Boden des Jahres 2018: Alpiner Felshumusboden

Ein Beitrag von Gerhard Milbert, Kuratorium Boden des Jahres, Krefeld

Das Kuratorium "Boden des Jahres" stellt jedes Jahr am Weltbodentag - am fünften Dezember - den neu gekürten Boden des Jahres vor. Für 2018 fiel die Wahl auf den Felshumusboden.

Portraitfoto Gerhard Milbert
Gerhard Milbert © Geologischer Dienst NRW

Das Kuratorium "Boden des Jahres" stellt jedes Jahr am Weltbodentag - am fünften Dezember - den neu gekürten Boden des Jahres vor. Für 2018 fiel die Wahl auf den Felshumusboden.

Das Kuratorium ist ein Gremium der bodenkundlichen Fachverbände: Bodenkundliche Gesellschaft, Bundesverband Boden und Ingenieurtechnischer Verband für Altlastenmanagement und Flächenrecycling. Die Aktion wird vom Umweltbundesamt unterstützt.

Jedes Jahr übernimmt ein Bundesland mit seinem Landwirtschafts- oder Umweltministerium die Schirmherrschaft und richtet den Weltbodentag in seiner Landesvertretung in Berlin aus: Für den Felshumusboden übernimmt das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die Schirmherrschaft.

Was ist das Besondere am Felshumusboden?

Felshumusböden kommen ohne mineralisches Bodenmaterial wie Sand, Lehm oder Ton aus. Sie bestehen ausschließlich aus einer Humusauflage mit zersetzter, humifizierter Pflanzenstreu auf Felsgestein. Dennoch sind diese Böden Standort für Gebirgsrasen, Gebüsche und sogar wüchsige Wälder. Sie können ausreichend Wasser speichern und den Pflanzen Nährstoffe zur Verfügung stellen. Die Nährstoffe werden beim Zersetzen der Pflanzenstreu frei und innerhalb der Humusauflage gespeichert. Dieser Boden reagiert sensibel auf Umweltveränderungen wie Klimawandel oder eine veränderte Bodennutzung.

Felshumusböden sind organische Böden wie die Moore

In der hochmontanen und der subalpinen Zone der Alpen sowie in den Hochlagen mancher Mittelgebirge Europas kommen Felshumusböden auf großen Gesteinsblöcken und felsigem Untergrund vor. Sie können mehr als 200 Tonnen/Hektar organischen Kohlenstoff speichern. Vor allem schwer verwitterbares Kalkgestein aber auch kalkfreie Gesteine bilden den Untergrund. Diese werden im Verlauf der Zeit von einer 30 bis > 100 cm mächtigen Humusdecke überzogen. Aufgrund der langen und kalten Winter, der hohen Niederschläge sowie der kurzen Vegetationszeit kann die Pflanzenstreu nicht vollständig abgebaut werden. Die Flächengröße schwankt meist zwischen etwa 10 und über 100 Quadratmetern. Im Vergleich zu Böden aus Sand, Lehm oder Ton sind Felshumusböden junge Bodenbildungen, die erst zwischen einigen hundert bis wenigen tausend Jahren alt sind.

Wie werden Felshumusböden genutzt?

Felshumusböden der nördlichen Alpen werden bevorzugt als Alm, als Bergmischwald und als Fichtenwald genutzt.

Hinzu kommen die Nutzungen durch den Wintersport und das Bergwandern. Bei allen Nutzungsformen muss auf eine möglichst humusschonende Bewirtschaftung geachtet werden. Ein naturnaher bis natürlicher Wald mit humusschonender Bewirtschaftung sowie eine weitgehende Unterschutzstellung der Zwergstrauchheiden und Latschenkiefergebüsche ist die beste Bodennutzung für Felshumusböden.

Moderner, standortangepasster Waldbau in den Bergmischwäldern und Fichtenwäldern der Alpen versucht eine optimale Humuswirtschaft zu betreiben. Die im Verlauf der Jahrhunderte in der ursprünglichen Waldzone entstandenen Almen tragen zum Teil artenreiche Wiesen und Weiden und sind heute aus den Alpen nicht mehr wegzudenken. Allerdings sollten sie schonend bewirtschaftet werden, um die neue Artenvielfalt zu erhalten und Bodenerosion sowie Humuszehrung möglichst gering zu halten.

Felshumusböden sind Zeigerböden an der Waldgrenze der Alpen

Felshumusböden sind sensible Böden und reagieren unmittelbar auf Veränderungen der Umweltbedingungen. Sie sind Zeigerböden der hochmontanen und subalpinen Höhenstufe in den Alpen und häufig Kronzeugen der Umweltveränderungen durch den Menschen.

Seit dem Mittelalter wurden große Flächenanteile der ursprünglichen Waldzone in den Alpen gerodet, hier entstanden im Anschluss beweidete Almen. Innerhalb kurzer Zeit war der größte Anteil der waldtypischen Humusauflagen verschwunden. Auch durch intensive Waldnutzung mit Kahlschlägen, Auflichtungen und Ernte aller verwertbaren Baumbestandteile wurde der Humusvorrat dauerhaft geschädigt. Seit Jahrhunderten geltende Rechte der Waldweidenutzung mit Trittschäden, Schädigung der Kraut- und Strauchschicht sowie die über lange Zeit einseitig erhöhten Bestände an Schalenwild zehren am Humusvorrat. Auch die Nutzung dieser Böden für den Wintersport und das Bergwandern gefährden die Böden dieser Gebirgslandschaften.

Ähnlich wie Moore sind Felshumusböden in intaktem Zustand Kohlenstoffspeicher, die der Atmosphäre so lange Kohlenstoff entziehen können, wie die Humusauflage wachsen kann. Sobald dieses komplexe Wirkungsgefüge aus Klima, Vegetation und Bodennutzung aus dem Gleichgewicht gebracht wird, schwindet der Humusvorrat und klimaschädliches Kohlendioxid wird beim Humusabbau freigesetzt. Die in den hochmontanen und subalpinen Höhenstufen der Alpen deutlich ausgeprägtere Klimaerwärmung beschleunigt diesen Prozess, da die Dauer des biologischen Abbaus in der Humusauflage zunimmt – dadurch wird noch mehr Kohlendioxid freigesetzt.

Eindrücke Boden des Jahres 2018

Wo gibt es Informationen zum "Boden des Jahres"?

Auf der Seite www.boden-des-jahres.de sind umfangreiche Informationen zum jeweiligen Boden des Jahres, seinen Eigenschaften sowie über die Böden der Vorjahre zusammengestellt.

Alle Bundesländer mit ihren geologischen Diensten sowie zahlreiche Natur- und Umweltverbände bieten Veranstaltungen und Informationsmaterial an.
Flyer und Poster zum Boden des Jahres sowie Informationen zur Präsentation "Boden des Jahres 2018" können angefordert werden beim Umweltbundesamt: Boden des Jahres

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