Unsere Wälder sind im Klimastress

Rede von Bundesministerin Julia Klöckner bei der Ausrufung Baum des Jahres 2021

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Die jährliche Ausrufung des "Baumes des Jahres" ist ein Ereignis, auf das viele immer warten. Ihrer Stiftung, lieber Herr Meier, ist es gelungen, eine Tradition zu schaffen, die auch über Deutschlands Grenzen hinweg großen Anklang findet. Ich bin dankbar, Schirmherrin dieser Stiftung zu sein, denn unsere Wälder brauchen Fürsprecher: Menschen, die hinsehen, verstehen, informieren, anpacken, mithelfen. Ihre Stiftung, lieber Herr Meier, tut genau dies. Und mit Ihrer naturpädagogischen Arbeit führen Sie unsere Jüngsten an dieses wichtige Thema heran. Dafür möchte ich Ihnen von ganzem Herzen danken.

Danke auch an die anwesenden Baumhoheiten für Ihr Engagement. Als Botschafter unserer Bäume ist es Ihre Aufgabe, gerade junge Menschen für Bäume zu begeistern. Alles Gute, lieber Nikolaus Fröhlich für die kommende Amtszeit.

Ein Dankeschön auch an Sie, Herr Dr. Knieriem: Sie geben hier, im Herzen der Hauptstadt, den Jahresbäumen eine Heimat, hegen und pflegen sie.

Unsere Wälder sind im Klimastress

Wir Deutschen haben traditionell eine enge Bindung zu unserem Wald. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie lernen viele den Wald als Ort der Stille, Erholung und Bewegung neu zu schätzen. Erst kürzlich habe ich den ersten rheinland-pfälzischen Kur- und Heilwald besucht, in Lahnstein. Der tatsächlich für Therapiezwecke genutzt werden wird. Weil wissenschaftlich bewiesen ist, dass ein Aufenthalt im Wald eine gesundheitsfördernde Wirkung hat. Und zwar sowohl zur Prävention als auch zur Heilung.

Aber Sie wissen: Wir haben ein Problem. Es ist unser Wald selbst, der Prävention und Heilung braucht. Denn unserem Wald geht es nicht gut. Er leidet:

  • An den Folgen der extremen Dürre- und Hitzeperioden,
  • am massiven Borkenkäferbefall,
  • und, weil Stürme und Waldbrände ihn dramatisch geschädigt haben.

Rund 285.000 Hektar Wald müssen wir wiederbewalden. Jeder, der mit offenen Augen durch Deutschland fährt, sieht die dramatische Lage. Wir verlieren einen Großteil des Fichtenvorrats, des Brotbaums der Forstwirtschaft.

Der Forstwirtschaft wird durch den Klimawandel zunehmend die wirtschaftliche Lebensgrundlage entzogen. Besonders betroffen sind Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Hessen.

Ihre bayerische Heimat, lieber Herr Fröhlich, und Baden-Württemberg sind zwar prozentual weniger stark betroffen. Aber beide haben aufgrund des hohen Waldanteils viel Schadholz.

Ich habe mich dafür eingesetzt, dass für Wald und Holz im Konjunkturpaket insgesamt 700 Millionen Euro Bundesmittel vorgesehen sind. Wir haben außerdem rund 800 Millionen Euro im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes. Das ist Geld für klimastabile Mischwälder und naturnahe Waldbewirtschaftungskonzepte.

So unterstützten wir die Wälder, damit sie sich erholen, stabilisieren und klimaangepasst entwickeln.

Der Baum des Jahres 2021: Ilex Aquifolium, die Europäische Stechpalme

Zum 33. Mal rufen wir heute den Baum des Jahres aus.

  • Ilex Aquifolium, die Europäische Stechpalme

Viele kennen die Stechpalme als Unterholzgewächs in Laubwäldern oder immergrüne Büsche in Bauerngärten. Als Kirchgängerin erinnere ich mich gut, dass wir Stechpalmzweige am Palmsonntag, in Ermangelung "echter" Palmzweige verwendet haben. Und natürlich als Weihnachtsschmuck, eingeflochten in den Adventskranz.

Als Baum ist mir die Stechpalme bislang noch nicht so häufig untergekommen. Dabei ist sie eine echte Europäerin. Und dank ihrer Widerstandskraft in Nord- und Osteuropa auf dem Vormarsch.

Aber auch innerhalb ihres natürlichen Vorkommens, in Süd- und Mitteleuropa, wird sie von der Klimaveränderung wohl profitieren. Denn als immergrünes Unterholz in Laubwäldern läuft ihre Fotosynthese am wirkungsvollsten im Winter, wenn die Bäume ohne Laub dastehen. Schon ab 0 °C springt ihre Fotosynthese an. Die milden Winter und steigenden Frühlingstemperaturen werden der Stechpalme sicherlich einen Vitalitätsschub bringen.

Es ist immer gut, wenn Politiker ihren Worten Taten folgen lassen. Deswegen werde ich nun zum Spaten greifen. Und nach guter Tradition den Baum des Jahres, hier im Berliner Zoo, pflanzen.

Vielen Dank.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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