Wir haben hervorragende Qualitätsweine, die jetzt schnell und einfach für die Verbraucher erkennbar sind.

Rede der Bundesministerin Julia Klöckner auf der VDP.Weinbörsen Matinée

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Das vergangene Jahr war in vielerlei Hinsicht für uns alle ein Ausnahmejahr auch was den Wein betrifft. Die Ertragssituationen waren regional sehr unterschiedlich: Während in Württemberg die kleinste Menge seit 30 Jahren gelesen wurde, lag der Ertrag in der Pfalz leicht über dem 10 Jahres Durschschnitt.

Auch was die Situation der Winzerinnen und Winzer im Corona Jahr angeht, ergibt sich ein unterschiedliches Bild. Weinfeste fielen aus, die Straußwirtschaften mussten monatelang schließen, und auch der Tourismus lag brach. Das ließ sich auch über intensiven „ab Hof Verkauf“ und Online Handel nicht bei allen ausgleichen. Positiv ist aber: Viele deutsche Weinregionen konnten ihren Wein dennoch komplett verkaufen.

Den Nachbarmärkten Frankreich, Italien oder Spanien war dies so nicht gelungen. Im Vergleich zu der Gastronomie ist die Weinbranche noch einmal mit einem „blauen Auge“ davongekommen. Zudem steht der Jahrgang 2020 für ein hohes Qualitätsniveau. Er braucht sich nicht hinter den Spitzenjahrgängen 2018 und 2019 zu verstecken. Das Jahr war zwar herausfordernd, der Wein wurde trotzdem hervorragend. Mit 8,5 Millionen Hektolitern war die Erntemenge leicht unterdurchschnittlich. Aber das durchschnittliche Mostgewicht lag mit 83 Grad Oechsle über dem hohen Niveau der Vorjahre.

Das neue Weinrecht

Anrede,

Welche Perspektiven die kommenden Jahre im Hinblick auf Witterung und Wetter im Weinberg bringen, lässt sich heute noch nicht voraussagen. Dies lässt sich auch nur bedingt beeinflussen. Bei den beeinflussbaren, politischen Rahmenbedingungen haben wir im vergangenen Jahr allerdings Planungssicherheit geschaffen. Im Jahr 2020 stand für uns alle ein großes Projekt im Mittelpunkt: Die Reform von Weinverordnung und Weingesetz.

Hintergrund für die jüngsten Änderungen im Weinrecht war in erster Linie die europäische Weinmarktreform von 2008. Mit der 2008er Weinmarktreform wurden

  • die bis dahin bestehende Gleichwertigkeit des Germanischen Systems der Qualität im Glase mit dem romanischen Modell der Herkunft aufgegeben und
  • das Herkunftsmodell zum alleinigen Maßstab erhoben.

Das Weingesetz in seiner alten Form spiegelte in zwei wesentlichen Teilen noch nicht oder nicht konsequent den Wandel auf EU-Ebene wider:

  • Erstens: den Wechsel vom germanischen Qualitäts-- zum romanischen Herkunftssystem und
  • Zweitens: die wachsende Verantwortung der Erzeuger für ihre herkunftsgeschützten Weine über die Schutzgemeinschaften.

Hinzu kam, dass wir den nationalen Entwicklungen mehr Rechnung tragen mussten. Einerseits konnten wir feststellen, dass sich die Märkte in den vergangenen Jahren in Deutschland allenfalls seitwärts und im Export rückläufig entwickelt haben. Beispielsweise haben sich die Exporte in den vergangenen zehn Jahren nahezu halbiert –– andere Mitgliedsstaaten konnten ihre Ausfuhren steigern. Das lässt sich nur eingeschränkt mit einer gleichzeitig auch rückläufigen Erzeugung erklären. Die Reform war also dringend notwendig, Sie haben uns dabei tatkräftig unterstützt. Ich möchte an dieser Stelle deshalb noch einmal „Danke“ sagen für viele konstruktive Gespräche.

Sie, der VDP, sind Pioniere des Geo-Schutzes. Viele ihrer Mitgliedsbetriebe sind Leuchttürme, die das Image ganzer Regionen aufgewertet haben oder aufwerten. Mit Ihrer Herkunftspyramide, bestehend aus Guts-, Orts-, und Lagenweinen haben Sie schon vorgelebt, was wir jetzt erst mit Weingesetz und Weinverordnung nachvollzogen haben. Ihr Verband, mit seiner langjährigen Expertise, war ein wichtiger, verlässlicher Ansprechpartner in diesen Fragen und hat maßgebliche Denkanstöße geliefert.

Was waren nun die Knackpunkte der Reform? Am heißesten diskutiert wurde über die "Herkunftspyramide". Ich weiß: Hier gehen die Meinungen immer noch auseinander. Obwohl sie bereits von mehr und mehr Erzeugern, wie bei Ihnen im VDP, umgesetzt wurde. Aus vielen Gesprächen kenne ich die Bedenken:

  • zu viel Aufwand,
  • zu kompliziert,
  • zu einschränkend
  • und dem Verbraucher schwer zu erklären, ohne die Gewissheit zu haben, dass wirklich auch höhere Preise erzielt werden können.

