Kleine- und mittelständische Unternehmen sind unser Wirtschaftsmotor

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner auf der Veranstaltung "100 Jahre Strassburger Filter"

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede

Nur über Veränderung lässt sich Beständigkeit herstellen

Vielen Dank, liebe Frau Schnitzler, für die Einladung zu Ihrem Firmenjubiläum der Unternehmensgründung der Strassburger Filter GmbH vor 100 Jahren.

"Wir sorgen für Klarheit − seit 1919".

Das ist Ihr Leitspruch für das Jubiläumsjahr und für meinen Geschmack ist er sehr passend. Denn einerseits steht er für das Offensichtliche: dass mit Ihren Produkten viele Lebensmittel und Getränke geklärt werden, die uns allen gut schmecken. Dabei möchte ich hier in Rheinhessen natürlich den Wein besonders herausstellen.

Doch damit sich ein Betrieb so entwickeln kann - von einem regionalen Holzschichtenfilter-Produzenten zu einem global agierenden Unternehmen - braucht es noch eine andere Form von Klarheit. Nämlich klare Vorstellungen über eine gute Unternehmens- und Mitarbeiterführung, Klarheit bei der Weiterentwicklung der Geschäftsstrategie und bei der Identifizierung von neuen Marktpotenzialen.

Ihnen ist klar, dass nur über Veränderung Beständigkeit hergestellt werden kann. Oder, um aus Ihrer Chronik zu zitieren: Alles fließt. Es ist unmöglich, zweimal in den selben Fluss zu springen.

Strassburger Filter lebt das in der vierten Generation. Und das ist der Grund, warum Sie heute auf eine erfolgreiche 100-jährige Firmengeschichte zurückblicken dürfen.

Kleine- und mittelständische Unternehmen sind unser Wirtschaftsmotor

Sie gehen dahin, wo die Märkte sind. Als in den 50er-Jahren nach einem Brand der alte Firmenstandort in Hungen in Schutt und Asche lag, fand der Neuanfang hier in Westhofen statt, um näher bei den Kunden, den Winzern, zu sein. In den 70er-Jahren entstanden die ersten Geschäftsbeziehungen mit den heute für Sie so bedeutenden Märkten in Fernost und es wurden neue Produkte und Verfahren entwickelt. Sie legten damit den Grundstein für Ihre Zukunft. Ihre speziellen Lösungen, insbesondere zur Verarbeitung von Blutplasma, sind Exportschlager.

Hier gibt es Parallelen zur Landwirtschaft. Denn auch deutsche Agrarprodukte weisen auf dem Weltmarkt eine große Wettbewerbsfähigkeit auf. Deutschland ist weltweit die Nr. 3 der Agrarexporteure. In der Landtechnikindustrie stammen rund drei Viertel der Erlöse aus dem Export.

Exporte sind eine wichtige Säule für die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft zur Sicherung von Wertschöpfung, Wohlstand und Arbeitsplätzen in Deutschland – insbesondere auch in den ländlichen Räumen. Die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für den Export ist daher ein wichtiges Ziel und ein zentraler Bestandteil der Arbeit unseres Ministeriums. Dazu gehören der Abbau von Handelshemmnissen oder auch das Exportförderprogramm mit Unternehmerreisen und einem Auslandsmesseprogramm.

Das sind Instrumente, die Ihnen aus anderen Ministerien nur allzu bekannt sind, Frau Schnitzler. Sie haben mehrfach die Gelegenheit genutzt, an Auslandsreisen mit der deutschen Spitzenpolitik teilzunehmen. Das erste Mal reisten Sie im Jahr 2012 mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Wirtschaftsdelegation mit nach China. Die jüngste Reise führte Sie in diesem Jahr als Teil der zwölfköpfigen Wirtschaftsdelegation zum deutsch-japanischen Dialogforum nach Tokio. Der Anlass war das im Februar in Kraft getretene Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU.

Es ist das größte Freihandelsabkommen, das die EU jemals verhandelt hat. Und es ist auch für die Land- und Ernährungswirtschaft von großer Bedeutung.

Die zahlreichen Reisen in den asiatischen Raum konnten Sie erfolgreich für sich nutzen. Sie haben mittlerweile eine Niederlassung in Shanghai. Ihr Exportanteil beträgt 70 Prozent. Ihr Umsatz stieg in den vergangenen drei Jahren um 30 Prozent. In Ihrem Spezialsegment für Chemie- und Pharmaanwendungen wollen Sie Weltmarktführer werden.

