Hier kämpft David gegen Goliath – und das werde ich beenden

Bundesministerin Julia Klöckner im Interview mit der Lebensmittelzeitung

Frage: Frau Ministerin Klöckner, warum geht Ihr Gesetz gegen unfaire Handelspraktiken über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinaus?

Julia Klöckner: Fakt ist, dass viele landwirtschaftliche Betriebe sowie auch andere Lieferanten über eine schwache Marktposition verfügen. Sie leiden unter unlauteren Handelspraktiken. Ihnen steht ein stark konzentrierter Lebensmitteleinzelhandel gegenüber, der die Bedingungen diktiert, sie drückt. Hier kämpft David gegen Goliath – und das werde ich beenden. Mein Ziel habe ich immer klar formuliert: Diese Erzeuger wirksam gegen solche unfairen Vertragsbeziehungen schützen.

Frage: Warum die Verschärfungen bei Retouren- und Lagerkosten?

Julia Klöckner: Es liegt doch nahe zu untersagen, dass der Handel unverkaufte Ware nicht einfach ohne Bezahlung zurückschicken oder Lagergebühren erheben kann. Um mehr Augenhöhe für Lieferanten und Erzeuger zu erreichen, sind das wesentliche Aspekte.

Frage: Inwiefern verbessern die Verbote denn die Lage der Landwirte?

Julia Klöckner: Das wirkt sehr konkret: Der Obst- oder Gemüsebauer kann sich endlich darauf verlassen, dass der Handel seine gesamte bestellte Lieferung auch abnimmt und vor allem auch bezahlt. Derzeit geht unverkaufte Ware oft zurück – für die Landwirte ein doppelter Verlust. Sie bekommen kein Geld und müssen sogar noch für die Entsorgung aufkommen. Das ändern wir jetzt. Wer bestellt, der zahlt. Und bei der Lagerung ist es doch so, dass die Händler sich diese häufig vom Lieferanten bezahlen lassen. Hinter all dem steht das massive Machtungleichgewicht.

Frage: Der Handel fürchtet um die Flexibilität in der Vertragsgestaltung. Was entgegnen Sie?

Julia Klöckner: Klar würde der Handel diese „Flexibilität“ gerne zulassen – zu seinen Gunsten. Das machen wir nicht länger mit. Traurig genug, dass wir per Gesetz Praktiken verbieten müssen, die dem Bild des ehrbaren Kaufmanns fundamental widersprechen. Das als nötige Flexibilität zu bezeichnen, lässt tief blicken. Vor allem verdeutlicht es aber die Notwendigkeit, hier gegenzusteuern und für mehr Fairness und Wettbewerb zu sorgen.

Quelle: Lebensmittelzeitung vom 20. November 2020

Fragen von Herr Bender

Erschienen am im Format Interview

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