Erntebericht 2022

Bundesminister Cem Özdemir hat am 26. August den Erntebericht 2022 vorgestellt. Damit gab er das erste vorläufige Ergebnis der diesjährigen Raps- und Getreideernte bekannt.

Licht und Schatten: Ernte im Zeichen der Klimakrise

Der Erntebericht 2022 zeigt Licht und Schatten:

  • Es gibt einerseits die guten Nachrichten: Wintergetreide und Raps profitierten in vielen Regionen, leider aber nicht überall, von den Niederschlägen im vergangenen Winter und konnten so Hitze und Trockenheit im Frühsommer trotzen. Anders als im Vorjahr gibt es in diesem Jahr reichlich Obst. Das Angebot an Bio-Gemüse wächst.
  • Andererseits sind herbe Einbußen zu verzeichnen: Der Ertrag beim Körnermais ist in vielen Regionen katastrophal. Oft bleibt den Landwirten nichts Anderes übrig, als ihn zu Silage zu verarbeiten, um überhaupt etwas zu retten. Und "Grünland" ist an vielen Stellen nicht mehr grün, sondern eher braun, weil es vertrocknet ist. Konkret bedeutet das: Es fehlen mehrere "Schnitte" für das Winterfutter der Tiere.

Mit dem Klima ändert sich das Wetter, und damit ändern sich die Bedingungen für die Landwirtschaft immer grundlegender. Die Veränderungen sind mittlerweile regelrecht mit den Händen zu greifen und spiegeln sich auch im Erntebericht.

  • Von Februar und April einmal abgesehen, gab es in allen Monaten des Jahres 2022 zu wenig Niederschläge. Auch in diesem Jahr gab es eine ausgeprägte Frühjahrs- und Sommertrockenheit. Deutschlandweit fehlen bisher 40 Prozent der sonst im Sommer üblichen Niederschläge. Falls es auch in den kommenden Wochen und Monate nicht deutlich mehr regnet – und diese Befürchtung wird durch manche Prognosemodelle gestützt -, könnte 2022 das Dürrejahr 1959 übertreffen – im negativen Sinn.
  • Wochenlange Trockenheit, Hitzetage und "Tropennächte" lassen Bäche austrocknen und Flusspegel auf teils historisch niedrige Pegelstände sinken. Über Tage machen Wald- und Feldbrände Schlagzeilen. Satellitendaten zeigen: Bis Mitte August gab es in Deutschland Flächenbrände einschließlich Waldbränden auf rund 55.000 Hektar. Noch wesentlicher schlimmer, teils unkontrolliert ist die Situation in etlichen unserer EU-Partnerländern.
  • Nach den schier endlosen Hitzeperioden kam es in einigen Regionen zu einem schlagartigen Wetterumschwung. Von den Unwettern waren viele Regionen betroffen, die Unwetterschäden blieben glücklicherweise meistens lokal begrenzt. Doch wenn ein Sturmtief eine Region traf, waren teils Totalausfälle der noch nicht eingebrachten Ernte zu beklagen. "Nebenan", oft nur wenige Kilometer entfernt, blieben Felder und Ernten verschont.

Gut ist, dass schon viele Bäuerinnen und Bauern mit ihrer Anbauplanung auf das veränderte Klima reagieren.

Bundesminister Cem Özdemir

Ausgewählte Ergebnisse der vorläufigen Erntebilanz im Überblick

Getreide

Das schlechte Ergebnis, das sich beim Körnermais abzeichnet, drückt die ansonsten positive Gesamtbilanz der deutschen Getreideernte deutlich nach unten. Für Getreide insgesamt, also einschließlich Körnermais, beläuft sich die diesjährige Ernteerwartung auf rund 43,2 Millionen Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr wären dies zwei Prozent mehr, im mehrjährigen Vergleich 2016 bis 2021 immerhin noch 0,2 Prozent mehr, sodass man unter Einschluss von Körnermais für das Bundesgebiet insgesamt derzeit eine durchschnittliche Getreideernte bilanzieren kann.

Winterweizen

Die wichtigste und zudem die ertragreichste Getreidekultur ist in Deutschland nach wie vor der Winterweizen. Die Anbaufläche wurde gegenüber dem Vorjahr leicht um 0,8 Prozent auf 2,89 Millionen Hektar erhöht. Damit entfallen 47 Prozent der gesamten Getreidefläche auf Winterweizen. Im Durchschnitt liegt der Hektarertrag bei 76,2 Dezitonnen. Die Erntemenge an Winterweizen erreicht damit etwas mehr als 22 Millionen Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr wäre das eine Zunahme um 4,6 Prozent. Hinter dem mehrjährigen Durchschnitt bleibt das Ergebnis jedoch um 0,8 Prozent zurück.

