Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
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Lössboden – Boden des Jahres 2021
Das Kuratorium "Boden des Jahres" hat am 4. Dezember 2020 gemeinsam mit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover, den Boden des Jahres 2021 vorgestellt, den Lössboden. Die Schirmherrschaft für die Auszeichnung des Lössbodens zum „Boden des Jahres 2021“ hat die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Elisabeth Winkelmeier-Becker, übernommen.
Das Kuratorium ist ein Gremium der bodenkundlichen Fachverbände: Bodenkundliche Gesellschaft, Bundesverband Boden und Ingenieurtechnischer Verband für Altlastenmanagement und Flächenrecycling. Die Aktion wird vom Umweltbundesamt unterstützt.
Lössböden sind eine Bodenfamilie
Löss ist kein Boden im bodensystematischen Sinne, sondern ein Ausgangsgestein der Bodenbildung. Mit dem Sammelbegriff ‚Lössboden‘ werden verschiedene Böden zusammengefasst, die sich aus Löss und seinen Umlagerungsbildungen entwickeln können wie: Pararendzina, Schwarzerde, Parabraunerde, Kolluvisol und Stauwasserboden (Pseudogley). Im Verlauf der Zeit (mehrere tausend Jahre) können diese Böden sich nacheinander aus Löss entwickeln. Diese Böden können innerhalb einer Landschaft aber auch gleichzeitig nebeneinander vorkommen. Alle diese Böden weisen eine hohe Wasserspeicherkapazität sowie – mit Ausnahme des Stauwasserbodens – eine hohe Ertragsfähigkeit und -sicherheit auf.
In den Lössgebieten Mitteleuropas tritt Löss mit durchschnittlichen Mächtigkeiten zwischen 1 und 10 Meter auf, er kann aber in günstigen Lagen (Windschatten) mehrere zehn Meter mächtig werden.
Hauptverbreitungsgebiete in Deutschland:
Lössbörden am Nordrand der Mittelgebirge Deutschlands wie Niederrheinische Bucht, Soester Börde, Warburger Börde, Calenberger Börde; Hildesheimer Börde, Magdeburger Börde bis Leipzig, Sächsisches Lössgebiet
Ostrand des Saar-Nahe Berglandes und des Pfälzer Waldes
Lösszonen entlang der großen Flüsse wie Rhein und Donau
Hessische Senke
Kraichgau
Unterbayerisches Hügelland
Lössböden entstehen während der Kaltzeiten aus Gesteinsstaub
Löss ist eine staubförmige Windablagerung, die während der Kaltzeiten abgelagert wurde. Wenn Schluff (mehlartige Partikelgröße) und feinster Sand bei fehlender Vegetationsdecke während der Kaltzeiten aus Flussauen, Gletschervorland und kahlen Bergflächen ausgeweht werden und sich nach einem längeren Transport wieder ablagern, bilden sich Löss-Schichten. Durch den Windtransport wird das Material hinsichtlich seiner Korngröße sortiert. Er besteht zu etwa 70 Masse-% aus Grobschluff. Das sind Bodenpartikel mit einem Durchmesser zwischen 0,02 und 0,06 mm.
Beim Blick durch ein Mikroskop wird deutlich, dass Löss aus kantigen Kalk- und Gesteinsbruchstückchen besteht. Diese sorgen für eine stabile Lagerung, wie wir sie in Lösshohlwegen und Lösswänden zum Beispiel am Kaiserstuhl kennen.
Löss kann sehr viel Wasser für die Pflanzen nutzbar speichern. Löss und entkalkter/verwitterter Löss können bis 1 m Bodentiefe 350 bis 380 Liter Wasser speichern, davon sind 150 bis 260 Liter von Pflanzen nutzbar. Diese nutzbare Wasserspeicherkapazität sichert für die Pflanzen auch in Trockenzeiten einen ausreichenden Wasservorrat vor allem im ozeanisch geprägten Klimaraum Westeuropas.
