Digitale Datenplattform für Landwirtschaft unverzichtbar

Rede von Bundesministerin Julia Klöckner auf der Digital Farming Conference, Bitkom, zu staatlichen Datenplattform, GAIA X, Natur- und Umweltschutz

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Wer „Bit“ und „Kom“ in seinem Verbandstitel stehen hat, bei dem wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass er eine digitale Konferenz exzellent managt. Für viele sind – mittlerweile muss man sagen: waren – digitale Lösungen aber keine Selbstverständlichkeit. Die Corona-Krise hat uns unmissverständlich vor Augen geführt: Ohne IT geht nichts mehr. Deswegen freue ich mich sehr, dass Sie in diesen schwierigen Zeiten an Ihrem Programm festhalten und zur Digital Farming Konferenz.Denn die Agrar- und Ernährungswirtschaft spielt bei der Digitalisierung in zweierlei Hinsicht eine ganz besondere Rolle.

Erstens: Weil die Digitalisierung DIE Schlüsseltechnologie ist, um vieler Zielkonflikte Herr zu werden:

  • Pflanzenschutz und Naturschutz
  • Sicherung der Welternährung und Ressourcenschonung
  • Tierwohl und Emissionsreduktion

Zweitens weil die Agrar- und Ernährungswirtschaft bei der digitalen Transformation zu den Pionieren zählt. Zum Beispiel

  • unterstützen schon jetzt zahlreiche sensorgesteuerte Maschinen die Arbeit auf dem Feld und im Stall,
  • werden Landmaschinen aus der Ferne gewartet,
  • und während die Automobilindustrie noch debattieren muss, fahren autonome und teilautonome Schlepper längst über die Äcker.

Warum herrscht hier ein Pioniergeist?

Da bin ich zuerst einmal bei unseren Bäuerinnen und Bauern auf den Betrieben. Denn dieser technische Fortschritt bedeutet mehr Work-Live-Balance. Weil

  • ein Abkalbesensor eine Nachricht auf das Handy sendet, sobald es mit der Geburt losgeht und nachts nicht mehr jede Stunde nachgeschaut werden muss.
  • ein Bodenthermometer – und nicht mehr der Winzer im Steilhang – misst, wann die richtige Temperatur für den Eiswein gekommen ist.

Um nur zwei Anwendungsbeispiele zu nennen.

Entscheidend ist: Die Digitalisierung macht die landwirtschaftliche Arbeit leichter, produktiver und effizienter. Dieses Potenzial hat auch der Bitkom erkannt und bereits vor vier Jahren die Sparte Landwirtschaft. Das begrüße ich sehr, und wir haben an zahlreichen Stellen schon sehr produktiv zusammengearbeitet. Deshalb möchte ich eines betonen:

Das Voranbringen der digitalen Transformation hat in unserem Ministerium absolute Priorität.

Wir brauchen Regeln für unsere Agrardaten

Anrede,

Mit den Daten ist es wie mit Wanderwegen. Ihre kluge Vernetzung macht sie immer wertvoller. In der Landwirtschaft führt daher kein Weg an digitalen Datenplattformen. Wir benötigen aber eine wichtige, vertrauensbildende Zutat. Wir brauchen Regeln. Denn die Daten der Landwirte sind ein wertvolles Gut. Landwirte müssen allen Beteiligten auf Augenhöhe begegnen können.

Uns liegen jetzt druckfrisch die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zu einer staatlichen Datenplattform für Landwirte vor, mit der wir das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering in Kaiserslautern und ihre Projektpartner beauftragt haben.

Fünf wesentliche Punkte der Bedarfsanalyse möchte ich Ihnen vorstellen:

Erstens: Landwirtinnen und Landwirte wollen weniger Bürokratie.

Zweitens: Sie wollen die Hoheit über ihre eigenen Daten

Drittens: Sie wollen staatliche Informationen besser und einfacher finden.

Viertens: Landwirte und Unternehmen im Agrarsektor brauchen offene, maschinenlesbare Schnittstellen für den Datenaustausch.

Fünftens: Behörden wiederum wünschen eine stärkere Vernetzung zwischen staatlichen Stellen.

Wir werden jetzt kurzfristig entscheiden, wie wir berechtigte Anliegen optimal umsetzen.

