Wir wollen Verbraucherinnen und Verbrauchern bestmöglichen Schutz bieten

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner zur Eröffnung der internationalen Konferenz zum Lebensmittelhandel „Challenges of e-commerce of food“ der EU-Kommission und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede

Einleitung

Stellen Sie sich vor, Sie wollen Abendessen kochen – ein Nudelgericht. Sie stehen vor dem Kühlschrank, wählen am Bildschirm des Kühlschranks das entsprechende Rezept aus und dieser gibt einen Hinweis: "Die Sahne ist bald aufgebraucht. Soll ich neue bestellen?"

Technisch ist das längst möglich – dank smarten Haushaltsgeräten. Die meisten von uns sind in ihrem Alltag von diesem Szenario weit entfernt. Noch fühlen wir uns als Speerspitze der Digitalisierung, wenn wir eine digitale Einkaufsliste führen, statt die Erledigungen auf ein kleines Post-it zu schreiben. Das spiegelt sich auch in den Zahlen zum Onlinehandel mit Lebensmitteln wider. Bislang steckt der Onlinehandel mit Lebensmitteln noch in der Nische. Er macht lediglich ein Prozent des gesamten Onlinehandels aus. Und trotzdem gilt der Bereich als Wachstumstreiber der Verkäufe über das Internet.

2018 haben wir Deutsche durchschnittlich 52 Euro pro Kopf und Jahr für Lebensmittel aus dem Internet ausgegeben. Zum Vergleich: 2016 waren es 43 Euro. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns jetzt über die Herausforderungen des Internethandels mit Lebensmitteln austauschen. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, um Weichen zu stellen und um Risiken für Verbraucherinnen und Verbraucher, die schon jetzt ihre Einkäufe online erledigen, zu minimieren.

Deshalb gilt mein Dank dem BVL und der EU- Kommission, die diese Konferenz organisiert haben und so viele hochkarätige, nationale wie internationale Experten zum Thema Onlinehandel mit Lebensmitteln hier in Berlin versammelt haben.

Der Onlinehandel mit Lebensmitteln birgt Risiken, aber auch Chancen – vor allem für ländliche Räume

Den Supermarktbesuch durch ein paar Klicks zu ersetzen, das ist nicht nur praktisch – wer Lebensmittel online einkauft, spart Zeit und Wege.

Der Onlinehandel mit Lebensmitteln bietet aber darüber hinaus großes Potenzial und zwar, wenn es darum geht, die Versorgung in ländlichen Regionen zu sichern. Leider gibt es trotz aller Euphorie auch Risiken beim Online-Shopping, insbesondere bei Lebensmitteln. Aber wie kann der Staat hier eine wirksame Kontrolle durchführen?

Grundsätzlich unterliegen Lebensmittel, die online verkauft werden, den gleichen Anforderungen, wie Lebensmittel, die im Supermarkt um die Ecke angeboten werden. Die sogenannte Basisverordnung (EG) Nr. 178/2002 und auch das deutsche Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch berücksichtigen alle Arten des Inverkehrbringens von Lebensmitteln. Dennoch gibt es eine Vielzahl von Fragen, die sich beim Verkauf von Lebensmitteln über das Internet stellen.

  • Wie sicher war eine durchgehende Kühlkette,
  • wie ist die Herkunft der Produkte zurückverfolgbar oder
  • wie zuverlässig ist die Deklaration der Produktinhalte?

Stellt sich die Frage: Was können und müssen wir tun, um den Verkauf von Lebensmitteln über das Internet sicherer zu machen?

Mit G@zielt hat Deutschland 2013 eine wichtige Zentralstelle zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Onlinehandel eingerichtet.

Die Bundesländer sind für die Überwachung von Lebensmitteln zuständig. Onlineshopping ist nicht gebunden an Bundesland- noch Ländergrenzen. Die Kontrolle des Internethandels mit Lebensmitteln erfordert daher ein vernetztes Vorgehen. Deshalb sind wir schon 2013 aktiv geworden, um die Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor den Risiken des Onlineeinkaufs von Lebensmitteln zu schützen.

Unser Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat gemeinsam mit den Ländern
"G@ZIELT" ins Leben gerufen.

Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Zentralstelle der Länder zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Bereich des Onlinehandels – eine der damals weltweit ersten Einrichtungen ihrer Art.

Die Zentralstelle

  • identifiziert nicht registrierte Lebensmittelunternehmen,
  • sie spürt Produkte auf, die die Gesundheit gefährden oder Verbraucherinnen und Verbraucher täuschen könnten und
  • sie meldet Verstöße an die zuständigen Behörden der Länder, damit diese direkt gegen die Verantwortlichen vorgehen können

In der Zentralstelle laufen die Erkenntnisse aus rund 400 Vor-Ort-Behörden in den Bundesländern, Hinweise der EU- Mitgliedstaaten und anderer Staaten zusammen. Die Hinweise werden ausgewertet, nach Risiko priorisiert und anschließend an die zuständigen Behörden vor Ort geschickt. Die zuständigen Behörden vor Ort überprüfen die Anbieter der Produkte daraufhin und ziehen gefährliche Produkte aus dem Verkehr.

