Erweiterte Nährwertkennzeichnung, EU-Tierwohlkennzeichen und die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung auf der Agenda

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner im ENVI-Ausschuss des Europäischen Parlaments zu den Zielen und Plänen des BMEL während der deutschen Ratspräsidentschaft

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Kroatien hat den Staffelstab seiner erfolgreichen Ratspräsidentschaft an Deutschland übergeben. Wir machen uns jetzt frisch an die Arbeit. Denn zu tun gibt es mehr als genug. Deswegen danke ich sehr für die Möglichkeit zu einem Austausch mit Ihnen im hier im Ausschuss.

 Die Farm-to-Fork-Strategie ist ein Rahmen

Was hat Deutschland in den kommenden sechs Monaten geplant?

Die Bekämpfung der Corona-Pandemie und die Bewältigung ihrer wirtschaftlichen Folgen werden einen Schwerpunkt unserer Präsidentschaft bilden. Wie unter einem Vergrößerungsglas zeigt uns die Corona-Krise, was wesentlich ist.

Wesentlich war, die Gewissheit zu haben, dass ausreichend und sicheres Essen zur Verfügung steht. Und so werden ernährungspolitische Themen in dem vor uns liegenden halben Jahr eine elementare Rolle spielen. Aus diesem Grund begrüßen wir die Farm-to-Fork-Strategie. Sie unterstützt den Übergang zu einem fairen, nachhaltigen und innovativen Lebensmittelsystem im Einklang mit Natur und Umwelt.

Wir freuen uns darauf, die Einzelheiten der Strategie mit dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten zu erörtern. Und der Kommission weitere Orientierungshilfen an die Hand zu geben.

Bei der Bewertung der Farm-to-Fork-Strategie müssen wir aber immer auch die wirtschaftlichen Folgen im Blick behalten. Damit wir unsere Agrar- und Ernährungswirtschaft nicht überfordern und wir unsere Lebensmittelversorgung in Europa nicht gefährden. Wir möchten jetzt schnell mit der Arbeit an den Schlussfolgerungen des Rates beginnen, damit sie möglichst bis Ende Oktober angenommen werden können.

Auf der Agenda stehen erweiterte Nährwertkennzeichnung, EU-Tierwohlkennzeichen und die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung

Die Farm-to-Fork-Strategie greift wichtige Aspekte auf, die unser Ministerium schon länger verfolgt. Konkret sind das:

  • die erweiterte Nährwertkennzeichnung,
  • das EU-weite Tierwohlkennzeichen und
  • die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung

Deutschland möchte den schwierigen Prozess zur Findung einer EU-weit einheitlichen Nährwertkennzeichnung voranbringen. Aus unserer Sicht ist die parallele Verwendung verschiedener Modelle nicht sinnvoll. Das verwirrt die Verbraucher. Außerdem zwingt es Unternehmen, unterschiedliche Verpackungen in verschiedenen Ländern verwenden zu müssen. Oder ganz auf die Kennzeichnung zu verzichten.

Ein EU-weit einheitliches Modell würde den Verbraucherinnen und Verbrauchern hingegen länderübergreifend Orientierung geben. Und es würde darüber hinaus klare Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schaffen.

Wir freuen uns, dass die Kommission bis Ende 2022 einen Vorschlag zur Harmonisierung dieser Nährwertkennzeichnung auf der Packungsvorderseite vorlegen möchte. Zudem werden wir uns für eine EU-weit einheitliche Herkunftskennzeichnung einsetzen.

Des Weiteren hat das das Thema „Tierwohl“ hohe Priorität. Die nachhaltige Weiterentwicklung hin zu einer besseren und artgerechteren Haltung unserer Nutztiere ist eine große Zukunftsaufgabe. Für Deutschland und für die gesamte EU. Deshalb setze ich mich für ein EU-weites Tierwohlkennzeichen ein.

