Überblick zum EU-Genehmigungsverfahren zu Glyphosat

Ein Zusammenschluss aus acht Firmen hatte einen Antrag auf Erneuerung der Genehmigung gestellt. Diese Firmen hatten die erforderlichen Unterlagen in einem umfangreichen Dossier zusammengestellt. In dem Verfahren der EU-Kommission waren die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und alle Mitgliedstaaten eingebunden.

Behörden aus vier Mitgliedstaaten (Niederlande, Frankreich, Ungarn und Schweden) waren für den Wirkstoff in der Europäischen Union berichterstattende Mitgliedstaaten in einem Konsortium. Sie übersandten ihren Entwurf des Bewertungsberichtes im Juni 2021 an die EFSA, die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten. Im Herbst 2021 beteiligte die EFSA die übrigen Mitgliedstaaten und die Öffentlichkeit im Rahmen von Konsultationen. Dabei wurden außergewöhnlich viele Kommentare abgegeben. Daher konnte das Verfahren zur Überprüfung der Wirkstoffgenehmigung nicht wie geplant im Dezember 2022 ordnungsgemäß abgeschlossen werden, so dass eine Verlängerung der Genehmigungsdauer erfolgte, um weitere Verfahrensschritte bis zur fachlichen Entscheidung zu ermöglichen.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat ihren Bericht mit den Schlussfolgerungen zur Genehmigungsfähigkeit des Wirkstoffes am 6. Juli 2023 an die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten übersandt. In ihrer Bewertung von Glyphosat wies die EFSA darauf hin, dass keine eindeutigen Schlussfolgerungen dazu möglich seien, welche Risiken dieser Wirkstoff für die Artenvielfalt birgt. Bisher steht auf EU-Ebene keine anerkannte und gleichermaßen wissenschaftliche Methode zur Verfügung, um die (direkten wie indirekten) Auswirkungen auf die Artenvielfalt und das davon ausgehende Risiko zu bewerten.

Der Überprüfungsbericht wurde am 22. September 2023 im zuständigen Fachausschuss (SCoPAFF) mit den Mitgliedstaaten erörtert. Anschließend stellte die EU-Kommission ihren Entwurf einer Durchführungsverordnung zur Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung für Glyphosat vor. Dieser erhielt weder im SCoPAFF am 13.Oktober 2023 noch im Berufungsausschuss am 16. November 2023 die notwendige qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten (mind. 15 Mitgliedstaaten, die mindestens einen Bevölkerungsanteil von 65% repräsentieren).

Daraufhin hatte die EU-Kommission allein über die Wiedergenehmigung zu entscheiden. Sie veröffentlichte am 28. November 2023 die Durchführungsverordnung zur Verlängerung der Genehmigung von Glyphosat um 10 Jahre. Der Wirkstoff ist nun bis zum 15. Dezember 2033 EU-weit genehmigt. 

Das BMEL sieht die erneute Verlängerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat auf EU-Ebene kritisch und als nicht gerechtfertigt an, da die Auswirkungen auf die Biodiversität nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die Artenvielfalt ist wichtiger Bestandteil von krisenfesten und nachhaltigen Agrar- und Ernährungssystemen.

Weiteres Verfahren auf nationaler Ebene

Durch die erneute Wirkstoffgenehmigung von Glyphosat auf EU-Ebene ist das vollständige nationale Anwendungsverbot von Glyphosat ab dem 1. Januar 2024, so wie es derzeit in der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung steht, europarechtswidrig. Außerdem treten die bisherigen Beschränkungen der Anwendung von Glyphosat und ihre Sanktionen zum
1. Januar 2024 außer Kraft. Das BMEL wird daher die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung anpassen.

In einem ersten Schritt wird das BMEL in einer Eilverordnung die bestehenden Anwendungsbeschränkungen fortschreiben und das Datum des Glyphosatverbots an die EU-rechtlichen Bedingungen anpassen. Dadurch handelt das BMEL rechtskonform und kann den drohenden Schaden der Biodiversität durch Beibehaltung der Anwendungsbeschränkungen abwenden. Eine Eilverordnung ist maximal sechs Monate gültig.

Innerhalb dieser sechs Monate muss im Wege einer Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung eine dauerhafte Anpassung erfolgen. In diesem Rahmen plant das BMEL weitere Anwendungsbeschränkungen, insbesondere mit Blick auf die Anwendung durch nicht professionelle Nutzer in Klein- und Hausgärten, um die Verwendung von Glyphosat weiter zu reduzieren und so die Biodiversität besser zu schützen.

Bewertung des Wirkstoffs Glyphosat durch die Europäische Chemikalienagentur (ECHA)

Die vier berichterstattenden Mitgliedstaaten haben nach der Prüfung des Wirkstoffes der zuständigen Europäischen Chemikalien Agentur (ECHA) ein überarbeitetes Dossier zur Aktualisierung der Legaleinstufung des Wirkstoffes zugeleitet. Die ECHA hat dieses Dossier im Rahmen einer öffentlichen Konsultation allen Interessierten auf ihrer Homepage zur Kommentierung zugänglich gemacht. Im Anschluss hat der zuständige Ausschuss für Risikobeurteilung (Committee for Risk Assessment, RAC) alle verfügbaren Informationen eingehend und unabhängig auf wissenschaftlicher Grundlage bewertet. Im Mai 2022 schlussfolgerte der RAC, dass die bestehenden Einstufungen für Glyphosat beibehalten werden sollen, hier als eine Substanz, die schwere Augenschäden verursacht und für Wasserlebewesen toxisch mit langanhaltender Wirkung ist. Der Ausschuss stellte zudem fest, dass die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse die Kriterien für die Einstufung von Glyphosat als spezifische Zielorgan-Toxizität oder als krebserzeugende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Substanz nicht erfüllten. Auch diese RAC-Opinion wird in die Entscheidung zur Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung einfließen.

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