Konventionelle und ökologische Anbauweise dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner zur Eröffnung der Öko-Obstbau-Tagung

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Glocker (Vorsitzender Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau e.V. - FÖKO),

Sehr geehrte Damen und Herren,

Hallo zusammen!

Einleitung

Lassen Sie mich gleich mit einer guten Nachricht beginnen: Bio-Produkte liegen im Trend! Ich habe erst vor knapp zwei Wochen die Ergebnisse unseres Öko-Barometers 2020 vorgestellt. Mit dem seit 2002 Einkaufsgewohnheiten in Bezug auf Bio-Lebensmittel untersucht werden. Und weil Corona viele Bereiche unseres Alltags beeinflusst, hatten wir die Pandemie zum Schwerpunkt der Befragung gemacht.

Dabei hat sich gezeigt: Verbraucherinnen und Verbraucher haben sich auch durch das Homeoffice stärker mit ihrer Ernährung beschäftigen müssen. Und sie haben das bewusster getan: Denn wir sehen, dass im vergangenen Jahr viel Wert auf Regionalität und ökologische Produktion gelegt wurde.

In Zahlen heißt das: 37 Prozent der Befragten gaben an, häufig oder ausschließlich Bio-Lebensmittel zu kaufen. Und neben Eiern sind Obst und Gemüse nach wie vor die Klassiker: Insgesamt haben 70 Prozent der Befragten angegeben, häufig oder ausschließlich Bio-Obst und Gemüse zu kaufen – 2019 waren es noch 66 Prozent.

Diese gestiegene Nachfrage zeigt sich auch in den Absatzzahlen: Ersten Analysen zu Folge dürfte der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken in 2020 den Wert von 14 Milliarden Euro überschreiten. Dies wäre ein Plus von 17 Prozent gegenüber 2019. Und zwischen März und Oktober 2020 haben die Einkaufsmengen von Bio-Frischobst in privaten Haushalten um 13 Prozent – im Vergleich zum Vorjahr – zugenommen. Äpfel verzeichnen ein Plus von über 8 Prozent.

Die Nachfrage konnte teilweise kaum gedeckt werden. Vor diesem Hintergrund ist mein Ziel ganz klar: Bis 2030 möchte ich einen Anteil von 20 Prozent Öko-Landbau erreichen.

Rahmenbedingungen für den Öko-Obstbau

Anrede,

Schon jetzt stehen wir, was die Anbauflächen angeht, nicht schlecht da: Denn zwischen 2016 und 2019 hat die ökologisch bewirtschaftete Fläche in Deutschland insgesamt um 41 Prozent zugenommen. Der Öko-Anteil bei den Dauerobstkulturen hat im Jahr 2019 bereits einen Flächenanteil von 19,2 Prozent erreicht.

Klar – vieles ist auch auf den hohen Anteil an Wirtschaftsobst zurückzuführen. Aber wir haben gute Voraussetzungen, auch den Anteil der Flächen für Frischobst noch zu steigern. Denn nicht nur die Nachfrage der Verbraucher nach Bio-Lebensmitteln aus der Region steigt.

Wir haben auch immer mehr Landwirte und Gärtner, die gerne ökologisch wirtschaften möchten. Und dafür schafft unser Ministerium die Rahmenbedingungen – durch gezielte Förderung und indem wir Anreize schaffen.

Konkret heißt das: Wir unterstützen die Landwirte, wenn sie auf Öko-Landbau umstellen. Und wir honorieren, wenn sie bei dieser kostenintensiveren Bewirtschaftung bleiben.

2019 haben Betriebe so rund 109 Millionen Euro Bundes- und Landesmittel erhalten. Auch über die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik fördern wir die Öko-Betriebe: Im Jahr 2019 erhielten sie rund 454 Millionen Euro EU-Direktzahlungen (1. Säule).

