Landwirtschaft ist besonders, weil sie Lebenswirtschaft ist

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner anlässlich des Neujahrsempfangs des Deutschen Bauernverbandes

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Ich begrüße Sie alle hier recht herzlich als Botschafter der Landwirtschaft in unserer Hauptstadt.

Sie geben der Landwirtschaft ein Gesicht, Sie sind diejenigen, für die ich mich gerne einsetze, für die ich arbeite. Denn ohne Sie würde uns etwas fehlen!

Unsere Mittel zum Leben! Lassen Sie es mich noch anders formulieren: Landwirtschaft ist besonders, weil sie Lebenswirtschaft ist.

Deshalb freut es mich, dass wir im vergangenen Jahr für Sie, liebe Bäuerinnen und Bauern, einiges erreicht haben:

  • Dauerhafte 70 Tage Regelung für Saisonarbeitskräfte
  • Dürrehilfen Landwirtschaft
  • Dürrehilfen Wald – 25 Mio. € zusätzliche Mittel im Rahmen der GAK
  • BMEL Rekordhaushalt, der politische Maßnahmen unterstützen kann.
  • Erstmals über vier Milliarden Euro für die Agrarsozialversicherung
  • Vorstellung eines marktreifen Verfahrens zum Ausstieg des Kükentötens.
  • Bekanntmachung zur Einrichtung von Experimentierfeldern auf landwirtschaftlichen Betrieben mit einem Volumen von 60 Millionen Euro für 4 Jahre.
  • Neues Programm zur Digitalisierung der Landwirtschaft und neues Bundesprogramm Nutztierhaltung.
  • Erhöhte Entschädigung für Landwirte beim Ausbau der Energienetze.

Unsere Landwirtschaft wird zu oft romantisiert. Und deshalb muss sie mehr als andere Branchen vermittelt und erklärt werden.

Zusätzlich sehen wir häufig oft bewusste Vereinfachungen und Polarisierungen in der Öffentlichkeit, um die moderne Landwirtschaft negativ darstellen. Da werden durch illegale Stalleinbrüche beschaffte Bilder über alle Kanäle veröffentlicht, ohne dass auch Redaktionen mal kritisch die Herkunft der Bilder hinterfragen.

Schnell ist eine Online-Petition auf eine Plattform gesetzt, ohne Hintergrundinformationen, ohne Differenzierung, im typischen schwarz-weiß Denken.

Damit werden bewusst Ängste geschürt und die moderne Landwirtschaft und damit auch Sie, liebe Bäuerinnen und Bauern, in ein schlechtes Licht gerückt.

Ich weiß und sehe ja selbst in den sozialen Netzwerken, dass sich bereits viele von Ihnen in Diskussionen um unsere Landwirtschaft einbringen. Viele öffnen transparent ihre Ställe und geben Einblick in ihre tägliche Arbeit. Das ist nicht immer leicht, aber Sie schaffen so ein unglaublich wichtiges Gesprächsangebot. Dieses Angebot müssen wir hier in den kommenden zehn Tagen auch anbieten, die Grüne Woche als Kommunikations- und Dialogplattform für moderne Landwirtschaft nutzen.

Hier erreichen wir 400.000 Besucher in den Messehallen; ich in meiner Halle 23a unter dem Motto "Landwirtschaft mit Herz und Drohne", Sie auf dem ErlebnisBauernhof in Halle 3.2. Zudem dient uns das GFFA als internationale Gesprächsplattform, in diesem Jahr sogar erstmalig mit der Teilnahme der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. Wir treffen aber auch auf kritische Stimmen, in den Hallen aber auch bei Demonstration "Wir haben es satt" am ersten Samstag der IGW.

Lassen Sie uns dies als Motivation nehmen, die Grüne Woche 2019 dafür nutzen, den Dialog zu fördern, wahrnehmbar zu kommunizieren und so moderne Landwirtschaft in die Stadt zu bringen.

Lassen Sie uns alle daran mitwirken, in den kommenden zehn Tagen die Grundlagen für ein neues gesellschaftliches Landwirtschaftsbewusstsein aufzubauen.

Wir können die Ansprüche von Gesellschaft und Berufsstand nur gemeinsam zusammenführen. Einen Anspruch den die Gesellschaft hat, der aber bei uns oft nicht laut formuliert wird ist: Wir müssen die Menschen zu allererst einmal satt machen.

Das gilt natürlich für Deutschland, aber erst recht im Hinblick auf unsere globale Verantwortung. Denn die Zahlen sind nach wie vor alarmierend – jeder neunte Mensch auf der Welt leidet Hunger, das sind derzeit rund 821 Millionen Menschen.

Zudem wissen wir, dass die Weltbevölkerung bis 2050 auf zehn Milliarden Menschen anwachsen wird.

Sie alle produzieren an einem Gunststandort, der Standards setzt, der Vorreiter für viele Regionen der Welt ist. An dem man sich orientiert, der Trends setzt und neue Entwicklungen anschieben muss. Dies sind also die Rahmenbedingungen, die wir beachten müssen, wenn wir über die Zukunft der Landwirtschaft reden. In dieser Debatte müssen wir selbstverständlich auch Zielkonflikte benennen, dafür dann gemeinsam Lösungen erarbeiten.

Wir alle wissen: Umwelt-, Natur- und Klimaschutz gehören zur täglichen Arbeit eines Landwirts. Für uns gilt aber auch: Landwirtschaft ist Wirtschaft - und nicht nur für die Pflege der Landschaft zuständig.

Ich möchte, dass wir unsere moderne Landwirtschaft in Deutschland weiterentwickeln, die höchsten Standards- und Qualitätsansprüchen genügt. Dabei wird uns das Tierwohlkennzeichen helfen. Ich bin überzeugt, dass wir dadurch mehr Tierwohl in den Ställen erreichen werden. Dass wir dadurch aber auch in der gesellschaftlichen Debatte um die Zukunft der Tierhaltung einen direkten Mehrwert erzielen werden.

Mir ist dabei wichtig, dass wir Sie als Landwirte bei diesem Prozess mitnehmen, damit wir eine möglichst breite Basis und eine hohe Teilnahmebereitschaft für das Tierwohlkennzeichen schaffen. Grundsätzlich kann ich ihnen versichern, dass bei all unseren Aktivitäten gilt: Am Ende muss die Landwirtschaft die Bauern selbst aber auch gut "ernähren" und nicht nur den Lebensmittel-Einzelhändler!

Lassen Sie uns gemeinsam ehrgeizig bleiben, uns mutig Ziele der Weiterentwicklung unserer Landwirtschaft setzen. Wir müssen die Motivation und Leidenschaft der jungen Generation der Landwirte weiter stärken, denn diese Jugend ist Ihre Zukunft.

Lassen Sie uns in den kommenden zehn Tagen die Bedeutung der Landwirtschaft unterstreichen, um damit für ein neues Landwirtschaftsbewusstsein in der Gesellschaft zu werben.

Lassen Sie uns die Grüne Woche auch genießen, die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern, Winzerinnen und Winzer wertschätzen.

Herzlichen Dank!

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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