Nicht nur das hohe Wasserspeichervermögen macht Lössböden so fruchtbar. Zu ca. 50 bis 80 Prozent besteht Löss aus feinsten Quarzkörnchen, er enthält 8 bis 20 Prozent feinverteilte Kalkbruchstücke sowie Minerale, wie Feldspäte und Glimmer. Löss verwittert rasch und bildet dann Tonminerale und Oxide. Er ist leicht durchwurzelbar und ausreichend für das Wurzelwachstum durchlüftet. Neben Wasser können Löss und Lösslehm auch ausreichend Nährstoffe speichern und an die Bodenlösung wieder abgeben. Lösse sind leicht bearbeitbar.
Bodenportraits der Lössfamilie
Lössböden sind in Mitteleuropa seit der Steinzeit besiedelt. Hier fanden vermutlich die ersten großflächigen Waldrodungen statt und Kultursteppen für eine ackerbauliche Nutzung sowie Weideland entstanden. Auf Löss entwickeln sich Pararendzinen, Schwarzerden, Parabraunerden und Kolluvisole. Diese Böden sind für die Agrarwirtschaft besonders wichtig: Auf Lössböden wächst weltweit schätzungsweise etwa 80 Prozent des Getreides außer Reis. In Deutschland werden sie auch zum Anbau von Zuckerrüben und Mais genutzt. Im Rheingau, in Rheinhessen, in der Pfalz und im Kaiserstuhl werden Lössböden zudem als Weinbergsböden verwendet.
Im Löss entwickeln sich Pararendzinen rasch, d. h. innerhalb weniger Jahrzehnte. Löss wird durch Pflanzen und Tiere besiedelt. Deren abgestorbene Biomasse wird zu Humus umgebaut (humifiziert) und zu Nährstoffen abgebaut (mineralisiert). So entsteht nach und nach ein humushaltiger, dunkelgrau gefärbter Oberboden über dem hellgelben bis hellbraunen Löss.
In der Bodenschätzung werden Pararendzinen aus Löss als ‚sL 3 Lö‘ dargestellt, häufig besitzen sie über 60 Bodenpunkte. Trotz hoher Speicherfähigkeit für pflanzenverfügbares Wasser ist ihre Ertragsfähigkeit geringer als die benachbarter Parabraunerden aus Löss.
In den Braunkohlenrevieren Mittel- und Westdeutschlands werden Lösse bei der Anlage von Tagebauen getrennt abgegraben und zwischengelagert. Bei der abschließenden Rekultivierung wird das Lössmaterial als oberste, mindestens 2 Meter mächtige Schicht wieder angedeckt. Auch hier entwickeln sich rasch Pararendzinen aus Kipp-Löss. Bei schonender Bodennutzung und -bearbeitung in den ersten 10 Jahren entwickeln sich ertragreiche Ackerstandorte.
Schwarzerden entstehen aus kalkhaltigen Lockergesteinen, bevorzugt aus Löss in Regionen mit heißen und trockenen Sommern sowie kalten Wintern (subkontinentales bis kontinentales Klima), zumeist in den Leelagen der Mittelgebirge unter Steppenvegetation. Die anfallende Streumasse aus Gräsern und Kräutern kann wegen der Trockenheit im Sommer und der Kälte im Winter nicht vollständig abgebaut werden. Humusreiche Böden mit einem 40 bis über 100 Zentimeter mächtigen humosen Oberboden entwickeln sich im Laufe der Zeit. Bodenwühlende Tiere wie Hamster, Ziesel und Regenwürmer sorgen für eine ständige Durchmischung des Bodens.
Schwarzerden können viel Wasser und Nährstoffe speichern und sind deshalb seit Jahrtausenden besonders ertragreiche Ackerstandorte. Größere Flächen mit Schwarzerden sind in den Börden um Hildesheim, Magdeburg, der Querfurter Platte, rund um Halle und Köthen sowie im Thüringer Becken zu finden. In der Bodenschätzung werden Schwarzerden aus Löss als ‚L 1 Lö‘ dargestellt, häufig besitzen sie über 90 Bodenpunkte.