Und dennoch müssen wir uns hier etwas deutlich vor Augen führen: Sie sind ein Familienunternehmen mit 45 Mitarbeitern, klassischer Mittelstand. Damit sind Sie aber nicht die Ausnahme. Im Gegenteil. Sie repräsentieren einen entscheidenden deutschen Wirtschaftsmotor. Denn jeder zweite Mittelständler exportiert seine Ware ins Ausland.

Zielgruppe der Exportförderung der Bundesregierung und auch unseres Landwirtschaftsministeriums, sind deshalb vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die kleinen und mittelständischen Unternehmer sind unser Rückgrat

Das gilt gerade auch für Rheinhessen. Laut Industrie- und Handelskammer gibt es in Rheinhessen rund 35.500 mittelständische Unternehmen. Der Umsatz der mittelständischen Unternehmen in Rheinhessen betrug im Jahr 2018 rund 20 Mrd. Euro. Das waren knapp 20 Prozent des gesamten Umsatzes von Rheinland-Pfalz. Darauf können die Menschen hier in der Region stolz sein.

Und Sie gehören zu denen, die den Ländlichen Raum in unserem Land stärken.

Die uns auch in die Verantwortung nehmen, dass wir als Bundesregierung den Ländlichen Raum mit hoher Priorität behandeln. Dass wir für Gleichwertige Lebensverhältnisse sorgen. Damit Sie genauso gute Voraussetzungen haben, wie Unternehmen in der Stadt. Um Mitarbeiter, um Fachkräfte hier an Ihrem Unternehmensstandort zu halten und zu holen. Um von der Digitalisierung zu profitieren.

Mit der Region verbunden

Frau Schnitzler, Sie planen, Ihre Fertigungskapazitäten weiter auszubauen. Diese Ankündigung verbinden Sie mit einem klaren Bekenntnis zu Ihrem Ursprung. Mit der Filtration von Wein hat alles begonnen. Die schonende Wein- und Mostfiltration ohne Aroma und Charakter zu verfälschen ist eine Kernkompetenz Ihres Unternehmens. Viele renommierte Weingüter haben einen Strassburger Filter im Keller stehen. Auch das namhafte Weingut Dreissigacker, auf dem heute Abend die Gala stattfindet, bei der ich leider nicht dabei sein kann, hat einen bestellt. Mit Ihren hochwertigen Produkten leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung der Weine.

Und ich freue mich feststellen zu dürfen, dass der deutsche Wein einen immer besseren Ruf genießt. So ist der Durchschnittspreis der verkauften deutschen Weine gestiegen. Deutscher Wein findet sich mehr und mehr auf den Karten der Spitzengastronomie. Auch international steigt die Reputation. Ihre Produkte haben dazu einen Beitrag geleistet.

Reform des Weingesetzes

Auch unser Ministerium unternimmt einiges, um der Qualitätsproduktion den Rücken zu stärken. Wir reformieren das Weinrecht. Damit soll die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe erhöht werden.

Die europäische Weinmarktreform von 2008 macht eine tiefgreifende Reform notwendig. Es spiegelt zurzeit in zwei wesentlichen Teilen noch nicht oder nicht konsequent den Wandel auf EU-Ebene wider:

  • Erstens: den Wechsel vom germanischen Qualitäts- zum romanischen Herkunftssystem und
  • Zweitens: die wachsende Verantwortung der Erzeuger für ihre herkunftsgeschützten Weine, wie zum Beispiel, - um eines der berühmtesten zu nennen - die "Mosel".

Hinzu kommt, dass wir den nationalen Entwicklungen mehr Rechnung tragen müssen. Das Ergebnis der Reform soll ein Gewinn auf beiden Seiten sein – für die Weinbranche und die Verbraucher.

Kurz gesagt: Für die Weinbaugebiete soll es leichter gemacht werden, das eigene Profil zu schärfen – und so die Weine besser zu vermarkten. Geschichten zu erzählen. Und dabei wollen wir nicht nur neue Vermarktungsperspektiven für Qualitäts-, sondern auch für Landweine schaffen.

Zudem wollen wir den Winzerinnen und Winzern bei der Festlegung der Qualitätsbedingungen und Produktionsanforderungen für ihre Herkunftsweine mehr Verantwortung übertragen. Das langfristige Ziel muss mehr Wertschöpfung sein!

Schluss

Ihre Weinfilter sind für Sie ein wichtiges Standbein und Sie haben erklärt, dass das auch so bleiben wird. Das ist Ihre Tradition. Sie sind ein starker Partner für die Winzer und Sektkellereien. Das begrüßen wir sehr.

Herzlichen Glückwunsch zu 100 Jahren Unternehmertum.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Westhofen


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