Botschafterempfang

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner auf dem Botschafterempfang

Es gilt das gesprochene Wort!

Exzellenzen,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Gäste

Wir kommen heute zu einem Zeitpunkt zusammen, da wir die Bilder der Bauerndemos noch ganz frisch im Kopf haben:

  • Traktoren, die zum Brandenburger Tor ziehen,
  • wütende Landwirte, die gegen Klima- und Umweltschutzauflagen protestieren,
  • und als besonders markantes Zeichen des Protestes: grüne Kreuze.

Gleichzeitig gehen immer noch jede Woche viele, insbesondere junge Menschen für mehr Klima- und Umweltschutz auf die Straße. Diese beiden Protestbewegungen stehen exemplarisch für die unterschiedlichen Positionen und Zielkonflikte, die wir in unserer Gesellschaft überein bringen müssen.

Und nicht nur bei uns.

Denn dahinter steht eine Frage, die in ihrer Bedeutung noch viel größer ist. Eine Frage, die wir uns deshalb weltweit stellen: Wie bekommen wir alle Menschen satt, ohne dabei den Klimaschutz oder den Schutz unserer natürlichen Ressourcen zu vernachlässigen?

Internationaler Handel und Agrarpolitik werden in Frage gestellt

In zwei Punkten sind sich Landwirte und Klimaschützer erstaunlich einig: Beide Seiten hinterfragen zunehmend den internationalen Handel und seinen Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger. Beide Seiten verlieren mehr und mehr den Glauben in die Sinnhaftigkeit unserer Agrarpolitik. Doch ist das richtig?

Tatsache ist: Die Liberalisierung der Märkte hat in den vergangenen Jahrzehnten zu einer beispiellosen, weltweiten Wohlstandsentwicklung geführt. Und ein wichtiger Katalysator dafür war – zumindest in der Europäischen Union – die Gemeinsame Agrarpolitik. Dennoch hungern heute immer noch mehr als 820 Millionen Menschen und etwa zwei Milliarden sind mangelernährt.

Ein Armutszeugnis.

Tatsache Nummer zwei: Eine nachhaltige, sozial und ökologisch ausgerichtete Produktions- und Lebensweise wird immer wichtiger. Unsere natürlichen Ressourcen werden knapper und verändern sich zudem durch den Klimawandel. Und um hier ausgleichend entgegenzuwirken, sind weder der internationale Handel noch die Gemeinsame Agrarpolitik bislang ausreichend vorbereitet.

Deshalb sind die Fragen vieler Demonstranten berechtigt:

  1. Ist Freihandel heute überholt?
  2. Hat sich der Traum einer Gemeinsamen Agrarpolitik ausgelebt?

GFFA 2020

Um die erste Frage gemeinsam zu beantworten, gibt es keine bessere Plattform als das anstehende GFFA, das Global Forum for Food and Agriculture. Vom 16.-18. Januar 2020 ist es wieder soweit. Dann diskutieren wir hier, in Berlin, mit über 2.000 internationalen Besucherinnen und Besucher aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Und diesmal geht es um die Frage, wie wir den internationalen Agrarhandel gestalten müssen, damit er eine sichere, vielfältige und nachhaltige Ernährung für alle ermöglicht.

Der Freihandel hält dafür einige Chancen bereit: Er kann Verbraucher weltweit mit hochwertigen Lebensmitteln zu angemessenen Preisen versorgen. So können wir einen Ausgleich schaffen zwischen den Regionen mit unterschiedlichen Nahrungsangeboten.

Und so können wir auch unser Klima und unsere Ressourcen besser schützen. Es kann aus Klima- und Umweltschutzgründen durchaus sinnvoll sein, zum Beispiel Getreide künftig nur in landwirtschaftlichen Gunstregionen zu produzieren statt in der Wüste. Damit künftig aber auch alle Menschen satt werden und die Endlichkeit unserer Ressourcen besser mitbedacht wird, braucht es Markt und Moral.

Und die Spielregeln dafür legen wir fest. Deshalb lade ich Sie alle herzlich ein, die vielfältigen Veranstaltungen des GFFA zu besuchen und sich einzubringen.

Und ich freue mich besonders auf die Teilnahme Ihrer Agrarministerinnen und -minister. Gestalten wir gemeinsam den internationalen Agrarhandel der Zukunft!

Mit der Ratspräsidentschaft 2020 die GAP gestalten

Auch die zweite Frage: Wie wir die künftige Gemeinsame Agrarpolitik, unsere GAP; aufstellen müssen, damit sie den Anforderungen gerecht wird. Sie wird im nächsten Jahr eine wichtige Rolle spielen. Dann übernimmt Deutschland in der zweiten Jahreshälfte die Ratspräsidentschaft. Ich bin überzeugt, dass es uns gemeinsam gelingen kann, mit der GAP neue Schwerpunkte zu setzen:

  • Weniger Bürokratie für unsere Bauern.
  • Höhere Standards für Natur-, Umwelt- und Klimaschutz sowie Tierwohl, durch zielgerichtete und effektive Maßnahmen.
  • Die Stärkung unserer ländlichen Regionen

Und das wird auch notwendig sein, wenn wir wichtige Zukunftsfragen beantworten und den gesellschaftlichen Frieden im Land wieder stärken wollen.

Schluss

Wir können und wir müssen Antworten geben auf die großen Zukunftsfragen. Dafür müssen wir noch stärker den Dialog suchen – untereinander und mit Andersdenkenden. Und wir müssen noch besser ausgleichen und vermitteln.

Ich weiß Sie und Ihre Agrarattachés hier an meiner Seite. Deshalb herzlichen Dank, dass Sie und Ihre Teams uns so zuverlässig begleiten.

Der internationale Agrarhandel und unsere Gemeinsame Agrarpolitik bieten auch heute große Chancen. Lassen Sie uns daran gemeinsam arbeiten – damit Wunsch und Wirklichkeit nicht länger auseinanderklaffen.

Und ermuntern Sie Ihre Minister, sich zu beteiligen.

Damit wir Markt und Moral künftig besser zusammenbringen.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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