EU-weit einheitliche Regelung für entwaldungsfreie Lieferketten

Mit einem innovativen, weltweit einmaligen Ansatz verbindlicher, unternehmerischer Sorgfaltspflichten soll mit der neuen EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte das Ziel entwaldungsfreier Lieferketten sichergestellt werden. Um eine effiziente, praktikable und bürokratiearme Anwendung sicherzustellen, setzt sich das BMEL in Brüssel weiterhin für eine Verschiebung des Anwendungsstarts ein.

Wegen stockender Umsetzung in Brüssel: BMEL informiert Länder und Verbände über rechtssichere Anwendung der EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte

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Dazu regelt die Verordnung in allen EU-Mitgliedstaaten, dass bestimmte Rohstoffe und Erzeugnisse nur dann in den Unionsmarkt ein-oder ausgeführt oder darauf bereitgestellt werden dürfen, wenn diese nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen. Die Verordnung ist am 30. Juni 2023 in Kraft getreten und nach einer Übergangszeit von 18 Monaten ab dem 30. Dezember 2024 anzuwenden. Für kleine Unternehmen gilt eine Übergangszeit von 24 Monaten.

Entwaldung und Waldschädigung tragen auf vielfältige Weise zur globalen Klimakrise und zum Verlust an biologischer Vielfalt bei. Diese beiden Krisen stellen die wichtigsten ökologischen Herausforderungen unserer Zeit dar. Die Geschwindigkeit, mit der Entwaldung und Waldschädigung vonstattengehen, ist besorgniserregend. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass zwischen 1990 und 2020 weltweit 420 Millionen Hektar Wald – eine Fläche, die größer ist als die Europäische Union – verloren gegangen sind. Jedes Jahr werden global weitere 10 Millionen Hektar Wald zerstört. 90 Prozent dieser Entwaldung wird durch nicht-nachhaltige Landwirtschaft verursacht.

Viele internationale Studien sprechen eine klare Sprache: Für den Konsum an landwirtschaftlichen Erzeugnissen in Europa werden anderswo auf der Welt Wälder zerstört oder geschädigt. Entwaldungsfreie Lieferketten sind daher ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Landwirtschaft mit zahlreichen positiven ökologischen und sozialen Effekten. Daher hatte die Bundesregierung im Koalitionsvertrag beschlossen, sich auf EU-Ebene für eine rechtlich verbindliche Regelung einzusetzen, die den "Import von Produkten und Rohstoffen, die mit Entwaldung verbunden sind, verhindert". Die Verankerung EU-weit einheitlicher Regeln, also eines "level playing fields" in der EU, war ein zentraler Beweggrund für dieses Vorgehen.

Die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte kommt diesen langjährigen Forderungen für entwaldungsfreie Lieferketten und für die Nachbesserung bestehender Regulationen wie der EU-Holzhandels-Verordnung nach. Gleichzeitig erfüllt die EU mit der Verordnung internationale Verpflichtungen zum Waldschutz, die die Weltgemeinschaft im Übereinkommen von Paris und in der Agenda zur nachhaltigen Entwicklung, u.a. zu nachhaltigem Konsum im Nachhaltigkeitsziel SDG 12 und Walderhalt in SDG 15, eingegangen ist. Die Bundesregierung wird die anstehende Umsetzung auf EU-Ebene weiter aktiv und ambitioniert begleiten. Im Vordergrund stehen die Effizienz, Effektivität und Rechtsdurchsetzbarkeit der Regelungen, die Unterstützung von Produktionsländern und der Überprüfungsmechanismus zur Erweiterung des Geltungsbereichs der Verordnung.

Mit der neuen Verordnung für entwaldungsfreie Produkte überwindet die EU Schwächen der bisherigen Regelung gegen illegalen Holzhandel und erreicht einen echten Meilenstein in Sachen Waldschutz. Mit diesem wichtigen Schritt schiebt Europa der globalen Entwaldung durch eigenen Konsum nach und nach einen Riegel vor.

Regelungsinhalte der Verordnung:

Mit der neuen Verordnung gelten unternehmerische Sorgfaltspflichten für den Handel mit Soja, Ölpalme, Rindern, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz sowie daraus hergestellten, im Anhang I der Verordnung genannten Erzeugnissen.

