Lebe vom Ertrag und nicht von der Substanz!

Rede Bundesministerin Klöckner im Rahmen der Nachhaltigkeitswoche des Deutschen Bundestags

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

"Lebe vom Ertrag und nicht von der Substanz!"

Was das bedeutet, wissen Land- und Forstwirte nur zu gut: ihr Überleben. Sie rechnen nicht in Quartalen, sondern in Generationen. Land- und Forstwirte verstehen Nachhaltigkeit ganzheitlich: Nicht alleine nur als Ökologie, sondern gepaart mit ökonomischer Tragfähigkeit und sozialer Balance.

Was konkret bedeutet Nachhaltigkeit für die Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik? Es bedeutet:

  • Dass wir Ressourcen wertschätzen und nicht verschwenden. Stichwort Reduzierung von Lebensmittelverschwendung.
  • Dass wir Land- und Ernährungswirtschaft intelligent weiterentwickeln. Stichwort Digitalisierung und Präzisionslandwirtschaft.
  • Dass wir unsere natürlichen Verbündeten im Klimaschutz aktivieren: unsere Wälder, unsere Böden.

Wir haben deshalb in unserem Ministerium einen 10-Punkte Plan erarbeitet. Mit ganz konkreten Maßnahmen:

Vom Schutz des Moorbodens, über Energieeinsparungen Gartenbau, über eine emissionsarme Tierhaltung über den Humusaufbau im Ackerland sowie der Stärkung unserer Wälder über die Reduzierung von Lebensmittelabfällen bis hin zur Förderung eines regionalen und nachhaltigen Konsums.

Wald

Unbestritten: Unser Klimaschützer Nummer 1 ist der Wald.

Wald, der bewirtschaftet wird, bindet CO2 - nicht nur im bestehenden und wachsenden Wald. Er liefert uns den bedeutendsten nachwachsenden Rohstoff – das Holz! Holz speichert den Kohlenstoff oft über Jahrzehnte: in Möbeln, Dachstühlen oder ganzen Häusern.
Aber wir alle wissen: Der Zustand unserer Wälder ist dramatisch.

Um im Klimawandel zu bestehen und uns beim Klimaschutz zu helfen, muss unser Wald wieder stark werden. Wir setzen auf klimaresiliente Mischwälder. Denn wir alle brauchen den Wald, unsere grüne Lunge.

Und jetzt braucht er uns: Schadholz räumen, Schutz vor Schädlingen, standortangepasste, stabile Baumarten pflanzen. Deshalb nehmen wir Geld in die Hand: 1,5 Milliarden Euro wollen wir in den kommenden Jahren investieren. Jeder Baum, der jetzt nicht gepflanzt wird, ist eine verpasste Chance und wird unseren Enkeln und Urenkeln fehlen.

Machen Sie deshalb mit bei den Deutschen Waldtagen, die ich im Anschluss eröffnen werde.

Ernährung

Nachhaltigkeit, da sind wir alle gefragt – als Verbraucherinnen und Verbraucher. Lebensmittel wertschätzen statt wegwerfen! Darum geht es.

Wir leben in einer Welt, in der rund ein Drittel aller produzierten Lebensmittel im Müll landet – während 700 Millionen Menschen weiterhin Hunger leiden. In unseren Lebensmitteln stecken kostbare Ressourcen

  • Wasser, Energie, Rohstoffe, aber auch Arbeitskraft, Sorgfalt und Herzblut.

Gleichzeitig entstehen durch Lebensmittelabfälle und -verschwendung Treibhausgasemissionen.

Acht Prozent der weltweit anfallenden Menge. Lebensmittelverschwendung setzt daher nicht nur unsere Erde unter Druck. Sie ist schlichtweg ethisch nicht vertretbar. Deshalb haben wir uns verpflichtet, die Lebensmittelverschwendung pro Kopf zu halbieren und Lebensmittelverluste entlang der gesamten Produktions- und Lieferkette zu reduzieren. Wir erfassen die Höhe der Lebensmittelabfälle – so können wir nachvollziehen, wo Schwierigkeiten sind. Das Spenden von nicht verkauften Lebensmitteln wurde erleichtert. Und wir fördern Forschung und Innovation. Wir haben die Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung verabschiedet.

In diesem Jahr findet erstmalig der Internationale Tag der Aufmerksamkeit für Lebensmittelverluste und -verschwendung statt. Denn es braucht vor allem eines: mehr Wertschätzung. Auch für die Produzenten.

Landwirtschaft

Landwirte: Das sind Praxis-Klimaschützer: Weil sie tatsächlich CO2 speichern können. Im Gegensatz zu Theorie-Klimaschützern. Die viel fordern, aber kein Milligramm CO2 aus der Luft holen.

Und wir arbeiten mit dem Berufsstand - durch Forschung, Digitalisierung und Förderung daran - Artenvielfalt zu fördern, Energieverbrauch zu reduzieren, Emissionen einzusparen. So wollen wir Stickstoffüberschüsse verringern und Ammoniak- und Lachgasemissionen aus landwirtschaftlichen Böden vermindern. Gülle wird energetisch genutzt und damit fossile Energie ersetzt.

Wir bauen den Ökolandbau weiter aus.

In der Tierhaltung forschen wir an besonderen Fütterungsmaßnahmen, um den Methan-Ausstoß von Wiederkäuern zu verringern.

Denn eine nachhaltige Landwirtschaft arbeitet so,

  • dass die schädlichen Auswirkungen auf Klima, Boden, Wasser, Luft und Artenvielfalt ab und dass Wohl der Tiere und die Gesundheit der Menschen zunehmen,
  • sie stellt sicher, dass die grundlegenden Bedürfnisse von heutigen und zukünftigen Generationen befriedigt werden,
  • sie setzt so wenig wie möglich fossile, nicht regenerierbare Betriebsmittel ein,
  • sie wirtschaftet überwiegend regional,
  • sie sorgt für langfristige Beschäftigungsverhältnisse, zufriedenstellendes Einkommen sowie würdige und gleichberechtigte Arbeitsbedingungen für alle in der Landwirtschaft arbeitenden Menschen

Zielkonflikte

Natürlich gibt es hier Zielkonflikte:

Bei der Tierhaltung zwischen Klimaschutz und Tierwohl: Weidehaltung führt zu höheren, unkontrollierbaren Emissionen.

Oder wenn Landwirte weniger Pflanzenschutzmittel zur Unkrautregulierung einsetzen, müssen sie den Boden meistens maschinell stärker bearbeiten. Das wiederum setzt mehr CO2 frei. Und kann zu mehr Erosionen führen.
Es geht nicht um ein pauschales Entweder-Oder. Sondern um intelligente Lösungen.

Ich möchte eine sachliche Debatte, die von gegenseitiger Wertschätzung und Wissenschaftlichkeit getragen ist. Denn es geht um nichts weniger als:

  • Menschen zu ernähren.
  • Unser Klima und die Artenvielfalt zu schützen.
  • Nachhaltig zu leben und zu wirtschaften.

"Lebe vom Ertrag und nicht von der Substanz!"

Denn nur gemeinsam schaffen wir es, die Schöpfung zu bewahren!

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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