Strittige Detailpunkte waren etwa die Kennzeichnung der Großlage –– so wollen die Betriebe an der Mosel nicht auf die Kennzeichnung "Piesporter Michelsberg" verzichten, auch wenn sie nicht direkt aus der Gemeinde stammten. Im Hinblick auf eine klare Herkunftskennzeichnung geht das zukünftig nicht mehr. Eine Regelung, die also Ihrem Qualitäts- und Herkunftsverständnis beim VDP entspricht.

An anderen Stelle haben wir im Prozess Kompromisse gefunden. Strittig war ja die Verwendung der Prädikate. Hier standen Überlegungen im Raum, die Bezeichnungen wie "Spätlese" nur noch für restsüße Weine zuzulassen. Dagegen wehrten sich diejenigen, die auch trockene Spätlesen vermarkten. Mit der Beibehaltung dieser Regelung bewahren wir eine alte Tradition ohne die neuen Ideen zu hinterlaufen. Kurzum: Die Vorstellungen in den einzelnen Regionen und bei den verschiedenen Gruppierungen lagen teilweise doch sehr weit auseinander.

Der deutsche Weinbau ist eben vielfältig und heterogen. Wir sind schlussendlich bei der Herkunftsprofilierung glaubwürdig geblieben. Ich weiß um den höheren Aufwand, weil es mit der Einschränkung auf bestimmte Rebsorten einhergeht. Weil eine Festlegung unterschiedlicher Höchsterträge je Herkunftskategorie nötig ist. Aber ich bin überzeugt: Die Reform zahlt sich für jede Winzerin und für jeden Winzer am Ende aus, wenn eine klare Profilierung umgesetzt wird. Die höheren Preise, die Sie als VDP-Betriebe am Markt erzielen, sind dafür praktisches Beispiel.

Wir haben hervorragende Qualitätsweine, die sind jetzt schnell und einfach für die Verbraucher erkennbar. Aus der Intention, einen Herkunftsbezug im Weingesetz zu verankern und zunächst eine Aufwertung der Orts- und Lagenweine vorzunehmen, hat sich die Diskussion mit dem Beschluss, Erste und Große Gewächse einzuführen, weiterentwickelt. Hier ist jetzt der Berufsstand gefordert, die Regelungen zu ersten und großen Gewächsen mit Leben zu erfüllen.

Anrede,

Ich bin überzeugt von dem Ergebnis der Reform. Wir haben eine gute Grundlage geschaffen. Lassen Sie uns jetzt den Weg weiterhin gemeinsam gehen und die Regelungen in die Praxis umsetzen.

Keine US-Strafzölle mehr auf deutschen Wein

Anrede,

Vor rund zwei Wochen kam eine Nachricht, die deutsche Winzerinnen und Winzer aufatmen ließ: Die EU und die USA haben sich auf die gegenseitige Aussetzung der Strafzölle in den Airbus-Boeing-Streitfällen für fünf Jahre geeinigt. Damit gibt es vorerst keine Strafzölle mehr auf deutschen Wein. Die von beiden Seiten verhängten Strafzölle hatten deutsche Winzerinnen und Winzer empfindlich getroffen. Obwohl diese an dem Ausgangsstreit überhaupt nicht beteiligt waren.

So sind die USA besonders für die rheinland-pfälzischen Winzerinnen und Winzer ein wichtiger Exportmarkt –– der amerikanische Markt liegt mit weitem Abstand auf Platz 1. Die Vereinigten Staaten stehen für 16 Prozent der Exportmenge und 21 Prozent der Exporterlöse mit deutschen Weinen. Die Strafzölle in Höhe von 25 Prozent hatten im vergangenen Jahr zu einem Einbruch des Exports geführt. EU-weit sind die Exporte um 54 Prozent zurückgegangen, deutsche Weißweine wurden um circa 20 Prozent weniger in die USA verkauft. Deshalb freue ich mich sehr über die nunmehr erzielte Einigung.

Die Einigung ist ein bedeutender Schritt zu einer langfristigen Lösung, für die ich mich auch persönlich weiter einsetzen werde. Die EU und die USA haben jetzt fünf Jahre Zeit, um eine dauerhafte Lösung zu finden.

Anrede,

Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere Winzer im vergangenen Jahr die eine oder andere schlaflose Nacht hatte: Seien es die Folgen der Pandemie oder die Strafzölle –– das Jahr hatte viele Auswirkungen auf die Branche. Ein kleiner Lichtblick: der Jahrgang kann sich mehr als sehen lassen. Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam auch zukünftige Herausforderungen meistern. Lassen Sie uns weiter im Gespräch bleiben. Ich freue mich, heute hier bei Ihnen zu sein

Erschienen am im Format Rede

Ort: Mainz


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