Lagebild zur Antibiotikaresistenz im Bereich Tierhaltung und Lebensmittelkette 2021

Erstellt von der Arbeitsgruppe Antibiotikaresistenz des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR)

Dieses „Lagebild 2021“ bildet Erkenntnisse aus den in den verschiedenen Aktivitäten gesammelten verfügbaren Daten zu Antibiotikaabgabe, -einsatz und -resistenzen im Bereich Tierhaltung und Lebensmittelkette ab. Es zeigt damit die wesentlichen Entwicklungen seit Veröffentlichung des Lagebilds im Jahr 2018 auf Basis der zusätzlich verfügbaren Daten von 2017 bis 2020 exemplarisch auf.

Seit dem Jahr 2011 werden in Deutschland die Abgabemengen für antimikrobielle Wirkstoffe an Tierärztinnen und Tierärzte von den pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern auf der Basis des Arzneimittelgesetzes (AMG) und der BfArM-Arzneimitteldatenverordnung (vormals DIMDI-AMV) gemeldet.

Die Erfassung der vom Tierhalter zu meldenden Behandlungen mit antibakteriell wirksamen Arzneimitteln in der Masttierhaltung gemäß 16. Novelle des AMG erfolgt über eine Datenbank des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere (HI-Tier). Resistenzdaten werden seit 2014 im Monitoring von Zoonoseerregern und kommensalen Keimen aus der Lebensmittelkette unter Beachtung des Durchführungsbeschlusses 2013/652/EU sowie im Resistenzmonitoring klinischer Bakterienisolate von erkrankten Nutztieren gewonnen.

Antibiotika-Abgabemengen

Die Gesamtabgabemengen antibakteriell wirksamer Tierarzneimittel konnten seit der Einführung der Erfassung im Jahr 2011 deutlich reduziert werden (-58,9 %). Vom Jahr 2016 bis zum Jahr 2019 war eine Abnahme zu verzeichnen (-9,7 %), für den Zeitraum von 2019 bis 2020 ein leichter Anstieg (+4,6 %). Für die Wirkstoffklassen, die nach der AMEG-Einteilung in die Kategorie B („Restrict“) und von der WHO als „highest priority critically important antimicrobials“ eingestuft werden, wurden von 2016 bis 2020 die folgenden Entwicklungen beobachtet:

  • Die Abgabemengen der Cephalosporine der 3. Generation reduzierten sich um 57,2 % (1,3 t).
  • Die Abgabemengen der Cephalosporine der 4. Generation reduzierten sich um 74,2 % (0,8 t).
  • Die Abgabemengen der Fluorchinolone reduzierten sich um 31,4 % (2,9 t).
  • Die Abgabemengen der Polypeptidantibiotika reduzierten sich um 12,8 % (8,8 t).

 Insgesamt sank der prozentuale Anteil der Wirkstoffklassen der AMEG Kategorie B („Restrict“) in Bezug auf die Gesamtabgabemenge im Zeitraum von 2016 bis 2020 kontinuierlich von 11,9 % auf 9,7 %. 

Therapiehäufigkeiten

Vom 1. Halbjahr 2016 bis zum 2. Halbjahr 2018 war bei den Kennzahlen zu den Therapiehäufigkeiten von Mastferkeln eine Abnahme zu beobachten. Es folgte eine Zunahme bis zum 1. Halbjahr 2020, gefolgt von einer erneuten Abnahme zum 2. Halbjahr 2020. Bei den Masthühnern und den Mastputen waren Anstiege insbesondere im Verlauf des Jahres 2017 zu verzeichnen. Bei den Mastputen blieben die Kennzahlen seither weitestgehend konstant. Bei den Masthühnern kam es zu weiteren Anstiegen, so dass ab dem 2. Halbjahr 2019 der Initialwert der Kennzahl 1 aus dem 2. Halbjahr 2014 überschritten wurde. Die Kennzahlen der Mastschweine >30 kg Körpergewicht sowie der Mastkälber bis 8 Monate und der Mastrinder über 8 Monate blieben zwischen 2016 und 2020 weitgehend konstant.

Resistenzsituation

Die Entwicklung der Resistenzsituation seit 2014 bei klinischen Isolaten von erkrankten Tieren und bei den nicht-klinischen Isolaten aus Tieren und aus Lebensmitteln war heterogen. Auffällige Unterschiede bestanden wie in der Vergangenheit zwischen Isolaten vom Geflügel und Isolaten von Rindern und Schweinen im Hinblick auf die Resistenz gegen die Fluorchinolone. Diese war bei Bakterien vom Geflügel signifikant höher als bei solchen von Rindern und Schweinen. Daneben bestanden deutliche Unterschiede zwischen Isolaten aus ökologischer Tierhaltung und konventioneller Tierhaltung. Hier waren die Resistenzraten von Isolaten aus ökologischer Tierhaltung insgesamt geringer, wobei es sowohl im Hinblick auf die einzelnen Antibiotika als auch zwischen den Tierarten und Bakterienspezies Unterschiede gab.

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