"Mit mehr Holzhäusern würden wir mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen"

Bundesministerin Julia Klöckner im Interview mit "Rheinische Post"

Frage: Frau Klöckner, die EU-Kommission droht Deutschland mit Geldstrafen in Millionenhöhe, weil bei uns das Grundwasser zu stark durch Gülle und Nitrat belastet wird. Die letzte Frist läuft am 25.September ab. Ende August reisen Sie mit Umweltministerin Schulze nach Brüssel. Was werden Sie im Gepäck haben?

Julia Klöckner: Wir haben 2017 die Düngeverordnung bereits massiv verschärft. Es wäre aus unserer Sicht sinnvoll gewesen, wenn sich diese Maßnahmen erst einmal hätten entfalten können. Wir sind aber konstruktiv mit der Kommission im Gespräch. Grundwasserschutz betrifft uns alle.

Frage: Werden Sie noch einmal um Fristverlängerung bitten oder das Düngerecht nachschärfen?

Julia Klöckner: Weitere Maßnahmen sind notwendig, die zu einer geringeren Nitratauswaschung führen. Dazu muss die Gülle in Regionen mit intensiver Tierhaltung besser verwertet werden zum Beispiel in Biogasanlagen. Hier ist auch die regionale Wirtschaft gefordert, einen Beitrag zu leisten. Die Landwirte können den Investitionsbedarf allein nicht stemmen. Zudem werden wir uns auch anschauen, wie die Aufnahme von Gülle in Grenzgegenden zu den Niederlanden abläuft. Die teilweise obskuren Abnehmeradressen werden wir überprüfen.

Frage: Warum schränken Sie nicht die Massentierhaltung ein? Die ist doch ein Hauptverursacher dafür, dass zu so viel Gülle auf die Felder kommt und chemische Prozesse in Gang gesetzt werden, die zu gesundheitsschädlichem Nitrit im Wasser führen.

Julia Klöckner: Die Bestände von Schweinen und Rindern sind in den vergangenen Jahren gesunken. Erweiterungsbauten sind zuletzt kaum noch entstanden. Die Voraussetzungen für ihre Genehmigung wurden 2013 verschärft. Fläche und Tierzahl müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Da gibt es sicher noch regionale Unwuchten. Und Fakt bleibt, dass Pflanzen bedarfsgerecht gedüngt werden müssen, damit sie nicht unterernährt sind, mickrig werden und so keine Chance haben, die Nährstoffe aus dem Boden zu binden. Der notwendige Dünger muss aber bei der Pflanze ankommen und nicht im Grundwasser.

Frage: Am 20.September will die Regierung ein Klimaschutzpaket vorlegen. Haben Sie in Ihrem Bereich alles ausgeschöpft?

Julia Klöckner: Wir arbeiten an der Wiederaufforstung unserer Wälder, sie binden massiv CO2.Und an einer Ackerbaustrategie, ein guter Boden ist ein prima Kohlenstoffspeicher. Zur Reduzierung der CO2-Emissionen müssen wir uns aber alle Bereiche der Gesellschaft ansehen. Da wäre zum Beispiel das Thema Holz. Eine stärkere Nutzung von Holz bindet langfristig CO2,zum Beispiel beim Hausbau. Treibhausgasemissionen können so bis zu 56 Prozent gegenüber herkömmlichen Hausbauten eingespart werden.

Frage: Wie funktioniert das?

Julia Klöckner: Holz ist ein ständig nachwachsender Rohstoff und speichert dauerhaft Kohlenstoff, den die Bäume aus atmosphärischem CO2 eingebunden und verarbeitet haben. Ein Beispiel im Kleinen: Schon ein Fichtenschrank, der 60 Kilogramm wiegt, speichert umgerechnet eine Kohlenstoffdioxidmenge von rund 300 Kilogramm. Mit 37 Fichtenschränken hätte man jedenfalls die eigene Pro-Kopf-Emission eines gesamten Jahres schon neutralisiert - wenn man denn soviel Platz im Haus hat. (Klöckner lacht). Mit mehr Holzhäusern würden wir mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Wir haben zu wenig Wohnraum. Holzhäuser können dank hohem Vorfertigungsgrad schnell aufgebaut werden. Und durch Sturm, Trockenheit und Borkenkäfer ist - leider - eine Menge Schadholz angefallen. Solange das beschädigte Holz von Innen gesund ist, kann man es aber gut verwenden.

Frage: Ist Bauen mit Holz komplizierter?

Julia Klöckner: Es gibt noch rechtliche Hürden und Hindernisse, die aufgrund innovativer Entwicklungen im modernen Holzbau nicht mehr gerechtfertigt sind. Brandschutz zum Beispiel. Einige Bundesländer sind noch skeptisch. Sie sollten ihre Zweifel ablegen und ihre Bauvorschriften gemessen am heute erreichten Stand der Holzbautechnik anpassen. Auch für so genannte Hybridbauten - im Kleinen, wie im Großen.

Frage: Zu den Tieren: Qualzuchten sind verboten und trotzdem laufen Hunde mit eingedrückten Nasen, hervorstehenden Augen und zu kurzen Beinen herum. Der Mops zum Beispiel. Warum?

Julia Klöckner: Stimmt, das Tierschutzgesetz verbietet völlig zurecht Qualzuchten. Das zuständige Veterinäramt muss im Einzelfall feststellen, ob bei der Zucht zu erwarten war, dass bei den Welpen Körperteile oder Organe fehlen würden oder für ein gesundes Hundeleben untauglich sein würden. Mit der Folge, dass das Tier darunter leidet. Das bezieht sich aber nicht auf Rassen, sondern immer auf die individuelle Verpaarung. Es ist zwar richtig, dass die Problematik bei Möpsen oder auch Englischen oder Französischen
Bulldoggen weit verbreitet ist, es gibt aber auch hier Tiere, die zum Beispiel wieder längere Nasen aufweisen. Aber Sie haben Recht, die Tierärzte berichten von vielen Tieren mit gesundheitlichen Problemen aufgrund von Qualzuchtmerkmalen. Das lässt darauf schließen, dass viele Züchter gegen das Verbot verstoßen.

Frage: Kommt jetzt das Aus für den Mops? Sie würden Ärger mit Loriot bekommen. Sie wissen schon, ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.

Julia Klöckner: Aber noch sinnloser ist ein Mops, der leidet. Es geht aber, wie gesagt, nicht um die einzelne Rasse. Ich werde deshalb ein Ausstellungsverbot für Hunde mit Qualzuchtmerkmalen regeln. Denn die Tiere leiden darunter: Manche Hunde können nur schwer atmen, das geht bis zum Kreislaufkollaps mit Ohnmacht.

Fragen von Kristina Dunz

Erschienen am im Format Interview

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