Konferenz "Wir sehen Land: digital!"

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner auf der Konferenz "Wir sehen Land: digital!" am 08.06.2018

Sehr geehrter Herr Präsident Sager,
sehr geehrte Frau Staatsministerin,
sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Eisenmann,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
sehr geehrte Landrätinnen und Landräte,
sehr geehrte Damen und Herren,

herzlich willkommen zu unserer Konferenz „Wir sehen Land: digital!“.

Worum geht es heute? Ganz klar, wir wollen Digitalisierung konkret machen. Wir wollen wegkommen von den pauschalen „Digitalisierung ist wichtig“ – Aussagen. Hin zur praktischen Umsetzung.

  • Zu Traktoren, die über Satelliten gesteuert werden, um zentimetergenau zu arbeiten oder mit angehängten Geräten kommunizieren. Und die dadurch Treibstoff, Pflanzenschutzmittel oder Dünger einsparen.
  • Zur Milchkuh, die selbst entscheiden kann, wann sie zum Melkroboter geht. Und die über einen Chip Daten über ihr Wiederkäuverhalten, über die Milchqualität und vieles mehr sendet. Daten, aus denen Rückschlüsse zum Stoffwechsel und Gesundheitszustand der Tiere möglich werden. Passgenau für jedes einzelne Tier.
  • Zu Drohnen, die mit Hilfe von Kameras Rehkitze im Grünland finden, die so vor dem Mähbalken gerettet werden können. Oder die über Maisfelder fliegen und Schlupfwespen abwerfen, damit sie Schädlinge vernichten.

Das alles ist Alltag. Und gleichzeitig ist es neu.

Und neue Situationen schaffen oft Unsicherheiten. Weil man sich auf Technik verlassen muss, wo vorher Wissen und Erfahrung war. Weil auf einmal digital ist, was vorher zwischenmenschlich war.

Man kann das aber auch einfach spannend finden, innovativ, weil man vieles ausprobieren kann, weil man auf einmal Spielräume hat, von denen man gar nichts wusste.

Und genau das wollen wir für die Ländlichen Räume. Wir wollen, dass Neues passiert, dass Menschen Digitalisierung ausprobieren. Dass wir gemeinsam neue Spielräume schaffen.

Wir wollen Digitalisierung nicht nur geschehen lassen, sondern aktiv gestalten. Zu unser aller Vorteil.

Wir wollen vom Reden ins Handeln kommen. Wir wollen Chancen nutzen.

Schwerpunkt Digitalisierung im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)

Die Digitalisierung ist für mich für alle Bereiche meines Ministeriums das zentrale Thema. Sie ist die Chance, sie ist das Instrument, um wichtige Ziele zu erreichen.

  • Mehr Tierwohl, wie bei unserer Kuh, durch eine bessere – digitale – Kontrolle und Analyse.
  • Mehr Nachhaltigkeit, wie bei unserer Drohne.
  • Mehr Transparenz in der Lebensmittelkette, zum Beispiel durch die Blockchain-Technologie.

In meinem Ministerium werde die deshalb einen neuen Schwerpunkt im Bereich der Digitalisierung setzen. Wir planen dafür ein eigenes Bundesprogramm. Im Ministerium selbst werde ich noch vor der Sommerpause Strukturen schaffen, die uns noch schlagkräftiger machen.

Und wir werden neue Projekte starten, zum Beispiel die Experimentierfelder. Das sind digitale Testfelder auf landwirtschaftlichen Betrieben und deren Umfeld, mit denen wir konkret ausprobieren werden, wie Digitalisierung vor Ort funktionieren kann.

Das ist der Anfang, viele weitere Maßnahmen werden folgen, damit wir hier wirklich ins Handeln kommen.

Bedeutung für Ländliche Räume

Heute stehen aber die Ländlichen Räume im Mittelpunkt.

