Ich will, dass unsere Bäuerinnen und Bauern weitermachen.

Rede Bundesministerin Klöckner zur Haushaltseinbringung 2021 im Deutschen Bundestag

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Wenn unsere Bauern aufhören zu ackern, haben wir alle ein Problem

Die Corona-Pandemie hat unser Leben und Arbeiten massiv beeinflusst. Auch das unserer Landwirte und der Lebensmittelbranche. Ihre Systemrelevanz ist nicht nur so dahin gesagt.

Dass wir trotz zeitweiser geschlossener Grenzen mit Lebensmitteln jeden Tag versorgt waren und sind, gilt uns als selbstverständlich. Aber in der Coronahochzeit ist es uns eines sehr bewusst geworden: Wenn unsere Bauern aufhören zu ackern, dann haben wir alle ein Problem.

Es muss also in unser aller Interesse sein, dass Bauernfamilien Freude an ihrem Beruf haben und dass sie sich nicht in erster Linie für das rechtfertigen müssen, was sie tun. Es muss in unser aller Interesse liegen, dass landwirtschaftliche Familien ein auskömmliches Einkommen mit ihrer Arbeit erzielen. Warum? Damit auch die junge Generation die Höfe übernehmen möchte.

Lebensmittel zu erzeugen, hat einen Sinn. Uns zu ernähren.

Aber: Die Nahrungsmittelproduktion geht auf Dauer nicht gegen die Akzeptanz der Verbraucherinnen und Verbraucher. Konsument und Produzent - sie schauten mal in eine Richtung. Heute macht sich der Eindruck eines Gegeneinanders breit: Hohe Erwartungen auf der einen Seite an die anderen:

  • Nach mehr Tierwohl.
  • Nach mehr Klima- und Umweltschutz, mehr Nachhaltigkeit, mehr Biodiversität.
  • Und auch: Nach bezahlbaren Lebensmitteln.

Auf der anderen Seite die Forderung der Landwirte, dass diese hohen Erwartungen mit entsprechenden Verbraucherpreisen oder Ausgleichszahlungen unterlegt werden. Denn: Welcher Landwirt sollte mit Freude Jahre lang drauf legen? Und das auch noch seinen Kindern empfehlen?

Ich will, dass Verbraucher ihren Landwirten vertrauen. Und ich will, dass Landwirte mit Zuversicht die Weiterentwicklung ihrer Arbeit angehen. Die Antwort auf diese Anforderungen ist dieser Zukunfts-Haushalt der Großen Koalition. Dieser Haushalt ist ein klares Bekenntnis:

  • Wir sagen Ja zu den ländlichen Räumen.
  • Ja, zu starken, wettbewerbsfähigen Bauernhöfen.
  • Ja, zu einer innovativen Ernährungswirtschaft am Standort Deutschland.
  • Ja, zum größten Aufforstungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
  • Wir sagen Ja zum größten Stallumbauprogramm für mehr Tierwohl.

Dafür setzen wir uns auch in unserer EU-Ratspräsidentschaft ein: Für mehr Umwelt- und Klimaschutz, für mehr Tierwohl, für eine bessere Nährwertkennzeichnung, um das national umsetzen zu können – auch dafür brauchen wir einen entsprechend ausgestalteten Haushalt.

Ich lege Ihnen einen erneuten Rekordhaushalt vor - für die Land- und Ernährungswirtschaft, für die ländlichen Räume, den Wald, die Nachhaltigkeit, das Tierwohl, den gesundheitlichen Verbraucherschutz, die Fischerei.

7,66 Milliarden Euro. Diese Zahl steht für eine Zukunfts-Zusage. Denn das, was wir von landwirtschaftlicher Erzeugung mehr erwarten und die Arbeit unserer Landwirte teurer macht, das müssen wir ausgleichen.

Ja, ich will, dass unsere Bäuerinnen und Bauern weitermachen.

Nicht Entweder-Oder, sondern Innovation

Die Landwirtschaft steht vor vielen Zielkonflikten. Zwischen Umwelt- und Klimaschutz auf der einen und Erntesicherung auf der anderen Seite. Weniger Schädlingsbekämpfungsmittel sind gesellschaftlich gewünscht. Fällt der komplette Schutz für die Pflanze aber weg, ist die Ernte gefährdet, Ressourcen auch. Wunsch und Wirklichkeit liegen oft weit auseinander.

  • Perfektes Obst und Gemüse, in ausreichender Menge zu bezahlbaren Preisen - am liebsten hergestellt ganz ohne Pflanzenschutzmittel und ganz ohne Düngung.
  • Höchste Tierwohlstandards, große Ställe und Freilauf - am liebsten zu ganz günstigen Preisen an der Ladentheke.

