Wir möchten in Sachen Tierwohl und Tiergesundheit vorangehen

Rede von Bundesministerin Julia Klöckner zur Eröffnungsveranstaltung EuroTier / EnergyDecentral digital

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Hubertus Paetow,

Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Verbände, der Forschung und der Unternehmen rund um die Tierhaltung,

Liebe Bäuerinnen und Bauern,

es ist richtig und wichtig, dass Sie, lieber Herr Paetow, die Messe Eurotier digital stattfinden lassen. Trotz aller widrigen Umstände. Denn eines ist klar:

Die Tierhaltung ist ein elementares Glied in der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette. Kreislaufwirtschaft geht nur mit der Tierhaltung. Wenn dieses Glied fehlt, dann schließt die Kette nicht mehr. Dann läuft es nicht mehr rund. Die hohen Anmeldezahlen – 1200 Aussteller, insbesondere auch aus dem Ausland – belegen die Bedeutung.

Auch für unser Ministerium hat die Eurotier eine hohe Bedeutung. So sind wir selbstverständlich mit einem digitalen Messestand vertreten.

Die Wertschöpfungskette Fleisch umspannt den gesamten Globus. Die Handelsbeziehungen laufen grenzüberschreitend. Leider machen in der aktuellen Situation aber auch die Gefahren nicht vor den Grenzen halt. Das betrifft akut das Corona-Virus und die Afrikanische Schweinepest.

Ich möchte Ihnen eines versichern: Unser Landwirtschaftsministerium setzt sich mit aller Kraft dafür ein, Schäden von der Landwirtschaft fern zu halten.

Gleich zu Beginn der Corona-Pandemie haben wir dafür gesorgt, dass diese Branche als systemrelevant eingestuft wird. Mit der Berücksichtigung spezieller Bedürfnisse wie beispielsweise die Einreise von Saisonarbeitskräften. Auch für die diesjährige Saison arbeiten wir bereits an konkreten Lösungen.

Für Sie ist es vielleicht interessant zu wissen: Unser Ministerium hat einiges zur Eurotier vorbereitet. Am Donnerstag, 11. Februar um 9.00 Uhr werden Landwirte zum Thema Corona zu Wort kommen. Sie finden den Beitrag unter „Spotlight Schwein“.

Was ASP betrifft, so arbeiten wir unermüdlich daran, Nachteile abzuwenden. Mit Aufklärung und Schutzmaßnahmen. Ich appelliere hier noch einmal ausdrücklich an die Bundesländer: Schützen Sie die Hausschweinebestände!

Zweitens geht es um die Begrenzung von Marktschäden. Zumindest innerhalb der Europäischen Union – wo wir ca. 70 Prozent unserer Exportumsätze erzielen – ist der Handel von Schweinefleisch weiter möglich. Weil wir im europäischen Binnenmarkt gute Regionalisierungskonzepte haben.

Aber wir haben auch die Situation, dass der Export in wichtige Drittstaaten wegfällt, da Deutschland seinen Status „ASP frei“ verloren hat. Wir verhandeln seit Jahren intensiv gerade im asiatischen Raum. Unser Ziel ist die Vereinbarung einer Regionalisierung, um weiter aus ASP-freien Gebieten exportieren zu können.

Insbesondere die chinesischen Behörden haben sich bislang sehr zurückhaltend gezeigt.  Weder der Europäischen Union noch einem europäischen Staat – ob von ASP betroffen oder nicht – ist es bisher gelungen, mit der VR China eine verbindliche Regionalisierungsvereinbarung zu erzielen.

Gerade unter dem aktuellen ASP Geschehen – wir haben inzwischen die Marke von 600 Fällen überschritten – ist ein Erfolg nicht kurzfristig zu erreichen.  Wir müssen weiterhin mit langwierigen und schwierigen Verhandlungen rechnen.

Auch mit Japan und Südkorea sind aufgrund mehrstufiger Verfahren die Verhandlungen langfristig. Wir arbeiten aber mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln an der Fortführung der Verhandlungen.

Handel ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist geprägt von gesellschaftlichen Ansprüchen. In Deutschland und in Europa stellen wir besonders das Tierwohl in den Mittelpunkt der Perspektiv-Diskussion. Wir möchten in Sachen Tierwohl und Tiergesundheit vorangehen.

Aber mit Nostalgie werden die notwendigen Veränderungen nicht gelingen. Wir brauchen den Blick nach vorne. Wir brauchen eine Landwirtschaft, die fortschrittlicher und damit besser ist als die von gestern. Eine Landwirtschaft, die auf geänderte Anforderungen reagiert.

In Deutschland investieren wir in moderne Ställe, die unter anderem mehr Platz für die Tiere bieten. Zum Beispiel über die Förderungen aus dem Konjunkturpaket mit 300 Millionen Euro. Erfolgreich sein können wir dabei aber nur, wenn wir eine langfristige Perspektive bieten.

Unsere „Borchert-Kommission“ hat dazu weitreichende Empfehlungen vorgelegt. Mehr Tierschutz kostet aber Geld.

Wir haben eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, um zu schauen, welche Möglichkeiten wir haben, den Umbau der Tierhaltung voranzutreiben und diese gewaltige Aufgabe zu finanzieren. Das Ergebnis werden wir in diesem Monat bekommen.

Erst wenn wir solide Planungsgrundlagen haben, können wir entscheiden, wie wir weitermachen. So sieht Verlässlichkeit aus. Das ist es, was unsere Tierhalter benötigen: Verlässlichkeit.

Dazu tragen zwei weitere Aspekte bei:

Erstens ist es uns gelungen, in Europa die zukünftigen Direktzahlungen auf dem nahezu bisherigen Niveau zu halten. Damit sichern wir unseren Bäuerinnen und Bauern die notwendigen wirtschaftlichen Perspektiven. Gleichzeitig wird der gesellschaftlich geforderte Wandel in der Landwirtschaft mit der GAP nach 2020 noch stärker gefördert.

Zweitens: Wir machen das „Mehr an Tierwohl“ sichtbar.  In Deutschland wollen wir dies über ein staatliches Tierwohlkennzeichen schaffen. Darüber hinaus konnten wir in Brüssel während der deutschen Ratspräsidentschaft einen wichtigen Schritt hin zu einem europäischen Tierwohlkennzeichen machen. Damit sich die Verbraucherinnen und Verbraucher europaweit beim Einkauf gezielt für ein Mehr an Tierwohl entscheiden können.

Eines müssen wir uns verdeutlichen:

Die Akzeptanz der gesamten Branche steht und fällt auch mit der Akzeptanz der Tierhaltung. Der Mechanismus ist derselbe wie in der Wertschöpfungskette. Fällt ein Glied aus, läuft es insgesamt nicht mehr rund.

Die Tierzucht, die Fütterung und der Stallbau, Transport, Schlachtung und Verarbeitung werden sich weiterentwickeln, wenn die Tierhaltung in Deutschland verortet bleibt.

Denn unser Land ist traditionell dafür ein herausragender Wirtschafts- und Forschungsstandort.  Wir tun alles dafür, Deutschland zu einem zukunftsfesten Ort für die Tierhaltung zu machen.

Seien Sie mutig. Seien Sie unternehmerisch. Entwickeln Sie die Landwirtschaft und die Tierhaltung mit voran. Wir sind Ihnen ein verlässlicher Partner.

Vielen Dank!

Erschienen am im Format Rede

Ort: BMEL Berlin/virtuelle Konferenz


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