Der Boden aus Sicht der Agrarmeteorologie - Bodentemperatur und -wasserhaushalt

Die klimatischen Verhältnisse und die Standorteigenschaften des Bodens sind mitbestimmend für den Kulturpflanzenanbau. Neben der Bodentemperatur sind insbesondere die Größen des Bodenwasserhaushaltes von Bedeutung.

Bodentemperatur

Da die Bodenerwärmung und -abkühlung direkt von der Sonnenstrahlung abhängt, folgt die Bodentemperatur mit gewisser zeitlicher Verzögerung dem jeweiligen Tages- und Jahresgang der Strahlungsbilanz. Böden mit heller Farbe erwärmen sich aufgrund des höheren Rückstrahlvermögens weniger stark als dunkel gefärbte Böden. Trockene Böden erwärmen sich schnell und kühlen auch schneller ab als vergleichsweise feuchte Böden. Dazu kommt, dass feuchtere Böden i.d.R. eine dunklere Färbung aufweisen. Bewachsene Böden erwärmen sich verzögert und kühlen ebenso verzögert ab.

Schnitt durch eine Schwarzerde aus Löß Schwarzerde
100er Boden: Schwarzerde aus Löß mit der Bodenzahl 100, Gemarkung Eickendorf © M. Altermann

Die Bodentemperatur bestimmt maßgeblich die Vegetationsperiode unserer Kulturpflanzen und die Mobilisierung von Nährstoffen im Boden. Beim Überschreiten der Temperatur von 5 Grad Celsius (°C) im Bereich zwischen 5 und 10 Zentimeter (cm) Tiefe setzt die Entwicklung der meisten Pflanzenarten ein, ebenso die Nährstoffmobilisierung; beim Unterschreiten dieser Temperatur kommen die Entwicklungsprozesse zum Erliegen. Im Tiefland Deutschlands herrschen etwa zwischen Anfang März bis Ende November Bodentemperaturen von über 5 °C. Dabei gibt es regionale Unterschiede bedingt durch Höhenlage und geographischer Breite. So wird im Südwesten Deutschlands der Wert von 5 °C im Frühling in der Regel zuerst überschritten und wandert dann nordostwärts.

Unbewachsener Boden kann bei vergleichsweise trockenen Bedingungen gegenüber der Luft deutlich höhere Temperaturwerte annehmen. So wurden zum Beislpiel im Juli 2013 in 5 cm Bodentiefe der DWD-Wetterstationen Magdeburg und Cottbus Werte über 40 °C bzw. bis über 44 °C gemessen, d.h. etwa 6 °C mehr als die Lufttemperatur in 2 m Höhe (= normale Messhöhe der Lufttemperatur).

Im Winter sinkt die Bodentemperatur je nach Vorhandenseins einer Schneedecke in den negativen Bereich, im Tiefland im Mittel etwa für 10 bis 30 Tage. Durch eine Schneedecke wird thermische Ausstrahlung verhindert und der Boden kühlt sich nicht wesentlich unter 0 °C ab. Die Schneedecke zeigt eine starke Isolationswirkung: In wolkenlosen bzw. -armen und windschwachen Winternächten kann es zu Lufttemperaturwerten von unter minus 20 °C kommen, während es unter der Schneedecke – auch bei lediglich 2 bis 3 cm Mächtigkeit - mit Werten um 0 °C vergleichsweise mild ist.

Deutschlandkarte mit der Verteilung der Bodenmitteltemperatur in 5 cm Tiefe Bodenmitteltemperatur
© DWD, Abteilung Agrarmeteorologie

In den letzten Jahren wurde untersucht, wie sich die Intensität der Bodenbearbeitung auf die Bodentemperatur auswirkt: Böden mit Direktsaat bzw. mit einer nur flach (5 cm) bearbeiteten Mulchsaat kommen etwa 2 °C wärmer aus dem Winter. Dieser "Vorsprung" wird aber von intensiver bearbeiteten Flächen oder bei Pflugeinsatz im Laufe des Monats April i.d.R. wieder ausgeglichen. Somit kann bei Aussaat von Sommergetreide die etwas höhere Bodentemperatur bei Direktsaat oder flach lockernder Mulchsaat für eine frühere Bestellung genutzt werden, aber bei Aussaat von Zuckerrüben oder gar Mais besteht kein thermischer Vorteil mehr und die Erwärmung erfolgt dann unter Direktsaat und flach gelockertem Mulch sogar etwas langsamer.

