Neuausweisung der belasteten Gebiete durch die Bundesländer

Die Bundesregierung und die Bundesländer haben mit der neuen AVV Gebietsausweisung (AVV GeA) ein von der EU-Kommission akzeptiertes Verfahren zur Ausweisung belasteter Gebiete gefunden. Hintergrund war das Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland, bei dem im Falle einer Verurteilung im Zweitverfahren hohe Strafzahlungen drohten.

Bund und Länder haben sich im Juli 2022 im Bundesrat auf die Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV Gebietsausweisung – AVV GeA) geeinigt. Die erforderliche Neuausweisung dieser bisher als sogenannte Rote Gebiete bezeichneten Flächen, hatte bis Ende November 2022 durch die Bundesländer zu erfolgen. Die geänderten Landesdüngeverordnungen und neuen Gebietsausweisungen der Länder wurden am 31. Januar 2023 der EU-Kommission zur Prüfung übermittelt. Eine offizielle Reaktion hierzu steht derzeit noch aus. Jedoch hat die EU-Kommission am 1. Juni 2023 das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen unzureichender Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie eingestellt.

Zentrale Punkte im Überblick

  • Die Neufassung der AVV GeA ist am 17. August 2022 in Kraft getreten. Die Bundesländer hatten bis Ende November 2022 Zeit, die Gebiete neu auszuweisen.
  • Die Neuausweisung war eine Voraussetzung, damit die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einstellt.
  • Mit den Änderungen, wird den Kritikpunkten der EU-Kommission Rechnung getragen.
  • Nach vielen Jahren der Unsicherheit haben die landwirtschaftlichen Betriebe nun endlich Planungssicherheit für ihre Anbau- und Düngeplanung.
  • Ziel von Bund und Ländern ist, das sogenannte Verursacherprinzip weiter zu stärken. Dafür muss allerdings zuerst eine robuste und vollzugstaugliche Datengrundlage vorliegen.
  • Das Messstellennetz muss bis 2024 ertüchtigt werden.

Düngung

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Hintergrund

Die AVV GeA konkretisiert die Vorgaben zur Gebietsausweisung der 2020 geänderten Düngeverordnung (DüV). Diese ist ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Aktionsprogramms zur Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie.

Neufassung setzt Forderungen der EU-Kommission um

Die Neufassung sowie die Neuausweisung der belasteten Gebiete nach Anpassung der jeweiligen Landesdüngeverordnungen waren ein entscheidender Schritt, damit die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einstellt. Die EU-Kommission hatte die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Änderungen an der AVV Gebietsausweisung zuvor bestätigt.

So können bei der Gebietsabgrenzung zukünftig keine landwirtschaftlichen Daten durch Modellierung berücksichtigt werden (Streichung der sog. Emissionsmodellierung). Die Bundesländer müssen künftig sicherstellen, dass alle belasteten Messstellen innerhalb der mit Nitrat belasteten bzw. eutrophierten Gebiete liegen. Ab 2028 muss die sogenannte Binnendifferenzierung bundeseinheitlich mit einem geostatistischen Regionalisierungsverfahren erfolgen. Bis 2024 müssen die Bundesländer das Messstellennetz ertüchtigen.

Überarbeitung der DüV im Jahr 2020

2017 und 2020 gab es Änderungen der DüV, durch die viele Landwirtinnen und Landwirte ihre Bewirtschaftungsweisen ändern mussten. Hintergrund ist die seit 2012 immer wieder geäußerte Kritik der EU-Kommission an der deutschen Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie durch die DüV. Die Nitratrichtlinie hat den Schutz der Grund- und Oberflächengewässer vor Nitrat-Verunreinigungen aus landwirtschaftlichen Quellen zum Ziel. Sie ist Teil eines umfassenden rechtlichen EU-Rahmenwerks zum Schutz der Umwelt.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. Juni 2018 im Klageverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland wegen unzureichender Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie überarbeitete die damalige Bundesregierung die bereits 2017 novellierte Düngeverordnung erneut – und erließ die geänderte Düngeverordnung Ende April 2020. Die EU-Kommission hatte beanstandet, dass die Novelle aus 2017 dem EuGH-Urteil aus 2018 nicht gerecht werde. Auf Grund der nicht zeitnahen Umsetzung wurde im Juli 2019 das sogenannte Zweitverfahren gegen Deutschland eingeleitet. In Folge der 2020 erneut geänderten Düngeverordnung, die von der EU-Kommission begrüßt wird, erarbeitete eine Bund-Länder-Steuerungsgruppe die AVV Gebietsausweisung. Sie wurde im November 2020 nach Zustimmung durch den Bundesrat erlassen.

Kritik der EU-Kommission machte erneute Anpassung notwendig

Im Juni 2021 kritisierte die EU-Kommission die Ausweisungen der mit Nitrat belasteten und durch Phosphat eutrophierten Gebiete der Bundesländer als zu uneinheitlich und teilte mit, dass die sogenannte Modellierung, nicht mit der EU-Nitratrichtlinie vereinbar sei. Zudem hätte sich der Flächenumfang gegenüber der Gebietsausweisung aus dem Jahr 2019 zu stark verkleinert.

Um einen Beschluss zur Fortsetzung des Zweitverfahrens gegen Deutschland zu vermeiden, war es somit erforderlich, die AVV Gebietsausweisung erneut anzupassen. Nachdem die Kommission Ende Mai 2022 mitgeteilt hatte, keine weiteren Anmerkungen zum Entwurf der AVV Gebietsausweisung zu haben, wurde das Rechtssetzungsverfahren schnellstmöglich durchgeführt. Deutschland drohten im Falle einer weiteren Verurteilung im Zweitverfahren hohe Strafzahlungen.

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