Ernährungskompetenz ist entscheidend für einen gesunden Lebensstil

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, auf dem 2. BZfE-Forum, Motto: Ich kann. Ich will. Ich werde!

Es gilt das gesprochene Wort.

Anrede

I. Einleitung

Es ist schön, nicht erklären zu müssen, warum das Thema gesunde Ernährung so wichtig ist. Und Sie helfen alle mit, Ernährungskompetenz aufzubauen. Also die Fähigkeit eines jeden, seine täglichen Ess-Entscheidungen intuitiv richtig zu fällen. Dafür danke ich Ihnen allen ganz herzlich!

Ganz offensichtlich ist es heute wichtiger denn je, Ernährungskompetenz zu fördern. Allein unter unseren Kindern und Jugendlichen sind 15 Prozent übergewichtig. Zum Vergleich: Das sind etwa doppelt so viele übergewichtige 5- bis19-jährige wie noch 1975. Und auch viele Erwachsene ernähren sich nicht ausgewogen: Rund 47 Prozent der Frauen und 62 Prozent der Männer sind in Deutschland übergewichtig.

Warum ist das so?

II. Der gesellschaftliche Wandel erschwert einen leichten Zugang zu ausgewogener Ernährung

Zum einen haben sich unsere Essensgewohnheiten stark verändert. Ebenso unsere Lebensgestaltung: Wir sind länger im Büro, essen häufiger außer Haus. Das ist eine echte Herausforderung für eine gesunderhaltende Ernährung. Und vielleicht verfügen wir auch nicht mehr über das Ernährungswissen, das früher von einer Generation zur anderen weitergegeben wurde. Deshalb ist auch die alles entscheidenden Frage:

Wie müssen wir Ernährungskompetenz heute fördern?

III. Wir müssen Ernährungsbildung neu ausrichten – neue Zielgruppen erschließen und neue Medien nutzen

Der Schlüssel dazu liegt in der Ernährungsbildung. Im Nationalen Aktionsplan für gesunde Ernährung und mehr Bewegung, genannt IN FORM, hat die Bundesregierung – gemeinsam mit vielen von Ihnen – bereits eine Reihe guter Initiativen durchgeführt und Bildungsangebote geschaffen.

Aber wir müssen Ernährung einfach noch viel stärker in unterschiedlichen Lebensphasen betrachten. Die Bundesregierung hat deshalb die Weiterentwicklung des Aktionsplans "IN FORM" beschlossen. Damit richten wir den Fokus auf zwei Zielgruppen, von denen wir meinen, dass sie bislang unzureichend berücksichtigt wurden:

  1. Die ersten 1000 Tage im Leben unserer Kinder und
  2. die besonderen Bedürfnisse unserer Senioren.

Wir wissen, dass die ersten Tausend Tage eines Kindes unglaublich wichtig sind. Aber wir müssen auch die Ernährung im Alter besser in den Blick nehmen. Ich will mich hier auf unsere Senioren konzentrieren, denn wir haben hier schon sehr konkrete neue Ideen entwickelt.

IV. Mit dem neuen Schwerpunkt Seniorenbildung stellen wir die Weichen richtig für den Wandel unserer Gesellschaft

Im Jahr 2050 gehört jeder Dritte zur Generation 60 plus. Senioren, beispielsweise, die in ihrer Kindheit durch Krieg und Hunger geprägt wurden, haben ein ganz anderes Bewusstsein für den Wert unserer Lebensmittel. Sie werfen vergleichsweise wenig weg. Allerdings ist ihnen oft nicht ausreichend klar, wie wichtig eine ausgewogene Ernährung gerade im Alter ist. Noch wissen sie, auf was sie dabei achten müssen. Mangelernährt sind gerade auch diejenigen, die in ihrer Mobilität durch Krankheit und Alter eingeschränkt sind. Ich habe deswegen eine Ernährungsinitiative für Senioren auf den Weg gebracht. Damit will ich die Ernährungskompetenzen von älteren Menschen verbessern. Und ich will das Ehrenamt stärken und die soziale Teilhabe unserer Senioren fördern.

