Wir brauchen eine neue Dynamik für die ländlichen Räume

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner beim Besuch der Modellregion Land(auf)Schwung im Landkreis St. Wendel

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede

St. Wendel - eine liebenswerte und lebenswerte Region

Herzlichen Dank für die Einladung. Ich bin sehr gerne ins schöne Sankt Wendeler Land gekommen.

Als Dienstherrin der Land(auf)Schwung-Projekte bin ich natürlich informiert über das, was in Ihrer Region so alles auf die Beine gestellt wird.

Es ist aber das eine, die Entwicklungen vom grünen Tisch in Berlin aus zu betrachten. Und das andere, vor Ort zu sein und mitzuerleben, wie motiviert, wie engagiert und kreativ Sie Ihre Region gestalten. Deswegen bin ich heute hier.

Und auch, weil es mir als zuständige Bundesministerin ein großes Anliegen ist, mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zu sprechen. Zu hören, was gut läuft und was nicht. Sie haben sich als erfolgreiche Land(auf)Schwung-Region präsentiert. Und gezeigt, dass die Region St. Wendel vor allem eines ist: eine Region im Aufschwung. Und vor allem, eine liebenswerte und lebenswerte Region.

Mein Ministerium unterstützt Ihre Arbeit: In den Jahren 2015 bis 2019 erhalten die beiden Land(auf)Schwung Regionen Neunkirchen und St. Wendel von uns Zuweisungen in Höhe von jeweils 2,8 Millionen Euro über unser Bundesprogramm Ländliche Entwicklung, kurz BULE. In Neunkirchen werden auf diese Weise 34 und in St. Wendel 33 Projekte unterstützt. Insgesamt fließen aus dem BULE über 6 Millionen Euro in das Saarland.

Wir brauchen Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Stadt und Land

Wenn wir über unsere Ländlichen Räume sprechen, dann sprechen wir über mehr als 90 Prozent der Fläche unseres Landes.

Dann sprechen wir über die Heimat von mehr als der Hälfte unserer Bevölkerung. Über Kraftzentren, Impulsgeber, Innovationsräume. Mit Menschen, die Gestaltungswillen haben, die engagiert einstehen für ihre Heimat. Die aber auch sehen, dass es schwerer wird, junge Menschen in der Region zu halten. Strukturen zu erhalten. Gemeinschaft zu organisieren.

Und wir sprechen gleichzeitig über Regionen, die weniger gut aufgestellt sind. Die Strukturbrüche hinter sich haben. Die die Folgen des demografischen Wandels besonders stark zu spüren bekommen.

Und alle Regionen verbindet die Frage: Ob man hier auf dem Land in Zukunft gut leben und arbeiten kann.

Und ob es gelingen wird, den Zusammenhalt, der so zentral ist für unsere Gesellschaft, zu erhalten.

Wir brauchen eine neue Dynamik für die ländlichen Räume

Wenn ich höre und sehe, was Sie hier in den vergangenen Jahren auf die Beine gestellt haben, dann bin überzeugt: Wir haben gute Voraussetzungen, dass uns das gelingt! Hier und auch in anderen Regionen Deutschlands!

Wir haben in weiten Teilen einen gut aufgestellten Mittelstand, wir haben engagierte, gut ausgebildete Menschen.

Wir arbeiten am Ausbau des Breitbandnetzes.

Und wir haben unsere Aktivitäten im Bereich der Digitalisierung erheblich ausgeweitet.

Wir haben in meinem Ministerium eine eigene Abteilung geschaffen, die sich mit der Frage beschäftigt, wie die Digitalisierung den ländlichen Räumen helfen kann.

Was wir aber darüber hinaus brauchen, ist ein neuer Ansatz, der eine neue Dynamik auslösen kann. Von der Kommune bis zum Bund, vom engagierten Verein bis zum bundesweiten Netzwerk.

Mein Ministerium hat hier eine besondere Aufgabe. Wir sind Ministerium für den ländlichen Raum, wir sind Anwalt der ländlichen Räume.

Und so verstehe ich auch meine Rolle als Ko-Vorsitzende in der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ der Bundesregierung.