Hafer

Der Trend zu einem vermehrten Anbau von Hafer hat sich nicht fortgesetzt, obwohl die Verarbeitungsunternehmen (insbesondere die Mühlen) einen steigenden Rohstoffbedarf vermelden. Gegenüber dem Vorjahr ist die Haferfläche um 9,5 Prozent gesunken und erreicht etwa 160.400 Hektar; im mehrjährigen Vergleich bedeutet dies aber immer noch ein Plus von 13,9 Prozent. Der durchschnittliche Hektarbetrag fällt mit 45,9 Dezitonnen besser aus als im Vorjahr (+6,1 Prozent) und als im mehrjährigen Vergleich (+4,8 Prozent). Die Erntemenge unterschreitet mit rund 735.700 Tonnen das Vorjahresergebnis um vier Prozent. Im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2021 ergibt sich jedoch noch ein Plus von 19,4 Prozent.

Körnermais

Da die Ernte von Körnermais deutlich später stattfindet als bei anderen Getreidearten, sind Ertragsschätzungen im August noch mit einer größeren Unsicherheit behaftet, zumal in diesem Jahr – ähnlich wie 2018 – davon auszugehen ist, dass zum Teil Körnermaisflächen vorzeitig gehäckselt werden und damit überhaupt nicht in Körnerform geerntet werden. Nach derzeitigem Stand, der sich auf Schätzungen aus sieben Bundesländern stützt, zeichnet sich ein durchschnittlicher Hektarertrag von rund 75 Dezitonnen ab. Damit würde sogar der Ertrag aus dem Dürrejahr 2018 (81,4 Dezitonnen je Hektar) noch unterschritten. Unter diesen Annahmen wäre eine Körnermaisernte von rund 3,5 Millionen Tonnen zu erwarten; dies wären 21,5 Prozent weniger als im Vorjahr und 12,7 Prozent weniger als im sechsjährigen Durchschnitt.

Ölsaaten

Die diesjährige Ernte von Winterraps, der wichtigsten Ölsaat im deutschen Anbau, fällt mit voraussichtlich fast 4,3 Millionen Tonnen insbesondere vor dem Hintergrund der diesjährigen Hitze und Trockenheit sehr erfreulich aus. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Mengenzuwachs um 22,3 Prozent. Im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2021 sind es 14,8 Prozent mehr. Mit Blick auf die erwünschte Erweiterung von Fruchtfolgen ist auch der erhebliche Zuwachs im Anbau von Sonnenblumen eine positive Entwicklung. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Sonnenblumenfläche um 123 Prozent auf rund 85.300 Hektar, mit Schwerpunkt in Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

Eiweißpflanzen

Auch bei den Eiweißpflanzen gibt es einen positiven Trend, insbesondere bei Sojabohnen, deren Anbau sich seit 2016 mehr als verdreifacht hat und inzwischen bei rund 51.400 Hektar liegt. Dennoch bleibt die Felderbsen die wichtigste Körnerleguminose in Deutschland, die auf rund 106.600 Hektar angebaut werden. Hinzu kommen die Ackerbohnen mit rund 71.200 Hektar und die Süßlupinen mit rund 31.700 Hektar. Insgesamt, das heißt für die Summe aller vier Kulturen, wächst die Anbaufläche im Vergleich zum Vorjahr um gut 19 Prozent auf rund 260.900 Hektar. Mit rund 50 Prozent fällt der Flächenzuwachs für die Sojabohnen am höchsten aus. Belastbare Schätzungen zu den aktuellen Ernteerträgen bei den Hülsenfrüchten sind derzeit noch nicht verfügbar.

Anstieg der Erzeugerpreise

Die deutschen Erzeugerpreise bei Getreide und Raps folgen den Entwicklungstrends auf internationaler Ebene. Nach einem Höchststand im Laufe des Frühjahrs im Gefolge der Marktstörungen durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sind die Preise tendenziell rückläufig, liegen aber aktuell noch durchgängig über dem Vorjahresniveau. Zugleich ist eine hohe Volatilität der Preise zu beobachten.

Datengrundlage des Ernteberichts

Grundlage des Ernteberichts sind im Hinblick auf Getreide und Raps die festgestellten Erträge der bisher ausgewerteten Probeflächen aus der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung (BEE), die Teil der deutschen Agrarstatistik ist. Für diese Ertragsfeststellung werden jedes Jahr bis zu 10.000 repräsentativ ausgewählte Felder aus allen Teilen des Bundesgebiets herangezogen. Der Erntebericht enthält zudem eine Einschätzung zu den Ernteaussichten bei anderen für die deutsche Landwirtschaft wichtigen pflanzlichen Produkten. Mehr Informationen zur Datengrundlage finden Sie in unseren Fragen und Antworten.

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