Das Meer ist eine unserer zentralen Lebensgrundlagen

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, anlässlich der Eröffnung der Jahrestagung des Internationalen Rates für Meeresforschung (International Council of the Exploration of the Sea (ICES))

Es gilt das gesprochene Wort.

Anrede

für die Bundesregierung ist es eine große Ehre, erneut Gastgeberland der bedeutendsten Konferenz in der Meeresforschung zu sein. Ich freue mich sehr, Sie zur diesjährigen Jahrestagung des Internationalen Rates für Meeresforschung in Hamburg zu begrüßen.

Ich werde oft gefragt, warum Deutschland die Meeres- und Fischereiforschung so wichtig ist. Immerhin haben wir ja "nur" rund 2.400 Kilometer Küstenlinie. Neben Kanada, das eine Küstenlänge von über 200.000 Kilometer vorweisen kann, ist das praktisch nichts. Und unsere Gewässer, unsere Ausschließliche Wirtschaftszone, ist proportional noch kleiner. Ganz zu schweigen von unserer Fischereiflotte, die in den vergangenen Jahrzehnten stark geschrumpft ist, weil nicht zuletzt auch die Fangmöglichkeiten zurückgegangen sind. Heute landet unsere Flotte nur noch jeden fünften Fisch, der in Deutschland jährlich verspeist wird, an.

Und trotzdem ist uns die Meeres- und Fischereiforschung wichtig: Unsere drei Institute für Seefischerei, Ostseefischerei und Fischereiökologie beteiligen sich mit großem Engagement am internationalen wissenschaftlichen Diskurs.

Mehr noch: Sie bringen ihr ganzes Know-how und ihre aktuellen Analysen ein, wenn der ICES jährlich seine Fangempfehlungen für die kommende Fischereisaison erarbeitet. Erst im vergangenen Monat haben wir für unsere Fischereiforschung eine neue, hochmoderne Infrastruktur in Bremerhaven geschaffen – mit direktem Zugang zum Meer. Und auch die angemessene Finanzierung des ICES ist uns als Gründungsmitglied wichtig.

Warum? Ganz einfach: Weil das Meer eine ganz zentrale Lebensgrundlage für uns alle ist. das Meer eine ganz zentrale Lebensgrundlage für uns alle ist.

I. Meer ist eine unserer zentralen Lebensgrundlagen

Das Meer ernährt uns Menschen weltweit. Nach Zahlen der Vereinten Nationen liegt der weltweite Pro-Kopf-Fischkonsum heute bei über 20 Kilogramm. In den 1960er Jahren waren es noch 10 Kilogramm. Die Weltbevölkerung steigt weiter an, auf fast 10 Milliarden bis 2050. Das wird unsere Fischbestände weltweit weiter unter Druck setzen.

Nach dem jüngsten Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen ist ein Drittel der weltweiten Fischbestände überfischt. Wenn wir hier nicht bald international gegensteuern, besteht die Gefahr, dass wir uns langfristig des Lebensmittels "Meeresfisch" berauben.

Die vom Mensch induzierten Klima- und Umweltveränderungen tragen zusätzlich dazu bei, dass unsere natürlichen Fischbestände unter Stress geraten. Für die Schweinswale oder den Hering in unserer Ostsee ist das heute schon spürbar.

Das Meer ist zudem mehr als nur eine Nahrungsquelle. Seit jeher nutzen wir das Meer und die Küstenräume zur Erholung. Und für die zukünftige Stromversorgung spielen unsere Meere schon heute eine wichtige Rolle: Wir bauen immer mehr Windparks am Meer. Unsere Meere, unsere Küsten und unsere Fischerei stiften aber auch Identität für die Menschen vor Ort, nicht nur hier in Hamburg. Und deshalb ist es so wichtig, ein Gremium wie den Internationalen Rat für Meeresforschung mit seinen über 100 Arbeitsgruppen zu haben!

II. Eine zukunftsweisende Politik braucht eine gute wissenschaftliche Grundlage. Für diese sorgt der ICES.

Sie liefern uns wichtige Ergebnisse, wie wir die lebenden Meeresressourcen nachhaltig nutzen können.

Ihre Empfehlungen haben Gewicht. Sie nehmen Einfluss auf die Entscheidungen des EU-Rates für Fischerei.

Wir haben uns verpflichtet, unsere Gemeinsame Fischereipolitik streng an Ihren Empfehlungen auszurichten und nur im Notfall davon abzuweichen. Und das ist richtig so! Denn eine faire, zukunftsweisende Politik braucht eine verlässliche Basis. Dafür sind Zahlen, Daten und Fakten notwendig.

Zugegeben: Wir Politiker haben manchmal unsere liebe Not, uns darauf einzulassen. Dann etwa, wenn wir Bewirtschaftungsziele festlegen und entscheiden müssen, ob wir eher ein Sprotten- oder ein Dorsch-dominiertes Ökosystem in der Ostsee haben wollen. Doch es ist unbestritten, dass die wissenschaftlichen Empfehlungen, die wir von Ihnen umgesetzt haben, in den vergangenen zehn Jahren bereits eine außerordentliche Wirkung gezeigt haben: Vor allem die Implementierung des Prinzips des Maximalen Dauerertrags hat vielen Beständen in der Nord- und der Ostsee bereits geholfen, sich wieder positiv zu entwickeln

Die Zahl der nachhaltig bewirtschafteten Bestände im Nordostatlantik ist sprunghaft angestiegen: von nur vier Beständen im Jahr 2008 auf 54 in diesem Jahr!

All dies wäre nicht möglich gewesen ohne die fachliche Begleitung und wissenschaftliche Unterstützung der Forschung – also von Ihnen.
Und doch ist noch viel zu tun. Denn die Anforderungen an ein nachhaltiges Management der Meere steigen – nach allem, was wir heute schon wissen – zukünftig noch weiter an.

Gut, Sie dabei an unserer Seite zu wissen!

III. Schluss

Wir sind alle Nutznießer der Meere und tragen somit Verantwortung für ihre nachhaltige Nutzung unserer Meere. Wir sind dafür mehr denn je auf Ihre wissenschaftliche Expertise angewiesen.

Deshalb danke ich Ihnen allen von Herzen für Ihre Arbeit!

Besonders Ihnen, lieber Herr Hammer, danke ich herzlich. Ich weiß nicht, ob der Vergleich zum großen Walther Herwig, dem Vater der deutschen Meeresforschung, erlaubt ist. Sicher ist aber, dass Sie ihm als Präsident des ICES ein würdiger Nachfolger sind. Vielen Dank dafür!
Für Ihre Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute, viel Gesundheit und weiterhin Schaffenskraft!

Und Ihnen allen wünsche ich eine produktive und erkenntnisreiche Tagung!

Erschienen am im Format Rede

Ort: Hamburg


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