Wie das gelingt?

Über Multiplikatoren, die sich beispielsweise bei der Organisation eines Seniorenmittagstischs engagieren. Deshalb haben wir das Projekt "Im Alter IN FORM – Gesunde Ernährung, mehr Bewegung, aktive Teilnahme in Kommunen fördern" auf den Weg gebracht. Mit Hilfe der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen bilden wir über drei Jahre lang Botschafter für gesunde Ernährung im Alter aus. Diese sollen anschließend wichtiges Ernährungswissen in die Kommunen tragen.

Ich habe Anfang des Monats die bundesweiten Tage der Schulverpflegung eröffnet, mit den Vernetzungsstellen in den Ländern. Das Gleiche will ich für unsere älteren Mitbürger: Gemeinsam mit den Ländern will ich Vernetzungsstellen für Senioren einrichten, um Tipps für die Ernährung zu geben, um Hinweise zu geben, wie sie sich im Alter fithalten. Wie bei der Schul- und KiTaverpflegung sollen die Vernetzungsstellen auch dazu beitragen, dass die DGE-Standards in der Seniorenverpflegung bekannter werden und breiter angewendet werden.

Dazu dient auch das neue DGE-Projekt "IN FORM in der Gemeinschaftsverpflegung". Damit soll die Gemeinschaftsverpflegung in Senioreneinrichtungen bald flächendeckend den Qualitätsstandards der DGE genügen. In der Zukunft planen wir weitere Schulungen von Multiplikatoren für die Ernährungsberatung.

Außerdem schlagen wir einen neuen Haushaltstitel im Bundeshaushalt 2019 vor: Maßnahmen zur Förderung ausgewogener Ernährung mit 12 Millionen Euro. Doch es wird nicht ausreichen, unsere Ernährungsbildung nur inhaltlich auszubauen. Wir müssen auch neue Kommunikationswege beschreiten.

V. Mit der Digitalisierung die Deutungshoheit über die Ernährungsinformationen in den neuen Medien zurückgewinnen

Noch nie in unserer Geschichte gab es so viele frei zugängliche Ernährungsinformationen. Das klingt erst einmal gut. Allerdings finden sich viele Verbraucher in diesem Angebot, nicht mehr zurecht. Nicht selten sind Verbraucher damit überfordert. Und ich kann sie verstehen. Denn auch hier gibt es viel Halbwissen, seriöse Angebote sind nur schwer von Werbung zu unterscheiden. Und wer kann mir schon sagen, ob die Informationen, die ich finde, noch aktuell sind? Mir ist aber wichtig, dass Klarheit und Wahrheit das bestimmende Prinzip in der Ernährungskommunikation wird!

Und deshalb ist es gut, dass es Akteure wie das Bundeszentrum für Ernährung gibt!

Sie liefern wissenschaftsbasierte Erkenntnisse, die Vertrauen schaffen. Mit der "Beste Reste-App" oder der App "Baby und Essen" nutzen Sie bereits die Möglichkeiten der Digitalisierung. Das ist ein echter Mehrwert! Davon will ich mehr – und zwar für alle Verbraucher! Denn ich will die Verbraucher da abholen, wo sie nach Informationen suchen. Digital, in den sozialen Netzwerken. Niedrigschwellig – und so, dass es Spaß macht, sich zu informieren. Dann können wir den Schatz der Digitalisierung für die Ernährungskompetenz heben und nutzen!

VI. Schluss

Ernährungskompetenz ist entscheidend für einen gesunden Lebensstil. Ernährungskompetenz fällt uns nicht einfach in den Schoß. Wir müssen lernen, uns abwechslungsreich, genussvoll und ausgewogen zu ernähren. Umgekehrt ist es nie zu spät, ein kompetenter Esser zu werden. Und auch die Digitalisierung bedeutet eine Chance, die wir nutzen müssen! Deshalb setze ich auf Ernährungsbildung – von der Schwangerschaft bis ins hohe Erwachsenenalter – und auf neue digitale Wege in der Ernährungskommunikation.

Vielen Dank!

Erschienen am im Format Rede

Ort: Bonn


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