Wir müssen unseren Landwirten Alternativen zu chemischen Pflanzenschutzmitteln bieten

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner zur Bescheidübergabe für die Projekte ParaDrosu und HOPE zur Bekämpfung der Kirschessigfliege

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede

Jetzt, Mitte April, stehen unsere Obstbäume und Sträucher gerade kurz vor der Blüte. Ein wichtiger Zeitpunkt, der mit darüber entscheidet, wie die Chancen für eine gute Ernte stehen. Aber es gibt viele kritische Momente in diesem Prozess: von der Blüte bis hin zur Ernte. Und oft ist er begleitet von Sorgen:

  • Wird es Spätfröste geben?
  • Bleiben wir von Starkregen und Hagel verschont?
  • Und sind die Pflanzen gesund und ohne Schädlingsbefall?

Wir wollen uns heute um eine dieser Sorgen kümmern, die unsere Obstbauern in dem entscheidenden Moment betrifft, wenn es fast geschafft ist.

Denn genau dann kommt die Kirschessigfliege ins Spiel, die sich auf fast reifen Früchten niederlässt, auf Kirschen, Pflaumen, Wein und auch auf Beerenobst. Sie legt ihre Eier in die reifenden Früchte. Mit der Folge, dass die bald schlüpfenden Larven die Frucht anfressen und verderben. Das ist ein relativ junges Problem: Vor gerade einmal zehn Jahren wurde die Fliege bei uns zum ersten Mal nachgewiesen. Inzwischen ist sie aber in ganz Deutschland verbreitet. Und dort, wo sie stark auftritt, drohen massive Ernteverluste, zum Teil in Millionenhöhe. Bis hin zum Totalausfall. Das ist ein großes Problem, für das es im Moment noch keine ideale Lösung gibt. Die Bekämpfung ist außerordentlich schwierig und oft unzureichend.

In Deutschland stehen nur wenige Insektizide zur Verfügung, meist nur über Ausnahmegenehmigungen durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Eine vielversprechende Lösung ist das Spannen feinmaschiger Netze über Obstanlagen. Das testen wir bereits seit 2017 in einem Demonstrationsverfahren, das wir mit rund 1,7 Millionen Euro fördern. Die Ergebnisse sind vielversprechend, Insektizide konnten vermieden oder deutlich eingespart werden. Aber wo der Einsatz von Netzen nicht möglich ist, sind natürliche Gegenspieler von enormer Bedeutung.

Sie gehen heute an den Start, um genau diese Lösungen zu erforschen und zur Praxisreife zu entwickeln.

  • Es geht zum einen, bei dem Projekt ParaDrosu, um die Suche nach natürlichen Feinden. Nach dem Nützling, der Beerenkulturen gegen die Kirschessigfliege verteidigt. Unser Julius Kühn-Institut hat die Federführung für dieses Projekt. Im Verbund mit der Hochschule Geisenheim und der Katz BiotechAG. Ich freue mich, Ihr Vorhaben mit 730.000 Euro zu unterstützen.
  • Und zum anderen geht es um das Projekt HOPE. Federführend ist hier die Fachhochschule Bielefeld, im Verbund mit fünf Partnern aus Wirtschaft und Forschung. Sie verfolgen einen anderen Ansatz. Sie wollen ein anderes biologisches Pflanzenschutzverfahren zur Praxisreife entwickeln, dass Krankheiten ausnutzt, die bestimmte Schaderreger befallen können. Um die Heidelbeere vor ihren schlimmsten Schädlingen zu schützen, oberirdisch und im Boden. Und Sie erhalten dafür heute eine Zuwendung in Höhe von rund 843.000 Euro. Herzlichen Glückwunsch!

Mir ist wichtig, dass wir diese Vorhaben in unsere Gesamtstrategien einordnen, in unsere politischen Ziele: Unabhängiger zu werden von chemischen Pflanzenschutzmitteln und nicht-chemische Pflanzenschutzverfahren zu entwickeln und in die Praxis einzuführen. Denn weiterhin bedrohen neue invasive Schadorganismen unsere Kulturen.

Deshalb investieren wir in Forschung. Weil wir unseren Landwirten Alternativen zu chemischen Pflanzenschutzmitteln bieten müssen. Und zwar gerade in Bereichen, in denen absehbar ist, dass in naher Zukunft weniger Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen werden. Wir sind dabei auf einem guten Weg. Aber wir wollen noch besser werden. Gerade im Bereich nicht-chemischer Verfahren! Und wir wollen eben auch Methoden entwickeln, die der wachsende Bio-Bereich nutzen kann.

In den nächsten Jahren werden wir deshalb 27 Vorhaben fördern, für die 18,4 Millionen Euro beantragt sind. Gleichzeitig unterstützen wir so den Anbau von Obstarten wie Beerenobst, die bei uns stark nachgefragt werden und im Trend liegen. Und bei denen der Selbstversorgungsgrad oft im einstelligen Prozentbereich liegt. Das zeigt: Hier liegt ein Zukunftsfeld für unsere Landwirtschaft, gerade weil wir sehen, dass der Wunsch nach regionalen Lebensmitteln wächst.

Deshalb haben Sie eine wichtige Aufgabe. Für die ich Ihnen viel Erfolg wünsche!

Erschienen am im Format Rede

Ort: Digital


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