Dort haben wir konkrete Ziele formuliert:

  • Keine Bürgerin und kein Bürger, keine Stadt und keine Region sollen sich abgehängt fühlen.
  • Wir machen alle deutschen Regionen zukunftsfest.
  • Wir stärken die Handlungsfähigkeit und Selbstverantwortung der Kommunen.

Und eines sage ich hier in aller Deutlichkeit: Einzelne ländliche Räume einfach abzukoppeln, wie es einige Wissenschaftler vorschlagen: Das ist ein Offenbarungseid und für uns keine Alternative.

Denn Politik für ländliche Räume ist keine Kosten-Nutzen-Rechnung. Es geht um den Erhalt von Heimat, um Menschen, die sich etwas aufgebaut haben.

Deshalb werden wir dazu im Sommer ein Konzept vorlegen.

Und das Besondere an der Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" ist, dass hier eben nicht der eine über den anderen spricht und entscheidet. Sondern dass alle mit am Tisch sitzen, der Bund, die Länder, die Kommunen.

Dass wir gemeinsam einen neuen Ansatz entwickeln. Der, das sage ich hier auch, neue weitere Finanzmittel erforderlich machen wird.

Und ich sage auch: Wir müssen noch weiter die gesetzgeberischen Voraussetzungen verbessern, um unsere Ziele für die ländlichen Räume zu erreichen.

BMEL handelt: Sonderrahmenplan und Bundesprogramm

Gleichzeitig ist mein Ministerium schon seit Jahren vielfältig tätig.

Mit der Gemeinschaftsaufgabe ´"Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes", kurz GAK.

Durch den Sonderrahmenplan Förderung der ländlichen Entwicklung wurde die GAK um 150 Millionen Euro gestärkt, auf jetzt 900 Millionen Euro im Jahr. Unter anderem können mit dem zusätzlichen Geld ab diesem Jahr Regionalbudgets gefördert werden.

Das bedeutet noch mehr regional verankerte Förderung statt Gießkannenprinzip.

Mit dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung: Mit dem wir, gemeinsam mit lokalen Akteuren, Konzepte und Projekte entwickeln, die übertragbar sind und die auch andernorts funktionieren.

Zum Beispiel aktuell mit unserem Projekt "Hauptamt stärkt Ehrenamt".

Gemeinsam mit dem Deutschen Landkreistag wollen wir hauptamtliche Anlaufstellen schaffen, die ehrenamtlich engagierte beraten, vernetzen und qualifizieren. Weil Ehrenamt so zentral ist für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.

Und natürlich mit dem Modellvorhaben Land(auf)Schwung, mit dem wir, neben dem Ihren, noch zwölf weitere Landkreise in strukturschwachen ländlichen Regionen unterstützen. Von 2015 bis 2020 investiert mein Ministerium allein für Land(auf)Schwung mehr als 32 Millionen Euro in die Ländliche Entwicklung vor Ort. Insgesamt belaufen sich die BULE-Mittel auf 70 Millionen Euro in 2019!

Und wir investieren mit Erfolg, daran besteht kein Zweifel.

Ich denke da an Ihr Projekt "Paten mit Herz für eine l(i)ebenswerte Region", bei dem sich verschiedene Akteure vor Ort zu einem Netzwerk zusammengeschlossen haben, um einsame und ältere Menschen im Alltag zu unterstützen.

Oder an das Projekt "Mitfahrbänke", bei dem durch interkommunale Zusammenarbeit erreicht wurde, dass Menschen ohne Auto eine Mitfahrgelegenheit in Anspruch nehmen können.

Sie, die Bürgerinnen und Bürger vor Ort wissen am besten, was gebraucht wird und wie die Umsetzung gelingen kann.

Schluss

Zusammenhalt – das ist etwas, das wir nicht mit Geld kaufen können.

Aber wir können ein gutes Fundament legen.

Und das tun wir.

Wir investieren in die Zukunft.

Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Für Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land, überall in Deutschland.

Vielen Dank!

Erschienen am im Format Rede

Ort: St. Wendel


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