Wie soll das gehen? Die Lösung liegt nicht nur, aber eben auch in der richtigen Finanzierung. Nicht im Entweder-Oder.

Wir als Ministerium setzen deshalb auf Innovationen, die sich in der Praxis bewähren: Das sind "Ställe der Zukunft", die mehr Tierwohl bieten. Moderne Maschinen, digitale Technologien, die Dünger präziser ausbringen, Böden schonen, die Arbeit erleichtern und zugleich Geld sparen.

Übersetzt in unseren Haushaltsentwurf 2021 heißt das: Das Investitions- und Zukunftsprogramm Landwirtschaft ist 2021 mit 207 Millionen Euro unterlegt. Insgesamt sind in den kommenden vier Jahren 816 Millionen Euro vorgesehen.

  • Damit unterstützen wir die Landwirte konkret, um Wirtschaftsdünger emissionsärmer zu lagern, umweltfreundlicher aufzubringen.
  • Wir fördern Geräte, um Pflanzenschutzmittel einzusparen und präziser auszubringen. Wir legen großen Wert auf ressourcen- und umweltschonende Technik.

Das wollen die Verbraucher. Das wollen die Landwirte. Das will die Ernährungswirtschaft und das will der Handel. Umsetzen muss es der Landwirt. Und deshalb benötigt er mehr als alle anderen in der Kette unsere Unterstützung. Wer fordert, muss auch fördern. Damit Umsetzen möglich ist, statt: Anklagen. Verbieten und Vertreiben.

Wir fordern mehr Tierwohl. Wir fördern den Umbau der Ställe: 300 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket nehmen wir dafür in die Hand. Das hat es noch nie zuvor in diesem Umfang gegeben. Für bessere Ställe. Für mehr Tierwohl. Für mehr gesellschaftliche Akzeptanz. Für mehr bäuerliche Planbarkeit. Zudem richten wir mit fast 40 Millionen Euro Tierwohlkompetenzzentren ein, entwickeln die Ställe der Zukunft.

Auf dem Acker - da wächst Zukunft. Der Boden ist das wichtigste Gut. Deshalb unsere Ackerbaustrategie. Mit über 24 Millionen Euro für Forschung und Förderung des modernen Pflanzenbaus in Zeiten des Klimawandels. Es geht um eine Bodenfruchtbarkeit, abwechslungsreiche Fruchtfolge, passgenaue Düngung und Pflanzenschutz.

Landwirte schonen und schützen die Grundlagen ihrer Arbeit: Mit dem Sonderrahmenplan Insektenschutz stellen wir sage und schreibe 85 Millionen Euro zur Verfügung. Wir sagen Ja zum Insektenschutz und dem Ernteschutz. Wir sagen aber Nein zum Schädlingsschutz und zur Ressourcenvernichtung. So geht Umweltschutz. So geht Artenschutz. So geht Landwirtschaftsschutz. Machen statt klagen. Helfen statt hängen lassen.

Diese Bundesregierung ist Vorreiter, wir warten nicht ab, wir sind die Treiber einer neuen Entwicklung in der Landwirtschaft - mit Augenmaß. Nicht gegen, sondern mit den Bauern, nicht gegen, sondern mit den Verbrauchern.

Deshalb investieren wir in die Digitalisierung. Unsere digitalen Experimentierfelder in den ländlichen Räumen sind erfolgreich gestartet. Worum geht es?

  • Um Drohnen, Bodensensoren, autonomes Fahren auf dem Acker.
  • Oder um Vernetzungen und Versorgung der Menschen auf dem Dorf.

Und dieser Haushalt sichert unsere Bauernfamilien ab in heiklen Situationen. Im Alter, bei Krankheit oder Unfällen. Die landwirtschaftliche Sozialpolitik ist uns über vier Milliarden Euro wert. So stärken wir denen den Rücken, die uns täglich mit unseren Lebensmitteln versorgen. Noch ein Gedanke zu den zusätzlichen 30 Millionen Euro für die landwirtschaftliche Krankenkasse. Das Geld ist nicht in diesem Haushalt veranschlagt. Es kommt direkt aus dem Gesundheitsfonds. Das habe ich mit dem Bundesgesundheitsminister und dem Kabinett vereinbart. Mit dem Geld kann die landwirtschaftliche Krankenkasse ihre Beiträge im nächsten Jahr annähernd stabil halten. Beitragserhöhungen von über fünf Prozent vermeiden. Auch das ist ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber den bäuerlichen Familien.