Bodentemperaturprofil in Köthen (Anhalt) Bodentemperaturprofil
© DWD, Abteilung Agrarmeteorologie

Bodenwasserhaushalt

Für Transportprozesse zur und innerhalb der Pflanze ist der Bodenwassergehalt entscheidend. Je nach Bodenart können maximal zwischen 190 und 410 Liter Wasser/Kubikmeter (m³) Boden gespeichert werden (Feldkapazität, pF 1,8); 40 bis 280 Liter/m³ sogenanntes Haftwasser ist für die Pflanzen nicht verfügbar (permanenter Welkepunkt). Die pflanzenverfügbare Wassermenge (nutzbare Feldkapazität, nFK) liegt zwischen 110 und 250 Liter/m³ Boden.

Aufgrund der Niederschlagsverteilung in Deutschland erfolgt in der Regel (i.d.R.)in den Herbst- und Wintermonaten in den westlichen und südlichen Regionen eine Auffüllung der Bodenwasserreserven. Demgegenüber stehen in den östlichen Bundesländern nur in etwa der Hälfte der Jahre aufgefüllte Bodenwasserspeicher zum Beginn der Vegetationszeit zur Verfügung.

Verdunstung

Da eine Messung der aktuellen Verdunstung (Evapotranspiration), als Summe von (unproduktiver) Bodenverdunstung (Evaporation) und produktiver Pflanzenverdunstung (Transpiration), sehr aufwändig ist und nur an wenigen Standorten mit wägbaren Lysimeteranlagen betrieben wird, hat sich flächendeckend eine modellbasierte Berechnung durchgesetzt. Hierbei gibt es mehrere Ansätze zur Bestimmung der sogenannten potenziellen Verdunstung (potenziellen Evapotranspiration) auf der Basis rein meteorologischer Inputgrößen (i.d.R. Strahlung, Lufttemperatur und ggf. Wind). Zur Überführung dieses potenziellen Wertes in einen realen (oder auch "aktuell" genannten kulturpflanzenartspezifischen) Verdunstungswert berücksichtigt man die aktuelle phänologische Entwicklung der Kulturpflanze über Indizierungen beispielsweise des Blattflächenindex oder der Durchwurzelungstiefe. Damit kann man aktuelle Evapotranspirationswerte ermitteln, die in der Vegetationszeit als gering bezeichnet werden, wenn sie 2 mm als Tagessumme nicht erreichen. Werden aktuelle Verdunstungswerte zwischen 2 und 4 mm am Tag bestimmt, liegen mittlere Verdunstungsverhältnisse vor und bei > 4 mm hohe aktuelle Verdunstungswerte.

Bodenwassergehalt

Mann entnimmt kniend auf dem Acker Bodenproben
Entnahme von Proben zur Bestimmung bodenphysikalischer Kardinalwerte © DWD, Abteilung Agrarmeteorologie

Der Bodenwassergehalt nimmt ausgehend von seinem Maximum zu Beginn der Vegetationszeit i.d.R. während der Pflanzenentwicklung durch den Pflanzenverbrauch und durch unproduktive Wasserverluste infolge Verdunstung ab. Angesichts der klimatischen Bedingungen in den einzelnen Regionen Deutschlands stehen zwischen 80 und 100 Prozent des pflanzenverfügbaren Wassers zu Beginn der Vegetationszeit zur Verfügung. Damit ist zumindest gebietsweise eine Befahrbarkeit der landwirtschaftlichen Nutzflächen nicht gegeben.

Zur Vermeidung von Bodenverdichtungen ist eine Abtrocknung abzuwarten, damit die Flächen entsprechend befahrbar sind.

Bei Werten zwischen 80 und 100 Prozent nFK droht den Kulturpflanzen Sauerstoffmangel. Zwischen 80 und 50 Prozent nFK liegt der Bodenwassergehalt im Optimum. Beim Unterschreiten von 30 Prozent nFK zeigen sich Ertragsdepressionen, die umso stärker sind, je länger dieser Wert unterschritten wird oder je ertragsrelevanter die Entwicklungsphase der Kulturpflanzen ist.

Das Minimum des Bodenwassergehaltes ist abhängig von der jeweiligen Niederschlagsverteilung und wird im Normalfall zwischen der Ernte des Winterrapses und des Winterweizens erreicht, wobei die Schwankungsbreite groß sein kann.