Was wir fördern

Die Bäuerinnen und Bauern arbeiten mit der Natur, die bekanntermaßen wechselhaft ist, und sich deshalb nicht immer leicht in binäre Codes übersetzen lässt. Wir brauchen praxistaugliche digitale Lösungen. Deshalb haben wir im Rahmen eines Bundesprogramms die „Digitalen Experimentierfelder“. Hier wird auf landwirtschaftlichen Betrieben vor Ort und im alltäglichen Einsatz getestet, wie sich digitale Techniken optimal im Sinne der Arbeitserleichterung, des Umwelt- und Naturschutzes sowie des Tierwohls nutzen lassen. Für Start-ups bieten sich dabei Kooperationschancen. Und die digitalen Experimentierfelder sind darüber hinaus Austausch- und Informationstreff für interessierte Praktiker.

Hierfür haben wir sehr viel Geld vorgesehen. In den kommenden drei Jahren insgesamt rund 50 Millionen Euro. Darüber hinaus haben wir das Bundesprogramm zur Förderung der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Landwirtschaft, Lebensmittelkette, gesundheitlichen Ernährung und den Ländlichen Räumen aufgelegt. Dort sind für die kommenden drei Jahren mindestens weitere 45 Millionen Euro.

Schwerpunktbereiche, die wir fördern, nenne ich Ihnen jetzt nur im Schnelldurchlauf:

  • Mustererkennung, maschinelles Lernen, Deep Learning, wissensbasierte Systeme, Robotik.

Die ersten Projekte starten planmäßig am Dezember.

Und schließlich gibt es die berühmte „Bauernmilliarde“, das Investitions- und Zukunftsprogramm des Bundes, beschlossen im Januar 2020. Es wird Bäuerinnen und Bauern auf ihrem Transformationsprozess hin zu noch mehr Umwelt- und Klimaschutz finanziell unterstützen. Dafür steht bis zum Jahr 2024 1 Milliarde Euro. Förderfähig wird insbesondere die Digitalisierung in der Kombination mit Umwelt- und Klimaschutz

Auf einer Positivliste stehen zum Beispiel Maschinen und Geräte für die

  • exakte Dünger- und Pflanzenschutzmittelausbringung
  • und für die mechanische Unkrautbekämpfung.

Ein weiteres hochkarätiges Engagement möchte ich Ihnen vorstellen. Das ist die Entwicklung der Domäne Landwirtschaft im Rahmen des europäischen GAIA-X Projektes.

Das muss ich Ihnen etwas detaillierter erklären: Mit GAIA-X wollen wir die Grundlage für die nächste Generation an Künstlicher Intelligenz in der Land- und Ernährungswirtschaft legen. Wir wollen eine leistungs- und wettbewerbsfähige Dateninfrastruktur aufbauen, ein digitales Ökosystem,

  • das auf der Basis europäischer Werte Sicherheit bietet,
  • das zur Wertschöpfungs- und Beschäftigungssicherung in Europa beiträgt
  • und gleichzeitig das Vertrauen in eigene Netze stärkt

Frankreich und Deutschland arbeiten intensiv und gemeinsam mit weiteren europäischen Partnern an diesem Ziel. Und da wir gerade beim Stichwort Europa sind:

Wie Sie wissen, gestalten wir im Rahmen der momentanen deutschen EU-Ratspräsidentschaft federführend die Gemeinsame Agrarpolitik und den EU-Haushalt. Das ausgehandelte Paket hat insgesamt ein beispiellos hohes Volumen von 1,8 Billionen Euro. Es setzt bei den Ausgaben klare Schwerpunkte in den Bereichen Klimaschutz und Digitalisierung. Das zeigt, welchen Stellenwert die Digitalisierung auch auf EU-Ebene. An dem Thema Digitalisierung werden wir bereits in der kommenden Woche konkret weiterarbeiten.

Unser Ministerium veranstaltet am 2. und 3. Dezember gemeinsam mit der European Agricultural Research Initiative (EURAGRI) eine europäische Konferenz zu Digitalisierung und Landwirtschaft. Ich lade Sie herzlich ein, teilzunehmen und sich einzubringen – natürlich virtuell. Ich setze mich persönlich täglich dafür ein, dass jede Bäuerin und jeder Bauer von der Digitalisierung profitieren.

Und wir ziehen den Kreis noch weiter. Wir kämpfen darum, dass auch jede Bürgerin und jeder Bürger in den ländlichen Räumen von der Digitalisierung profitieren wird:

Indem wir digitale Lösungen klug miteinander verknüpfen. Und Wertschöpfungsketten – vom Saatgutverkauf, über den Landwirt und die Vermarktung der Ernte bis zur Nahversorgung der Dörfer – effizienter machen. Der gesamte ländliche Raum wird davon profitieren. Wir werden die Digitalisierung leistungsstark und flächendeckend in ganz Deutschland verankern.

Vielen Dank!

Erschienen am im Format Rede

Ort: digital per Zoom, BMEL Berlin


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