Damit dürfen die Rohstoffe und Erzeugnisse nur dann in Verkehr gebracht, auf dem Markt bereitgestellt oder ausgeführt werden, wenn sie entwaldungs- und waldschädigungsfrei sind. Das bedeutet, dass sie nicht auf Flächen produziert worden sein dürfen, auf denen seit 31.12.2020 Entwaldung oder Waldschädigung stattgefunden hat. Zudem müssen die Rohstoffe und Erzeugnisse im Einklang stehen mit den Gesetzen des Ursprungslands und mit in der Verordnung spezifizierten, elementaren Menschenrechten produziert worden sein. Mit einer Sorgfaltserklärung müssen die Erfüllung der Sorgfaltspflicht und die Einhaltung der Verordnung bestätigt werden.

Die Regelungen gelten auch für Landwirte, Waldbesitzer und Händler in der EU, sobald sie die relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse auf dem EU-Markt bereitstellen oder exportieren. Die EU-Mitgliedstaaten werden die Einhaltung der neuen Regeln kontrollieren und verwaltungs- oder strafrechtliche Sanktionen bzw. Bußgelder bei Verstößen gegen die Verordnung erheben.

Eine progressive Anpassung des Regelungsbereichs, sowie ggf. eine Ausweitung auf andere sensible Ökosysteme ist über einen Überprüfungsmechanismus in der Verordnung bereits verankert. Hierdurch werden sich ändernde Produktionsweisen und entsprechende Auswirkungen auf andere schützenswerte Ökosysteme bereits mitgedacht.

Nationale Durchführung der Verordnung

Bereits 2020 hatte das BMEL das "nationale Stakeholderforum für Entwaldungsfreie Lieferketten" gegründet, um Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über diesen EU-Prozess zu informieren und auf die Verordnung vorzubereiten. Auch mit dem Inkrafttreten der Verordnung wird dieses Forum die zentrale Plattform und Ideenmarktplatz für die nationale Umsetzung und Anwendung der Regelungen sein. Darüber hinaus wird der Austausch in den spezifischen Rohstoffforen zu Palmöl, Kakao und Soja begleitet.

Gemeinsam für die Umsetzung der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte

Aus Vogelperspektive: Ein Fluss schlängelt sich durch einen Regenwald. Fluss im Regenwald
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Als unmittelbar geltendes Unionsrecht muss die Verordnung nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Um die Verpflichtungen aus der Verordnung vollständig und bundeseinheitlich zu erfüllen, sind jedoch zusätzliche gesetzliche Durchführungsbestimmungen erforderlich. Es sind insbesondere Regelungen zu Zuständigkeiten und Befugnissen der beteiligten deutschen Behörden sowie zur nationalen Ausgestaltung der Ordnungswidrigkeits- und Strafbestimmungen zu treffen.

Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ist bereits als die sogenannte "zuständige Behörde" bestimmt, der die Durchführung der Verordnung in DEU obliegen wird. Darüber hinaus unterstützt die BLE die Umsetzung der EU-rechtlichen Vorgaben in der Wirtschaft durch Informationsangebote auf ihrer Webseite und einen Helpdesk zur Verordnung. Für die Kontrolle der heimischen Rohstoffe und Erzeugnisse aus Rindern, Soja und Holz sollen die Länderbehörden zuständig sein, die ohnehin die Einhaltung der jeweilig geltenden Gesetze in Deutschland kontrollieren.

Um eine effiziente, praktikable und bürokratiearme Anwendung sicherzustellen, setzt sich das BMEL in Brüssel weiterhin für eine Verschiebung des Anwendungsstarts ein. Bereits im April haben auf Initiative von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zusammen mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke mehrere EU-Mitgliedstaaten an die Europäische Kommission appelliert, die notwendigen Grundlagen für eine effiziente Anwendung der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte zu schaffen. Das BMEL verfolgt den Stand der noch ausstehenden Arbeiten zur Umsetzung in Brüssel mit großer Besorgnis – dazu gehört insbesondere das noch ausstehende Benchmarking, also die Risikoeinstufung der Länder. Bundesminister Özdemir hat daher beim Agrarrat im Juli die Europäische Kommission aufgefordert, den Anwendungsstart zu verschieben – eine Entscheidung der Kommission steht noch aus. Das BMEL setzt sich angesichts der weiter verstrichenen Zeit auf EU-Ebene daher mit Nachdruck für eine Verlängerung der Übergangsphase ein.

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