Wie neue gesetzliche Regelungen den Onlinehandel mit Lebensmitteln noch sicherer machen können

Die Überwachung des Onlinehandels mit Lebensmitteln ist ein wichtiger Ansatzpunkt für mehr Verbraucherschutz.

Ein weiterer ist die Verschärfung gesetzlicher Regelungen für den Verkauf von Produkten über das Internet.

Unser Ziel ist es, das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, kurz LFGB, um Regelungen zum Onlinehandel von Lebensmitteln zu ergänzen. Eine besondere Schwierigkeit bei der Überwachung des Onlinehandels besteht darin, dass Betreiber von Internetplattformen nicht selbst Produkte in den Verkehr bringen, sondern nur die Plattform zur Verfügung stellen. Diese Plattformbetreiber können bislang in der Regel nicht wegen Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften belangt werden.

Das muss sich ändern.

Wir wollen Verbraucherinnen und Verbrauchern bestmöglichen Schutz bieten – das gilt für den stationären Handel, genau wie für den Einkauf von Lebensmitteln über das Internet. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass künftig auch Plattformbetreiber aktiv dazu beitragen, dass gesundheitsgefährdende Produkte nicht bei den Käuferinnen und Käufern landen.

Wir planen eine Gesetzesgrundlage dafür, dass Behörden eine Warnung vor einem bestimmten Produkt künftig auch Plattformanbietern mitteilen. Anders als bisher stehen damit nicht mehr nur die Hersteller der Produkte, sondern auch die Plattformanbieter in der Pflicht, das entsprechende, gesundheitsgefährdende Angebot zu entfernen.

Vorgesehen ist auch, dass Landesbehörden künftig explizit zur verdeckten Probenahme befugt sind. Mit diesem Maßnahmenbündel wollen wir national den Schutz beim Einkauf im Internet weiter erhöhen.

Aber nationale Maßnahmen enden an der Staatsgrenze.

Daher ist eine wichtige Frage, wie wir auf EU-Ebene für Sicherheit im Onlinehandel von Lebensmitteln sorgen können?

Deshalb begrüße ich sehr, dass – wie wir soeben von Herrn EU-Kommissar Andriukaitis gehört haben – auch die EU- Kommission große Anstrengungen unternimmt, hier für Fortschritte zu sogen.

Die Durchführung des EU-Kontrollplans "eFood" zeigt, welche weiteren Maßnahmen auf EU-Ebene notwendig sind

Im September 2017 wurde der EU-weite Kontrollplan "eFood" durchgeführt.

Ziel war es, die amtlichen Kontrollen im Bereich des Onlinehandels sowie die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten zu verstärken und zu verbessern. Die Aktion war ein voller Erfolg: 25 Mitgliedstaaten, die Schweiz und Norwegen haben fast 1100 Internetseiten überprüft. In 440 Fällen wurden Maßnahmen ergriffen, um Angebote aus dem Netz zu löschen, die gegen rechtliche Vorgaben verstießen. Diese Zahlen zeigen: Das Interesse am Thema ist groß und der Bedarf für Kontrollen des Onlinehandels vorhanden. Die Durchführung des Kontrollplans hat außerdem ergeben, dass die Kommunikation und Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten grundsätzlich funktionieren.

Ausbaufähig sind hingegen der Austausch und die Kooperation mit Drittstaaten - das gilt insbesondere für den Bereich der nicht zugelassenen neuartigen Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel.

Deutlich wurden auch die Schwierigkeiten bei der Überwachung des Onlinehandels in diesem Bereich. Wir sprechen hier von fehlenden oder fehlerhaften Adressangaben oder der Tatsache, dass viele Onlinehändler als "Vermittler" agieren und keine eigenen, einer Inspektion zugänglichen Lagerstätten besitzen.

Auch die Verschleierung von Identitäten im Netz sowie komplexe Lieferketten stellen die Behörden immer wieder vor Herausforderungen.

Deshalb hat die EU-Kommission verschiedene Maßnahmen angestoßen, die die Überwachung im Bereich des Onlinehandels verbessern sollen.

Dazu zählen:

  • die Einrichtung von Kontaktstellen mit großen Onlinehändlern und -plattformen,
  • die Kooperation mit Zahlungsdienstanbietern
  • sowie die Anpassung des gesetzlichen Rahmens und der elektronischen Meldesysteme

Nicht zuletzt laufen aktuell Überlegungen zu einem zweiten Kontrollplan. Denn unser Ziel ist klar: Wir wollen die Kontrolle, Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung in der Überwachung des Onlinehandels noch weiter verbessern.

Schluss

Ohne einen Austausch wie hier - über Ländergrenzen hinweg und zwischen allen Beteiligten - ist das nicht möglich. Deshalb ist die heutige Konferenz ein wichtiger Schritt hin zu einem besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher, hin zu mehr Sicherheit beim Einkauf von Lebensmitteln über das Internet.

Die Digitalisierung schreitet immer weiter voran - Kühlschränke, die eigenständig die Haushaltsplanung übernehmen, sind dabei nur der Anfang.

Wir schaffen die Rahmenbedingungen für diese zunehmend digitale Zukunft. Und damit wollen wir dafür sorgen, dass wir Lebensmittel künftig genauso bedenkenlos im Internet wie im Supermarkt an der Ecke einkaufen können.

Vielen Dank!

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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