Mit der Zukunftsstrategie ökologischer Landbau (ZöL) fördern wir mit verschiedenen Maßnahmen das ökologische Wirtschaften. Den Etat für das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) haben wir 2018 um 10 Millionen Euro und 2021 um 5 Millionen Euro auf insgesamt gut 33 Millionen Euro erhöht.

Diese Mittel wollen wir nutzen, um den ökologischen Landbau zu unterstützen.

Durch Forschung: Um die Leistungsfähigkeit zu erhöhen und die Anpassung an den Klimawandel erfolgreich zu gestalten.

Durch Wissenstransfer: Um die Erkenntnisse der Forschungsvorhaben in die Praxis zu bringen

Durch Information: Um die Nachfrage nach Öko-Produkten zu steigern.

Durch regionale Bio-Wertschöpfungsketten: Um die Produktion von Öko-Lebensmitteln zu unterstützen und dem Wunsch nach regionalen Lebensmitteln nachzukommen.

Durch Vorhaben zur Vernetzung und zum Austausch von Bildungsakteuren: Um den Öko-Obstbäuerinnen und –bauern von Morgen bereits während ihrer Berufsausbildung das notwendige Knowhow zu vermitteln.

Aber auch andere Förderprogramme meines Hauses leisten einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Öko-Landbaus.

Und in einem unserer digitalen Experimentierfelder wird der Einsatz innovativer Technologien zur Gestaltung und Optimierung neuer Wertschöpfungsketten in der Landwirtschaft untersucht. Speziell im Bereich der Sonderkulturen Obst und Wein.

Mit unserer Initiative „BioBitte – Mehr Bio in öffentlichen Küchen“ unterstützen wir den großen Bereich der Außer-Haus-Verpflegung dabei, Bio-Produkte in das Verpflegungsangebot aufzunehmen. Wir haben dabei vor allem öffentliche Einrichtungen im Blick: öffentliche Kantinen oder die Kita- und Schulverpflegung.

Denn hier ist noch Luft nach oben – und der Bereich hat eine wichtige Vorbildfunktion. Mit der Initiative wollen wir den Bio-Anteil in öffentlichen Küchen auf 20 Prozent und mehr erhöhen.

Schluss

Anrede,

Dieses Bündel an Maßnahmen zeigt: Wir sind gemeinsam auf einem guten Weg. Und es gibt noch weitere Faktoren, die uns auf dem Weg zum 20 Prozent-Ziel unterstützen:

Der Erfolg des Bio-Siegels, das sich nach 20 Jahren im Markt als vertrauenswürdige Informationsquelle fest etabliert hat.

Der Bundeswettbewerb Ökologischer Landbau, der zugleich Anreize im Berufsstand und öffentliche Sichtbarkeit für die Kreativität der Ökobetriebe schafft.

Und aktuell das Internationale Jahr für Obst und Gemüse der Vereinten Nationen, mit dem das Bewusstsein für Ernährungssicherheit und für das Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele geschärft werden soll.

Bei all den Erfolgen für den Öko-Landbau möchte ich noch eine Sache betonen, die mir wichtig ist. Es sollte uns allen auch um ein gutes Miteinander und eine Annäherung der Produktionsweisen gehen. Konventionelle und ökologische Anbauweise dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Gerade nicht vor dem Hintergrund der Ernährungssicherung für eine wachsende Weltbevölkerung.

Der Öko-Landbau, der nachhaltig ist, wird immer produktiver. Auch durch unsere Unterstützung. Und die konventionelle Anbauweise wird immer ressourcenschonender und tierwohlgerechter – und bleibt dabei ertragreich.

Das heißt: beide Produktionsweisen bewegen sich aufeinander zu. Beide Produktionsweisen lernen voneinander.

Diese Verschränkung brauchen wir, um mit moderner, nachhaltiger Landwirtschaft die Ernährung der Weltbevölkerung zu sichern.

Vielen Dank!

Erschienen am im Format Rede

Ort: digital


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