landwirten der Zugang zu Land erleichtert werden?" beschreibt die Probleme auf dem Bodenmarkt in der EU.

Es wird deutlich: Die Konzentration von Agrarland nimmt nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten zu.

Die Folge der ungleichen Eigentumsverteilung: Auch die Subventionen der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) werden ungleich verteilt. Darüber hinaus steigen die Kauf- und Pachtpreise landwirtschaftlicher Flächen in vielen Regionen auf ein Niveau, das zu finanziellen Spekulationen einlade, wie es in dem Bericht heißt. Ebenso sei der Verkauf von Flächen an nichtlandwirtschaftliche Investorinnen und Investoren sowie Holdings ein drängendes Problem.

Der Bericht unterschätzt das tatsächliche Ausmaß der Konzentration, denn die Statistiken erfassen die Tochtergesellschaften von Konzernen nicht als Verbund, sondern als Einzelbetriebe.

Das Fazit der Parlamentarier: Die Entwicklung ist nicht hinnehmbar, ein Entgegensteuern erforderlich. Der Zugang zu Land und zu Eigentum seien grundlegend geschützte Rechte. Außerdem sei Boden eine zunehmend knappe Ressource und nicht vermehrbar. Der Boden dürfe daher nicht als gewöhnliche Handelsware betrachtet werden.

Das Europäische Parlament spricht sich vor diesem Hintergrund für

  • strengere rechtliche Regulierungen,
  • ein Überarbeiten der GAP-Subventionen und
  • mehr Transparenz auf dem Bodenmarkt aus, nicht zuletzt um Junglandwirtinnen und Junglandwirte sowie Existenzgründerinnen und Existenzgründer zu fördern.

Mitteilung der Kommission

In ihrer Mitteilung zu Auslegungsfragen über den Erwerb von Agrarland und das Unionsrecht vom 18. Oktober 2017 verdeutlicht die Kommission, wie die europäischen Grundfreiheiten das nationale Bodenmarktrecht beeinflussen.

Die einschlägigen Rechtvorschriften zum Schutz der Agrarstruktur, die in einigen europäischen Mitgliedstaaten gelten, sollen

  • die Menschenrechte und die Ernährungssicherheit gewährleisten,
  • eine nachhaltige Existenzgrundlage und soziale Stabilität schaffen sowie
  • die Entwicklung des ländlichen Raums fördern.

Die Kommission macht deutlich, dass bei wesentlichen agrarstrukturellen Zielen und falls alternative Instrumente nicht zum Ziel führen, gewisse Einschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit begründbar sind.

EU-Bodenstrategie 2030

Die Kommission schätzt 60-70 % der Böden in der EU als nicht gesund ein. Funktionsfähige, gesunde Böden sind jedoch eine wesentliche Voraussetzung für die Lebensmittel-produktion, Klimaneutralität, eine saubere und kreislauforientierte Wirtschaft sowie die Eindämmung von Wüstenbildung und Bodendegradation

Daher hat die Kommission hat im November 2021 die "EU-Bodenstrategie 2030" veröffentlicht. Diese legt konkrete Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung der Böden sowie zur Gewährleistung ihrer nachhaltigen Nutzung fest.

Der Legislativvorschlag SSoil Monitoring Law" (SML) wurde am 5. Juli 2023 von der EU-Kommission vorgestellt. Das BMEL begrüßt die Vorlage dieses Vorschlags: Ziel ist eine kontinuierliche Verbesserung der Bodengesundheit mit der Vorgabe, bis 2050 gesunde Böden in der EU zu erreichen. Gesunde Böden sollen möglichst viele Ökosystemleistungen erbringen, die Auswirkungen von Klimawandel und Biodiversitätsverlust reduzieren, die Resilienz gegen Naturkatastrophen steigern und für Ernährungssicherheit sorgen. Außerdem sollte das SML einen Beitrag zum sparsamen Umgang mit Flächen leisten, um das Ziel aus der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie zu erreichen, die Flächenneuinanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsflächen bis 2030 auf unter 30 Hektar/Tag abzusenken.

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