Mit der Bundeswaldprämie geben wir privaten wie kommunalen Waldeigentümern eine Perspektive.

Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner zur Eröffnung des nationalen Waldgipfels 2021

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Die Erde wird gemeinhin ja gerne als "Unser blauer Planet" bezeichnet. Das stimmt so nicht ganz. Blaugrün trifft es eher. Denn wenn wir aus dem Weltall auf unsere Erde blicken, sehen wir ZWEI wichtige Ökosysteme: Die Ozeane UND die Wälder. Ganze 30 Prozent der Erdoberfläche sind von Wald bedeckt. Ein gigantischer Kohlenstoffvorrat wird hier gespeichert. Und in den bewirtschafteten Wäldern ein erheblicher Prozentsatz unseres CO2-Ausstoßes ständig gebunden. Um das mal zu veranschaulichen: In Deutschland binden unsere Wälder etwa 58 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr. Genauso viele setzen alle Nutzfahrzeuge in Deutschland im gleichen Zeitraum frei! Der Wald ist damit Klimaschützer Nummer 1.

Doch der Zustand unserer Wälder hat sich bedrohlich verschlimmert: Unsere Waldzustandserhebung 2020 bestätigt: Den Wäldern geht es schlecht – so schlecht, wie seit Jahrzehnten nicht. Dürre, Hitze und Schädlinge machen ihnen zu schaffen.

Noch nie waren so viele Erhebungs-Bäume abgestorben. 80 Prozent der Bäume haben lichte Kronen. Ein wichtiger Indikator dafür, wie stark ein Baum unter Stress steht. Die Waldzustandserhebung ist traurige Bestätigung dessen, was wir schon seit längerem wissen. Sie ist aber auch Motivation und Verpflichtung zugleich. Wir werden nicht nachlassen, in unserem Engagement für den Erhalt der Wälder!

Wir haben als Ministerium früh und entschlossen gehandelt. Und das größte Unterstützungsprogramm der Geschichte – insgesamt 1,5 Milliarden Euro - auf die Beine gestellt. Das Ziel: Schnelle, aber langfristig wirkende, effektive und unkomplizierte Hilfe für Waldbesitzende. Denn sie sind es, die Verantwortung für ihre Wälder übernehmen, das Schadholz aufarbeiten, die Fläche für die Wiederbewaldung vorbereiten und neue, resiliente und standortangepasste Bäume pflanzen, säen oder die Naturverjüngung lenken. Und damit die Wälder besser an den Klimawandel anpassen. Wir haben Hilfsprogramme aufgelegt, die wirken. Die zielgenau dort ankommen, wo sie gebraucht werden.

Die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes"

Lassen Sie mich Ihnen einen kurzen Überblick geben: Eine wirkungsmächtige Säule unseres Hilfspakets ist die GAK. Die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes". Zusammen mit der Ko-Finanzierung der Länder stehen uns zusätzlich rund 800 Millionen Euro zur Verfügung. Und die Umsetzung des Hilfspaketes funktioniert. Auch, weil ich zügig die Notifizierung bei der Europäischen Kommission erreicht habe. Das war kein Selbstläufer! Die Hilfen werden seit Mitte 2020 außerhalb des De-Minimis-Rahmens ausgezahlt. Eine große Erleichterung insbesondere für die Erwerbsforstwirtschaft und die Kommunen. 2021 stehen Bundes- und Landesmittel in Höhe von insgesamt bis zu 222 Millionen Euro bereit. Sollte es zu Engpässen kommen, werde ich mich für länderübergreifende Mittelumschichtungen einsetzen. Es ist jetzt schon klar: Auf den Schadflächen werden ganz überwiegend neue Laubmischwälder mit klimatoleranten Baumarten gepflanzt.

Die GAK-Hilfen sind also auch das bisher größte ökologische Waldumbauprogramm. Eichen, Buchen, Ahorne und Weißtannen sind bisher die bevorzugten Baumarten für die Wiederbewaldung. Rund 2700 Hektar wurden bereits aufgeforstet. Der Schwerpunkt der Maßnahmen lag bisher aber ganz klar auf der Räumung der Schadflächen und der Aufarbeitung des Schadholzes. Hier wurden über rund 34.000 Förderanträge mit einem Gesamtvolumen von 169 Millionen Euro ausgezahlt. Die Maßnahmen wurden auf rund 21.000 Hektar durchgeführt. Aber es wurde auch die Anlage von Feuerlöschteichen zur Waldbrandvorbeugung gefördert. Heute Morgen hat mir der zuständige Forstamtsleiter eine Aufforstungsfläche mit neuem Mischwald der Stadt Oranienbaum vorgestellt. Es ist wirklich beeindruckend, was in kurzer Zeit von den Forstleuten auf die Beine gestellt wurde.

So wichtig die GAK-Hilfen sind. Sie sind eine Investition in unser aller Zukunft. Einnahmeausfälle durch die Extremwetter können sie jedoch nicht ausgleichen. Deswegen haben wir das Hilfspaket durch eine zweite Säule ergänzt. Und den Wald im Corona-Konjunkturpaket mit 550 Millionen Euro berücksichtigt. Die Umsetzung erfolgt durch zwei Programme:

  • die Bundeswaldprämie mit 500 Millionen Euro
  • und das Investitionsprogramm Wald mit 50 Millionen.