Grafik Bodenfeuchtigkeit
© DWD, Abteilung Agrarmeteorologie

Sickerung

Bodenwasser, das aufgrund gefüllter Bodenwasserspeicher nicht gespeichert werden kann, und nicht sofort verdunstet, versickert in Richtung Grundwasser und nimmt dabei lösliche Nährstoffe mit. In Deutschland ist die sogenannte "Sickersaison" auf das Winterhalbjahr und den Start der Vegetationsperiode begrenzt. Es ist flächendeckend allerdings nicht möglich, Beginn und Dauer der Sickerung vorauszusagen. Aufgrund veränderter Niederschlagsverteilung und verringertem Auftreten von Schneedecken in Deutschland ist tendenziell erkennbar, dass die "Sickersaison" etwas früher einsetzt und auch etwas mehr Sickerwasser bringt. Damit nimmt das Risiko der Nährstoffauswaschung zu. Da dieser Prozess stark durch standörtliche Faktoren beeinflusst wird, ist für eine agrarmeteorologische Aussage eine genaue standörtliche Betrachtung erforderlich.

Grafik Sickerwasser
© DWD, Abteilung Agrarmeteorologie

Folgen der klimatischen Veränderungen und Anpassungsmöglichkeiten

Die Änderung der klimatischen Randbedingungen der letzten Jahre stellt aus agrarmeteorologischer Sicht an die Landwirtschaft zwei Herausforderungen:

  1. Sparsamer Umgang mit dem Bodenwasser

    Um dies zu erreichen sollte, wo möglich, eine Mulchschicht auf den Flächen verbleiben. Vergleichende Verdunstungsmessungen zeigen, dass eine Mulchbedeckung die unproduktive Evaporation des Bodens deutlich verringert. Gegenüber einer unbewachsenen Brache wurde auf einer Fläche mit etwa 80 Prozent Strohbedeckung eine Reduzierung der aktuellen Verdunstung von bis zu 50 Prozent erreicht.

    Die vielfach als besonders wassersparend diskutierte Wirkung der Brechung der Kapillaren nach der Ernte von Winterraps und Wintergetreide konnte bis dato messtechnisch nicht bestätigt werden. Allerdings wirkte sich eine Mulchschicht verdunstungshemmend und somit wasserschonend aus.

  2. Hohe Niederschlagsinfiltration in den Boden


    Bei hoher Niederschlagsinfiltration steht dieses Wasser für die Pflanzenproduktion zur Verfügung, oberirdischer Abfluss und Erosionsgefahr werden verhindert und die Befahrbarkeit ist i.d.R. nur wenig eingeschränkt.

    Eine höhere Infiltration kann durch Reduzierung der Bodenbearbeitungsintensität erreicht werden. Langjährige Bodenfeuchtemessungen am Standort Lüttewitz (Sachsen) unter Direktsaat, flach lockernder Mulchsaat, tief lockernder Mulchsaat und bei Pflugbearbeitung zeigen ebenso wie Messreihen der Universität Halle/Wittenberg am Standort Nemsdorf, dass die Bodenwassergehalte bei Direktsaat und flach lockernder Mulchsaat auf ähnlichem Niveau sind und gegenüber Pfluganwendung und tief lockernder Mulchsaat 30 bis 50 Liter Wasser/m3 Boden mehr enthalten. Dieses "Mehr" an Wasser entspricht etwa der Menge, die in den letzten Jahrzehnten durch geringere Niederschläge zwischen April bis Juni in beiden Regionen zu verzeichnen ist. Ursachen hierfür sind bessere Infiltrationsleistungen und ein durch Pflanzenreste verbesserter Verdunstungsschutz.

Zur Minimierung von Bodenerosion und Nährstoffauswaschung ist der Anbau von Zwischenfrüchten zu empfehlen. Mehrjährige Arbeiten zur Bestimmung der Bodenwassergehalte und der Sickerwassermengen auf unterschiedlichen Standorten zeigen, dass abfrierende Zwischenfrüchte das verfügbare Bodenwasser für die folgende Sommerung nicht limitieren. Zwischenfrüchte haben zwar im Herbst in der Aufwuchsphase einen höheren Wasserverbrauch gegenüber einer Brache, diese Differenz ist aber nach dem Abfrieren durch bessere Niederschlagsinfiltration und besseren Verdunstungsschutz durch den Zwischenfruchtmulch bis zum Vegetationsbeginn wieder ausgeglichen.

Passfotos von Falk Böttcher und Martin Schmitt
Martin Schmitt (links), Falk Böttcher (rechts) © DWD, Abteilung Agrarmeteorologie

Aktuelle Werte zur bundesweiten Verteilung der Bodentemperatur und der Bodenwasserhaushaltsgrößen können unter www.dwd.de/agrarwetter abgerufen werden. Der dort gezeigten Kartendarstellung liegen rund 500 Wetterstationen des DWD zugrunde.

Ein Beitrag von Falk Böttcher und Martin Schmidt, Deutscher Wetterdienst, Abteilung Agrarmeteorologie, Leipzig.

Erschienen am im Format Artikel

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