Der entscheidende Schlüssel für die Sicherung der Welternährung liegt in einer leistungsfähigen, lokal angepassten, nachhaltigen Landwirtschaft

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner zur Eröffnung des 5. Deutsch-Afrikanischen Agribusiness-Forums

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Ich freue mich, dass ich heute bei Ihnen zu Gast bin und an der schönen Tradition Teil haben kann, die der Afrika-Verein und die Agribusiness Alliance mit dieser besonderen Veranstaltung seit Jahren pflegen.

Der Afrika-Verein hat sich bereits während des GFFA mit einem sehr erfolgreichen Fachpodium zu Digitalisierung und Finanzierung eingebracht: Neue Möglichkeiten für afrikanische Landwirte.

Weder das GFFA noch die heutige Veranstaltung sind ein Selbstzweck. Die große Flagge, unter der wir hier gemeinsam segeln, heißt Sicherung der Welternährung und Schaffung von Prosperität.

Und ganz konkret für Afrika geht es um eines: Um Zukunftsperspektiven für die heranwachsende Generation. Denn die Herausforderungen sind enorm – für die Wirtschaft, das Klima, die sozialen Gefüge. Die Bevölkerung wächst.

Und mit ihr wächst an vielen Stellen die Zahl der Hungernden. Weltweit sind es im Moment 821 Millionen Menschen. Rund zwei Milliarden Menschen sind mangelernährt, weil ihre Ernährung einseitig ist.

Prognosen gehen davon aus, dass im Jahr 2024 mehr als ein Drittel der weltweit hungernden Menschen in Afrika leben. Bis 2025 werden dort 330 Millionen junge Männer und Frauen auf den Arbeitsmarkt drängen, unter ihnen 200 Millionen aus ländlichen Gebieten.

Das Wirtschaftswachstum in Afrika reicht derzeit nicht, um die nötigen Arbeitsplätze zu schaffen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit von Rohstoffen ist immer noch groß und industrielle Fertigung und Wertschöpfung gering. In vielen afrikanischen Ländern ist der Agrarsektor der wichtigste Wirtschaftszweig mit einem großen Entwicklungspotential.

Der entscheidende Schlüssel für die Sicherung der Welternährung liegt in einer leistungsfähigen, lokal angepassten, nachhaltigen Landwirtschaft. Und sie liegt in der Entwicklung wirtschaftlich aktiver ländlicher Räume. Afrikas Agrarsektor kann deshalb ein starker Motor für das wirtschaftliche Wachstum auf dem gesamten Kontinent sein.

Ich sage ohne Umschweife: die Landwirtschaft ist in der Entwicklungszusammenarbeit viel zu lange viel zu sehr vernachlässigt worden. Zwar ist Landwirtschaft nicht alles, aber ohne Landwirtschaft ist alles nichts. Denn es ist erwiesen, dass Investitionen in die Landwirtschaft einen größeren Beitrag zu wirtschaftlichem Wachstum und sozialer Entwicklung leisten als Investitionen in andere Sektoren der Volkswirtschaft.

Dabei ist allerdings essentiell, dass die Investitionen verantwortlich ausgestaltet sind. Die deutsche Wirtschaft leistet mit ihren Investitionen und ihrem Engagement bereits heute in afrikanischen Ländern einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Wirtschaft und trägt zu deren Entwicklung bei.

Das ist gut so – behalten Sie bitte Ihren Kurs bei! Denn Unternehmer wie Sie können einen substantiellen Technologietransfer leisten. Bereits heute bieten deutsche Unternehmen gute Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Vor allem bei der beruflichen Bildung sind deutsche Unternehmen gefragte Partner.

Afrika kann für deutsche Unternehmen aber auch ein Ideen- und Impulsgeber neuer Geschäftsfelder sein. Fehlende Infrastruktur ist ein Hindernis und erschwert Investitionen. Sie muss Unternehmer erfinderisch machen. Wir sehen, dass dies zu Technologiesprüngen führen kann. Das schnelle Entstehen eines Mobilfunknetzes aus Mangel an Telefonleitungen ist dafür ein gutes Beispiel.