Parabraunerden aus Löss entwickeln sich im mitteleuropäischen Klimaraum innerhalb weniger Jahrtausende. Nachdem der Löss entkalkt wurde, werden bei Starkregen Tonteilchen in den groben Bodenporen nach unten mitgerissen und als Tontapeten wieder abgelagert. Es entsteht ein an Eisen und Ton verarmter, aufgehellter Bodenbereich über einem braunen bis rötlich braunen Bodenbereich mit erhöhten Gehalten an Eisenoxiden und Tonteilchen. Parabraunerden sind für landwirtschaftliche und gärtnerische Kulturen bestens geeignet. Sie können in bis 1 Meter Bodentiefe über 180 Liter für die Kulturen nutzbares Wasser speichern und weisen eine ausreichende Durchlüftung für das Wurzelwachstum auf. Die Bodenschätzung stuft Parabraunerde aus Löss als ‚L 2 Lö‘ mit über 80 Bodenpunkten und Ackerzahlen über 90 ein.
Pseudogleye (Stauwasserböden) stauen durch einen wenig durchlässigen Bodenbereich das Sickerwasser. Unter dem humushaltigen, dunkelgrauen Oberboden folgt ein hellgrauer und rostfleckiger Stauwasserleiter. Darunter befindet sich ein grau-rostfleckig marmorierter Staukörper. Der Feuchtezustand dieser Böden wechselt von nass über feucht bis trocken in Abhängigkeit von der Niederschlagsverteilung und -menge. Sie sind typische Wald- und Grünlandstandorte.
Kolluvisole entstehen in Mitteleuropa vor allem als Folge ackerbaulicher Nutzung in Berg- und Hügellandschaften. Bodenmaterial wird durch Regenwasser bei Starkregenereignissen rinnenförmig oder flächenhaft an Hängen erodiert und am Hangfuß oder im Tal akkumuliert. Dabei entstehen überwiegend humose bis kräftig braune, locker gelagerte Akkumulationsböden, die Kolluvisole.
Lössböden sind nutzungssensibel
Löss, unser wertvollstes Ausgangsgestein für einen ertragreichen Ackerbau, ist vor allem durch intensive Bodennutzung und starken Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrsflächen gefährdet.
Lössböden neigen zur Verschlämmung und in Hanglagen zur Erosion. Regentropfen zerschlagen die Bodenaggregate an der Bodenoberfläche und das verschlämmte Bodenmaterial kann leicht durch Wasser von den Hängen abgeschwemmt (erodiert) werden.
Auf diese Weise entstanden und entstehen durch Ackernutzung in hügeligen Lösslandschaften geringmächtige Lössdecken am Oberhang und an den Hangschultern mit kalkhaltigen Pararendzinen und mächtige kolluviale Decken aus umgelagertem Löss in den Mulden und Tallagen mit ertragsstarken Kolluvisolen.
Lössböden sind zudem sehr verdichtungsempfindlich. Eine unzureichende Humusversorgung verstärkt die Erosions- und Verdichtungsgefahr.
Die landwirtschaftliche Bodennutzung ist langfristig nur erfolgreich, wenn sie auf die spezifischen Eigenschaften der Lössböden Rücksicht nimmt. Bei Lössböden bedeutet das insbesondere:
rücksichtsvolle und minimale Bodenbearbeitung unter Berücksichtigung der Bodenfeuchte und Nutzung bodenschonender Maschinentechnik,
vorsorgende Humuswirtschaft mit standortgemäßen Humusgehalten zur Erhaltung einer stabilen Bodenstruktur,
ausgewogene und abwechslungsreiche Fruchtfolge, auch mit Tiefwurzlern und Leguminosen,
regelmäßige Erhaltungskalkung, auch zur Verbesserung der Bodenstruktur,
möglichst hangparallele Bodenbearbeitung und Pflanzreihen,
Die Veränderungen am Bodenmarkt rücken auch auf europäischer Ebene verstärkt in den Fokus der Politik. Grundsätzlich liegt die primäre Zuständigkeit für die Regulierung von Erwerb, Nutzung und Verfügung landwirtschaftlicher Flächen bei den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU); die Europäische Kommission wird nur unterstützend tätig.
Winderosion ist der natürliche Prozess des äolischen Abtrages und der Verfrachtung von Boden-material aus Flächen, die nicht ausreichend durch einen pflanzlichen Bewuchs oder zu geringe Bindigkeit bzw. Masse der Bodenkomponenten vor den Kräften des Windes geschützt sind
Die Bodenzustandserhebung zeigt die Bedeutung landwirtschaftlich genutzter Böden als Kohlenstoffspeicher. Ein Beitrag von PD Dr. Axel Don, Thünen-Institut für Agrarklimaschutz, Braunschweig.