Workshop "Backqualität bei Weizen" im BMEL

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat in Zusammenarbeit mit dem Julius Kühn-Institut (JKI) und der Gemeinschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation e. V. (GFPi) am 5. und 6. Dezember 2018 einen Workshop "Backqualität bei Weizen" im BMEL in Bonn veranstaltet.

Seit der Novellierung der Düngeverordnung (DüV) 2017 wird in Fachkreisen darüber diskutiert, ob durch die neuen Vorgaben in der Düngeverordnung negative Auswirkungen auf den Proteingehalt und damit auf die Backqualität des Weizens zu erwarten sind.

Ziel des Workshops war es, einen Überblick über neue Erkenntnisse entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu geben: von der Züchtung, über den landwirtschaftlichen Anbau mit reduzierter Stickstoffdüngung bis hin zur Verwertung des Weizenmehls einschließlich der Bestimmungsparameter zur Bewertung der Backqualität. Circa 40 Teilnehmer, darunter Vertreter aus Forschung, öffentlicher Verwaltung und Verbänden sowie Industrie und Handel diskutierten die Kernthemen Züchtung, Anbau und Qualität von Backweizen und erörterten den zukünftigen Handlungsbedarf.

Weizen am häufigsten angebaute Kulturart

Weizen ist mit einer Anbaufläche von 3,2 Millionen Hektar die am häufigsten angebaute Kulturart in Deutschland. Die Backwaren- und Mühlenindustrie stellt hohe Anforderungen an eine möglichst von Jahr zu Jahr gleichbleibende Qualität des Weizens. Sie bedient sich dabei einer Vielzahl von Parametern zur Beurteilung der Qualität.

Der Erfassungshandel nutzt hingegen in der Regel nur den Proteingehalt als wichtigstes Qualitäts-und Handelskriterium. Dieser steht jedoch in der Kritik, da oft eine hohe Stickstoffspätdüngung notwendig ist, um hohe Rohproteingehalte zu erreichen. Dies kann negative Auswirkungen auf die Stickstoff-Bilanz und die Umwelt haben. Zudem sieht die im Juni 2017 in Kraft getretene novellierte Düngeverordnung Begrenzungen in der Höhe der Stickstoffdüngung bei Winterweizen vor.

Ergebnisse aus mehrjährigen Versuchen an unterschiedlichen Standorten deuten an, dass Befürchtungen über einen dramatischen Rückgang der Proteingehalte zurzeit unbegründet sind. Für E-Qualitätsweizen sind die laut DüV möglichen Düngergaben weiterhin auf einem ausreichenden Niveau, um qualitativ hochwertigen Weizen zu erzeugen. Auf der anderen Seite wird jedoch ohne Anpassungsmaßnahmen im Düngungsregime von einem Rückgang der mittleren Rohproteingehalte von Backweizen im Bereich von 0,2 bis 0,3 Prozent auszugehen sein. Dieser Abfall wird bei hohen Erträgen (Hochertragsjahre, Hochertragsregionen) höher sein als bei mittlerem Ertragsniveau.

Gute Backqualität kann auch mit niedrigeren Proteingehalten erreicht werden

Poster zum Workshop "Backqualität bei Weizen" Workshop "Backqualität bei Weizen"

Durch die Verteilung der Stickstoffgaben, Sortenwahl und Fruchtfolgegestaltung hat der Landwirt jedoch pflanzenbauliche Anpassungsmöglichkeiten. Ziel muss es sein, stärker den schlag- und jahresspezifischen Stickstoff-Bedarf und die Stickstoff-Nachlieferung des Bodens bei der Düngebedarfsermittlung und der Durchführung der Düngungsmaßnahmen zu berücksichtigen.

Dass der Proteingehalt nicht immer eng und nicht für alle Sorten gleich mit der Backqualität und hier vornehmlich mit dem Backvolumen korreliert, bestätigten die Beiträge verschiedener Referenten. Eine gute Backqualität kann heutzutage aufgrund züchterischer Erfolge auch mit neueren Weizen-sorten mit niedrigeren Proteingehalten, aber verbesserter Proteinzusammensetzung erzielt werden.

Solche Sorten mit guter Backqualität aber niedrigeren Proteingehalten würdigt der Handel jedoch gegenwärtig nicht, was zu Preisabschlägen bei den Landwirten führt. Als Grund wird genannt, dass der Proteingehalt bei der Erfassung einfach und preiswert zu bestimmen sei und dass Exportware international nur nach Proteingehalt gehandelt werde. Eine eigene Qualitätskategorie "Exportweizen" zu schaffen, könnte in diesem Zusammenhang diskutiert werden.

