Warum wird der Nutri-Score® nicht verpflichtend eingeführt?

Das EU-Recht besagt eindeutig, dass die vereinfachte, erweiterte Nährwertkennzeichnung national nicht verpflichtend gelten darf. Derzeit erlaubt die entsprechende EU-Verordnung die nationale Einführung von erweiterten Nährwertkennzeichen nur als eine staatliche "Empfehlung". Auch in Frankreich oder Belgien gilt der Nutri-Score daher nicht verpflichtend, ebenso wenig wie Keyhole in Skandinavien oder die Nährwertampel in Großbritannien.

Die Wirtschaft steht künftig in der Pflicht, dem Wunsch der Verbraucher nach besserer Orientierung beim Einkauf Rechnung zu tragen und den Nutri-Score auch einzusetzen, das hat Bundesministerin Julia Klöckner deutlich gemacht. Und die positiven Reaktionen seitens vieler Unternehmen auf die Ankündigungen der Ministerin vom 30. September 2019 stimmen uns optimistisch.

Auch hat die Ministerin vor dem geschilderten Hintergrund stets betont, sich dafür einzusetzen, dass ein europaweit einheitliches Nährwertkennzeichnungssystem eingeführt wird. Das wäre eine Voraussetzung dafür, ein Kennzeichensystem verbindlich vorzuschreiben. Denn eine verpflichtende Lösung erforderte eine Änderung der EU-Lebensmittel-Informationsverordnung. Das wird die Bundesministerin im Rahmen der deutschen EU-Präsidentschaft zum Thema der ernährungspolitischen Agenda machen.

Rechtlicher Hintergrund: Die Etablierung eines vereinfachten Nährwertkennzeichnungssystems, wie Nutri-Score, ist nach aktuellem EU-Recht (hier konkret die Lebensmittelinformations-Verordnung, LMIV, Art. 35 VO Nr. 1169/2011) nur als Empfehlung und unter den in Art. 35 der in der LMIV genannten Anforderungen zulässig. Dazu zählt, dass sie nicht national verpflichtend vorgeschrieben werden kann. Zur Einführung eines verpflichtenden erweiterten Nährwertkennzeichnungs-Systems neben der ohnehin verpflichtenden Nährwerttabelle müsste zunächst das EU-Recht geändert werden.

Die EU-Staaten können nur zusätzliche verbindliche Kennzeichnungen einführen, wenn diese den freien Warenverkehr im Binnenmarkt nicht beeinträchtigen. Solche Beeinträchtigungen lässt das EU-Recht nur in wenigen Ausnahmen zu, etwa zum "Schutz der öffentlichen Gesundheit". Das ist bei der erweiterten Nährwertkennzeichnung jedoch nicht gegeben. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) teilt die Auffassung unseres Ministeriums ebenso wie Vereine wie Foodwatch.

Erschienen am im Format FAQ