Ich glaube an die Kraft des Dialogs

Rede von Bundesministerin Julia Klöckner zur Eröffnung des 14. Zukunftsforums Ländliche Entwicklung

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Heute ist ein besonderer Tag. Wir eröffnen das 14. Zukunftsforum Ländliche Entwicklung. Und in Washington wird Joe Biden als 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt.

Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Wir alle haben die verstörenden Bilder der Kapitol-Erstürmung vor Augen. Diesen unfassbaren Angriff auf die Grundfeste der Demokratie. Auch bei uns nehmen demokratiezersetzende Tendenzen zu.

Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Dennoch sollten wir die Vorkommnisse als Mahnung begreifen.

  • Dass wir ein Auseinanderbrechen der Gesellschaft verhindern müssen.
  • Dass wir gleichwertige Lebensverhältnisse für alle brauchen.
  • Und, dass das Gefühl des Abgehängt-Seins eine toxische Wirkung entfalten kann.

Ich glaube an die Kraft des Dialogs. Wir müssen miteinander im Gespräch bleiben. Das Zukunftsforum als größtes nationales Forum für die Ländlichen Räume ist ein Gesprächsangebot. Über 2900 Teilnehmer haben sich angemeldet.

Das ist sensationell!

So einschneidend das Leben auf Distanz auch ist. Der Digitalisierung hat es zu einem Paradigmenwechsel verholfen. Es ist beeindruckend zu sehen, was alles geht, wenn nichts mehr geht:

  • Oma liest Geschichten per Videoschalte vor.
  • Sportkurse finden via Videokonferenz statt.
  • Und selbst auf Weinproben muss nicht verzichtet werden. Ich habe es ausprobiert!

Was zu Beginn 2020 noch Zukunftsmusik war. Es ist im jungen Jahr 2021 bereits das "neue Normal". Doch was passiert, wenn alte Gewohnheiten und analoge Alternativen wieder möglich sind? Eine Rolle rückwärts?

Nein. Wir müssen die digitalen Errungenschaften in die Zukunft überführen und etablieren. Wir müssen uns aber auch jenseits der Digitalisierung neu aufstellen. Digitalisierung ist ja kein Selbstzweck. Sie dient dem Menschen.

"Alles digital oder doch wieder normal"? Unter diesem Motto wollen wir diskutieren.

Wir müssen jetzt die richtigen Weichen stellen, für einen Neustart nach Corona. Vieles ist zum Stillstand gekommen. Vieles wurde in Bewegung gebracht. Lassen Sie mich auf drei Bereiche eingehen, in denen wir Förderangebote starten:

Erstens: Wir brauchen einen Neustart für das Ehrenamt

Auch hier hat der Digitalisierungsschub neue Wege eröffnet. Mit Ideenreichtum wurde das Vereinsleben in den Dörfern am Laufen gehalten.

  • Mit Online-Vereinscoachings unseres Projektes "Hauptamt stärkt Ehrenamt".
  • Mit "Feldrand-Schalten" der Landjugend auf Instagram.
  • Oder Online-Veranstaltungen der Landfrauen.

Die positive, kreative und konstruktive Energie, die sich da aus der Not entwickelt hat, ist beeindruckend. Auch als es darum ging, hilfsbedürftige Gemeindemitglieder zu unterstützen.

Wir haben mit einem Corona-Sonderprogramm schnellstmöglich reagiert. Und Geld für mehr als 200 ehrenamtliche Projekte bereitgestellt. Für die Zeit nach Corona wird es darauf ankommen, dass die Menschen am Ball bleiben.

Die Digitalisierung wird Ehrenamt und Engagement nachhaltig verändern. So können hybride Formate auch nach Corona hilfreich sein. Etwa, wenn sich junge Eltern oder pflegende Angehörige einfach in Vereinssitzungen zuschalten können. Eine Riesenchance für Vereine mit Nachwuchssorgen.
Natürlich braucht es dafür die richtige digitale Ausstattung und das entsprechende Knowhow. Die neue Bundesstiftung für Engagement und Ehrenamt hat 2020 bereits 1500 Vereine dahingehend unterstützt.

