Gemeinsam. Europa wieder stark machen.

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner im AGRI-Ausschuss des Europäischen Parlaments zu den Schwerpunktthemen der deutschen Ratspräsidentschaft

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Ich freue mich, zur ersten Sitzungswoche während der deutschen Ratspräsidentschaft bei Ihnen zu sein. Unser Motto lautet: „ Europa wieder stark machen“.

Hinter uns liegen bewegte Wochen, in denen geschlossene Grenzen uns physisch getrennt haben. Diese Zeit ließ uns aber trotzdem noch enger zusammenrücken. Denn nicht erst die Pandemie hat gezeigt: Gemeinsam ist man stärker.

Das Logo unserer Ratspräsidentschaft zeigt das Möbiusband: Das Zeichen für Einigkeit und Verbundenheit. Nun geht es darum, die Pandemie gemeinsam weiter einzugrenzen und die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Innerhalb weniger Wochen hat sich deshalb auch das deutsche Programm verändert – die Themen wurden angepasst.

Land- und Ernährungswirtschaft ist systemrelevant

Anrede,

Nicht erst die vergangenen Monate haben gezeigt: die Land- und Ernährungswirtschaft ist systemrelevant. Deshalb gibt es die Gemeinsame Agrarpolitik – eines der ältesten und wichtigsten Politikfelder der EU. Ein Erfolgsinstrument.

Die europäische Versorgungssicherung in einem gut aufgestellten Binnenmarkt wird für uns eine entscheidende Rolle spielen. Denn funktionierende Lieferketten sind zentral für die verlässliche Versorgung mit Lebensmitteln. Genauso wie die Freizügigkeit von Arbeitskräften, damit gesät, geerntet und erzeugt werden kann.

Ziel aller Bemühungen muss es deshalb sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, mit denen wir die Land- und Ernährungswirtschaft resilient, krisenfest machen. Darüber hinaus liegt unser Augenmerk auch auf der Stabilisierung der Strukturen in den ländlichen Räumen. Denn in ganz Europa sind es vorrangig die ländlichen Räume, in denen unsere Lebensmittel produziert werden.

Prioritäten während der Ratspräsidentschaft

Anrede,

Wie sehen unsere Schwerpunkte in den kommenden sechs Monaten aus?

Wir werden uns vorrangig der Dossiers annehmen, die bis Ende 2020 behandelt werden müssen und hohe politische Priorität haben:

  • Das sind unter anderem die GAP-Übergangsregelungen für 2021 und 2022 sowie
  • vor allem die Weiterentwicklung der GAP für die Zeit nach 2020

Nicht in Zuständigkeit des AGRI-Ausschusses, aber im Agrar- und Fischereirat dennoch wichtig:

  • die Festlegung der Fischereiquoten für 2021,
  • die Verhandlungen zum Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds sowie
  • die Änderung der EMFF-Verordnung zur endgültigen Stilllegung bei bestimmten Fischereien in der Ostsee.

Aber auch andere Themen werden wir auf europäischer Ebene forcieren. Das sind zum Beispiel:

Das Thema Tierwohl:

  • Hier wollen wir Grundlagen legen, wie wir zu einem europaweit einheitlichen Tierwohlkennzeichen mit entsprechenden Standards kommen können.

Die Digitalisierung in der Landwirtschaft:

  • Digitalisierung ist ein entscheidender Faktor auf dem Weg zu einer nachhaltigen und ökonomisch tragfähigen
  • Wir organisieren deshalb im Dezember in Potsdam eine Konferenz zur digitalen Transformation der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette.

Aber auch ernährungspolitischen Themen möchten wir uns in den kommenden sechs Monaten widmen

  • – wie der erweiterten Nährwertkennzeichnung und den
  • Maßnahmen zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung.

Wir werden uns intensiv der engen Verzahnung von GAP, „Farm-to-Fork-Strategie“, Biodiversitätsstrategie und EU-Waldstrategie widmen.

Um diese Themen auch nach der deutschen Ratspräsidentschaft fortzuführen, sind wir seit Längerem in engem Austausch mit unseren Trio-Partnern Portugal und Slowenien.

Weiterentwicklung der GAP und MFR

Anrede,

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik. Allerdings ist der Fortschritt hier abhängig von den Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR). Wir befürworten deshalb einen raschen Abschluss der Verhandlungen.

Inhaltlich sind aus meiner Sicht in den GAP-Verhandlungen die folgenden Punkte wichtig:

  • der Erhalt einkommenswirksamer Direktzahlungen,
  • ein höheres Ambitionsniveau in Umwelt-, Klima- und Tierschutz,
  • das EU-weit gleichermaßen wirksam umgesetzt wird,
  • Vereinfachungen sowie
  • die Beibehaltung der Marktorientierung und der Errungenschaften des Binnenmarktes, der eine wichtige Basis für die Stärke unserer Land- und Ernährungswirtschaft ist.

Wir brauchen eine stärkere Verknüpfung von Direktzahlungen mit Umwelt- und Klimamaßnahmen. So fördern wir die Nachhaltigkeit und Akzeptanz der landwirtschaftlichen Produktion in Europa. Diese ambitionierten Ziele müssen für die Landwirte leistbar sein und auch entsprechend gefördert werden. Dazu brauchen wir ein angemessenes Budget.

Ich bin fest davon überzeugt, dass jetzt – trotz der Corona bedingten Verzögerungen – die Zeit gekommen ist, bei der Gemeinsamen Agrarpolitik voran zu kommen und Planungssicherheit für die Landwirte zu schaffen. Mein Ziel ist daher, eine Allgemeine Ausrichtung des Rates – wenn möglich im Oktober – herbeizuführen, damit dann die Trilogphase mit dem Europäischen Parlament eröffnet werden kann.

Anrede,

Die Erwartungen an Deutschland sind hoch. Wir werden zwischen vielen Wünschen und Interessen zu vermitteln haben. Ich verstehe meine Rolle dabei als die eines ehrlichen Maklers. Eines Mittlers der Interessen für die Zukunft der europäischen Landwirtschaft.

Ich habe eingangs das Möbiusband erwähnt, das Symbol unserer Ratspräsidentschaft. Es steht für unser innovatives und integratives Europa. In dem wir durch den Austausch und das Ausgleichen unterschiedlichster Interessen Gemeinsames schaffen. In diesem Sinne freue ich mich auf die kommenden sechs Monate.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Brüssel


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