Lebensmittel sind keine Wegwerfware

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner anlässlich der Auftaktveranstaltung des Nationalen Dialogforums Reduzierung der Lebensmittelverschwendung

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Herzlich Willkommen zur Auftaktveranstaltung unseres Nationalen Dialogforums "Reduzierung der Lebensmittelverschwendung"!

Ich freue mich, so viele engagierte Akteurinnen und Akteure aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zu begrüßen. Das ist ein starkes Signal für die Dialogbereitschaft aller. Und gerade bei diesem Thema ist es wichtig, dass wir uns austauschen. Denn die Vermeidung von Lebensmittelabfällen geht uns alle an.

Die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Allein hierzulande wandern jedes Jahr rund zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel in den Müll. Das ist eine Zahl, die sprachlos macht. Und wütend. Denn ein großer Teil davon wäre vermeidbar. Mit jedem Lebensmittel, das unnötig im Müll landet, werden wertvolle Ressourcen vergeudet: Wasser, Energie, Rohstoffe, aber auch Arbeitskraft, Sorgfalt und Herzblut.

Das Ziel der Bundesregierung ist deshalb klar: Bis 2030 wollen wir die Lebensmittelverschwendung pro Kopf auf Einzelhandels- und Verbraucherebene halbieren.

Auch entlang der Produktions- und Lieferkette wollen wir Nahrungsmittelverluste verringern - einschließlich der Nachernteverluste. Dazu hat sich Deutschland im Rahmen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen verpflichtet. Und dazu steht auch unser Ministerium.

Damit wir unser Ziel erreichen, müssen wir alle Kraftanstrengungen vereinen. Dafür müssen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik noch enger zusammenarbeiten. Deshalb setzt unsere Politik gegen Lebensmittelverschwendung nicht nur auf eine Maßnahme, sondern auf viele verschiedene Bausteine. Und deshalb beziehen wir alle Beteiligten mit ein.

Hier setzt auch unser Nationales Dialogforum an. Herzlichen Dank für Ihre Bereitschaft, gemeinsam einen aktiven Beitrag zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung zu leisten!

Wir fangen nicht bei null an - Wie wir die Reduzierung von Lebensmittelabfällen vorantreiben

Bei der Reduzierung von Lebensmittelabfällen fangen wir nicht bei null an, wir sind schon mitten drin. Mit "Zu gut für die Tonne" hat unser Ministerium das Thema schon sehr früh ganz oben auf die politische Agenda gesetzt: Seit 2012 fördern wir damit die Wertschätzung für Lebensmittel und für die, die sie erzeugen. Dabei haben wir vor allem die Verbraucher im Blick. Denn in den privaten Haushalten fällt der größte Teil der Lebensmittelabfälle an: Immerhin rund 6,0 Millionen Tonnen pro Jahr. Das ist mehr als die Hälfte des Gesamtabfallaufkommens in Deutschland. Das ist zu viel, das müssen wir ändern.

Dazu brauchen wir einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft. Und nicht nur das: Wir müssen auch unser Verhalten ändern: Es muss nicht immer das makellose Obst oder Gemüse sein. Auch der Apfel mit Dellen oder die schrumpelige Karotte schmecken gut. Das vermitteln wir mit "Zu gut für die Tonne":

  • Über unsere App können Verbraucherinnen und Verbraucher herausfinden, wie sie Übriggebliebenes am besten verwerten: Sie enthält fast 600 Rezepte von Sterneköchen und prominenten Kochpaten.
  • Mit unserem Unterrichtsmaterial für Schulen machen wir schon die Jüngsten auf die Wertschätzung von Lebensmitteln und die Folgen ihrer Verschwendung aufmerksam.
  • Und wir fördern konkrete, praxisnahe Lösungen - mit unserem Bundespreis, mit dem wir bereits in die fünfte Runde gehen.

Aber nicht nur die Politik und die Verbraucher sind gefragt, wenn es um die Vermeidung von Lebensmittelabfällen geht.

Lebensmittelverschwendung findet überall entlang der Versorgungskette statt. Alle Akteure sind deshalb aufgefordert, sich in den Prozess zur Lösung dieser Aufgabe einzubringen. Dazu hat unser Ministerium in diesem Jahr eine Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung vorgelegt. Sie bindet alle Akteure aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Forschung ein und vernetzt die Beteiligten. Damit bündeln wir alle Aktionen gegen Lebensmittelverschwendung.