Denn hier kann es gelingen, die Herausforderungen – manche würden sagen „die Nachteile“ – des Ländlichen Raumes, auszugleichen. Und gleichzeitig die Vorzüge zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Wir können Entfernungen überwinden – und gleichzeitig die Schönheit der Landschaft erhalten.

Wir können günstig auf dem Land wohnen – und gleichzeitig attraktive Jobs in der Stadt haben – durch Telearbeit oder Coworking Spaces.

Wir können die hohe Lebensqualität im ländlichen Umfeld genießen – und gleichzeitig guten Zugang zu Bildung, zu Medizin, zu Kulturangeboten haben.

Digitalisierung und Vernetzung werden damit die entscheidenden Faktoren im Standortwettbewerb der ländlichen Räume sein.

Grundvoraussetzung dafür aber ist der flächendeckende Anschluss der ländlichen Räume an die digitale Hochleistungsinfrastruktur.

Daran wird sich entscheiden, ob es uns gelingt, die Ländlichen Räume als Kraftzentren unseres Landes zu erhalten und zu stärken.

Davon hängt auch ab, wie viele Menschen vom Land in die Ballungsräume wandern wollen oder müssen. Davon hängt auch ab, ob Wohnraum, Kitaplätze und Busse in den Zentren noch knapper und auf dem Lande leerer werden.

Gesamtstrategie Ländlicher Raum

Denn um nichts weniger geht es: Unsere Ländlichen Räume sind die Kraftzentren unseres Landes. Sie gilt es zu erhalten und zu stärken, indem wir attraktive Lebens- und Arbeitsbedingungen für die dort lebenden Menschen befördern.

Deshalb will ich diese Legislatur nutzen, um hier neue Maßstäbe zu setzen.

Vorgestern habe ich deshalb auch gemeinsam mit dem Deutschen Städte- und Gemeindetag, dem Deutschen Landkreistag, dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag und dem Zentralverband Handwerk das „Aktionsbündnis Leben auf dem Land“ gestartet.

Jeder unserer vier Partner hat langjährige Erfahrung und Strukturen, die die Menschen vor Ort erreichen. Diese Erfahrungen und Strukturen bringen wir erstmalig in einem Aktionsbündnis zusammen.

Mit gebündelten Kräften wollen wir Lösungen zu den einzelnen Herausforderungen erarbeiten und das Aktionsbündnis mit Leben füllen. So werden wir die Lebensqualität verbessern und die Wirtschaft in den ländlichen Regionen stärken und der Abwanderung entgegenwirken.

Zur Landoffensive gehört aber noch mehr:

Wir brauchen jetzt die Grundgesetz-Änderung, um die GAK den aktuellen Bedürfnissen anzupassen.

Wie Sie wissen, müssen Fördermaßnahmen für die ländliche Entwicklung, die wir über die GAK finanzieren, der Verbesserung der Agrarstruktur oder des Küstenschutzes dienen.
Diese Einschränkung stellt uns aber immer wieder vor Probleme. Ich werde sie deshalb zeitnah korrigieren und um die ländliche Entwicklung ergänzen – damit wir als Bund wirksam fördern können.

Mit dieser Grundgesetzänderung können wir mehr als ein Signal setzen. Wir können es schaffen, dass wir als Bund und Land gemeinsam vor Ort wirken werden. Und dass eben nicht das Gefühl aufkommt, allein gelassen zu sein.

In der GAK wollen wir auch, so haben wir es ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbart, einen Sonderrahmenplan für den Ländlichen Raum einsetzen.

Ich freue mich, dass der Deutsche Bundestag diesen Sonderrahmenplan in den kommenden Jahren mit ausreichenden Mitteln ausstatten möchte.

Bundesprogramm Ländliche Entwicklung

Wir wollen auch weiterhin innovative Projekte für gutes Leben auf dem Land unterstützen. Mit dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung (BULE) – unserem Erfolgsprojekt für den Ländlichen Raum.