Der Wald ist eine Jahrhundertaufgabe

Und bei alldem haben wir eine Jahrhundertaufgabe vor uns: Unseren Wald: Über viele Jahre hat er sich gut entwickelt. Stürme, Dürre, Borkenkäfer haben ihm aber bedrohlich zugesetzt. Den Waldbesitzern auch.

Jetzt ist unsere ganze Kraft und Aufmerksamkeit gefordert, um eine Fläche in der Größe des Saarlandes aufzuforsten. Nach klaren Nachhaltigkeitsregeln und mit Fokus auf Klimaresilienz. Auch hier mit Rekordsummen. Für unsere grüne Lunge, den Klimaschützer Nummer 1, unseren Wald. 478 Millionen Euro haben wir jetzt schon bereitgestellt:

  • für die Bewältigung der Waldschäden und
  • für die Anpassung der Wälder an den Klimawandel.

Zusammen mit der Kofinanzierung der Länder fließen so 800 Millionen Euro. 2021 sind 133 Millionen Euro Bundesmittel für diese Maßnahmen eingestellt. Aus dem Konjunkturpaket sind 2020 und 2021 zusammen noch einmal 700 Millionen Euro Bundesmittel vorgesehen.

Wir haben erstmals eine Nachhaltigkeitsprämie für den Wald entwickelt: 500 Millionen Euro, um die Waldeigentümer direkt zu unterstützen. Und 200 Millionen Euro für Investitionen in die moderne Forst- und Holzwirtschaft und um das Bauen mit Holz zu fördern.

So geben wir den Wäldern und der Forstwirtschaft eine Zukunftsperspektive.

Lebensqualität auf dem Land

Dieser Haushalt ist auch ein Bekenntnis für Gleichwertige Lebensverhältnisse, für die Stärkung und Lebensqualität der ländlichen Räume.

  • Damit Grundversorgung nicht erst in der nächsten Kreisstadt stattfindet.
  • Damit Dörfer ihre Dorfkerne zu erhalten und zu sanieren.
  • Damit Leben in der Ortsmitte ist und der digitale Anschluss schneller vorankommt.

Für Alt und Jung, für Neuzugezogene wie für Alteingesessene.

Und ein Thema ist mir besonders wichtig. Das Ehrenamt. Deshalb gehen wir hier neue Wege. In 18 Landkreisen haben wir hauptamtliche Anlaufstellen für das Ehrenamt geschaffen. Ihre Erkenntnisse sollen in die Arbeit der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt einfließen, die wir mit zehn Millionen Euro unterstützen. Die Stiftung hat im Sommer in Neustrelitz ihre Arbeit aufgenommen. Weil das Leben auf dem Land das Ehrenamt braucht!

Ernahrung: Gesunde Wahl zur leichten Wahl machen

Im November kommt der Nutri-Score. Er schafft Klarheit und Transparenz, auf einen Blick. Gleichzeitig reduzieren immer mehr Hersteller systematisch Zucker, Fette und Salz in ihren Fertigprodukten. So ist es vereinbart. Das ist der Erfolg unserer Ernährungspolitik. Die auf Verabredungen, Wissenschaft, Innovation und Anreize setzt. Weil für Verbote andere zuständig sind.

Und die Erfolge sind da, unser kontrollierendes Produkt-Monitoring zeigt: Es geht in die richtige Richtung:

  • Bei Milchprodukten, Frühstückscerealien und Erfrischungsgetränken ist der Zuckergehalt deutlich gesunken.
  • Vor allem bei vielen Produkten, die sich an Kinder und Jugendliche richten.
  • Bei den Erfrischungsgetränken sind es hier 35 Prozent weniger Zucker
  • bei den Kinder-Joghurts 20 Prozent.

Wir halten unser Versprechen: Die gesunde Wahl wird einfacher.

Wir verändern, um zu bewahren

Als ich 2018 meinen ersten Haushalt einbrachte, da habe ich Ihnen zugesagt:

  • Eine zielgerichtete Weiterentwicklung unserer heimischen Landwirtschaft, damit sie wettbewerbsfähig und anerkannt bleibt.
  • Neue Perspektiven für unsere ländlichen Dörfer und Gemeinden, mit starkem Ehrenamt.
  • Eine klare Kennzeichnung von Lebensmitteln.
  • Das gesunde Ernährung einfacher wird.

Genau das haben wir gemacht. Für die nächste Generation.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


Das könnte Sie auch interessieren

Das Förderprogramm "Nachwachsende Rohstoffe" des BMEL (Thema:Bioökonomie)

Das neuausgerichtete Förderprogramm "Nachwachsende Rohstoffe" ist die Grundlage für die Fortsetzung einer erfolgreichen Förderung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Bereich der Nachwachsende Rohstoffe.

Mehr