Mein Ministerium wird einen Schwerpunkt auf den digitalen UND analogen Neustart des Ehrenamts für die Zeit nach Corona legen.

Zweitens: Wir brauchen einen Neustart für die Nahversorgung auf dem Land

Online-Lieferdienste waren zweifelsohne die Gewinner der Lockdowns. Doch können sie den Dorfbäcker, die Apotheke oder den Buchladen an der Ecke wirklich ersetzen? Diese kleinen lokalen Orte, an denen man sich zufällig trifft, ein Schwätzchen hält, sich austauschen kann?

Es wäre fatal, wenn die Händler vor Ort von den Online-Riesen verdrängt würden. Da müssen wir gegensteuern. Mit LandVersorgt werden wir ab Februar bundesweit mit 14 Projekten neue Konzepte erproben und fördern. Die Nutzung von Apps wird dabei immer mitgedacht.

Die ländlichen Kommunen haben wir aufgefordert, Konzepte der regionalen Nahversorgung zu entwerfen. Gut, den Deutsche Städte- und Gemeindebund bei diesem Vorhaben an meiner Seite zu wissen!

Flexible Arbeitsplätze sind ein weiterer zentraler Bestandteil der ländlichen Nahversorgung. "Coworking", also das Arbeiten in modernen Bürogemeinschaften, kann ländliche Regionen nachhaltig beleben. Coworking-Spaces ermöglichen das Arbeiten am Wohnort. Oder für ruhebedürftige Städter das Arbeiten im Grünen. Und können damit eine positive Dynamik in Gang setzen:

Denn, wer arbeitet, braucht eine gute Infrastruktur. Braucht Gastronomie, Kinderbetreuung und Einkaufsmöglichkeiten und dergleichen mehr. Mit unserem neuen Leitfaden "Coworking auf dem Land" geben wir Tipps von der Gründung bis zum Betrieb.

Drittens: Wir brauchen einen Neustart für die Mobilität auf dem Land.

Verlässliche Mobilitätsangebote sind unverzichtbar. Mit unseren 41 LandMobil-Vorhaben wollen wir Impulse setzen, um bundesweit Mobilität in ländlichen Räumen neuzugestalten. Indem wir praktische Lösungsansätze für ganz verschiedene Bedürfnisse erproben.

Etwa mit einem IT-gestützten Mobilitätsmanagement. Einer Kombination mehrerer Verkehrsmittel, die die Menschen reibungslos von A nach B bringen. Oder mit "On-demand-Diensten", die flexiblen, bedarfsgerechten Routen ohne Linienplan folgen. Auch hier läuft nichts mehr ohne digitale Vernetzungsplattformen und Apps.

Wer das Hohelied der Digitalisierung singt, muss eines verstehen:

  • Ohne eine gute Breitband- und Mobilfunkanbindung,
  • Ohne auf ländliche Bedürfnisse zugeschnittene digitale Anwendungen

wird das nichts.

Deswegen haben wir uns bei der Mobilfunkstrategie dafür eingesetzt,

  • dass verstärkt Mobilfunkmasten in ländlichen Räumen aufgestellt werden.
  • Dass beim Breitbandausbau die ländlichen Räume möglichst flächendeckend mit Glasfaser ausgebaut werden.
  • Und auch schwer erschließbare Anschlüsse eine vernünftige Internet- und Mobilfunkverbindung erhalten.

Die Entwicklung ist schnell. Wir müssen heute die Anwendungen von morgen voraussehen.

Ein weiteres wichtiges Projekt sind unsere Smarte.Land.Regionen. Sieben Landkreise werden bei der Entwicklung und Umsetzung digitaler Lösungen unterstützt.

Ich freue mich, heute alle smarten Landräte begrüßen zu dürfen. Und ihnen virtuell die Förderurkunde überreichen zu können.

Gute Ideen enden nicht an unseren Landesgrenzen. Ich freue mich, dass wir das Königreich Niederlande als Partnerland gewinnen konnten. Welkom Nederland!

Ich wünsche uns allen ein erfolgreiches Zukunftsforum.

Vielen Dank.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin/virtuelle Konferenz


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