Ich will das Programm weiterentwickeln und verstetigen. Im Idealfall, indem wir erfolgreiche Projekte, in die GAK-Regelförderung übernehmen – so geschehen mit den Mehrfunktionshäusern. Mobilität wird in den kommenden Jahren ein Schwerpunkt sein. Und auch das Programm Land.Kultur werden wir, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, weiterführen.

Mein zentrales Thema für das Bundesprogramm wird das Ehrenamt sein.

Denn für uns ist die Stärkung der Zivilgesellschaft und des Ehrenamts nicht nur ein zentrales Element für die Zukunftsfähigkeit ländlicher Gemeinden. Das Ehrenamt ist die Seele des ländlichen Raums.

Es ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Wer sich engagiert und wem Unterstützung zu Teil wird, wird sich nicht so schnell abgehängt fühlen.
Leider sind immer mehr Vereine in der misslichen Lage, nur mühsam Vorsitzende zu finden. Rechtliche Fragen rund um Haftung, Versicherung, Datenschutz schrecken viele ab. Da will ich ansetzen und dem Ehrenamt ein Hauptamt als Unterstützung zur Seite zu stellen.

Digitalisierungs-Offensive des Bundesprogramms

Lassen Sie mich zu einem weiteren wichtigen, zu dem zentralen Punkt heute, kommen. Denn zusätzlich – und deshalb sind wir heute hier – stellen wir die Digitalisierung in den Mittelpunkt. Mit einer „Offensive zur Ergreifung der Chancen der Digitalisierung in den Ländlichen Räumen“.

Das machen wir mit drei Bausteinen:

  1. Wir unterstützen ganze Regionen – mit dem Baustein „Smarte Landregionen“.
  2. Wir fördern konkrete Projekte – mit dem Baustein „Land.Digital".
  3. Wir fördern Forschung – mit dem Baustein „Ländliche Räume in Zeiten der Digitalisierung“.

Ziel ist, intelligente Lösungen zu finden, die wir so gut wie möglich auf andere Regionen übertragen können.
Denn der größte und schnellste Gewinn aus der Digitalisierung wird sich vor allem dann einstellen, wenn es auf der einen Seite die guten Beispiele gibt, die Lust machen auf Digitalisierung.

Und wenn es auf der anderen Seite diejenigen gibt, die sich davon inspirieren lassen. Die sagen „Das will ich auch“. Und die auf den schon gemachten Erfahrungen aufbauen.
Bei unseren Smarten Landregionen sind wir mitten in einem spannenden Entwicklungsprozess. In der Konzeption arbeiten wir hier eng mit dem Fraunhofer Institut IESE [Institut für Experimentelle Software] zusammen – und werden im kommenden Jahr die Regionen auswählen.

Bei Land.Digital sind wir schon mittendrin in der Umsetzung.

Wie diese Förderung genau funktioniert, das schauen wir uns an:



Mit Land.digital unterstützen wir Projekte aus dem gesamten Bundesgebiet, in sieben verschiedenen Themenbereichen:

  1. Gesundheit und Pflege
  2. Qualifizierung und Bildung
  3. Engagement und Beteiligung
  4. Wirtschaft und Arbeit
  5. Themenübergreifende Plattformen
  6. Mobilität
  7. Nahversorgung

Und um Ihnen noch konkreter zu zeigen, wie das aussieht, wenn die digitale Welt im Dorf ankommt, haben wir zwei Projekte heute hier, die wir Ihnen ebenfalls vorstellen.

Das Spannende am Ländlichen Raum ist, dass aus den vielen kleinen Bausteinen, den vielen kleinen Projekten, die wir jetzt auch gerade gesehen haben, am Ende ein großes Ganzes entsteht: Das Kraftzentrum Ländlicher Raum.

Die Entwicklung ländlicher Räume ist ein Gemeinschaftsprojekt, lassen Sie es uns zusammen zu einem großen Erfolg machen!

Herzlichen Dank!

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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