Das Feedback der Teilnehmer des Agrarrats vom 27. Januar war überwiegend positiv. Es hat mich in meiner Auffassung bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Wir beabsichtigen unter unserem Vorsitz eine eingehende Beratung über ein EU-weites Tierwohlkennzeichen zu führen. Mein Ziel ist ein europaweites, verbindliches Tierwohlkennzeichen. Das schafft einheitliche Bedingungen und Rechtssicherheit. Wir würden damit einen wichtigen Beitrag leisten, mehr Tierwohl sichtbar zu machen und finanziell honorieren zu lassen.

Schätzungen zufolge werden in der EU pro Jahr 88 Millionen Tonnen Lebensmittel verschwendet. Dies entspricht umgerechnet jährlich einer Menge von 173 Kilogramm pro Person.

Wir wollen, dass unser Lebensmittelsystem nachhaltiger wird. Dabei kommt es unter anderem darauf an, dass wir die Verluste und die Verschwendung von Lebensmitteln weiterhin intensiv in den Blick nehmen.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um bereits formulierte Ziele mit neuem Schwung zu verfolgen. Dabei geht es um die Umsetzung der Ratsschlussfolgerungen zu Lebensmittelverlusten und Lebensmittelverschwendung aus dem Jahr 2016.

Wir möchten die Mitgliedstaaten und die Kommission auffordern, über die bereits erzielten Fortschritte zu berichten.

Weiterentwicklung GAP

Ein besonderer Schwerpunkt der Präsidentschaft liegt auf der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik. Wir befürworten einen raschen Abschluss der Verhandlungen und streben eine allgemeine Ausrichtung des Rates im Oktober an.

Inhaltlich sind aus meiner Sicht in den GAP-Verhandlungen die folgenden Punkte wichtig:

  • der Erhalt einkommenswirksamer Direktzahlungen,
  • ein höheres Ambitionsniveau in Umwelt-, Klima- und Tierschutz,
  • das EU-weit gleichermaßen wirksam umgesetzt wird,
  • Vereinfachungen sowie
  • die Beibehaltung der Marktorientierung und der Errungenschaften des Binnenmarktes, der eine wichtige Basis für die Stärke unserer Land- und Ernährungswirtschaft ist.

Im Moment geht es darum, gut durch die Krise zu kommen und gleichzeitig nach vorne zu blicken. Denn der Erfolg unserer Vorhaben hängt auch von den weiteren Entwicklungen der Corona-Pandemie ab.

Derzeit bestehen auf EU-Ebene noch erhebliche Einschränkungen der gewohnten Arbeitsfähigkeit. Ich habe es mir zum Ziel gesetzt – trotz dieser Einschränkungen – unsere Aufgaben und die in uns gesetzten Erwartungen bestmöglich zu erfüllen.

Vielen Dank!

Erschienen am im Format Rede

Ort: Brüssel


Das könnte Sie auch interessieren

Das EU-Schulprogramm (Thema:Schule)

Übergewicht und ungesunde Ernährung werden weltweit zu einer immer größeren Herausforderung. Die Europäische Union will frühzeitig gegensteuern und setzt daher bei den Kindern und Jugendlichen an: Das zum Beginn des Schuljahres 2017/2018 eingeführte EU-Schulprogramm soll Kindern und Jugendlichen Gemüse und Obst sowie frische Milch und Milchprodukte schmackhaft machen und eine gesündere Ernährung fördern.

Mehr

Tipps zur Reiseplanung mit Tieren (Thema:Haus- und Zootiere)

Wenn der Urlaub vor der Tür steht und die Planung für die freien Tage beginnt, dann sollten sich Tierbesitzer folgende Fragen stellen: Nehme ich mein Haustier mit auf Reisen oder gebe ich es für die Zeit in andere Hände? Was muss ich beachten, wenn ich aus meinem Urlaubsland ein Haustier mit in die Heimat bringe?

Mehr

Politik gegen Hunger – Konferenz in Berlin (Thema:Welternährung)

20 Jahre Freiwillige Leitlinien für das Recht auf angemessene Nahrung – Erfahrungen, Erfolge und Ausblick. Am 4. und 5. Juni 2024 fand in Berlin die außerordentliche "Politik gegen Hunger"-Konferenz unter dem Titel "Twenty Years of Action: Advancing the Human Right to Food" statt.

Mehr