Wir wollen dem deutschen Wein in der Kennzeichnung eine bessere Profilierung verleihen und somit auch neue Marktchancen schaffen

Rede von Bundesministerin Julia Klöckner in der 2. und 3. Lesung des Weingesetzes im Deutschen Bundestag

Es gilt das gesprochene Wort!

ANREDE

Unsere deutschen Winzerinnen und Winzer, unsere deutschen Weine zählen zu den besten auf der ganzen Welt. Der Ruf ist groß. Deutschland ist ein Land mit großer Weintradition, und Weinbau prägt viele Teile unseres Landes. 13 Weinanbaugebiete haben wir in Deutschland, die sehr unterschiedlich sind. So unterschiedlich wie die Weinanbaugebiete ist auch die Struktur der Weinwirtschaft: von fassweinproduzierenden Betrieben über Genossenschaften und größeren Kellereien bis hin zu den sogenannten Edelweingütern. Die Bandbreite ist so groß, wie es die Interessen sind und wie es die Vielfalt der Rebsorten ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Weinbau prägt die Kulturlandschaften und das Bild unseres Landes. Denken wir an den Mittelrhein, die Mosel, das Saaletal, die Mainschleife, den Rheingau. Ich selbst komme aus einem Ort an der Nahe. Wie gesagt, es sind 13 Anbaugebiete.

Doch zu viel Weinromantik wäre jetzt sicherlich fehl am Platz. Warum? Der Weinmarkt ist hart umkämpft. Ich meine nicht nur den deutschen Weinmarkt, sondern auch den europäischen und den internationalen. Trotz bester Qualitäten verlieren wir im internationalen Vergleich kontinuierlich Marktanteile. Ich will das an einigen Daten deutlich machen: Während der Wert der in Drittstaaten exportierten europäischen Weine innerhalb von zehn Jahren, von 2008 bis 2018, um 90 Prozent zugenommen hat, hat der Anteil der deutschen Weine am Export in Drittstaaten um 30 Prozent abgenommen. Dem wollen wir mit dem neuen Weingesetz und der zugehörigen Verordnung entgegensteuern. Wir wollen dem deutschen Wein in der Kennzeichnung eine bessere Profilierung verleihen und somit auch neue Marktchancen schaffen.

Deutscher Wein muss für die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher verständlicher werden. Eines ist klar: Es gibt in der Weinbranche viele Interessen, und dementsprechend werden auch bei einem Weingesetz nie alle Wünsche zusammen erfüllt werden können, weil wir sonst kein Mehr an Klarheit hätten. Aber wir werden die Bedingungen für alle in der Branche spürbar verbessern. Genau deshalb ist unser Entwurf einer Novelle zu Weingesetz und Weinverordnung schon jetzt ein großer Erfolg. Denn er berücksichtigt zahlreiche unterschiedliche Interessen. Die Gespräche und die Abstimmung mit Verbänden, mit dem Berufsstand, mit den Ländern und mit Ihnen als Gesetzgeber waren mir wichtig.

Ich möchte Ihnen hier kurz drei zentrale Punkte der Weingesetznovelle erläutern. Ich nenne mal die Herkunftspyramide. Die Mittel zur Vermarktung werden gesteigert. Aber wir wollen auch die Balance im Markt halten, was die Rebpflanzrechte anbelangt. Darauf will ich kurz eingehen.

Erstens wollen wir die verlorengegangenen Marktanteile zurückgewinnen. Das ist mein Anspruch. Zweitens wollen wir, dass die Winzer bessere Preise für ihre Weine erzielen können. Preise, die der Qualität und der Arbeit auch angemessen sind. Und wir wollen drittens, dass der Markt im Gleichgewicht bleibt. Dafür wagen wir den Einstieg in eine neue Systematik der Weinbezeichnung, für mehr Klarheit in der Kennzeichnung. Wir verbessern die Voraussetzungen für eine stärkere Absatzförderung, für einen besseren Wettbewerb. Dadurch stabilisieren wir den Markt und geben den Winzerinnen und Winzern Planungssicherheit.

Deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, konkret zur Stabilisierung: Ja, wir könnten die Rebpflanzfläche um etwa 1 Prozent erweitern. Aber wir haben uns entschieden, es auf 0,3 Prozent zu begrenzen, um eine Balance im Markt zu halten; denn wenn die Nachfrage zurückgeht, wir aber die Fläche erweitern würden, dann, glaube ich, wäre das kontraproduktiv. Kein Überangebot, das ist uns wichtig. Aber mir ist auch wichtig, dass die Forschung dabei weiterhin gefördert wird und entsprechende Versuchsflächen ausgewiesen werden. Wir züchten klimaresistente Pflanzen, die 70 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel brauchen. Sie kennen sicherlich Regent und Calardis blanc und viele andere mehr. Wir wollen motivieren, neue Pflanzenzüchtungen, Rebzüchtungen zu nutzen, und deshalb werden sie nicht auf die Begrenzung angerechnet. Das, glaube ich, ist ein ganz klares Zeichen. Im Übrigen werden wir neue Pflanzen oder Pflanzenzüchtungen, neue Rebsorten schneller und auch einfacher zulassen.

Die Systematik der Weinbezeichnung wird sich ändern. Das ist eine Herausforderung, aber auch eine Riesenchance. Wir orientieren uns dabei an den erfolgreichen europäischen Weinländern - sei es Italien, sei es Spanien, sei es Frankreich. Wir haben das germanische Weinrecht, und wir wollen zum sogenannten romanischen Weinrecht wechseln. Das heißt am Ende, dass wir stärker auf Profilierung, stärker auf Herkunft gehen. Herkunft ist mehr als nur der Boden: Herkunft ist Klima, Umwelt, Können des Winzers, Boden plus Qualität im Glas. Das soll auf dem Etikett sichtbar werden. Wir schaffen den Rahmen dafür.

Aber wir machen noch eines: Den Schutzgemeinschaften, die es vor Ort gibt, überlassen wir relativ viel, sodass sie vor Ort sogar noch strengeren Anforderungen gerecht werden können. Aber klar ist: Es wird Mindestanforderungen geben, die der Verbraucher klar erkennen kann, ganz verlässlich. Dann wird auf dem Etikett klar sein: Je kleiner die Lage, desto höher die Mindestanforderung und desto klarer kann der Verbraucher sich auch auf das verlassen, was draufsteht. Es wird nicht um ein Mehr an Quantität gehen, sondern um eine stabile Qualität. Dafür legen wir die Grundlage.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Damen und Herren, ich sehe, dass meine Redezeit abläuft. Es gibt noch so viel zu erläutern. Aber wichtig ist mir, zu betonen: Wir werden vor allen Dingen auch das Marketing, die Absatzförderung stärken. Wir werden von 1,5 Millionen auf 2 Millionen Euro gehen, um auch in die Kommunikation zu investieren. Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, dass Gelder, die uns Brüssel zur Verfügung stellt, von uns nicht abgerufen werden, also den Ländern, und sie müssen noch nicht mal kofinanzieren. Das werden wir ändern.

Für Grenzregionen werden wir Übergangsregelungen vorsehen. Übrigens, über die Übergangszeiten - das sei zum Schluss gesagt - kann man ja noch reden. Aber ich warne davor, die Übergangszeit auf zehn Jahre festzusetzen. Warum? Erstens stehen dann unionsrechtlich Klagen an, weil wir EU-Recht anpassen müssen. Zweitens: Wenn man zehn Jahre Zeit hat, dann fängt man im neunten erst Jahr an. Aber wir haben keine Zeit zu verlieren.

Herzlichen Dank.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Bundestag, Berlin


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