Aber Afrika braucht auch und vor allem afrikanische Lösungen. Starke staatliche Institutionen. Denn nur ein handlungsfähiger Staat kann Rechtssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen gewährlisten. Auch für die Wirtschaft.

Wir begrüßen insbesondere die Idee der panafrikanischen Freihandelszone verbunden mit einer leichteren Freizügigkeit innerhalb Afrikas. Sie ist die Chance, das wirtschaftliche Potenzial des regionalen Handels zu heben. Das sind für die ökonomische Entwicklung des Kontinents sehr gute Signale. Die Bundesregierung unterstützt afrikanisches Engagement auf vielfältige Weise.

Zahlreiche Initiativen der vergangenen Jahre von den G20, der Europäischen Union und Deutschland zielen auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen, um Investitionen zu ermöglichen.

Auch mein Ministerium hat sein Engagement in den vergangenen Jahren weiter ausgebaut – so bringen wir und unsere Forschungsinstitute unsere Expertise in derzeit 32 afrikanischen Ländern ein. Zum Beispiel mit unseren Bilateralen Kooperationsprojekten, in denen wir, gemeinsam mit der Wirtschaft, beim Aufbau einer leistungsstarken und ressourcenschonenden Landwirtschaft unterstützen.

Ganz konkret haben wir landwirtschaftliche Agrartrainingszentren in Äthiopien, Marokko und Sambia, in denen Fach- und Führungskräfte in nachhaltigem Anbau, einer modernen Tierhaltung sowie Farmmanagement geschult werden. Des Weiteren bietet mein Ministerium den Regierungen und Behörden der Partnerländer gezielte Beratung bei der Umsetzung ihrer agrarpolitischen Reformvorhaben.

Beim "Forum Nachhaltiger Kakao" sind wir Gründungsmitglied – hier werden junge Kakaobauern in der Côte d’Ivoire im nachhaltigen Anbau geschult. Die Förderung der Eigenständigkeit von Frauen durch Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte steht im Fokus.

Mit jährlich rund vier Millionen Euro unterstützt mein Ministerium internationale anwendungsorientierte Forschungsprojekte zur Welternährung mit dem Schwerpunkt Subsahara-Afrika. Diese erforschen, wie sich eine diversifizierte Landwirtschaft und eine ausgewogene Ernährung verwirklichen sowie lokale Lebensmittel innovativ verarbeiten lassen.

Doktorandinnen und Doktoranden aus Subsahara-Afrika erhalten zudem die Möglichkeit, in unseren Ressortforschungsinstituten wissenschaftlich zu arbeiten. So bauen wir langfristige Partnerschaften auf. Auch auf der EU-Agenda steht Afrika ganz oben: Die EU-Kommission hat am Freitag im Rahmen des GFFA die Empfehlungen ihrer Task Force Rural Africa vorgestellt.

Diese Initiative begrüßen wir sehr, denn sie zeigt, dass auch die EU der Landwirtschaft eine besondere Bedeutung für die nachhaltige Zukunft Afrikas beimisst. Diese Zielrichtung entspricht auch dem deutschen Engagement in Afrika – mit Aus- und Weiterbildung die Menschen befähigen, sich selbst zu ernähren, und Rahmenbedingungen für Ernährungssicherung schaffen.

Zuletzt wurde auch eine langjährige Forderung der deutschen Wirtschaft erfüllt: die Exportkredit-Garantien wurden erweitert. Außerdem wird das Netz der Auslandshandelskammern in Afrika verdichtet.

Deutschland hat in 2017 Frankreich als größten Handelspartner Afrikas in der EU überholt. Aber die Chancen sind noch lange nicht ausgereizt, auch nicht im Agrarsektor. Wir freuen uns daher über verstärkte Handelsbeziehungen und Investitionen im Nachbarkontinent, denn das kommt uns allen zugute.

Nur gemeinsam - mit dem afrikanischen und deutschen Agribusiness - können wir die Landwirtschaft stärken und die Entwicklung der Wertschöpfungsketten vorantreiben.

Vielen Dank!

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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