Das staatliche Tierwohllabel wird klare einheitliche Kriterien haben und eine echte Hilfe sein bei der Kaufentscheidung.

Bundesministerin Julia Klöckner spricht im Interview mit der "Rheinischen Post" über Breitbandausbau, Tierwohl, Tierschutz und ökologischen Landbau

Frage: Frau Klöckner, drei Bauernweisheiten - welche trifft auch heute zu? a) Bauer werden ist nicht schwer, Bauer bleiben ist eine Ehr. b) Bauernleben ist am fröhlichsten und voller Hoffnung, c) Je kleiner das Dorf, desto bissiger die Hunde.

Julia Klöckner: Alle drei Bauernregeln enthalten viel Wahres. Sonst hätten sie sich ja nicht bis heute gehalten.

Frage: Welche gefällt Ihnen am besten?

Julia Klöckner: Die zweite mit der Fröhlichkeit und der Hoffnung. Es geht um Lebensmittel und Zukunft.

Frage: Fehlt Ihnen das Leben auf dem Land, wenn Sie jetzt als Ministerin auf Berlin festgelegt sind?

Julia Klöckner: Ich werde an den Wochenenden auch noch rauskommen. Es kann ja nicht sein, dass ich für den ländlichen Raum zuständig bin, aber in Berlin wie in Tupperware eingemacht lebe.

Frage: Der Bauernverband beklagt, dass der Ausbau des Glasfasernetzes für schnelles Internet bis 2025 zu lange dauert. Haben Sie da nicht mehr Ehrgeiz?

Julia Klöckner: Wir wollen deutschlandweit Lücken im Mobilfunk schließen und den neuen G5-Standard einführen. Das ist besonders für die ländlichen Räume wichtig. Die Kommunen haben bereits die Zusagen für den Breitbandausbau - die Mittel müssen jetzt abgerufen werden. Vielerorts führt das zu einer starken Auslastung im Baubereich und deshalb zu Verzögerungen. Hier müssen wir noch schneller werden. Ich bin im vergangenen Jahr einen GPS-gesteuerten Mähdrescher gefahren. Oder schauen Sie sich die technische Präzision an, mit der heute Pflanzenschutzmittel und Dünger ausgebracht werden können. Nicht Gießkanne, sondern ganz gezielt. Eine Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und Sprit auf ein Minimum ist dadurch möglich. Auch die Versorgung und das Melken von Kühen im Stall kann durch eine digitale Steuerung so optimiert werden, dass sich die Tiere wohlfühlen und der Bauer bei Problemen über eine App alarmiert werden kann. Ohne schnelles Internet nutzt die ganze Technik aber nichts.

Frage: Der Bauernverband fordert auch, dass Noten für Fleischwaren vergeben werden sollende nachdem, wie gut die Schweine gehalten wurden. Was halten Sie davon?

Julia Klöckner: Die Verbraucher wollen wissen, woher ein Tier kommt und wie es gehalten wurde. Es gibt dazu bereits verschiedene Initiativen aus der Branche und von Supermärkten. Für mich steht fest: Verlässlichkeit und Übersicht für die Verbraucher gibt es nur mit einem staatlichen Label, an dessen Einführung wir bereits arbeiten. Wir müssen darauf achten, dass wir den Verbrauchern eine klare Orientierung an die Hand geben. Das staatliche Tierwohllabel wird klare, einheitliche Kriterien haben. Das ist transparent und eine wirkliche Hilfe bei der Kaufentscheidung.

Frage: Wenn wir künftig vor der Supermarkttheke stehen, dann erkennen wir auf der Salami-Packung, wie das Tier gelebt hat, dessen Wurst da liegt?

Julia Klöckner: Genau das ist das Ziel eines staatlichen Tierwohllabels. Und die Verbraucher können entscheiden, was ihnen Tierwohl auch im Preis wert ist.

Frage: Werden die Fleischpreise steigen?

Julia Klöckner: Es wird immer noch so sein, dass es auch preiswertes Fleisch gibt. Die Verbraucher sollen sich künftig aber bewusst dafür entscheiden können, zu den Waren zu greifen, die aus Ställen mit mehr Tierwohl kommen. Ich werde niemandem Vorschriften machen, was er kauft und isst, aber ich sehe, dass das Bewusstsein bei diesem Thema wächst.

Frage: Was unternehmen Sie, dass die Tiere nicht mehr unter grausamen Umständen zum Schlachten transportiert werden?

Julia Klöckner: Wir sind Spitzenreiter in der EU beim Tierschutz, aber wir wollen natürlich noch besser werden. Gerade Tiertransporte treffen die gesamte EU. Gemeinsam mit unseren dänischen und niederländischen Nachbarn haben wir uns schon 2014 für mehr Tierschutz beim Transport stark gemacht. Vergangenen November hat mein Amtsvorgänger den zuständigen EU-Kommissar aufgefordert, nicht hinnehmbare Verhältnisse bei Tiertransporten zu beenden - da bleibe ich dran. Bei unserem Tierwohllabel werden wir Zeiten festlegen, wie und wie lange Tiere zum Schlachten transportiert werden dürfen.

Frage: Sollte der Ökolandbau weiter ausgeweitet werden?

Julia Klöckner: Wir haben uns das Ziel gesetzt, Öko-Landbau bis 2030 auf 20 Prozent auszubauen. Heute sind wir bei etwa acht Prozent Anteil. Die Nachfrage bei Verbrauchern nach Öko-Produkten steigt. Viele Verbraucher setzen aber auch auf einen Mix aus Öko- und konventionellen Produkten. Ich halte daher nichts davon, Öko- und konventionellen Anbau gegeneinander auszuspielen.

Frage: Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz: Im Jahr 2021 wird Kanzlerin Merkel...

Julia Klöckner: ...drei Jahre älter sein.

Quelle: Rheinische Post vom 27. März 2018

Fragen von Kristina Dunz und Eva Quadbeck

Erschienen am im Format Interview

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