Teilnehmer werben dafür, Bewertungskriterien zu erweitern

Um eine faire Bezahlung der Landwirte und einen fairen Handel in der anschließenden Verarbeitungskette zu ermöglichen, forderten verschiedene Vertreter der Wertschöpfungskette die Bewertungskriterien zu erweitern. Diesbezüglich rückten Sorteninformationen zu Verkleisterungs- und Teigeigenschaften sowie zur Proteinqualität, gemessen an der Menge und Qualität der Kleberproteine, verstärkt in den Fokus. Diese Parameter können helfen, den Proteingehalt als (alleinige) Bestimmungsgröße für die Backqualität im Handel zu ergänzen.

Die Züchter äußerten den Bedarf zukünftige Zuchtziele zu nennen, da der Trade-off zwischen Ertrag und Proteingehalt ein gleichzeitiges Anheben beider Merkmale nicht zulässt. Insbesondere forderten die Züchter, Mindestanforderungen im Proteingehalt zum Erreichen der jeweiligen Qualitätsgruppen der Beschreibenden Sortenliste um 0,5-0,7 Prozentpunkte herabzusetzen. Alternativ beziehungsweise zusätzlich könnte der Proteingehalt in Zukunft nur beschreibend genannt aber nicht als Kriterium für die Einteilung in die Qualitätsgruppen genutzt werden.

Auch die Vertreter der Mühlen würden eine Erweiterung der Beschreibung der zugelassenen Sorten um Eigenschaften, welche die Proteinqualität und Teigrheologie betreffen, begrüßen. Sie wiesen auch auf die unterschiedlichen Anforderungen an den Backweizen je nach Verwendungszweck hin. Eine Erfassung des Handels unter Berücksichtigung der Sorte und einer Einteilung in Sortengruppen entsprechend Proteinqualität und Teigeigenschaften kann helfen, die Forderung nach hohen Proteingehalten zumindest im regionalen und nationalen Markt zu entkräften und damit Weizenpartien mit niedrigerem Proteingehalt aber hoher Backqualität den Weg in die Praxis zu öffnen.

Dass der Proteingehalt insbesondere für den deutschen Weizenexport dennoch von übergeordneter Bedeutung ist, bekräftigten Vertreter des Erfassungshandels. Der Proteingehalt ist im internationalen Handel das bedeutendste Kriterium. Dass die sortenspezifische Backqualität im internationalen Handel berücksichtigt wird, schätzen sie als wenig aussichtsreich ein. Es sei jedoch angemerkt, dass auch Märkte für Weizen mit geringeren Proteingehalten existieren, wie beispielsweise Asien und Afrika, welche traditionell geringe Proteingehalte nachfragen.

Bedarf an zuverlässigen Schnelltests

Es bestand ein weitgehender Konsens im Plenum, dass mit der Priorisierung des Proteingehaltes in der Erfassung ein ‚Luxusproblem‘ entstanden ist: Ein großer Anteil der inländischen Verwertung auch von Qualitätssorten erfolgt in der Futtermittelindustrie. Moderne Weizensorten erzielen gute Backeigenschaften auch mit niedrigem Proteingehalt. Diese Aspekte unterstreichen, dass es notwendig ist, die heute geforderten Proteingehalte abzusenken, um den Stickstoffeinsatz in der Weizenproduktion zukünftig weiter reduzieren zu können.

Forschungs- und Handlungsbedarf besteht unter anderem darin, zuverlässige Schnelltests (weiter-)zuentwickeln, die die Backqualität ausreichend gut abschätzen. Erste Ansätze, die Backqualität mit Nahinfrarotspektroskopie vorherzusagen, zeigen ein aussichtsreiches Potential auf, sind jedoch noch in der Entwicklung und derzeit nicht als Standardverfahren praxisreif. Die Kriterien in der Wertprüfung von Weizensorten zu erweitern und gegebenenfalls anzupassen, sollte vorrangig überdacht werden.

Auch ist die Kommunikation entlang der Wertschöpfungskette zu fördern, um die in der Züchtung erfassten technologischen Parameter bei Mühlen und Backindustrie gezielt nutzen zu können. Erste Projekte zeigen gute Kooperationen von Landwirten mit einer Mühle und Bäckerei in Niedersachsen. Weitere Demonstrationsprojekte sollen Wege für den Anbau, Handel und die Verarbeitung von Weizen mit geringeren Proteingehalten und alternativen Bewertungsmethoden entlang der gesamten Wertschöpfungskette aufzeigen. Dies setzt allerdings mittelfristig eine gezielte Sortenerfassung voraus.

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