Lebensmittel für spezielle Gruppen

Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder oder Lebensmittel für das Diätmanagement von Menschen mit Erkrankungen sind Beispiele für Lebensmittel für spezielle Gruppen. Sie unterliegen gesonderten Bestimmungen.

Nach über dreißig Jahren wurde das Konzept der Lebensmittel für eine besondere Ernährung ("diätetische Lebensmittel") im EU-Recht aufgegeben. Mitte 2013 wurde die Verordnung (EU) Nr. 609/2013 über Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung im Amtsblatt der Europäischen Union (EU) veröffentlicht. Mit dieser Verordnung wurden die Rahmenvorschriften der Richtlinie 2009/39/EG über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind (sog. "Diätrahmenrichtlinie"), abgelöst und durch Vorschriften für Lebensmittel für spezielle Verbrauchergruppen ersetzt. Die Verordnung gilt seit dem 20. Juli 2016.

Inhalt der Verordnung und Änderungen zum bestehenden Recht

Während der Geltungsbereich der Diätrahmenrichtlinie alle Lebensmittel umfasste, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, sieht die Verordnung (EU) Nr. 609/2013 nur noch spezifische Bestimmungen für eine begrenzte Zahl von Lebensmittelkategorien vor, die für bestimmte Verbraucherinnen und Verbraucher als unverzichtbar angesehen werden. In den Geltungsbereich der neuen Verordnung fallen:

  • bestimmte Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, und zwar Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung, Getreidebeikost und andere Beikost
  • spezielle Lebensmittel für das Diätmanagement von Menschen mit Erkrankungen (sogenannte Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke) und
  • energiereduzierte Lebensmittel für Personen, die ihr Körpergewicht durch die Verwendung spezieller Lebensmittel (Ersatz von ganzen Tagesrationen) verringern möchten.

In der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 werden die Definitionen sowie einige spezifische Anforderungen an die Lebensmittel im Geltungsbereich der Verordnung festgelegt. So ist geregelt,

  • dass wie bisher weder in der Werbung noch in der Aufmachung für Säuglingsanfangsnahrung Abbildungen von Kindern verwendet werden dürfen.
  • Ferner darf die Aufmachung dieser Produkte keine Elemente enthalten, die geeignet sind vom Stillen abzuhalten oder die Säuglingsanfangsnahrung idealisieren.
  • Bei Folgenahrung dürfen Abbildungen von Kindern nur noch in der Werbung, nicht aber für die Kennzeichnung dieser Produkte verwendet werden.

Ermächtigungen und Aufgaben der Europäischen Kommission

Um die spezifischen Anforderungen, z. B. im Hinblick auf die Zusammensetzung der infrage stehenden Lebensmittel zu regeln, stattet die neue Verordnung die Europäische Kommission mit weitreichenden Ermächtigungen zum Erlass delegierter Rechtsakte aus, wie z. B. zum Erlass von Verordnungen über Erzeugnisse für die Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern (Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung und Beikost), Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke sowie kalorienreduzierte Lebensmittel für eine gewichtskontrollierende Ernährung (Tagesrationen). Die delegierten Verordnungen 2016/127 (Säuglingsanfangs- und Folgenahrung), 2016/128 (Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke) und 2017/1798 (Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung) gelten bereits. Für Getreidebeikost und andere Beikost steht ein delegierter Rechtsakt noch aus.

Unionsliste der zugelassenen Stoffe

Die Verordnung (EU) Nr. 609/2013 beinhaltet als Anlage eine "Unionsliste" von Stoffen mit ernährungsbezogener oder physiologischer Wirkung (wie Vitamine, Mineralstoffe und bestimmte andere Stoffe), die Lebensmitteln im Geltungsbereich der Verordnung zugesetzt werden dürfen. Dabei ist für jeden Stoff festgelegt, welcher Lebensmittelkategorie (also z. B. Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung) dieser zugesetzt werden darf.

Während die Unionsliste für die genannten Stoffgruppen abschließend ist, dürfen aber auch Stoffe zugesetzt werden, die nicht in der Unionsliste aufgeführt sind, sofern diese auch den sonstigen Vorgaben des Lebensmittelrechts der Union genügen und gemäß allgemein anerkannter wissenschaftlicher Daten den Ernährungsanforderungen der Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechen, für die sie bestimmt sind.

Die Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 sowie der jeweiligen delegierten Verordnungen zu Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke sowie Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung werden in Deutschland durch die Verordnung über Lebensmittel für bestimmte Verbrauchergruppen (LMBVV) ergänzt. Diese Verordnung regelt die Anforderungen an die Herstellung und das Inverkehrbringen von Lebensmitteln für bestimmte Verbrauchergruppen. Außerdem ergänzt sie die Regelungen der Verordnung (EU) Nr. 609/2013, u.a. um Regelungen für Kräuter- und Früchtetee für Säuglinge oder Kleinkinder.

Für Getreidebeikost und andere Beikost hat die EU-Kommission bislang keinen delegierten Rechtsakt erlassen. Daher gelten für Beikost die Bestimmungen der Richtlinie 2006/125/EG aus dem Jahr 2006 fort, die mit der nationalen Diätverordnung in deutsches Recht überführt wurden.

Um die Lebensmittelüberwachung bei Lebensmitteln für bestimmte Verbrauchergruppen zu erleichtern, sieht das jeweilige EU-Recht sowie die Verordnung über Lebensmittel für bestimmte Verbrauchergruppen für Säuglingsanfangsnahrung, für bestimmte Folgenahrung, für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und für Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung ein spezielles Anzeigeverfahren vor. Die genannten Erzeugnisse sind spätestens beim ersten Inverkehrbringen beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit anzuzeigen.

Kräuter und Früchtetee für Säuglinge oder Kleinkinder

Die Verordnung über Lebensmittel für bestimmte Verbrauchergruppen enthält Vorgaben für die Zusammensetzung, Kennzeichnung und das Inverkehrbringen von Kräuter- und Früchtetee für Säuglinge oder Kleinkinder. Unter anderem darf dieser keinen Zusatz von Zucker oder anderen süßenden Zutaten enthalten.

Lebensmittel für Diabetiker

Nach aktuellem wissenschaftlichem Kenntnisstand benötigen Personen mit Diabetes mellitus keine speziellen Lebensmittel, da für sie die gleichen Empfehlungen für eine gesunde Ernährung gelten wie für die Allgemeinbevölkerung. Daher wurden die ursprünglich in der Diätverordnung enthaltenen Regelungen zu Diabetikerlebensmitteln im Jahr 2010 ersatzlos gestrichen.

Getränke auf Milchbasis mit Pflanzenfett für Kleinkinder und Lebensmittel für Sportler

Getränke auf Milchbasis mit Pflanzenfett für Kleinkinder, und Lebensmittel für intensive Muskelanstrengungen, vor allem für Sportler, gehörten nach der EU-Diätrahmenrichtlinie und der deutschen Diätverordnung zu den diätetischen Lebensmitteln.

In der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 wurden keine spezifischen Vorschriften für diese Produkte erlassen. In den dazu veröffentlichten Berichten legte die Europäische Kommission dar, dass sie auch keinen Bedarf für spezielle Regelungen für diese beiden Lebensmittelkategorien sieht. Das heißt, dass diese Produkte als Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs angesehen werden.

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