Im Februar haben wir mit der Umsetzung der Strategie begonnen: Für eine gute Zusammenarbeit mit den Ländern haben wir ein Bund-Länder-Gremium eingerichtet. Für einen guten Austausch entlang der Lebensmittelkette sorgen unsere sektorbezogenen Dialogforen. Den Startschuss haben wir mit der Auftaktveranstaltung für das "Dialogforum in der Außer-Haus-Verpflegung" gegeben.

Heute werden wir das "Dialogforum für den Groß- und Einzelhandel" starten. Ich freue mich, hierfür den Zuwendungsbescheid zu übergeben. Damit haben wir bereits zwei wichtige Sektoren adressiert. Die anderen Dialogforen werden wir im Laufe des kommenden Jahres einrichten. Für jeden Bereich wollen wir konkrete Maßnahmen vereinbaren und Zielmarken definieren.

Unser Nationales Dialogforum dient als übergeordnetes Gremium dem sektorübergreifenden Austausch: Hier werden wir jährlich über Ergebnisse und Fortschritte berichten und weiteren Handlungsbedarf ermitteln. Die Vertreterinnen und Vertreter der einzelnen Sektoren werden uns schon heute einen ersten Einblick darüber geben.

Für Ihre wertvolle Arbeit und Unterstützung danke ich Ihnen allen von ganzem Herzen!

Für die Reduzierung von Lebensmittelabfällen brauchen wir auch Zahlen, Daten, Fakten

All diese Handlungsstränge sind wichtig und werden wir weiterverfolgen. Der Umsetzungsprozess wird auf der Internetseite der Strategie - www.lebensmittelwertschaetzen.de - dokumentiert. Dort werden bereits über 100 erfolgreiche Aktivitäten und Projekte als Best Practice Beispiele öffentlich: Sie sollen Impulsgeber für die ganze Lebensmittelversorgungskette sein. Auch die jährlichen Berichte des nationalen Dialogforums werden hier veröffentlicht.

Damit wir die Wirksamkeit unseres Handelns künftig auch messen können, brauchen wir eine zuverlässige Datenbasis. Genau deshalb dreht sich in unserer Nationalen Strategie gegen unnötige Lebensmittelabfälle auch alles um Zahlen, Daten und Fakten. Im Auftrag unseres Ministeriums hat das Thünen-Institut zusammen mit der Universität Stuttgart das Aufkommen der Lebensmittelabfälle entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette für das Jahr 2015 ermittelt. Diese Zahlen dienen als Ausgangspunkt für ein kontinuierliches Monitoring.

Auch in unseren Dialogforen wird es darum gehen, die Methoden für die Datenerhebung laufend zu verbessern. So können wir künftig sagen, was sich bewährt hat oder auch nicht.

Dazu investieren wir auch in Forschung und Entwicklung: Aktuell fördert unser Ministerium mit 1,5 Millionen Euro das Projekt "Tafel macht Zukunft - gemeinsam digital". Eine online-Plattform, die digitale eco-Plattform, soll die Schnittstelle zwischen lebensmittelspendenden Unternehmen und den Tafeln einfacher machen. Damit wollen wir die Weitergabe von Lebensmitteln an Bedürftige noch effizienter gestalten und noch mehr genießbare Lebensmittel retten.

Solche kreativen, intelligenten Lösungen brauchen wir, um die komplexen Probleme effektiv anzugehen.

Schluss

Lebensmittel sind keine Wegwerfware.

Wir müssen sie wieder als das wertschätzen, was sie sind: Mittel zum Leben. Lassen Sie uns deshalb weiterhin gemeinsam daran arbeiten, dass die 12 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle endlich der Geschichte angehören.

Mit unserem Nationalen Dialogforum haben wir hierfür eine wichtige Grundlage geschaffen.

Ergreifen Sie die Möglichkeit, im Dialog mit uns Maßnahmen in Vereinbarungen festzulegen, um die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Denn: Gemeinsam erfolgreich zu sein, das ist unsere Devise.

Ich wünsche uns allen einen erfolgreichen Auftakt und einen konstruktiven Austausch!

Herzlichen Dank.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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