Bisphenol A

Bisphenol A wird unter anderem bei der Herstellung bestimmter Kunststoffe und Kunstharze verwendet. Es kann daher auch in Materialien und Gegenständen enthalten sein, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen.

Wie auch bei anderen, in Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Kunststoff verwendeten Stoffen erfolgte die Zulassung von Bisphenol A auf Basis einer entsprechenden Risikobewertung. Zur Sicherstellung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes wurden im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 dementsprechend ein Höchstgehalt für den Übergang von Bisphenol A auf Lebensmittel sowie bestimmte Verwendungsbeschränkungen festgelegt. Auf Basis der 2015 von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) abgeleiteten vorläufigen akzeptablen täglichen Aufnahmemenge (tolerable daily intake, TDI) von 4 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag gilt derzeit ein spezifischer Migrationsgrenzwert (SML) von 0,05 mg/kg Lebensmittel (unter Anwendung eines Allokationsfaktors von 20 % zur Berücksichtigung anderer Expositionsquellen). Die Verwendung von Bisphenol A in Säuglingsflaschen und Trinkgefäßen/Flaschen aus Polycarbonat, die aufgrund ihrer auslaufsicheren Ausführung für Säuglinge und Kleinkinderbestimmt sind (z. B. Trinklerntassen), ist gemäß Verordnung (EU) Nr. 10/2011 verboten.

Weiterhin wurde mit der Verordnung (EU) 2018/213 der spezifische Migrationsgrenzwert von 0,05 mg/kg Lebensmittel auch für beschichtete und lackierte Lebensmittelkontaktmaterialien festgelegt, sofern die betreffenden Lacke und Beschichtungen unter Verwendung von Bisphenol A hergestellt worden sind (betrifft v. a. Konservendosen). Bei beschichteten oder lackierten Lebensmittelkontaktmaterialien, die spezifisch für bestimmte Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder bestimmt sind (d. h. Lebensmittel im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 609/2013, darf ein Übergang von Bisphenol A in das Lebensmittel nicht erfolgen.

Neubewertung von Bisphenol A

Unter anderem aufgrund noch ausstehender Studienergebnisse hatte die EFSA in ihrer Stellungnahme aus dem Jahre 2015 zunächst eine vorläufige akzeptable tägliche Aufnahmemenge festgelegt. Die Europäische Kommission hatte der EFSA daher ein weiteres Mandat zur Neubewertung von Bisphenol A erteilt. Diese Neubewertung wurde am 19. April 2023 von der EFSA veröffentlich (Bisphenol A in Lebensmitteln stellt ein Gesundheitsrisiko dar | EFSA (europa.eu)). Darin hat die EFSA eine neue akzeptable tägliche Aufnahmemenge von 2 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag abgeleitet. Diese neue akzeptable tägliche Aufnahmemenge ist etwa 20 000 Mal niedriger als die vorläufige akzeptable tägliche Aufnahmemenge aus dem Jahre 2015.

Divergenzverfahren

Im Rahmen des wissenschaftlichen Austausches zur Neubewertung von Bisphenol A zeigte sich Diskussionsbedarf mit anderen wissenschaftlichen Behörden, die die Sichtweise der EFSA nicht vollumfänglich teilen. Zwei wissenschaftliche Behörden – das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) – haben daher aufgrund divergierender wissenschaftlicher Gutachten gemeinsam mit der EFSA ein Divergenzverfahren im Rahmen des Artikels 30 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 beschritten.

Einzelheiten dazu sind sowohl auf der Internetseite der EFSA als auch des BfR zu finden:

Ein wissenschaftliches Gutachten des BfR zu einer akzeptablen täglichen Aufnahmemenge für Bisphenol A ist ebenfalls auf der Internetseite des BfR verfügbar.

Wie geht es weiter?

Für Bisphenol A in Lebensmittelbedarfsgegenständen sind EU-rechtliche Regelungen maßgeblich. Die Europäische Kommission hat auf Basis der wissenschaftlichen Neubewertung der EFSA vom 19. April 2023 am 09.02.2024 einen Verordnungsentwurf für ein Verbot der absichtlichen Verwendung von Bisphenol A zur Herstellung von Lebensmittelbedarfsgegenständen auf ihrer Internetseite veröffentlich. Dieser Entwurf kann von Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaftsbeteiligten und Mitgliedstaaten vier Wochen lang im Rahmen des „Have your say“ Verfahrens kommentiert werden.

Kernelemente des Verordnungsentwurfs sind:

  • Das Verbot soll die absichtliche Verwendung von Bisphenol A bei der Herstellung von Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Kunststoffen, Lacken und Beschichtungen, Ionenaustauscherharzen, Gummi, Druckfarben und Klebstoffen umfassen.
  • Für einzelne Verwendungsbereiche, für die es noch keine geeigneten Alternativen gibt, sollen z. B. längere Übergangsfristen (bis zu 36 Monate) als die allgemeine Frist von 18 Monaten eingeräumt werden, damit eine sachgerechte und vor allem sichere Umstellung der Produktion solcher Lebensmittelkontaktmaterialien erfolgen kann. Das betrifft zum Beispiel Beschichtungen in Metallverpackungen für besonders säurehaltige Lebensmittel, die eine höhere Beständigkeit aufweisen müssen, oder in Produktionsgerätschaften für die Lebensmittelherstellung fest einzubauende Elemente wie Ventile, Sichtfenster oder Messgeräte. Die Übergangsfristen betreffen das erstmalige Inverkehrbringen. Für bereits im Verkehr befindliche Produktionsgegenstände soll ein Bestandsschutz von 10 Jahren gelten.
  • Für die Verwendung der Substanz Bisphenol-A-diglycidylether (BADGE) zur Herstellung von sehr strapazierfähigen Beschichtungen ist eine Ausnahmereglung enthalten. Die Verwendung ist zulässig, es darf aber kein freies Bisphenol A vorhanden sein, kein Übergang auf Lebensmittel erfolgen und es dürfen keine Reaktionen (z. B. Hydrolyse) stattfinden, die Bisphenol A entstehen lassen.
  • Polysulfonmembranen, die beispielsweise zur Klärung von Fruchtsäften oder zur Entfernung von Alkohol aus Wein und Bier verwendet werden, sind mangels vorhandener Alternativen und vernachlässigbarer Bisphenol A Freisetzung nicht von dem Verbot erfasst.
  • Ein Monitoring von Bisphenol A ist für Lebensmittelkontaktmaterialien aus Papier/Pappe (Bisphenol A kann dort als Verunreinigung aus Altpapier vorkommen), in BADGE Beschichtungen und Polysulfonmembranen vorgesehen.
  • Die Verwendung anderer, in Anhang VI der Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008) als CMR (kanzerogen, mutagen, reproduktionstoxisch) oder endokrine Disruptoren gelisteter Bisphenole und Bisphenolderivate ist nur möglich, wenn diese nach dem in der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 vorgesehenen Verfahren für Lebensmittelkontaktmaterialien risikobewertet und zugelassen sind. Anträge sind innerhalb von neun Monaten nach Anwendbarkeit der Regelung zu stellen.

Nach der Kommentierungsphase wird die EU-Kommission den Verordnungsentwurf gemeinsam mit den Mitgliedstaaten beraten. Die EU-Kommission plant einen zügigen Abschluss des Rechtsetzungsverfahrens.

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