Die Bundeswaldprämie

Die Bundeswaldprämie bietet schnelle und unbürokratische Hilfe für den Kommunal- und Privatwald. Für die Auszahlung habe ich ganz bewusst Bedingungen gestellt: Sie ist an eine forstliche Zertifizierung geknüpft, die über den gesetzlichen Standard hinausgeht. Bis heute wurde die Prämie von über 116.000 Waldbewirtschaftenden für insgesamt 400 Millionen Euro beantragt. Das entspricht 65 Prozent der Privat- und Kommunalwaldfläche. Die zertifizierte kommunale und private Waldfläche stieg mit über 900.000 Hektar um mehr als ein Fünftel an. Über 239 Millionen Euro sind bereits ausgezahlt worden. Mit der Bundeswaldprämie geben wir privaten wie kommunalen Waldeigentümern eine Perspektive. Und sorgen für einen deutlichen Anstieg zertifizierter Waldfläche. Darauf können wir stolz sein!

Das Investitionsprogramm Wald

Beim Investitionsprogramm Wald sind die Mittel durch die vorliegenden Anträge bereits vollständig gebunden. Sie sind durch eine rasche Notifizierung ebenfalls von der deminimis-Auflage befreit. Auch dies zeigt, dass unsere Hilfe nötig war. Im Waldklimafonds stehen für 2021 30 Millionen Euro zur Verfügung. Konkret unterstützt werden Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen zum Erhalt und Ausbau des CO2-Minderungspotenzials von Wald und Holz. Sowie zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel. Die zugehörige Förderrichtlinie haben wir gerade bis Ende 2022 verlängert.

Die Waldstrategie 2050

Bilanz zieht man, um den Blick in die Zukunft zu schärfen. Unsere Waldstrategie 2050 befindet sich auf der Zielgeraden: Die Integration von Natur- und Artenschutz durch naturnahe, nachhaltige Waldbewirtschaftung ist hier zentral. Ganz im Sinne der Intentionen des europäischen Green Deals. Gleichzeitig werden unsere Wälder aber weiter wichtige Funktionen zu erfüllen haben: Sie liefern uns den für das Klima und die Bio-Ökonomie der Zukunft wichtigen nachwachsenden Rohstoff: Holz. Deswegen müssen wir Bedingungen schaffen, um unsere Holz-Produktion in Deutschland zu behalten. Für den Referentenentwurf haben wir viele wertvolle Hinweise erhalten. Der Entwurf hat dadurch gewonnen. Danke allen, die sich mit Engagement eingebracht haben! Ich gehe jetzt mit dem neuen Entwurf zügig in die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Mein Ziel ist es, die Strategie in dieser Legislaturperiode dem Kabinett zum Beschluss vorzulegen. Begleitend werde ich mich auch auf EU-Ebene weiter mit aller Kraft für eine umfassende Waldstrategie einsetzen

Die Klimaschutzleistung der Wälder

Auch die Entwicklung einer Vergütung der Klimaschutzleistung der Wälder geht voran. Denn der Wald ist der Klimaschützer Nr. 1: Auf 1,2 Milliarden Tonnen ist die Menge an Kohlenstoff gestiegen, die in der Waldbiomasse gespeichert ist. Allein im Totholz sind weitere 34 Millionen Tonnen. Der Anstieg der Vorräte in den Wäldern kompensiert sieben Prozent der Treibhausgasemission in Deutschland. Hinzu kommt noch die Klimaschutzleistung der Holzprodukte. Diese Leistung von Wald und Holz zum Klimaschutz wollen wir erhalten und wo möglich ausbauen. Dazu ist zweierlei notwendig:

  • Erstens müssen die Wälder verstärkt an den Klimawandel angepasst werden: Unser Thünen-Institut hat festgestellt, dass auf etwa einem Viertel unserer Waldfläche die Wälder gegenüber Trockenheit besonders gefährdet sind. Hier müssen wir ansetzen.
  • Zweitens muss den Waldbesitzenden ihre Leistung zum Klimaschutz honoriert werden. Denn durch ihre Leistung, ihre Arbeit am Wald wird der Klimaschutz erst ermöglicht. Daher zielt unser Komibmodell, das wir gemeinsam mit Wissenschaft und den Ländern entwickelt haben, auf beides ab: Auf die langfristige Anpassung der Wälder in Richtung Resilienz und Klimastabilität und auf die aktive Bindung von CO2 aus der Atmosphäre und die Speicherung in Wäldern und langlebigen Holzprodukten.

Aufgrund der guten Erfahrungen, die wir mit der Bundeswaldprämie gemacht haben, kann ich mir gut vorstellen, dass wir bei der Honorierung der Klimaschutzleistung ähnlich vorgehen. So könnte in der forstlichen Zertifizierung ein neues "Klimamodul" zusätzlich aufgenommen werden. Über dieses Modul, was an bestimmte Kriterien gebunden wäre, könnte dann die Vergütung erfolgen.

Bis es soweit ist, müssen aber noch offene Fragen geklärt werden, zum Beispiel die Einbindung des Modells in das EU-Beihilferecht. Erst gestern hat es dazu Gespräche von meinen Mitarbeitern mit der Kommission gegeben. Wir sind mit dem Modell auf einem guten Weg und ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, können wir es schaffen. Es wird nicht einfach sein, da wir mit der Honorierung einen neuen Weg gehen. Aber Verzagtheit hat sich noch nie ausgezahlt. Und: Die Änderung des Klimaschutzgesetzes gibt dem Modell noch einmal Rückenwind. Den werde ich nutzen! Denn ich bin der festen Überzeugung: Unser Wald ist mehr wert! Er braucht Unterstützung. Und er bekommt Unterstützung!

Ich wünsche allen Teilnehmenden einen erkenntnisreichen Waldgipfel! Sehen wir zu, dass wir weiter auf einem blaugrünen Planeten leben können.

Vielen Dank.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Oranienbaum-Wörlitz


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