Humus 3: Möglichkeiten zur Einschätzung der Humusversorgung
Zur Einschätzung der Humusversorgung von landwirtschaftlichen Nutzflächen können Bodenuntersu-chungen oder auch Bilanzierungsverfahren durchgeführt werden.
Bodenuntersuchung
Durch die Bodenuntersuchung auf den Gehalt an Kohlenstoff (Corg) und Stickstoff (Nt) sowie das C/N-Verhältnis des Bodens werden Informationen über die allgemeine Höhe der Humusgehalte und der
-qualität des Standortes vermittelt:
Corg–Gehalt x 1,724 (Schwankungsbreite: 1,4 – 3,3) = Humusgehalt (gemessen in Prozent der TM des Bodens)
Vom ermittelten Wert einer Fläche kann jedoch nicht abgeleitet werden, ob dieser einen ausreichenden Versorgungsgrad mit organischer Substanz aufweist oder nicht. Der Einfluss von landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmaßnahmen auf den Humusversorgungszustand der Böden kann daher, im Gegensatz zur Nährstoffversorgung, meistens nicht direkt aus der Bodenuntersuchung unter Ableitung von Richtwerten für optimale Humusgehalte ermittelt werden.
Humusbilanzierung
Zur Beurteilung von Bewirtschaftungsveränderungen sind in der Regel Methoden erforderlich, die im Vergleich zur Bodenuntersuchung durch eine deutlich höhere Sensibilität gekennzeichnet sind (Körschens, 2010). Daher haben Methoden der Humusbilanzierung verstärkte Aufmerksamkeit erlangt, bei denen die Ermittlung des Versorgungsgrades mit organischer Substanz aus der Fraktion des Nährhumus im Mittelpunkt steht.
Humuszufuhr: Reproduktionsleistung organischer Materialien (Ernte- und Wurzelrückstände, organischer Dünger)
Humusabbau: Wirkung von Bodenart, Klima und Anbauverfahren
Humussaldo: Veränderung der Humusvorräte des Bodens
Zu den einfachen Verfahren gehört z.B. die VDLUFA-Methode oder die STAND-Methode zur Humusbilanzierung (Ebertseder et al. 2014, Kolbe 2010), deren Berechnungsgrundlagen aus einer Vielzahl von Dauerversuchen stammen. Unter Verwendung von Schlagkarteiaufzeichnungen kann der Versorgungsgrad des Bodens mit organischer Substanz nach folgender Bilanzierungsgleichung berechnet werden (HÄQ/ha u. Jahr):
+ Humifizierungsleistung humusmehrender Fruchtarten
– Humifizierungsleistung humuszehrender Fruchtarten
+ Humifizierungsleistung organischer Dünger
= Humusbilanz
Die erlangten Ergebnisse der Humusbilanzierung können in Abhängigkeit vom Anbausystem mit Hilfe einer 5-stufigen Skala einer Bewertung unterzogen werden. Es wird die Versorgungsklasse C angestrebt, bei der sowohl die Bodenfruchtbarkeit als auch ein optimales Ertragsniveau der Fruchtarten auf Dauer gesichert werden kann.
Einfluss der Fruchtarten auf Ernte- und Wurzelrückstände sowie den Humusumsatz
Die humifizierende Wirkung der Fruchtarten können hierbei als Koeffizient dargestellt werden (HÄQ/ha u. Jahr), die als komplexe Summenwirkung zwischen Anbaudauer, Bodenruhe, Menge und C/N-Verhältnis der Ernte- und Wurzelreste in Abhängigkeit von den Eigenschaften des Standortes (Boden, Klima) angesehen werden (Abb. 2).
Von den verschiedenen Maßnahmen der Bewirtschaftung wird somit die Humusbilanz entscheidend dadurch bestimmt, welche Fruchtarten zum Anbau gelangen. Durch Feldfutter, Körnerleguminosen und Untersaaten entstehen auf allen Standorten positive Salden. Untersaaten und Zwischenfrüchte bringen in Ergänzung einer Hauptfrucht zusätzliche Mengen an organische Substanz ein. Fruchtarten mit positiven Koeffizienten werden daher auch als "Humusmehrer" bezeichnet.
Je größer der Anteil an Getreide und vor allem an Mais und Hackfrüchten in der Fruchtfolge ist, umso negativer der Saldo. Weil bei diesen Fruchtarten die eingebrachten Mengen an Ernte- und Wurzelresten nicht ausreichen, um den Humusabbau zu kompensieren werden sie auch als "Humuszehrer" bezeichnet. Die gewöhnlich hohe Intensität der Bodenbearbeitung in Folge Anbau und Erntearbeiten einiger Hackfrüchte verstärkt den Humusabbau zusätzlich.
Einfluss der organischen Materialien auf den Humusumsatz
Entsprechend ihrem Abbauverhalten weisen die organischen Materialien eine stark unterschiedliche Humusreproduktionsleistung auf, die ebenfalls durch Humifizierungskoeffizienten (in HÄQ/t FM-Substrat) dargestellt werden kann. Die Reproduktionsleistung organischer Materialien vermindert sich in der Reihenfolge (Angabe in TM):
Kompost > Rottemist > Gärprodukte > Frischmist > Rindergülle >Schweinegülle >Stroh > Gründüngung
Literatur
Ebertseder, T., C. Engels, J. Heyn, J. Reinhold, C. Brock, F. Fürstenfeld, K.-J. Hülsbergen, K. Isermann, H. Kolbe, G. Leithold, H. Schmid, K. Schweitzer, M. Willms, J. Zimmer (2014): Humusbilanzierung. Eine Methode zur Analyse und Bewertung der Humusversorgung von Ackerland. Standpunkt, Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLUFA), Speyer. 21 S.
Kolbe, H. (2010): Site-adjusted organic matter-balance method for use in arable farming systems. J. Plant Nutr. Soil Sci. 173, 678 - 691.
Körschens, M. (2010): Der organische Kohlenstoff im Boden (Corg) - Bedeutung, Bestimmung, Bewertung. Archives Agronomy Soil Sci. 56, 375 - 392.
Körschens, M., J. Rogasik, E. Schulz, H. Bönig, D. Eich, R. Ellenbrock, U. Franko, K.-J. Hülsbergen, D. Köp-pen, H. Kolbe, G. Leithold, I. Merbach, H. Peschke, W. Prystav, J. Reinhold, J. Zimmer (2004): Humusbi-lanzierung. Methode zur Beurteilung und Bemessung der Humusversorgung von Ackerland. Standpunkt. VDLUFA, Bonn.
Ein Beitrag von Dr. Hartmut Kolbe, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG), Nossen.